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«sie hiezu von der Landaestütskommission aufarfordert «werden und zu dieser Zeit noch im Besitz der prä­mierten Tiere sind. Sie erhalten, neben einer «Vergütung für die Transportkosten der Pferde und «die Reisekosten des Begleiters beim Vorführen der «Pferde in Cannstatt, einen Zusatzpreis von Ein­hundert Mark zu dem früher empfangenen Preise «nebst einer Bronze-Medaille nach Maßgabe der «besonderen Bestimmungen über die Prämierungen «bei dem landwirtschaftlichen Hauptfeste in Cannstatt.*

3) Diejenigen, welche sich um Preise bewerben wollen, haben dies bei den Anmeldestellen nämlich:

für Herrenberg bei Herrn Gemeinderat Rüdiger daselbst,

für Saulgau bei Herrn Verwaltungsaktuar Neuburger daselbst,

für Blaubeuren bei Herrn OberamtSierarzt Miller daselbst,

je spätestens bis zum 25. Juni 1893 anzumelden.

Hiebei sind zugleich die für die Preisbewer­bung erforderlichen Urkunden darüber, daß und seit wann die Preisbewerber Eigentümer der angemelde­ten Zuchtstuten und Fohlen sind und an welchen Orten die ersteren zur Zucht verwendet wurden, nebst den Beschälscheinen und sonstigen Nachweisungen über die Abstammung der Fohlen (Bekanntmachung vom 1. April 1875, Amtsblatt des Ministeriums des Innern S. 71) zu übergeben. Formulare zu diesen obrigkeitlichen Zeugnissen werden den Preisbewerbern von den Anmelde­stellen auf Verlangen abgegeben.

Stuten und Fohlen, welche bis zu dem be­zeichnten Termin nicht angemeldtt worden sind, rönnen bei der Zuerkennung der Preise nicht berück­sichtigt werden.

3) Besitzer solcher Zuchtstuten, mit welchen keine Saugfohlen vorgeführt werden können, weil letztere krank oder gefallen sind oder weil die Stuten versohlt haben, sind gehalten, durch Beibringung einer obrigkeitlichen Bescheinigung sich hierüber aus­zuweisen.

4) Für jede zur Preisbewerbung gehörig an­gemeldete Zuchtstute und für jedes zur Preisbewer­bung gehörig angemeldete Fohlen wird dem Besitzer eine Zulassungskarte zugestellt, welche bei der Vor­führung der Tiere abzugeben ist.

5) Vorführung, Musterung und Prämierung der angemeldeten Pferde findet an einem Tage statt.

6) Bei den Prämierungen sind die um Preise konkurrierenden Tiere in Saulgau und in Blaubeu­ren morgens 7 Uhr, in Herrenberg morgens 8'/, Uhr auf dem Festplatze aufzustellen.

Die Verteilung der Preise erfolgt nachmittags, sofern nicht bei der Vorführung der Tiere etwas anderes bekannt gegeben wird.

7) Die Beförderung von Pferden mittelst der Eisenbahn in Personenzügen nach den Orten der Prämierung und von diesen zurück erfolgt ohne den bei verlangter Beförderung von Personenzügen sonst vorgeschriebenen Zuschlag von 50 "/<, der gewöhnlichen, für die Benützung der Güterzüge berechneten Taxe, wenn der bezügliche Wunsch mindestens 10 Tage vor, dem Prämierungstage der oben unter Iiff. 2 bezeichnten Anmeldestelle unter Angabe der Zahl und Gattung der mit der Bahn zu befördern­den Pferde besonders kundgegeben wird. Die Pferde­besitzer haben sich in diesem Falle der von der Eisen­bahnverwaltung zu bestimmenden Züge und Wagen für den Hin- und Rücktransport zu bedienen (Ver­fügung des K. Ministeriums der auswärtigen Ange­legenheiten, Abteilung für die Verkehrsanstalten, vom 20. Mai 1880, betr. die Erleichterung des Eisenbahntransports von Pferden und Rindvieh zu Ausstellungen, Staatsanzeiger von 1880 Nr. 120).

Stuttgart, den 15. Mai 1893.

K. Landgestütskommission.

In Vertretung:

Schittenhelm.

Die Volkspartei für «rrd Wider die allgemeine Wehrpflicht.

Die Durchführung der allgemeinen Wehrpflicht steht auf dem Programm der Volkspartei. So lange die 2jährige Dienstzeit und mit ihr die gerechtere Heranziehung der Wehrfähigen nicht zu erreichen war, hat die Volkspartei eifrig dafür agitiert. So schreibt der Beobachter in seiner Nummer vom 2. Dez. 1886 in einem Artikel:

«Sollte der Reichstag die Heeresvermehrung mit zweijähriger Dienstzeit anbieten, so würde er in den weitesten Schichten der Wählerschaft eine so feste Position haben, daß er allen kommenden Ereignissen ruhig entgegensetzen könnte. . . . Da­bei ist die Hauptsache, daß der Kriegsstärke unseres Heeres kein Abbruch geschähe, wenn mit der Ver­mehrung der Einstrllungsziffer zugleich die zwei­

jährige Dienstzeit eingeführt würde. Die Motive der Vorlage (gemeint ist die Septennatsvorlage von 1886/87) sprechen immer nur von der Friedens­stärke. Mit der Friedensstärke führt man keine Kriege; die Kriegsstärke hängt aber von der Ein­stellungsziffer ab, und wenn der Reichstag die ge­forderte Vermehrung derselben samt den neuen Kadres bewilligt, so hat er auch die Erhöhung der Kriegsstärke bewilligt. Es kann ihm nicht der Vorwurf gemacht werden, für die Sicherheit des Reichs nicht genügende Sorge getragen zu haben."

Ein andermal, in der Nummer vom 11. Dez. 1886, beginnt ein Artikel des Beobachters:Ab­kürzung der Dienstzeit ist das erste und dringendste Verlangen der Demokratie in Deutschland. Inner­halb zweier Jahre kann ein ziemlich normaler Mensch mehr als hinreichend ausgebildet werden. Einzelne Stimmen gehen sogar schon auf 1 Jahr herunter. 11m so bescheidener, aber auch um so berechtigter er­scheint da die Forderung der deutschen Volkspartei, welche einen möglichst großen Prozentsatz des Volkes wehrfähig machen will." In derselben Nummer des Beobachters wird Stellung genommen zu der Rede Payers von derSünden­schuld des Bruderkriegs von 1866", in der er be­kanntlich an der damaligen Septennatsvorlage eines begrüßte: die Erhöhung der Präsenzziffer, lieber diese Rede schrieb der Beobachter nach der Franks. Ztg. folgend:

Ehrliche Durchführung der allgemeinen Wehr­pflicht verlangt die Volkspartei; das muß sie einer Erhöhung der Präsenzziffer geneigt machen; denn man kann erst von Durchführung der Wehrpflicht reden, wenn jeder zum Waffen­dienst taugliche Bürger auch wehrhaft gemacht wird und zwar wehrhaft in gleicher Weise. . . . Ein Heer, das im Frieden alle Wehrfähigen genügend ausbildet, um sie im Kriege wirksam verwenden zu können, ein Heer auf der verfassungsmäßigen Grundlage, dessen Erfordernisse alljährlich die Volksvertretung zu prüfen und zu bewilligen hat, für das die Mittel von rechtswegen aufzubringen sind, das ist eine Plattform, mit der die Demo­kratie vor dem Lande wie vor dem Richterstuhl der Geschichte wohl bestehen kann."

Ja selbst den Satz:Je mehr Soldaten ausgebildet werden für den Krieg, desto besser", hat einst der Beobachter für richtig gehalten, indem er nach derFreis. Ztg." folgendes schrieb (6. Febr. 1887):

Zudem handelt es sich bei allen Festsetzungen des Reichstags nicht um die Kriegsstärke, sondern einzig und allein um die Friedenspräsenzstärke. Im Falle eines Kriegsausbruchs oder unmittel­barer Kriegsgefahr hat der Kaiser verfassungsmä­ßig das Recht, selbständig über die Kriegsstärke zu bestimmen. Auch giebt es keine Partei im Reichstage, welche nicht von dem Wunsche erfüllt wäre, daß Deutschland im Krtege so stark wie möglich sei. Je mehr Soldaten ausgebil­det werden für den Krieg, desto besser."

Was hier die Demokratie verlangt, ist jetzt zu einem guten Teil zu erreichen im Wege der Ver­ständigung mit der Regierung. Jetzt aber wird die Forderung der ehrlichen Durchführung der allgemei­nen Wehrpflicht seitens des freisinnigen Flügels der Volkspartei wie seitens des schwäbischen Flügels, der sog.deutschen" Volkspartei, verleugnet; sie schlagen ihre eigenen Programm in den Wind, und verleugnen lieber ihre eigenen Grundsätze, als daß sie eine Verständigung mit der Regierung suchen würden. Schw. M.

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Tatzes-Neuiykeilen.

sAmtliches aus dem Staatsanzeiger.j Am 26. Mai ist von der evangelischen Oberschul­behörde die Schulstelle in Holzbronn, Bez. Calw, dem Unterlehrer Schnitzler in Linfenhofen, Bez. Nürtingen, übertragen worden.

-r Gechingen, 25. Mai. In der heutigen sehr gut besuchten Versammlung des landwirt­schaftlichen Bezirksvereins im Adler in Gechingen hielt Hr. vr. Wiedersheim einen Vor­trag über den durch die herrschende Trockenheit herbei­geführten Futtermangel. Da im besten Fall kaum eine halbe Heuernte zu hoffen sei, empfahl Hr. vr. W. vor allem, sobald überhaupt einige Feuchtigkeit

vorhanden ist, einen weitgehenden Anbau von Pferde­zahnmais. Die Aussaat des Maises sollte zu ver­schiedenen Zeiten geschehen, so daß -man an einer Abteilung immer etwa 14 Tage zu füttern hätte.. Alte Pflanzen würden zu holzig werden und hätten weniger Nährwert als junge. Da Krähen, Dohlen und Raben die Körner sehr gerne fressen und sogar noch aus der Erde hacken, wenn sie schon aufgegangen! sind, wurde empfohlen, den Samen vor der Aussaat: mit Mennige zu färben oder in Erdöl oder Gülle zu i tauchen, wodurch die Keimkraft nicht verloren geht:. Vogelscheuchen erfüllen bekanntlich ihren Zweck nicht- Pferdezahnmais läßt sich ganz gut auch den Winter über aufbewahren, wenn man denselben in 46 om lange Stücke schneidet, in Gruben (ohne Salz) so fest­stampft, daß nirgends mehr ein hohler Raum ist,, mit Stroh und hierauf 2 Fuß hoch mit Erde dach­förmig bedeckt. Werden Wicken und Haber gesät, so sollten stets auch Erbsen darunter gemischt werden,, was für das Vieh und den Acker gleich vorteilhaft ist; zu 60 Pfund Wicken 40 Pfund Haber und 15 Pfund Erbsen. Daß in der Gegend das Unkraut (des. Disteln) von Aeckern, Hecken, Wiesen und Wäl­dern vielfach zur Fütterung benützt wird, ist gut, nur. sollten die Disteln mit anderem Futter gemischt werden, damit die Tieredas Maul nicht verschlagen." Würde der Futtermangel noch größer werden, so müßte man. außer zu dem Waldgras (Seegras) auch zum Laub- und zu den jungen Zweigen der Waldbäume greifen^ die auch in jungem Zustand ein viel besseres Futter geben als später, wenn sich die Nährstoffe schon im. Holz abgelagert haben. Den größten Nährwert sollen, nach ihrer chemischen Zusammensetzung die Blätter von Ulmen und Eschen haben ( dem Klee); sodann,- kommen Ahorn, Hainbuchen, Eichen und auch Pappelir (^ dem Wiesenheu); weniger wertvoll ist das Laub von. Rotbuchen, Erlen, Birken und Haselnuß. Am besten werden auch diese Futtermittel miteinander und mit Schabgras" gemischt und mit ihnen möglichst viel, abgewechselt, da sie doch eigentlich unnatürlich sind. Vielfach wird jetzt auch Getreide gefüttert. Die ganzem Körner können jedoch von den Wiederkäuern nicht gut verdaut werden, weil die Magensäure nicht in die­selben eindrmgen kann. Man sollte die Körner vor­her mindestens einmal über einen Mahlgang laufen lassen. Herr vr. W. schloß seinen sehr klaren Vor­trag mit den Bitten: 1. den Wald nur mit Maß und Ziel zu benützen und 2. alles zu thun, um die Tiere möglichst gut über die schwere Zeit hinüber­zubringen. Der Vorstand des Bezirksvereins, Herr Oberamtmann Lang, sprach dem geehrten Redner den Dank der Versammlung aus und forderte dieselbe auf, zum Zeichen der Zustimmung sich von den Sitzen zu erheben. Ebenso wurde auf Anregung des Hrn., Schultheißen Ziegler von Gechingen auch dem Hrn. Oberamtmann gedankt, der die Versammlung einberief und in seinen Ansprachen einen klaren Blick und ein warmes Herz für die Lage unserer Landwirte zeigte..

Auch der Tags darauf erfolgte, das gleiche Thema behandelnde Vortrag auf Station. Tein ach hatte sich eines überaus zahlreichen Besuchs, zu erfreuen und dürfte sonach auch der auf den. Waldboden gefallene gute Same nicht umsonst, ausgestreut sein.

Am Samstag vorm. 9°/< Uhr kam in dem zweistöckigen Wohnhaus mit Scheuer des Bauern Friedrich Klink in Neuweiler Feuer aus, wel­ches in kurzer Zeit das ganze Gebäude in Asche legte. Der Gebäudeschaden beträgt über 6000 Das, Vieh konnte gerettet werden, fast alles Mobiliar da­gegen verbrannte.

Ebershardt OA. Nagold, 26. Mai. Zwei, hiesige Bürger, ein Bauer und ein Metzger, dis schon lange wöchentlich Schlachtvieh ins Wildbad liefern, wurden am Pfingstmontag abend auf dem Heimweg von 3 Strolchen im Wald überfallen. Obwohl das Fuhrwerk bergauf ging, erzwangen sich die 3 Burschen Sitze auf demselben, schlugen den Bauern in Ohnmacht und behandelten den Metzger mit dem Messer derart, daß er noch am Abend sich in ärztliche Behandlung begeben mußte. Die 3 Verbrecher, welche in der Gegend nicht unbekannt sind, wurden noch in der Nacht und am Dienstag verhaftet.

* Al tensteig, 28. Mai: Die Wahlagitation hat nun im VII. Wahlkreis begonnen. Freiherr v- Gültlingen sprach, gestern hier vor einer Wählern