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Amts- und Anzeigeblatt für den Bezirk (Lalw
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Erscheint Dienstag, Donnerstag und S a mstag. Die Einrückungsgebühr beträgt im Bezirk und nächster Umgebung S Pfg. die Zeile, sonst 12 Pfg.
Samstag, den 15. April 1893.
Abonnementspreis vierteljährlich in der Stadt 90 sP^z. nutz 20 Pfg. Trägerlohn, durch die Post bezogen Mk. 1. 15, sonst t» ganz Württemberg Mk. 1 . 35.
Amtliche Bekanntmachungen.
Die Orlsrrorsteher
werden beauftragt, bis zum 20. ds. Mts. hierher an- , zuzeigen, ob nach Vorschrift des Z 9 der Vollziehungs- versüaung zur Landesfeuerlöschordnung vom 24. Nov. 1885"(Reg.-Bl. S. 503) die auf 1. April ds. Js. worzunehmende Ergänzung des Verzeichnisses der als feuerwehrpflichtig in Anspruch genommenen Einwohner erfolgt ist und ob die Verzeichnisse über den Mannschaftsstand der Feuerwehr und ihrer einzelnen Abtheilungen richtig gestellt sind.
Calw, den 11. April 1893.
K. Oberamt. Lang.
Deutsches Reich.
Wie ge stallet sich dieLage? Die „Köln.
. Ztg." bringt unter dieser Ucberschrift einen zur Kennzeichnung der Situation hochoffiziösen'Artikel dem wir folgende wichtige Auslassungen entnehmen: „In befreundeten politischen Kreisen treffen wir in letzter .Zeit häufiger auf Meinungsäußerungen, welche in dem Glauben wurzeln, daß die verbündeten Regierungen sich noch nicht über die Stellung klar geworden seien, welche sie nach einer Ablehnung der Militärvorlage durch den Reichstag einzunehmen haben werden. Auf diesen Glauben sind die mannigfachen Ausstreuungen zurückzuführen, daß vielleicht noch eine Vertagung der endgiltigen Abstimmung bis zum Herbst oder mindestens bis zur Rückkehr des Kaisers aus Italien in Aussicht genommen sei. Diese Ausstreuungen widersprechen in der schärfsten Weise der wirklichen Sachlage. Die verbündeten Regierungen sind von der Notwendigkeit der Verstärkung unserer Heeresmacht durchdrungen. Seit Monaten steht unter den verbündeten Regierungen fest, daß, falls der jetzige Reichstag in seiner Mehrheit die Vorlage ablehnen sollte, die Auflösung dem Beschlüsse auf dem Fuße folgen wird. Auch die von vielen Seiten ausgesprochene Zuversicht, daß die Neuwahlen nur einen der Militärvorlage noch ungünstigeren Reichstag, als -es der jetzige ist, ergeben sollten, hat die verbündeten Regierungen in ihrem Entschlüsse der Reichstagsauflösung nicht beeinträchtigt. Sie sind fest entschlossen, diejenige Bürgschaft des Friedens, die allein die unbestrittene Ueberlegenheit unseres Heeres gewähren kann, dem Vaterland zu erhalten, und sie werden sich in der Erfüllung dieser verantwortlichen Pflicht nicht durch einen schlecht beratenen und politisch kurzsichtigen Reichstag beeinträchtigen lassen. Wir können auf Grund zuverlässiger Erkundigungen versichern, daß so und nicht anders die Lage ist und daß alle Mitteilungen über Schwankungen und Uneinigkeiten innerhalb des Kreises der verbündeten Regierungen jeglicher Begründung entbehren. Wir können, so lange es Zeit ist, nicht dringend genug die machtvollen und friedliebenden Vertreter des deutschen Volkes im Reichstag ermahnen, bei ihren Entschlüssen sich vor Augen zu halten, welchen Weg sie unwiederruflich einschlagen, wenn sie jetzt nicht mit den verbündeten Regierungen HU einer annehmbaren Verständigung gelangen."
Vom Antisemitismus. Eine Achterklär
ung Ahlwardt's veröffentlicht in dem bisherigen Organ Ahlwardt's, der „Staatsbürger-Zeitung", der „antisemitische Volksverein Berlin", indem er zugleich die Versöhnung mit Böckel proklamiert. Diese Veröffentlichung lautet: „Die antisemitische Bewegung Norddeutschlands unter Führung des Abg. Ahlwardt hat in neuerer Zeit so viel taktische Fehler begangen, daß der gesamte antisemitische Volksverein Berlin erklärt, fernerhin eine solche Politik nicht mehr unterstützen zu können. Die gegen Dr. Böckel gerichtete Januar- Resolution war eine übereilte Handlung. Wir nehmen dieselbe zurück und bedauern lebhaft, je eine solche losgelassen zu haben. Dr. Böckel hat wirklich Praktisches geleistet, praktisch gearbeitet, deshalb kämpfen wir nur unter seiner Fahne. Hoch die ehrliche Volkspartei! der antisemitische Volksverein Berlin. Der Vorstand."
Enyes-Ueniykeiien.
Calw. Auf das am nächsten Dienstag hier stattfindende Konzert des hier wohlbekannten und stets gerne gehörten Konzertsängers C. Diezel wird an dieser Stelle noch besonders aufmerksam gemacht. (S. d. Inserat in heutiger Nr.)
Oberndorf, a. N, 12. April. Heute ist hier eine Frau zur Erde bestattet worden, die es wohl verdient, daß ihr auch in diesem Blatte ein Wort der Erinnerung gewidmet werde. Es ist die in ihrem 69. Lebensjahre gestorbene Frau Amalie Brandecker, Witwe des Begründers und langjährigen Redakteurs des „Schwarzwälder Boten", Tochter des verstorbenen Staotschultheißen und Rechtskonsulenten Pfäfflin in Sulz. Eine Frau von seltener Kraft und Elastizität des Geistes, von Hellem, scharfem Verstand und bewundernswürdigem Takt war sie 44 Jahre lang ihrem im Jahre 1887 verstorbenen Gatten eine treue unschätzbare Stütze in der Leitung des „Schwarz. B." , dessen Gedeihen seine und ihre größte Sorge und höchste Freude gewesen ist. Die Redaktion des der Zeitung beigegebenen „Unterhaltungsblatts" lag seit 1845 in ihren Händen. Es ist durch sie eine beliebte Lektüre für viele Tausende geworden. Dem zahlreichen Geschäftspersonal der Zeitung war sie allezeit eine überaus fürsorgliche, liebevolle und nachsichtige Prinzipalin, wie dies an ihrem Grabe von dem ersten Redakteur Singer mit warmen Worten des Dankes bezeugt wurde. Ein Grundzug ihres Wesens war überhaupt aufrichtiges, lauteres Wohlwollen gegen jedermann, das auch durch Undank sich nicht beirren ließ. Hunderten von Armen und Notleidenden hat sie wohlge- than. Dabei war sie eine demütige fromme Christin, ein treues Glied ihrer Kirche, für deren Bedürfnisse sie stets eine offene Hand hatte, wie ihr denn die evangelische Gemeinde noch einen namhaften Beitrag zu ihrer demnächst aufzustellenden neuen Orgel verdankt. In Haus und Familie war ihr ein seltenes Maß von Glück und Freude beschert. Mit ihr ist, wie Stadtpfarrer Gaffer hervorhob, ein Stück Geschichte von Oberndorf ins Grab gesunken. Sie wird nicht so bald vergessen werden. Staatsanz.
Hechingen, 11. April. Letzten Samstag Nachmittag entstand am südlichen Abhang des Hohen- zollern in einer jungen Waldkultur ein Brand, der um so gefährlicher wurde, als sich in der Nähe das Pulvermagazin befindet und bei dem herrschenden Winde das Feuer sich immer weiter ausbreitete.
Die Gefahr wurde von der Burg bald bemerkt und das Militär war zeitig zur Stelle, um durch tatkräftiges Eingreifen das Feuer einzudämmen und zum Erlöschen zu bringen, was auch bald gelang. Der Schaden des kürzlich auf der Gemarkung Salmendingen ausgebrochsnen Waldbrandes wird auf 5000 veranschlagt.
Münsingen, 11. April. Der Sattler I. G. Bückle von Trailfingen, Kassier der dortigen Molkerei, erhob in Urach für die Molkerei 500 entlehnte hier in den letzten 14 Tagen bei verschiedenen Geschäftsleuten Beträge von 25—400 eignete sich einige Hundert Pflegschaftsgelder an und machte sich mit wohlgefülltem Geldbeutel auf und davon, seine Frau und 4 Kinder in Armut hinterlassend. Es hat sich eine bedeutende Ueberschul- dung seines Besitztums herausgestellt.
Gaildorf, 11. April. In dem bei Gschwend gelegenen Weiler Hagkling zündete ein 7jähriger Knabe, mit Zündhölzchen spielend, ein von 3 Familien . bewohntes Gebäude an, welches bis auf den Grund eingeäschert wurve. Ein fünfjähriger Knabe entkam mit genauer Not aus den Flammen.
8.0. Pforzheim, 13. April. Gestern Abend gegen 6 Uhr wurde mittelst eines Krahnens ein schwerer Baustein an einem Neubau, Ende der Luisenstraße, in dis Höhe geschafft. Das Seil brach, der herabstürzende Stein schlug dem untenstehenden Maurerpalier den rechten Fuß ab. — Eine in der verlängerten Gymnasiumsstraße wohnende Witwe B. wurde gestern in großes Leid versetzt. In einem Zeitraum von 1 Stunde wurden 2 Kinder im Alter von 3 und 6 Jahren von der Brechruhr befallen und kurze Zeit darauf waren beivs tot. — Die Leiche des Herrn Herrmann, Gutsbesitzer zum Brukenberg, wurde gestern nachmittag mit dem 5-Uhr- Zug behufs Feuerbestattung nach Heidelberg verbracht. — Am Rathausneubau wird gegenwärtig das Außengerüst zum Hochbau von Zimmerleuten aufgestellt, hiezu werden als Träger wahre Riesenstämme verwendet. Bereits sind 17 dieser Stämme festgestellt. Auch an der Steinhauerarbeit zum Sockelbau wird gegenwärtig tüchtig gearbeitet.
Karlsruhe, 10. April. Die Verhaftung des Steueroberaufsehers Kuhn wegen Unterschlagung hat wegen der großen Beliebtheit, welche der Genannt« bei seinen Vorgesetzten wie auch beim Publikum genoß, allgemeines Aufsitzen erregt. Das Ergebnis der Untersuchung hat indessen ganz haarsträubende Betrügereien zu Tage gefördert unv den Mann als einen ganz geriebenen Gauner entlarvt. Kuhn hat von vielen Schuldnern, welchen zur Zahlung größerer Beträge von Liegenschaftsaccisen Termine bewilligt waren, die fälligen Raten erhoben, ohne das Geld abzuliefern und auf diese Weise dem Vernehmen nach nahezu 5000 ^ unterschlagen. Es werden ihm aber noch weitere Betrügereien zur Last gelegt. Ferner hat Kuhn bei hiesigen Brauereibesitzern unter allen möglichen Vorspiegelungen größere Geldbeträge geliehen.
Mannheim, 12. April. Ein trauriges Vorkommnis wird aus Bietigheim (bei Rastatt) gemeldet.