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45. Amts- und Anzeigeblalt für den Bezirk (Lalw. 68. JatMuz.
Erscheint D i e n s ta g, Donnerstag und SamStag. Die EinrückungSgebühr beträgt im Bezirk und nächster Umgebung 9 Pfg. die Zeile, sonst 12 Psg.
Dienstag, den 18. April 1893
Abonnementspreis vierteljährlich in der Stadt SO IP*g. n»d 20 Pfg. Träqerlohn. durch die Post bezogen Mk. 1. IS, sonst 1» ganz Württemberg Mk. 1. 35.
Deutsches Reich.
Stuttgart. ^Abgeordnetenkammer.^ Freitag, 14. April. Beratung von Kap. 105, Zoll- und Reichssteuerverwaltung. Berichterstatter ist Freiherr v. Gültlingen, welcher an der Hand des gedruckt vorliegenden Berichts zu den einzelnen Titeln erläuternde Bemerkungen macht. Das ganze Kapitel wird ohne weitere Erörterung genehmigt. Es folgt Beratung von Kap. 112: Aus Forsten. Berichterstatter Frhr. v. Wöllwarth führt aus: Unter den neuen Handelsverträgen hätten die Holzpreise zu leiden gehabt. Auch habe die Nonnenplage die Preise ffehr beeinflußt. Die württ. Forstdirektion habe gegen die Nonne keine allzu einschneidenden Maßregeln ergriffen und es habe sich die Richtigkeit der Beurteilung gezeigt. Aus Kreisen von Forstmännern sei der Wunsch geäußert, daß die Referendäre des Forstfachs und Forstassistenten mehr für den prakt. Dienst uls zu Schreibereien verwendet sollen, ferner soll für Forstbeamten ein Uniformszwang eingeführt werden. Frhr. v. Herman unterstützt diese Ansichten, ist aber dezügl. der Nonnenplage der Meinung, daß gegen die Nonne energischer hätte vorgegangen werden sollen. Präsident v. Dorrer: Man sei energisch genug vor- gegangen. Ueber die Mittel gegen die Nonne sei man heute noch nicht im Reinen und die Verwaltung verdiene für ihr Vorgehen eher Anerkennung als Tadel. Was er damals über die Nonne ausgeführt, sei auf dieselbe Zeit eingetroffen. Zu Tit. 2, Holzer trag spricht Haug: Er sei über die Mehreinnahme von 440,000 ^ erfreut. Es werde jedoch auch oft über hohe Holzpreise geklagt, es möge deshalb alles unterlassen werden, was geeignet sei, die Holzpreise künstlich zu steigern. Der Holzverkauf im
Wirtshaus sei hiezu besonders geeignet. Berichterst. Frhr. v. Wöllwarth: Es sei dies allerdings ein Mißstand, aber eben das kaufende Publikum sei es, das nicht mehr in den Wald wolle. Bei solch kalten Wintern könne man überhaupt die Geschäfte nicht im Walde besorgen. Die Forstverwaltung müsse darauf sehen, hohe Preise zu erzielen. Frhr. v. Gültlingen: Es sei schon geklagt worden, daß Privatwaldbesitzer sich das Pflanzenmaterial nicht ziehen können. Es möchte die Staatsforstverwaltung den Privatbesitzern dadurch entgegenkommen, daß sie von ihrem reichen Pflanzenmaterial zum Selbstkostenpreis an Private für ihre Neuanpflanzungen Material abgebe. — Präs. v. Dorrer gibt eine befriedigende Erklärung ab. — Brodbek und Rath geb bitten um reichere Ueberlassung von Waldstreu, ebenso wünscht Haffner-Calw nicht nur Ueberlassung von Laub und Moosstreu sondern auch von Reisstreu. Es sei in diesem Winter ein großer Futtermangel eingetreten. Jetzt in dem trockenen Frühjahr wachse sehr wenig. Er bitte bei dem heurigen Notstand, daß man mehr Leute, da wo es. angehe, in den Wald lassen solle, um Gras zu holen. — Präs, v. Dorrer: In diesem Jahre könne mehr Laub abgegeben werden, als sonst. Dem Wunsche des Abg. Rathgeb stehen wesentliche Bedenken im Wege. Wo man Ordnung halten müsse, da müsse man Taglöhner nehmen; an anderen Stellen könne man das Publikum in den Wald lassen. — Zu Tit. 24 (Außerordentliche Ausgaben) spricht Haffner-Calw: Es finde sich im Etat ein Posten nicht vor für Entschädigungen für Hilfeleistungen bei Waldbränden. Die Gemeinden seien nach der Waldfeuerlöschordnung beauftragt, einem Brand im Wald entgegenzutreten. Dies sei aber oft mit Kosten verknüpft. Nach der
Ordnung hat der Waldbesitzer diese Kosten zu tragen. Diese Ordnung erkennt die Forstdirektion nicht an. Die neue Feuerlöschordnung weist ebenfalls die Kosten dem Besitzer des Brandobjekts zu. Es sei nicht recht, wenn die Löschmannschaften für ihre Zeitversäumnis rc. keine Entschädigung erhalten. Dies habe auch die Forstdirektion früher anerkannt. Jetzt sei ihr Standpunkt ein anderer. Es liege eine solche Entschädigung im Interesse der Forstdirektion selbst. Redner erzählt einen Brandfall, wo 7 Gemeinden aufgeboten wurden, die einen großen Schaden verhütet haben. Als die Gemeinden ihre Kostenzettel eingereicht haben, wurden sie zurückgewiesen mit der Bemerkung, die Gemeinden müssen umsonst diese Arbeit thun. Die Stadt Calw habe aus ihrer Kasse einen Teil dieser Entschädigungen übernommen, nur um mißlichen Folgen für die Zukunft vorzubeugen. Dazu komme noch, daß dieser Brand durch Funken einer Lokomotive entstanden sei; va nun aber der Brandstifter die Kosten zu tragen habe, so hätte in diesem Falle die Eisenbahnverwaltung die Kosten übernehmen müssen. Dies sei nur zum Teil geschehen. Außerdem sei bemerkenswert, daß die Untersuchungen nicht die Forstdirektwn, sondern die Eisenbahnverwaltung selbst geführt habe. Er stelle nach all dem Gesagten den Antrag den Herrn Finanzminister zu ersuchen, mit thunlichster Beschleunigung eine neue Waldfeuerlöschordnung bei der Ständekammer einzubringen. — Der Antrag Haffner wird genehmigt. Haußmann (Gerabronn) beklagt sich über die chicanöse Behandlung die den angrenzenden Jagdberechtigten oft durch das Forstpersonal zu teil werde, worauf Minister v. Riecke antwortet, die Lehörveu seien solchen Chicanen entgegengetreten. Als Schuß- und Fanggeldsr sind 29,703 ^ Ausgabe eingestellt.
I erlitte ton.
— Nachdruck verboten.
Nuf dem Nosrnhof.
Erzählung von H. Moevingus.
(Fortsetzung.)
Oho, kommst mir so! Paß' auf, daß nit ich Dir z'erst das Licht ausblas!
Er sprang auf mich zu und packte mich am Rockkragen. Außer mir vor Wut, schlug ich ihm mit der geballten Faust ins Gesicht. Wir rangen Brust an Brust, da — that er selbst den Fehltritt, oder ich stieß ihn, ich weiß es nicht — glitt er mir aus den Armen und stürzte kopfüber den Felsen hinab. Ich glaubt', er sei in den See g'fallen und beugte mich vor. Großer Gott ... 's Grausen packt mich jetzt wieder wie damals! Ich seh ihn noch mit den Händen an den nackten Felsen g'krallt, blutig, zerschmettert, die Augen weit aus den Höhlen getrieben. Nett' . . . rett' mich, rief er matt ... der Hof . . ist Dein . . . alles, rett', rett' mich . . . Ich hels' Dir, wollt' ich rufen — da verließen ihn die Kräfte — ein Fall — ein 'Plätschern — und drunten lag er im See.
Ich stand und stand — weiß selber nit wie lang. Ich stierte ins Wasser, der Leichnam kam nimmer in die Höh'. So ist der See: was er mal schluckt, sieht kein Aug' je wieder. So wie mir, muß dem Kain g'wesen sein, wie er den Abel erschlug und unser Hergott ihn fragte: Kain, wo ist Dein Bruder?
Ich war ein Mörder, ohne daß ich einer hatte sein wollen. Wenn ich ihn au ch nit 'runter g'stoßen — und selbst dessen war ich nicht sicher — so trug ich doch immer die Schuld an seinem Tode. In der ersten Verzweiflung wollt' ich mich den Gerichten stellen, wollt's ihnen überlassen, zwischen mir und Alex zu richten. Da dachte ich an Dich, an den Hof, dacht' dran, daß keine Seel' je erführ, was hier g'schehen, und gabs' wieder auf. Das Kind, von dem der Unglückliche g'redt, fiel rnir ein. Ich fand's auf Moos und Tannenreis, fest schlafend, es war ein elend
Dingele, bleich und hager. Was sollt' nun d'caus werden? Durst ich's mit mir nehmen, an ihm die Schuld zu sühnen? Nein, das fremde Kmd hätt' Anlaß zu tausend Fragen gegeben, was sollt' ich d'rauf antworten, wenn man mich fragte, woher ich's hätte? Und konnte es nicht des Bauern Züge haben, konnt's nicht später ein Ankläger werden für mich?
Das Kmd war ganz erschöpft. Es schlief und schlief, auch als ich's behutsam aufhob und wegtrug, erwachte es nit. In der Dunkelheit, wie alles längst im Bett lag. legte ichs der Pachslbäuerin, die damals noch keine eigenen Kinder hatte, vor die Thür. Dann bin ich, bis der Tag graute, rumz'iaufsn wie ein V:rrückter. Immer sah ich den Alex vor mir, immer hörte ich ihn: rett'! . . . rett' mich . . . rufen. O ihr Heiligen, die Nacht hat aus mir das g'macht, was ich jetzt bin : eineu finstern unzugänglichen Mann, der sich scheut, dem eigenen Kind ins schuldlose Aug' zu schauen. Zwei-, dreimal bin ich rund um den See g'laufen, dis Fuß' tcuzeu mich kaum mehr. Da fing's drüben in Buchau an zur Fcühmett zu läuten. DaS hörte sich na dem stillen Morgen so wundersam, so überwältigend an. Auf dis Knie bin ich g'fallen und bitterlich g'weint Hab' ich, daß der Boden schier naß war vou meinen Thränen.
Daß die Pachelbäuerin sich des Findlings, den sie nachmals auf den Namen „Katharina" hat taufen lassen, annahm, weißst Du. Ich könnt' das Kmd jahrelang nit ansehen, das bei fremden Leuten ein Gnadenbrot aß, während doch der ganze große Hof sein Eigen war. Denn das Hab' ich mir g'lobt: des Alex Tochter dereinst in alle seine Rechte einzusetzen. Bis sie volljährig wird, will ich ihr den Hof verwalten, dann aber soll die Erbbäuerin ihr Erbe antreten.
Jahrelang habe ich drüber nachg'griibelt: wie schafft du nur das Kmd auf den Rosenhof, ohne Aussehen und unnütze Nachfrag' zu veranlassen. Du, Franzes, wies'st mir den Weg, wmn auch auf schlimme Weis'.
Ich brauch nimmer viel zu sagen. In drei Jahren wird Käthe einundzwanzig. Sterb' ich früher, so sollst Du ihr zum Recht verhelfen. Denk' dran, daß mein