AS 73. Amts- und Anzeigeblatt für den Bezirk (Lalw. 68. Iahrgau-.
Erscheint Dienstag, Donnerstag und Samstag. Die Einrückungsgebühr beträgt im Bezirk und nächster Umgebung S Pfg. die Zeile, sonst 12 Psg.
Amtliche Bekanntmachung««.
Calw.
An die GemeinderLte.
Unter Bezugnahme auf die Bekanntmachung des Kgl. Ministeriums des Innern vom gestrigen Tage, Staatsanzeiger Nr. 144, werden die Gemeinderäte veranlaßt, den Bedarf der Landwirte an Kraft- und Raufutter, an Sämereien für den alsbaldigen Anbau von Futtergewächsen nach beendigter Ernte And an künstlichem Dünger sofort und womöglich bis Montag mittag hierher anzuzeigen. Dabei wird bemerkt, daß Beiträge zu den Kosten der Futterbezüge in Aussicht gestellt werden können. Die Preise werden daher solch mäßige werden, daß es auch dem kleinen Mann ermöglicht sein wird, sein Vieh über den Winter zu bringen.
Es ist deshalb vor allem darauf hinzuwirken, datz die Abgabe des Viehs zu den jetzigen Schleuderpreisen eingestellt wird-
Ueber die von den Gemeinden zu treffenden Maßnahmen wird demnächst weitere Anordnung ergehen.
Den 23. Juni 1893.
K. Oberamt.
Lang.
Amtliche Nachrichten aus dem Verkehrswesen.
Eisenbahnen und Bodensee-Dampfschiffahrt.
Durch Entschließung des K. Ministeriums der auswärtigen Angelegenheiten, Abteilung für die Ver- ckehrsanstalten, vom 15. Juni d. I., werden mit Rücksicht auf den vorhandenen Futter- und Streumangel die Frachten für die nachstehend aufgeführten Güter, welche in der Zeit vom 15. Juni bis 30. September d. I. auf würrtembergischen Stationen in Wagenladungen als Frachtgut eintreffen und an landwirtschaftliche Bezirksvereine, Ortsvereine oder Konsumvereine oder an Gemeinden adressiert sind, auf -den württembergischen Bahnstrecken gegen Vorlage der
Abonnementspreis vierteljährlich in der Stadt SO IPfg. »Wb 20 Pfg. Trägerlohn, durch die Post bezogen Mk. 1. 15, sonst <» ganz Württemberg MI. 1. 35.
die umstürzlerische Sozialdemokratie, und schon fordern ihre ersten Häupter, Payer und Galler, ihr« Getreuen auf, nach Kräften dazu beizutragen, damit die Landeshauptstadt diesmal sicher an die Sozialdemokratie ausgeliefert werde. Und warum das? Weil die Freisinnigen selbst wieder dir Unterstützung durch die Sozialdemokratie in einer ganzen Anzahl von Stichwahlen notwendig brauchen. Es war also eitel Spiegelfechterei, wenn vorher die grundsätzliche Verschiedenheit von Demokratie und Sozialdemokratie gepredigt wurde. Denn grundsätzlich verschieden« Leute pflegen nicht sich heute auf Leben und Tod zu bekämpfen, und morgen Arm in Arm miteinander zu gehen. Ist das noch ehrliche männliche Ueber- zeugung oder ist es nicht vielmehr schrankenlose, alles überwuchernde Parteiherrschsucht?
Und was wird nicht alles vorgebracht, um den Wählern vor der Militärvorlage gruselig zu machen. So schreibt die Schwäbische Tagwacht vom 21 . Juni: „Die Taschen zu! Die Franzosen haben uns einmal 5 Milliarden bezahlt! Wenn die Militärvorlage der Regierung angenommen wird- so wird unser Militärbudget auf 1000 Millionen jährlich hinaufschnellen. Wir haben dann alle fünf Jahre 5 Milliarden zu bezahlen. Wie würden sich die Franzosen ins Fäustchen lachen über die guten militärfrommen Deutschen, die sich aus falschem Patriotismus selbst ruinieren. Darum laßt Euch von den deutschparteilichen Bauernfängern nicht in die Falle locken; die Taschen zu, Wähler!" Wenn man dieses liest, so fragt man sich billig, ob es möglich ist, in so wenig Sätzen mehr Unverstand unterzubringen als hier geschieht. So sehr es die sozialistische Presse liebt, für die Unterhaltungskosten des deutschen Heeres immer die größten Zahlen aufzutischen, ebensosehr hütet sie sich , ihren Lesern von den Milliarden und aber Milliarden zu erzählen, welche Frankreich für seine Soldaten schon mehr aufgewendet hat, als Deutschland. Sie stellt sich vielmehr immer an, als ob nur der Deutsche zu seinem Vergnügen sich diese Ausgaben leisten würde. Daß diese Presse auch nur einmal den Gedanken durchblicken ließe, daß alle diese Ausgaben der Sicherheit unseres Vaterlandes dienen, daran ist schon gar nicht zu denken. Und dann.
Samstag, den 24. Auni 1893.
rme im
Spezialtarif II. genannt;
wie im
Spezialtarif III. genannt.
Originalfrachtbriefe im Rückoergütungswege um ein Drittel ermäßigt.
Futterbrot, i wie im Spezial-
Futtermehl, 1 tarii 7 genannt -
Samen und Sämereien aller Art, f ^ S-nanm,
Fleischfuttermehl,
Griebenkuchen,
Kleie,
Malztreber, getrocknete,
Oelkuchen,
Reisabfälle,
Schlempen aller Art, getrocknete,
Futterkräuter, frische,
Futterrüben,
Heu,
Malzkeime,
Malztreber, nasse,
Preßrückstände von Kartoffeln,
Schlempen aller Art, nasse,
Schnitzabfälle und Köpfe von Zuckerrüben,
Spreu,
Stroh,
Torfstreu,
18V Stichwahlen zum deutschen Reichstage!
Das bedeutet, daß fast die Hälfte der Bürger des Reiches auch jetzt noch in der Aufregung des für unseren Wahlkreis glücklich beendigten Kampfes um die Militärvorlage gehalten werden, ja daß diese Aufregung gerade jetzt sich aufs Höchste steigert. Denn nun werden Bündnisse geschlossen zwischen den Parteien, die sich sonst aufs Heftigste befehden, nur zu dem Zwecke, um den gemeinsam gehaßten Gegner um so sicherer zu Fall zu bringen. Da werden von den Parteiführern die Massen der Wähler dazu kommandiert, ihre Stimmen einem Manne zu geben, welchen diese Führer ioeben noch denselben Wählern mit den schwärzesten Farben geschildert haben. Kaum hat die Demokratie überall die Wähler unter ihre Fahnen gerufen, weil sie der beste Schutz sei gegen
Aeuittstorr.
- Nachdruck verboten.
Karokd Gharktons geheime Wege.
Aus dem Amerikanischen von Sophie Freiin v. Zech.
(Fortsetzung.)
„WaS weißt Du von ihnen?" fragte Edward Baylis.
„O nichts, als daß sie zu jedem Streich bereit sind, wenn es gilt, den Schmugglern zu helfen."
„Schmuggler sagst Du? Daran dachte ich nicht."
„Ja, Baylis. Ich habe gehört, daß in der Nähe des roten Hauses sich Keller befinden, unter der Klippe, in denen die Schmuggler ihre ausländischen Maaren verbergen, bis es ihnen gelingt, sie landeinwärts zu fahren."
„Und das soll Charltons Verschwinden erklären?" fragte der Advokat spöttisch.
„Warum denn nicht? Die Keller sollen geheime Eingänge von der Oberfläche aus haben."
„Am Ende könntest Du so einen geheimen Eingang entdecken, John?"
„Nun. ich will es versuchen, aber die Sache wird mühsam sein."
Mr. Baylis zog eine Fünf-Pfund-Note aus seiner Börse und gab sie seinem Stallknecht.
„Da ist etwas im Voraus für Deine Mühe," sagte er. „Beobachte Harold Eharlton sorgfältig auf Schritt und Tritt. Wenn Du den Schmugglerkeller auS-
—
findig machst, und wenn Du vor Allem beweisen kannst, daß Harold in Verbindung mit der Bande ist, so erhältst Du eine Zehn-Pfund-Note."
„Ich glaube ganz sicher, daß sowohl der Keller, als die Bande existieren, und wenn dieser junge Fant, Mr. Chartton, nichts damit zu thun hätte, weshalb likfe er des Nachts nach der Piratenklippe? Verlassen Si« sich darauf, er soll nicht einen Schritt thun in den nächsten Wochen, den ich nicht beobachte."
Edward Baylis nickte zufrieden und verließ den Stall, während John Hinkley die Fünf-Pfund-Note wohlgefällig lächelnd einsteckte.
8. Kapitel.
Einige Tage nach dem gefahrvollen Abenteuer Eleonores ertönte des Abends wieder einmal der bekannte Rotkehlchenruf. Eleonores Stolz wollte sie hindern, der süßen Lockung zu folgen, aber die Liebe siegte und nun saß sie an der Seit« des Geliebten auf dem kleinen Sopha im Sommerhäuschen und erzählte ihm Alles, was sie erlebt und gelitten bei ihrer nächtlichen Wanderung nach der Piratenklippe.
Der junge Mann wurde bleich bei der Schilderung der Todesgefahr, in der Eleonore geschwebt.
„Aber, Eleonore!" rief er erschrocken aus, „wie konntest Du einen so tollen Streich autzsührm ? Es ist ein Wunder, daß Du noch lebst und es mir erzählen kannst."
„Ja, es ist ein Wunder, gleich dem einer Legende," antwortete das junge Mädchen. „Aber ich war von Sinnen, ich wußte nicht, was ich that."
„Du hättest nicht an mir iweiseln sollen," sagte Harold vorwurfsvoll.
„Vergieb mir, Harold, es soll auch nie wieder geschehen," bat Eleonore, ihre Arme um seinen Hals schlingend.