ligung. Es handelt sich um nicht weniger, als um die Erhaltung des durch die Ungunst der Verhältnisse in seiner Existenz bedrohten Bauernstandes und somit des Mittelstands überhaupt. Würde aber unser Mittelstand untergehen, wozu wir, wenn es noch lange so weiterginge, alle Aussicht hätten, so hätte auch das Reich keinen Bestand mehr und kein noch so^ großes Heer könnte es vor dem Verfall retten, weil ihm die innere Kraft, das Mark in den Knochen fehlte. Die Befürchtung, daß die Bewegung der Landwirte eine demagogische Färbung annehmen könne, ist durchaus grundlos; wer an seine Scholle gebunden ist, wer mit dem Pflug den vom Vater ererbten Acker umkehrt, ist zufrieden, wenn er unter den Gesetzen des Staates in Ruhe und Sicherheit leben kann, aber er darf billig verlangen, daß diese Gesetze nicht einseitig andere auf seine Kosten bevorzugen. Der Bauer hat von jeher die Treue zum Fürsten gepflegt, er hat am längsten an den Volkseigentümlichkeiten festge­halten, er ist stets mit Gut und Blut freudig für König und Vaterland eingetreten, er hat Gottesfurcht und Sitte, Einfachheit und Arbeitsamkeit geübt wer ist mehr geeignet als er, das zu hegen und zu bewahren, was alles wir in dem Wort Vaterlands­liebe und Religion zusammenfassen? Darum bleibt der Bauernstand erhalten, so vergeht auch der Mittelstand nicht und das Rütteln des internationalen Großkapitals auf der einen und der umstürzlerischen Sozialdemokratie auf der andern Seite an den Grundfesten unserer Nation und Nationalität werden fruchtlos bleiben. Daß der Mittelstand aber erhalten bleibe, dazu bedarf es der geeigneten Vertreter des Volks im Reichstag und des­halb Ihr Bauern, wählet nur solche Männer, die für's Vaterland ein warmes Gefühl und für Eure Interessen ein offenes Verständnis haben und ohne Rücksicht auf Parteiinteressen nur das vertreten werden, was dem Vaterland und Euch frommt!"

Tayes-Neuigkeiten,

Nagold, 28. Mai. Heute mittag 2 Uhr wurde die Feuerwehr alarmiert: die Weber'sche Fabrik in Rohrdorf brannte. Die Feuerwehr mußte sich auf die Rettung der Nachbarhäuser be­schränken ; das Weber'sche Anwesen brannte total ab. Der Grund der Entstehung des Feuers ist noch unbekannt.

In Nagold sprach am 28. unser Reichs­tagsabgeordneter Landgerichtsrat Frhr. v. Il­lingen im gedrängt vollen Hirschsaal. Er berührte im Eingang verschiedene Fragen, dir voraussichtlich im nächsten Reichstag außer der Hauptvorlage zur Sprache kommen weiden, und erklärte, daß er an dem unverkürzten allgemeinen Wahlrecht festhalten, für Verbesserung der Versicherungsgesetze, sowie der Vorschriften über das militärische Beschwerderecht und für die Oeffentlichkeit des militärischen Strafver­fahrens eintreten und daß er sich die Erhaltung und Kräftigung des Mittelstandes in Landwirtschaft,

Gewerbe und Handel angelegen sein lassen werde. So­dann wandte er sich der Hauptfrage des Tages, der Mili- tärvorlagr zu, für welche der Kandidat aus Ueberzeugung eintritt. Vorgestern sprach der Kandidat in Altensteig, gestern mittag in Ebhausen, heute in Haiterbach.

Alten steig, 25. Mai. Unserem sonst so be­deutende^ Viehmarkt waren diesmal nur etwa 750 Stück zugeführt, nämlich L00 Paar Ochsen und Stiere, 150 Kühe, 200 Stück Kalbeln und Rinder. Der Handel ging in Fettvieh flott bei seitherigen Preisen. Sonst war der Handel flau und gingen die Preise noch mehr zurück. Bei Schmalvieh und Rindern war der Handel gleich Null. Drei Waggon Mast­ochsen wurden an den Niederrhein verladen. Der Preis für Ochsen bewegte sich zwischen 8001050 Der Ztr. lebend Gewicht kostete 2830 bei I. Qualität wurde bis 32 erlöst. Melkkühe kosteten 200300 ; es waren schöne Exemplare aufgestellt,

Rinder 70120 Auf dem Schweinemarkt

war die Zufuhr sehr stark, namentlich mit Läufer, die Preise gingen aber sehr zurück. Milchschweine kosteten pro Paar 1827 Läufer 4070 Der Abschlag beträgt pro Paar bei beiden Sorten Schweine wenigstens 10

Zur Wahlbewegung im 7. Wahlkreise berichtet der Eäubote aus Herrenberg vom 29. Mai:Die gestrige Versammlung der deutschen Partei im Gasthof zur Post war von ca. 100 Per­sonen besucht. Es sprachen Dr. Grundier, als Vorstand der Partei, Stadtpfarrer Weber, welcher u. a. ein selbstverfaßtes Gedicht vortrug, das großen Anklang fand, und Oberamtstierarzt Hanft. Die Versammlung der Volkspartei in der Turnhalle, in welcher der Kandidat der freisinnigen Wähler, Cleß von Stuttgart, sein Programm entwickelte, kräftig unterstützt von Rechtsanwalt Konrad Haußmann, war vielleicht von 300 Personen besucht und wurde von Gemeinderat Dietz hier geleitet. Wie man hört, sind beide Parteien über den Verlauf ihrer Versammlungen sehr befriedigt."

Leonberg, 29. Mai. Gestern war hier eine stark besuchte Versammlung von Landwirten und Freunden derselben im Holzäpfel'schen Saal, wobei unter dem Vorsitz des Landtagsabgeordneten Aldinger mehrere Redner, besonders Freiherr v. Neurath und Sekretär Schrempf, die Nöten der Landwirte klarlegten und zu vereintem Zusammenwirken gegen die Herabsetzung der Fruchtzölle (Rußland), gegen den Terminhandel und für schärfere Besteuerung des höheren Einkommens aufforderten. Dies könne natürlich nur durch die Wahl geeigneter Männer in den Reichstag erreicht werden. Mit großem Beifall wurde dieser Rat ausgenommen, und viele traten dem Bund der Landwirte bei. In Weilimdorf brannte am 26. ds. nachmittags 12 Uhr die Scheuer des Andreas Ludman^n ab; das darange­baute Wohnhaus wurde mit Mühe gerettet. Vor 5 Jahren wurde an derselben Stelle die Scheuer durch

Brandstiftung, wie man auch diesmal vermutet, ver­nichtet.

In der Versammlung von Landwirten in Holzäpfels Saal in Leonberg am 28. d. Mts. wurde am Schluß Landtagsabgeordneter Aldinger nochmals gebeten, die Kandidatur als Reichstagsab­geordneter jfür den 4. Wahlkreis anzunehmen. Auff dessen entschiedene Ablehnung erklärte sich Redakteur: Schrempf von Stuttgart zur Annahme bereit;, was von der Versammlung mit Freuden begrüßt wurde. Vom sozialdemokratischen Wahlkomite ist auf morgen abend eine Wählerversammlung projektiert^ wobei Th. v. Wächter als Referent auftreten soll.

Stuttgart, 27. Mai. Die neueste Blüte, welche das moderne Gigerltum in seiner nie rastenden Entwicklungskraft getrieben hat, ist bekanntlich ein kleines abgerichtetes Ferkel, das bei seinem Herrn die Stelle des Hundes vertreten muß. Heute morgen hatten die zahlreichen Paffanten der Königsstraße das- Vergnügen, einen solchen neuesten Gigerl in Begleitung, eines solchen Borstentierchens mit eigenen Augen er­schauert zu können. Die wahrhaft klassische Seelen- Ftche des mit einem Prügel von gewaltigem Durch­messer bewaffneten Gigerls bot ebenso den ironischem Bemerkungen wie dem Gelächter der Umgebung Trotz. Das Ferkel benahm sich übrigens wie ein gut dressiertes Hündchen.

Stuttgart, 28. Mai. Am Samstag abend sprach Bebel vor einer großen Versammlung im- Zirkus auf dem Marienplatz. Seine Rede fand stürmischen Beifall bei den Sozialdemokraten. Gegen. Bebel wandte sich hernach Rechtsanwalt Le brecht, welcher an den Patriotismus der Versammlung, appellierte. Wer das deutsche Reich erhalten wolle, wer wolle, daß wir im nächsten Krieg Sieger bleiben^ der müsse auch die nötigen Mittel bewilligen; wer die Revolution wolle, der wähle den Sozialdemokraten, wer im kommenden Krieg siegen wolle, der wähle den Nationalliberalen. Natürlich fand der Redner mit solchem Appell keinen Beifall bei den Anhängern Bebels. Am Sonntag vormittag sprach Bebel, im Russischen Hof in Cannstatt. Das Zentrum hat als Zählkanditaten für den I. Wahlkreis Land­richter Gröber aufgestellt, nachdem Probst abgelehnt, hatte. Herr Gröber wird in einer öffentlichen Ver­sammlung sprechen. Geh. Kommerzienrat S i e g l e- sprach am Sonntag mittag in zwei Versammlungen auf den Fildern, in Steinenbronn und Waldenbuch.

Stuttgart, 30. Mai. Am 29. Mai ent­wickelte der sozialdemokratische Kandidat für den 1. Wahlkreis, Kloß, in Echterdingen in einer zum weitaus größten Teil aus Gegnern bestehenden Versammlung sein Programm in langer, aber sach­licher Rede, in der er sich besonders gegen die Mi­litärvorlage wandte und die Einführung der Volks­miliz verlangte. Zur Widerlegung ergriff Gemeinde­rat Baumeister das Wort, der die Ausführungen des Redners Punkt für Punkt einer scharfen Kritik'

ich nahm ihn in mein Haus und trug die Kosten seiner Erziehung. Er ging auf die Universität und studierte Rechtswissenschaft. Durch meinen Enfluß verschaffte ich ihm die einträglichste Atvokaler,stelle in Westringham, weil ich wünschte, Ihr solltet Euch lieben lernen, obgleich Edward achtzehn Jahre älter ist als Tu. Ich zvollte durch eine Heirat zwischen Euch beiden das Unrecht wieder gut machen, welches ich ihm durch meine eigene späte Heirat zugesügt, aber wenn Du ihn nicht liebst, Eleonore, so ist die Sache beendigt. Der Himmel weiß, daß es mir nicht eilt, meinen Liebling von mir zu lasten, nur möchte ich Dich, bevor ich sterbe, in der Obhut eines guten, braven Mannes zurücklassen."

Ach, Papa, das eilt doch nicht. Ich will Dich nicht verlassen, wenigstens gewiß nicht um Edward Boylis Willen," fügte Eleonore leise mit unwillkürlichem Erröten bei.Wir sind so glücklich zusammen, nicht wahr, Papa?"

Ich bin es wohl zufrieden," lächelte der Squire,wenn Tu Dich mit diesem Glück begnügst."

In diesem Augenblick drang der klare, süße Ton eines Rotkehlchens zu dem geöffneten Fenster herein, derselbe kam aus einem Gebüsch des Blumengartens. Eine Purpurröte überzog plötzlich Eleonore« reizendes Gesicht. Sie saß still und zerstreut in ihrem Stuhl, während ihr Vater noch mit seinem Wein und Dessert beschäftigt war, dann, ihrer Gewohnheit nach, verließ sie ihn auf -ine Weile, um ihren Spaziergang im Garten zu machen. Man pflegte in Westringham Hall erst um sechs Uhr des Abends zu Mittag zu speisen, nach der Sitte, die in England in den höheren Ständen üblich ist.

Die Sonne war bereit« am Untergeben, als Eleonore da« Haus verließ. Eie schlendert« auf dem Rasenplätze, der sich vor dem Hause ausdehnte hin und her. Ein leichte« dunkelrotc« Tuch um ihre Schultern und da« perlgraue Seiden­kleid gaben ihr em reizende« Aussehen; die frische Rose in ihrem Haar war kaum röter al« ihre Wangen. Ihre Augen leuchteten ungewöhnlich freudig und ihr Herz Hopste heftig.

Eleonore wußte, daß ihr Vater «i liebte, sie bei ihren Spaziergängen mit den

Augen verfolgen zu können, was leicht möglich war. da das Speisezimmer zu ebener Erde lag deshalb verlor sie sich noch nicht in den Gängen des Blumengartens, der sich hinter dem Rasenplatze befand, sondern wandelte so lange auf dem letzteren umher, bis sie bemerkte, daß der Kopf des Squires in den Lehnstuhl zurückgesunken war und er wie gewöhnlich sein Nachtischschläfchen machte.

Der Squire war fest eingeschlafen und Eleonore wußte, daß er unter einer halben Stunde nicht erwachen würde. Das junge Mädchen warf noch einen liebe­vollen Blick auf den sanft schlummernden Vater und begab sich alsdann in den Blumengarten. Da und dort eine Blume aus den zierlich angelegten Beeten pflückend, näherte sich Eleonore einem Sommerkäuschen, das von einer Gruppe Kiefern umgeben, dickt am Zaune stand. Neben dem Häuschen führte eine Thür in den Park. Eleonore spähte ängstlich, ob nicht der Gärtner oder einer der Diener im Wege sei. und als dies nicht der Fall war, öffnete sie die Thür des Sommer- häuschenS. Im nächsten Augenblick lag sie in den Armen eines schlanken und doch kräftig gewachsenen, blondhaarigen jungen Mannes.

Endlich, mein Liebling!" sagte der junge Mann zärtlich, mit sonorer, wohl- tönender Stimme.Du hast also mein Signal, den Rotkehlchenruf, doch vernommen^ Ich zweifelte schon daran, denn Du wandeltest gar so lange auf dem Rasenplatz umber. Ich spähte nämlich zum Fenster hinaus und sah durch die Bäume und Gebüsche des Gatten« den Schimmer Deine« Kleides."

Ich wartete nur bi» der Vater eingeschlafen war," antwortete Eleonore, nicht ohne ein Gefühl innerer Beschämung.

Obwohl Harold Charltons Gesichtsfarbe so weiß und rot war wie diejenige eine« Mädchens und seine Züge fein und regelmäßig, so hatte er doch durchau» nichts weibisches an sich. Mit dem Gesicht und der Figur eines Apollo, war er dennoch frer von der so widerlichen männlichen Eitelkeit, und als er die liebliche junge Erbin an sein Herz preßte, sagte ihr der Blick leidenschaftlicher Liebe au8> seinen dunkelblauen Augen, daß ihr Reichtum für ihn der geringste Reiz sei.

(Fortsetzung folgt.)