Industrie sich zusammengethan hat, um sich die Bedingungen zum Weiterleben zu sichern, so thun sich jetzt die deutschen Bauern groß und klein zusammen, um sich zu schützen in dem unabweisbaren Gefühl, daß es so nicht weiter gehen kann, ohne ein Ende mit Schrecken zu nehmen! Jene berufsmäßigen Politiker, welche durch die Parteidiszipli» bei starrem Festhalten an einem einmal aufgestellten Parteiprogramm der freie Blick und das Verständnis für die Nächstliegenden Bedürfnisse des Volkes abhanden gekommen ist, haben keine Ahnung davon, was es heißt, die schwielige Hand das ganze Jahr hindurch gerührt zu haben für Nichts, als das knappe tägliche Brot! Jeder aber, der mitten im produktiven Erwerbsleben steht, sei es in der Landwirtschaft, sei es im Gewerbe, weiß, daß das Wohl des Einzelnen und somit das Wohl des Ganzen nur gewährleistet sein kann, wenn die Bedingungen für lohnende Arbeit gegeben sind und diese Bedingungen bestehen einzig und allein in dem Schutz der ehrlichen Arbeit, so auf landwirtschaftlichem. wie auf gewerblichem Gebiet, mit einem Wort in dem Schutz der nationalen Arbeit. Ein gutes altes schwäbisches Sprichwort sagt:
Hat der Bauer Geld,
So hat's die ganze Welt!
Wenn aber das Handwerk am Boden liegt
Der Bauer in seinem Fett erstickt! und das ist wahr! Steht der Landwirt gut, so ist er kaufskräftig, und kann dem Gewerbe seine Erzeugnisse abnehmen, dadurch aber kommt Geld und Verdienst unter die Hunderttausende von gewerblichen Arbeitern, welche hinwiederum die zuverlässigsten Abnehmer der landwirtschaftlichen Erzeugnisse sind. Nagt aber das Gewerbe am Hungertuch, so ist Schmalhans Küchenmeister beim Arbeiter und den Landwirt nützt die beste Ernte nichts, denn es ist niemand da, der sie ihm abnimmt. Die Interessen der Landwirtschaft und der Gewerbe sind so wechselseitig und innig miteinander verbunden, daß Eines ohne das Andere auf die Dauer nicht gedeihen kann. Darum Schutz der nationalen Arbeit durch eine verständige Zollpolitik und dann durch ein starkes Heer, das uns Haus und Hof und Werkstätte gegen jede Gefahr zu sichern im Stande ist. Wir Deutsche sind einmal in der allerdings unbequemen Lage, arbeiten zu müssen, wie s. Z. die Juden beim Wiederaufbau von Jerusalem nach ihrer Rückkehr aus der babylonischen Gefangenschaft — in der einen Hand die Kelle in der andern Hand das Schwert, das geht aber eben einmal nicht anders, wir können es aber auch, ohne Anstand, wenn uns die Mittel zu lohnender Arbeit gewährleistet sind.
Darum, Ihr Wähler, stellt an den Kandidaten der Euch seine Dienste anbietet, die einfache Frage: „Bist Du für ausreichenden Schutz der nationalen Arbeit durch eine vernünftige Zollpolitik und durch ein allen Anforderungen entsprechendes Heer? — Kann er Euch diese Frage nicht klipp und klar beantworten mit einem aufrichtigen „Ja"!, so gebt ihm den Laufpaß und wählet den, dem dieses „Ja" ohne Rückhalt von Herzen kommt!
Tayes-Neuigkeiletft
Calw, 7. Juni. In einem Steinbruche zwischen Althengstett und Gechingen verunglückte heute morgen der 24 Jahre alte Fahrknecht Gg. Däuble von Deckenpfronn. Demselben wurde von einer einstürzenden Erdmasse der Kopf auf der linken Seite teilweise blos gelegt und auch die rechte Seite erhielt schwere Verletzungen. Der Verunglückte wurde sofort ins hiesige Krankenhaus verbracht.
80. Hirsau. Durch Vermittlung der Güteragentur Günthner in Pforzheim erkaufte Hr. Kaufmann Thumm in Hirsau die Fischer'sche Restauration beim Bahnhof in Birkenfeld (OA. Neuenbürg). Der Kaufpreis samt Inventar beträgt 15,000
— Am 3. Juni fand in Gechingen im Gasthaus z. Hirsch eine Ausschußsitzung des Westlichen Gäu-Sängerbundes statt. In derselben wurde der Antrag gestellt, ob es angesichts der drückenden Notlage, in welcher sich gegenwärtig die Landwirtschaft befindet, nicht angezeigt erscheinen dürfte, das diesjährige Bundesfest, welches in Althengstett abge- haltcn werden sollte, auf das nächste Jahr zu verschieben. Nachdem nun der Antrag mit wenigen Ausnahmen als vollständig begründet anerkannt worden war, wurde zur Abstimmung geschritten, deren Ergebnis, wie vorauszusehen war, die Annahme des Antrags mit großer Majorität zur Folge hatte. Mithin schien die Sache erledigt zu sein. Aber man sollte sich getäuscht haben; denn merkwürdigerweise begann nun, durch die Vertreter von zwei im laufen
den Turnus noch übrigen Vereinen angeregt, jetzt erst eine mehrstündige, lebhafte Debatte. Diese verlangten nämlich, daß trotz des großen Notstandes und trotz des schon gefaßten Beschlusses, das Bundesfest Heuer doch abgehalten werden solle, ihr Verlangen damit motivierend, daß sie ja durch Aufrechterhaltung dieses Beschlusses mit ver Abhaltung der Bundesfeste in ihren Orten um ein ganzes Jahr hinausgeschoben würden. Im gleichen Falle würde sich nun natürlich auch der Gesangverein Althengstett befunden haben, dessen Vertreter sich aber trotzdem in Anbetracht der drückenden Zeitverhältnisse mit dem gefaßten Beschluß einverstanden erklärte. Das Schlußergebnis des ganzen langen Streites war nun, daß der Bundesausschuß die Abhaltung des Festes nicht mehr ablehnte, den Vertreter des Althengstetter Vereins aber nötigte, dieses zu thun. Außerdem mußte er sich gefallen lassen, daß der Festort des nächsten Jahres durchs Loos bestimmt wurde, Althengstett also, wenn es der Zufall nicht anders will, vielleicht erst im Jahr 96 an die Reche kommt, denn auch die beiden übrigen Vereine zeigten sich nicht geneigt, das Fest in diesem Jahr annehmen zu wollen. Daß diese Umstände wohl geeignet sind, etwas entmutigend auf den betreffenden Verein zu wirken, daß dessen Freude, dem Westl. Gäu-Sängerbund anzugehören, dadurch mehr gedämpft als erhöht worden ist, darüber dürften sich die Herren vom Ausschuß wohl klar sein.
8.0. Schömberg OA. Neuenbürg. In letzter Zeit wurden dem hiesigen Oekonomen Friedrich Rentschler Fr. Sohn längs seiner Grundstücke, den sogen. Brunnenwiesen, etwa 40 Stück junge Eichbaumpflanzungen abgehauen und weggeschafft. Dem Eigentümer ist dadurch ein Schaden von etwa 25 ^ zugefügt worden. Gegen den bekannt gewordenen Thäter, M. R. aus Schömberg, ist Strafantrag an die Kgl. Statsanwaltschaft Tübingen eingereicht.
Eßlingen, 5. Juni. Was seit Samstag gerüchtweise in unserer Stadt verbreitet war, wird heute durch die Bekanntmachung des Stadtschultheißenamts bestätigt. Ihre Majestäten der König und die Königin werden heute in 8 Tagen unserer Stadt den längst beabsichtigten Besuch abstatten.
Ebingen, 5. Juni. Am Samstag Abend 6 Uhr ertönten die Feuerglocken, da in einem Kaufladen eines auf der „Schütte" gelegenen Hauses in einem hinter diesem liegenden Zimmer Feuer ausgebrochen war. Nach kurzer Zeit gelang es des Feuers Herr zu werden, nachdem die angebrannten Waren geborgen waren. Plötzlich entstand auf der obersten Bühne Feuer, das jedoch gleichfalls mit leichter Mühe unterdrückt wurde. Allgemeine Bestürzung aber brachte es hervor, als man wenige Minuten nachher den Hausbesitzer, einen in den besten Mannesjahren stehenden geachteten Bürger, der noch mitgelöscht hatte, in einer Vorratskammer erhängt vorsand. Sofort an- gestellte Wiederbelebungsversuche blieben ohne Erfolg. Die Bestürzung und Verzweiflung hatten den Mann in den Tod getrieben. Die Teilnahme mit der Familie ist eine allgemeine.
Von der Blaubeurer Alb, 3. Juni Der erste Regen, welcher am letzten Dienstag und Mittwoch das lechzende Feld tränkte, hat sehr gut gethan, aber lange noch nicht ausgereicht, um die Sorgen zu verscheuchen, die namentlich der Mangel an Viehfutter hervorruft. Der Rotklee steht sehr dünn, ist sehr nieder und treibt schon Blütenköpfe. Der Ertrag des ersten Schnitts ist daher sehr gering. Die Wiesenmähder sind größtenteils ausgebrannt, der Ertrag wird, auch wenn es noch bedeutend regnen sollte, ein sehr geringer bleiben. Das Setzen der Runkeln und Kohlraben ist erschwert, zum Teil unmöglich, da die Setzware infolge des Vertrocknens der Hülben nicht begossen werden kann. Die Kartoffeln wurden bald gelegt und treiben bereits aus der Erde. Infolge der Futternot erhalten die Molkereien bedeutend weniger Milch, die Butter wird daher im Preise wohl noch steigen. Eine baldige Durchfeuchtung würde wohl manches noch bessern, aber dennoch wird der Ausfall an Sommerfrüchten sehr beträchtlich sein. Diesen Sorgen wird es wohl zuzuschreiben sein, daß auf dem Lande über die bevorstehende Reichstagswahl fast kein Wort gesprochen wird.
8.0. Pforzheim. Als ein Scheusal in Menschengestalt dürfte wohl der verheiratete Taglöhner Billmann in Jspringen hies. Bezirks bezeichnet werden, indem derselbe an einem 9 Jahre alten Mädchen seines Mitbewohners K. ein Sittlichkeits-
Verbrechen verübte, demzufolge das Kind am letzten Samstag verschied. Billmann wurde gleich nach der That verhaftet.
— Pforzheimer Monatsviehmarkt vom 5. Juni. Offiz. Bericht. Zugetrieben 204 Pferde, 1 Fohlen, 90 Ochsen worunter 50 fette, 160 Kühe, 123 Stück Jungvieh, 14 Kalbinnen, 41 Kälber und 3 Ziegen. Als verkauft sind notiert: 32 Pferde, 1 Fohlen, 24 Ochsen, 36 Kühe, 5 Kalbinnen, 37 Stück Jungvieh, 26 Kälber und 2 Ziegen. Der Handel war ziemlich lebhaft. Die Preise hielten sich annähernd auf gleicher Höhe wie bei früheren Märkten. Der Durchschnittspreis bei Pferden betrug 400 ^ Schlachtpferde lösten 60—80 bessere Rassenpferde 700 bis:
850 Kühe und Kalbinnen 180 Jungvieh. 115 Kälber 35—36 Die 2 Ziegen wurden L 15 verkauft und die Ochsen mit 35 ^ pro> Ztr. lebend Gewicht bezahlt.
München, 2. Juni. (Die Ausstellung der- Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft zu München.)» An den beiden Vortagen, den 6. u. 7. Juni, beginnen! verschiedene Richtergruppen ihre Thätigkeit, nament- lich mit Prüfung der neuen Geräte und Erfindungendes letzten Jahres. Am Donnerstag, den 8. Juni, morgens 8 Uhr, öffnen sich die Thore der Ausstellung, dem Publikum. Gleichzeitig beginnen die Richter in allen Richtungen ihre Thätigkeit, welche im wesentlichen am Abend des ersten Tages, spätestens am. Freitag beendet sein muß. Die Hufbeschlagprüfung, ung findet auf dem Ausstellungsplatz, die Zugprüfung., für Rinder auf der von Laim nach dem neuen Rennplatz führenden Straße statt. Pferde und Rinder, werden in etlichen 14 Ringen beurteilt, Schafe, Schweine und Geflügel in ihren Schuppen. Mittags, um 12 Uhr findet eine Feier in dem von Tribünen, umgebenen Königszelt statt, von dem aus der Präsident der Gesellschaft, Prinz Ludwig von Bayern, die Ausstellung für eröffnet erklären wird. Hierauf folgt die erste Vorführung der Pferde der Hof- und Landesgestüte, sowie der ausgestellten Militärpferde. — Am Freitag werden zunächst nur diejenige» Pferde vorgeführt, welche außer Konkurrenz ausgestellt sind. — Gegen Abend findet die erste Vorführung preisgekrönter Zuchtpferde und Zuchtrinder statt. Am Samstag, nach dem Schluß der Prämierungsarbeiten, beginnen die großen Vorführungen, welche sich in ununterbrochener Reihenfolge bis Montag abend fortsetzen. Es folgen am dritten Tage der Schau von morgens 8 bis abends 8 Uhr die Militärpferde, die Oldenburger Pferde, die Rinder der bayerischen Kollektivausstellung, die Miesbacher, Oberfranken und Pfälzer Tiere, die Rinder der badischen ZuchtSereinig- ungen, die Württemberger, die Rinder aus Hohen- zollern, die Gebrauchspferde, die preisgekrönten Zuchtpferde, die preisgekrönten Zuchtrinder, die Militärpferde, das Hof- und Landesgestüte. In ähnlicher Weise sind die Vorführungen auch an den folgenden Tagen geordnet.
Berlin, 6. Juni. Das „Tageblatt" meldet aus Hamburg: Die wegen Fahrkartenschwin- dels verhafteten Viehhändler wurden gegen Kautionen von 3000 bis 15,000 ^ aus der Haft entlassen.
Hamburg, 5. Juni. Als Luftschiffer Beh- rends aus Berlin gestern abend von Mühlencamp bei Hamburg mit seinem neuen Riesenlustballon „Vorwärts" aufstieg, löste sich auf noch unermittelte Weise der Ballon von der Gondel. Der Luftschiffer wollte den Ballon retten und ergriff das Tau, wurde aber mit ungeheurer Schnelligkeit in die Höhe gerissen und entschwand bald den Blicken der Zuschauer. Nach einer vorliegenden Meldung gelang es Behrends schließlich, zur Lentilleine emporzuklimmen und das Ventil zu öffnen. Leicht verletzt kam er zwischen Oldesloe und Segeberg zur Erde.
Chicago, 2. Juni. Die deutsche Abteilung, in welcher sich die Maschinenhalle befindet, ist gestern eröffnet worden. Der deutsche Regierungskommissar Geheimer Rat Wermuth hielt eine Ansprache; die Capelle des „Deutschen Dorfes" spielte. Nach der Eröffnung fand im „Deutschen Dorfe" ein Festmahl statt.
Aus dem Gäuboten.
Mas Wird Herr Cleß wohl sagen?
1. Herr Cleß wird wahrscheinlich sagen: „Wir haben jetzt genug Soldaten."
Aber: «) Weiß es denn Herr Cleß besser als der Generalstab und als die verschiedenen Freisinnigen, welche in Preußen für die Militärvorlage stimmten, weil sie sich davon überzeugten, daß sie nötig sei? b) Weiß es Herr Cleß. besser. als unser.