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irr» Frieden nach Außen und Innen für andauernd hälfp Die Kosten -könne» hauptsächlich durch die wohlhabenden Klaffen gedeckt und der mittlere und kleine Mann geschont oder entbunden werden. Der Landwirtschaft will der Kandidat seine besondere Aufmerksamkeit widmen, da er selbst im Dorfe (Klein- Jngersheim) ausgewachsen sei und die Nöten der Bauern und Kleinhandwerker gut kenne, auch manches seichst erfahren habe. Das allgemeine Wahlrecht soll entschieden aufrecht erhalten bleiben. Aus der Mitte der Versammlung wurden einige Anfragen gestellt, welche der Kandidat erläuterte und beantwortete. Jeder Anwesende bemerkte dabei, daß Herr Schrempf auf politischem, wirtschaftlichem und sozialem Gebiet rin reiches Wissen, große Erfahrung und Redefertigkeit besitzt und sich für einen Reichstagsabgeordneten unseres vorherrschend landwirtschaftlichen Wahlkreises vortrefflich eignen würde. In diesem Sinne trennte sich die große Versammlung und zollte dem Kandidaten ihre vollständige Anerkennung.
Wahlnachrichten.
I. Wahlkreis. Der Kandidat der Deutschen Partei, Siegle, sprach gestern in Kaltenthal und Vaihingen a. F. — Die „deutschnationale antisemitische Partei" veröffentlicht im „Neuen Tagbl," einen Wahlaufruf, dem sich das Programm ihres Kandidaten, Buchdruckereibesitzer E. Nübling in Ulm anschließt.
II. Wahlkreis. Gemeinderat Kallenberg von Ludwigsburg veröffentlicht sein Programm. Gleichzeitig erläßt der Vorsitzende des Bunds der Landwirte, Rentamtmann Aldinger, einen Aufruf an die Freunde des Bundes, für Kallenberg zu stimmen.
V. Wahlkreis. Kommerzienrat Weiß hat sein Wahlprogramm ausgegeben. — In Metzingen sprach am Sonntag Kommerzienrat Ehni und Tags darauf der soz. Kandidat Dietz.
VI. Wahlkreis. Der Kandidat der Deutschen Partei, Landrichter Dr. Erwin Rupp, hat sein Wahlprogramm ausgcgeben. — Wir werden aus den verschiedenen Programmen die Hauptstellen mitteilen.
X. Wahlkreis. Gutspächter S chmid-Christophshof sagt in seinem Wahlprogramm: Die Erfahrung hat gezeigt, daß der Mittelstand, d. h. die mittleren und kleineren Bauern, ebenso wie die Handwerker und Kaufleute, von seitherigen Reichstagen, M denen die Vertreter des Großkapitals den Ton angaben, nicht in der Weise berücksichtigt wurden, wie sie es verdienen. Wenn es so fortginge, würde der Mittelstand, der die kräftigste Stütze des Staates bildet, zwischen der Sozialdemokratie und dem allen Besitz an sich ziehenden Großkapital zerrieben. Das Fraktionswesen ist nach und nach so ausgeartet, daß es häufig der rein sachlichen Behandlung wichtiger Gegenstände geradezu hinderlich wurde. Ich würde mich deshalb nicht entschließen können, irgend einer Fraktion beizutreten, sondern mir Vorbehalten, alle Fragen in erster Linie nach meinen eigenen Erfahrungen und Beobachtungen im Geschäftsleben zu erwägen.
X. Bijouterie-Fachausstellung in Pforzheim. Einen sowohl für den Fachmann als auch für den Laien hochinteressanten Einblick in die Werkstätten der edlen Goldschmiedekunst wird die am Sonntag, den 4. Juni in Pforzheim zur Eröffnung gelangende Bijouterie-Fachausstellung gewähren. Diese Ausstellung, von dem rührigen Pforzheimer Kunstgewerbe-Verein ins Leben gerufen, wird die Herstellung moderner Schmucksachen in ihren verschiedenen Phasen, vom Rohmaterial bis zur fertigen Ware, vorsühren, dem Fachmann wird sie durch Zeichnungen, Modelle, auf elektrischem Wege betriebene Maschinen u. s. w. die vielseitigste Anregung geben, während das Auge des Laien sich wohl hauptsächlich an den schönen, prächtigen Formen der fertigen Schmucksachen ergötzen wird. Für die weltbekannte Pforzheimer Bijouterie-Industrie wird diese Ausstellung dadurch von besonderer Wichtigkeit werden, als deren Eröffnungsfeier zugleich diejenige für das neue „Kunstgewerbemuseum" sein wird. — Ihre Königlichen Hoheiten, der Großherzog und der Erbgroßherzog von Baden haben den Besuch der Ausstellung in Aussicht gestellt und neben Ihrer Königlichen Hoheit der Groß Herzog in die Güte gehabt, die in Höchstihrem Besitze befindlichen Schmucksachen, welche im Laufe der Jahre nach Entwürfen der Pforzheimer Kunstgewerbeschule angefertigt wurden, der Ausstellung zu überlaffen.
Berlin, 29. Mai. Nach einem Londoner Telegramm der „Voss. Ztg." bespricht Daily Telegr. die Aussichten einer Aussöhnung zwischen dem Kaiser und dem Fürsten Bismarck, dringend befürwortend, daß der erste Schritt vom Kaiser gethan werden möge. „Wir sagen dies im aufrichtigsten Wohlwollen gegen Deutschland und den deutschen Herrscher. Denn Deutschlands Kurs ist auf der politischen Karte nicht so klar vorgezeichnet, daß Bismarcks Erfahrungen und Ruf gegenwärtig und künftighin nicht ohne sehr großen Wert sein dürften. Es ist nicht gut für Deutschland, es schädigt und entehrt es in den Augen der zeitgenössischen Menschheit, daß der größte Staatsmann des Jahrhunderts wie eine edle aber vernachlässigte Klinge in Zurückgezogenheit verroste. Wie die Außenwelt die mißliche Lage zu verstehen scheint, ist es nicht ganz klar, wie der Altkanzler die Initiative zur Wiederannäherung, die in Friedrichsruh erwartet zu werden scheint, ergreifen kann. Doch sollte die Annäherung sicherlich stattfinden. Selbst wenn sie rein persönlich wäre, selbst wenn sie zu keiner unverzüglichen oder unmittelbaren politischen Thätigkeit des Fürsten führen sollte, so würde deren Veranlassung ruhmreich und gewinnvoll für Kaiser Wilhelm und eine Genugthuung für das historische Gefühl Europas und ein Trost für Deutschland sein."
Berlin, 31. Mai. Die Vossische Zeitung schreibt: In den hiesigen industriellen Kreisen herrscht über die Angelegenheit der Preisverteilung auf der Chicagoer Weltausstellung eine schwer
zu beschreibende Verstimmung. Man erinnert sich jetzt in ziemlich gereizter Weise daran, daß durch die Haltung der Reichsregierung lediglich zu Gunsten der amerikanischen eine deutsche Weltausstellung vereitelt worden ist. Eine Kundgebung in diesem Sinne wirk vorbereitet.
Vermischtes.
— In Essen befinden sich gegenwärtig 10« Viehhändler in Haft, welche gefälschte Fahrscheine - nach Hamburg verwendeten. Bei den Schaffnern fand man ganze Packele von Rundreiseheften und. die Viehhändler benützten genau denjenigen Zug, in, welchem ein in die Betrügereien eingeweihter Schaffner fuhr.
Distanzmarsch Berlin-Wien. Dem N. Tgbl. schreibt man von Bautzen, 31. Mai: Von den Berliner Distanzgehern blieb der Wiener Arzt Dr. Jobst 161 Kilometer von Berlin gänzlich erschöpft mit zerrissener Fußsehne im Felde liegen; die beiden Vegetarianer, ein Ingenieur aus Magdeburg und ein Architekt aus Leipzig, die sich ungemein frisch befinden, überholten ihn. Dr. Jobst hatte sich vom Start ab im Laufschritt in Bewegung gesetzt und in der ersten Stunde 15 Kilometer zurückgelegt. Um 6 Uhr abends am 29., also nach ISstün- digem Marsche, war er 81 Kilometer von Berlin entfernt; ihm folgte als nächster ein Herr aus Petersdorf und 2 Stunden entfernt die beiden Vegetarianer. Alle gedachten am selben Tage noch bis Kalau, 100 Kilometer von Berlin, zu kommen.
— Aus Monte-Carlo. In den Gärten von Monte-Carlo hat sich der Sohn des reichen Mailänder Kaufmannes Masini erschossen, nachdem er 80000 Franks im Spiele verloren hatte.
Landwirtschaft!. Kezirksnerein.
Mit dem 9. ds. Mts. wird die Liste der neu. eingemeldeten Mitglieder an die Redaktion des „württ. Wochenblatts f. d. Landwirtschaft" eingeschickt. Zustellung des Blatts erfolgt mit dem 1. Juli. Etwaige weitere Anmeldungen bei dem Unterzeichneten können,, bis incl. 8. d. Mts. noch Berücksichtigung finden.
Calw, den 1. Juni 1893.
Sekretär Ansel.
Standesamt Kalw.
Gestorbene:
30. Mai. Michael Schneider, Tuchmachers Witwe Barbara geb. Burkhardt hier, 69>/r Jahre alt.
30. Mai. Michael Theurer, Taglöhners Witwe Rosine geb. Rentschler hier, 64'/- Jahre alt. 1. Juni. Johann August Bitz er, Steinbrecher hier, 44 Jahre alt.
Gottesdienst
am Sonntag, den 4. Juni.
Vom Turm: 235. Predigtlied 224.
Vorm.-Predigt: Herr Dekan Braun. 1 Uhr Christenlehre mit den Söhnen. 2 Uhr Bibelstunde im. Vereinshaus: Herr Stadtpfarrer Eytel.
Mittwoch früh 7 Uhr Betstunde im Vereinshans..
Hemmnis, welches, wenn cs rffenbar würde, einen Schatten der Schande auch auf mich werfen würde. Was früher in weiter Ferne war, ist wir jetzt nahe gerückt, glaube mir, Geliebte, nur aus Liebe zu Dir geschieht es, daß ich mich von Dir trenne, mein Herz bricht über dem Entschluß Dir zu entsagen. Es wäre eine Sünde, Dein Schicksal an das weinige zu ketten."
„Aber ich will nicht entsagen, ich will an Dich im Leben und im Tode gekettet sein," rief Eleonore leidenschaftlich. „Für mich giebt es kein Glück und keinen Frieden ohne Dich. Was redest Tu da von Schande? Ich verstehe nicht, was Du meinst, aber soviel sage ich Dir, Harold, wärest Du auch von allen Menschen gemieden, ich würde doch fest an Dir halten und Dir vertrauen, denn nimmer bist Du einer ungerechten Handlung fähig. Versuche es nicht, Dich von mir zu trennen, Harold, Du würdest mein Leben mit Dir nehmen, denn ich sagte Dir bereits, daß ich sterben werde vor Gram, wenn Du von mir gehst."
„Eleonore", sagte der junge Mann, die Geliebte aufs Neue leidenschaftlich in die Arme schließend, .Tu nimmst mir ollen Mut, meinen mir mühsam errungenen Entschluß auszuführen" —
„Du sollst ihn auch nicht aussühren, ich lasse nicht von Dir, Harold. Niemals würde ich einem andern Manne die Hand reichen, würde höchstens eine alte Junfer werden. Ist das ein io großes Glück? Habe Mut, Harold, das Schicksal wird doch endlich ein Einsehen haben und unsere treue Liebe belohnen."
Harold küßte zärtlich die frischen L'ppen, die so ermutigende Worte sprachen.
„Du bist ein liebes Kind", sagte er. Ich fühle eS. ich kann das Opfer nicht dringen, mich von Dir loszureißen."
„Nein, eS ginge wirklich nicht", antwortete Eleonore unter Thränen lächelnd. „Du weißt nicht, wie fest dir Kette ist, an der ich Dich halte."
„O doch, doch, Eleonore, ich kenne ihre Macht und will mich fügen", antwortete Harold Charlton derterer. von Eleonores Lächeln angest-ckt. .Ich will hier bleiben und in meinen Mußestunden an meinem großen Gemälde arbeiten. O, ich will die
Nachtruhe entbehren für die kommenden Ehren der Gemäldeausstellung. Vielleicht gelinyt es mir auch noch, meine Abstammung von einer Familie zu beweisen, die so altadelig ist wie die Deinige, Eleonore."
.Das Wichtigste ist jetzt, daß Papa Dich kennen lernt," sagte das junge Mädchen. „Ich weiß gewiß, daß Du seine Sympathie gewinnst. Du benutzest die erste Gelegenheit, eine Botschaft auszurichten, bei so einem Proceß giebt es so vielerlei zu reden. Papa, wenn er Dich einmal gesehen, ladet er Dich gewiß zum Wiederkommen ein, was Du natürlich annimmst. Wir müssen ja nicht gleich mit der Thüre ins Haus fallen. Du erzählst Papa von Deinen noblen Aussichten, die mir selbst: zwar höchst gleichgültig sind, worauf der Papa viel Gewicht legen wird. Wenn Du Papas Gunst errungen, dann rücken wir allmählich mit der Wahrheit heraus, Papa wird zwar Anfangs zürnen, aber er liebt mich zu sehr und ist zu gut, als daß er nicht nachgeben sollte, wenn er sieht, daß mein ganzes Herz an Dir hängt; also versprich mir, daß Du das nächste Mal die Papiere bringst."
„Gewiß werde ich das mit Freuden thun, wenn mich mein Chef damit beauftragt, ich zweifle aber, ob er eS thut, es ist gerade, als ahne er, daß wir uns lieben."
„Ach was," antwortete Eleonore ungeduldig, „Du wirst es schon bewerkstelligen können. Aber was sprachst Du vorhin von einem neuen Hindernis, von Schande und Geheimnis? Darf ich nicht wissen, was es ist? Ich verstehe kein Wort von dem Allen. Willst Du mir nicht vertrauen?"
„ES ist nicht mein Geheimnis Geliebte, ich habe unverbrüchliches Stillschweigen gelobt. eS betrifft die Sicherheit und Freiheit einer mir teuren Person. Später sollst Du Alles erfahren.
Eleonore sah etwas beleidigt aus, sie wollte eben etwas erwiedcrn, als ihr feines Ohr Fußtritte in einem der Seitengänge des Parkes vernahm. Edward. Bayles kam gewöhnlich durch den Park nach Westringham, Hall-
(Fortsetzung folgt.)