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Graphen und Forschungsreisendrn seien gewöhnt, ihren Blick ins Weite schweifen zu lassen; vielleicht werden sie aber doch, auch wenn sie in der Ferne weilen, dann und wann ihre Erinnerung zu unserem schwä­bischen Heimatland lenken und des Stuttgarter Geo» graphentags gedenken, welcher ihm, dem König, eine liebe Erinnerung sein werde. Er trinke auf die hier vertretene Wissenschaft der Erdkunde. Diese huld­vollen, in herzlich warmer Weise gesprochenen Worte brachten einen außerordentlich sympathischen Eindruck auf die Gäste hervor, welche Stimmung sich in be­geisterten Hochrufen Luft machte, «ls der König bald darauf seinen Wagen bestieg, um sich nach der Residenz zurückzubegeben. Die Teilnehmer an diesem schönen, auch von der Gunst des Frühlingshimmels getragenen Fest versichern, daß diese Stunde der Höhepunkt nicht nur des diesjährigen, sondern aller bisher abgehaltenen Geographentage war. Es war der glänzendste Ab­schluß des Stuttgarter Tags, der allen Teilnehmern unvergeßlich bleiben wird.

Stuttgart, 8. April. Gestern wurde der schon zweimal wegen Diebstahls bestrafte Ernst Bauer von Pforzheim hier festgenommen. Derselbe hat sich unter dem Namen »Julius Bronner", Polytechniker aus Stuttgart, in einem Hause in Karlsruhe einge­mietet und hat nach wenigen Tagen seinen Logis­herrn bestohlen und sich hieher geflüchtet. Die ge­stohlenen Gegenstände sind teilweise beigebracht. Heute früh 5'/- Uhr hat ein 78 Jahre alter Knabe von St. Ludwig, im Elsaß, dessen Eltern hier wohnen, aus dem Fenster eines Mansarden-Abtritts in den Hof sich hinuntergestürzt. Er verschied nach wenigen Minuten. Der Knabe ist vor einigen Tagen seinen Eltern entlaufen und wurde gestern abend nach 9 Uhr von Waiblingen aus hieher geliefert und seinen Eltern zugcführt.

Stuttgart, 9. April. Der New Jorker Handelsztg. zufolge beträgt die Zahl der für die Weltausstellung in Chicago angemeldeten Aussteller 45,000. Die ausländischen Aussteller sind den in­ländischen bedeutend voraus. Neusüdwales hat den Ruhm, seine Ausstellungsgegenstände fast vollzählig auf dem Platze zu haben, nächst ihm dürfte Deutsch­land als das erste europäische Ausstellungsland diesen Vorzug genießen. Während das Ausland für Aus­stellungszwecke ca. 6 Millionen Dollars bewilligte, haben die Staaten des Inlandes 3 Millionen aus­geworfen. Vertreten sind 86 verschiedene Regierungen des Auslandes und 31 Staaten und Territorien der Union. Von den Staaten der letzteren stehen New- Jork und Illinois mit einer Beteiligungssumme von je 800,000 Dollars an der Spitze Unter den frem­den Staaten nimmt Deutschland bei weitem die erste Stellung ein mit 800,000 Doll., es folgen Frank­reich mit 733,000, Japan mit 630,000, Oesterreich mit 102,000 und Rußland mit 46,000 Doll, (der geringsten Summe).

Stuttgart, 10. April. Die König!. Lust­schlösser Rosenstein und Wilhelm«, dessen letztere

den Bauern liebst, der sich keinen toten Spatzen nach Dir schert. Ha, wie Du bebst und z'sammenzuckst, als Hab Dich eine Kugel 'troffen. Da freilich kann ich mir Heimgeigen.

Mit wilder Geberde packte Käthe des Burschen Handgelenk. Ein gellendes Lachen stieß sie aus, das sich in dem stillen Walde unheimlich, wie der Schrei eines sterbenden Vogels anhörte.

Lieben, ich der Gertrud Schatz lieben? Ha, ha, ha, Haffen thu' ich ihn . . . Haffen. Ja, schau mich an, ich haß' ihn und wenn ich ihn tot könnt im Sarge seh'n, oder zum Krüppel verstümmelt, oder g'schändet im Zuchthaus, am Galgen hangend, ich thät lachen, wie ich jetzt lach! Ha ha ha ha ha ha . . .

Mit dem entsetzlichen Lachen ging sie von ihm. Er folgte ihr mit den Augen, bis eine Krümmung des gewundenen Pfades sie seinen Blicken entzog.

So schaut nit der Haß, murmelte er, das war Lieb' reine Lieb', die ihr aus dem Aug' sah.

* » *

Der Winter war da, mit weißen Tücher» Wald und Flur verhängend. Auch den Rosenhof hatte er auf seine Weise geziert, mit blitzenden Eisfransen rundherum und einer dichten weißen Schicht oben auf dem Dach. Von außen wenigstens sollte alles so auischaurn wie früher, denn drinnen o weh! da sah's böse aus, das hatte der Winter gleich beim ersten Blick durch die Fenster wahrgenommen. Das fröhliche Singen der Mägde und das Pfeifen der Knechte bei der Arbeit war längst verstummt, mit mürrischen Gesichtern schlich das Gesinde einher, mancher war sogar fortgrgangen. Selbst der alte Hansel glich einem gelangweilten Kettenhund. Und nun erst der Bauer selbst, der sah aus, als ob ihn das Leben garnimmer freue. Die Wirtschaft sei zu groß, meinte er. zu wenig übersichtlich und gäbe zu viel zu schaffen; dabei schlug er einen Acker und eine Wiese nach der andern los und ließ sich vom S ergründ« einen Spottpreis dafür bezahlen, d« ihm immer vorhielt: ,» bleibe ja in d« Familie.

Grabenstetter Höhen. Sodann wurden besonders ge* nau die Gutenberger Höhlen in^Augenschein genom­men, welche die unverhohlene Bewunderung der frem­den Gäste hervorriefen. Bei dieser Gelegenheit sei: mit Anerkennung hervörgehoben, daß die mit präch­tiger elektrischer Beleuchtung versehene Gußmanns­höhle neuerdings in ihren schönsten Partien durch, solide Geländer und Treppen zugänglicher gemacht, wurde, als dies bisher der Fall war. Von Guten­berg fuhren die Geographen noch abends über die Alb nach Blaubeuren-Ulm, um andern Tags wieder mit den andern Mitgliedern des Geographentags in Biberach zusammenzutreffen.

Reutlingen, 7. April. Waldbrand^. Vorgestern Nachmittag warf ein älterer Mann, welcher auf seinem in der Nähe der Sondelfinger Markung gelegenen Grundstück arbeitete, den Rest der Cigarre, die er sich noch dem Vesper angezündet hatte, in, einen mit dünnem Gras bewachsenen Graben. Das Gras geriet in Brand, der Wind trieb das Feuer über Gras- und Urland der Nachbarn einer 2jährigen Tannenkultur zu, so daß diese, welche eine Fläche von 26 Ar einnimmt, und dem Staat gehört, ver­nichtet wurde. Nur dem Umstand, daß verschiedene: Personen sich in der Nähe befanden, ist cs zu verdanken,, daß ein weiteres Umsichgreifen des Feuers nach der Achalm hin, verhindert wurde.

Ulm, 10. April. Die Fischereiausstellung,, die einen so schönen Verlauf genommen, wurde am Samstag abend geschlossen, nachdem Herr Matthäus Käßbohrer die Diplome verteilt und eine kurze Schluß­rede gehalten hatte. Die Ausstellung wurde im Ganzen von 6500 Personen besucht. Es ist zu hoffen, daß diese Ulnier Fischereiausstellung in den weitesten Kreisen anregend und fördernd für die Sache der Fischerei gewirkt hat.

8.6. Pforzheim, 10. April. Der er­schwerte Straßenraub und der damit ver­bundene Mordversuch zwischen Eutingen und Kieselbronn vor dem Schwurgericht Karlsruhe. Letzteres Gericht urteilte über diesen Fall, der s. Z. großes Aufsehen und berechtigte Ent­rüstung hervorrief, folgendermaßen in seiner heutigen Sitzung : Der Angeklagte Ernst MelchiorSchuler, Fässer und Taglöhner, geboren am 9. Januar 1873 zu Ladenburg, in letzter Zeit, d. h. vor der Begeh­ung der That in Eutingen wohnhaft, wird gemäß der Z8 249, 251, 211, 43 und 73 des Str.-G.-B. unter Anschluß mildernder Umstände zu einer Zucht­hausstrafe von 15 Jahren, 10 Jahren Ehrverlust und Stellung unter Polizeiaufsicht nach erstandener Strafe und zur Tragung der Kosten des Verfahrens ver­urteilt. Der Thatbestand ist kurz folgender: Am 19. Nov. v. I. brachte der 12 Jahre alte Carl Korn, Sohn des Straßenwarts Korn, dem Wald­hornwirts Maier in Eutingen eine von diesem ge­kaufte Kuh. Den Kaufspreis bezahlte Maier dem

So verging Weihnachten und Ostern rückte heran. Gleich nach dem Fest sollte die Hochzeit sein, obschon das Trauerjahr noch nicht ganz um war. Der See- grunder drängte gewaltiger wie der Bräutigam selbst; die Gertrud sollte durchaus unter die Haube. Es munkelte so allerhand von Krieg und böser Zeit, da war es geraten, sich des Roscnhofes bei Zeiten zu vergewissern. Zudem wollte es ihn bc- dünken, als sei Franzens Liebe zu Schön-Gertrud merklich erkaltet, als würde es ihm just nicht das Herz brechen, gäbe sie ihm den Laufpaß. Ja, die lange Braut­zeit, die taugt doch allemal nichts. Das ist wie ein gut ausgebacken Brot: frisch vom Ofen muß man essen, altbacken schmeckt's nachher wie Kuhfuttcr. O, das ver­flixte Trauerjahr!

Am ersten Sonntag nach Ostern ging der Seegrunder selber in seinem staatlichen Rock und Dreispitz zum Herrn Pfarrer, das Aufgebot zu bestellen. Er sah unterwegs recht vergnügsam drein und grüßte auch ungewöhnlich leutselig nach rechts und link». Gottlob, daß es endlich so weit war!

Der Pfarrer notierte sich den Namen, Gertrud Marie Elisabeth Pflüger mit Franz .... Franz ... ja. wie seien denn die anderen Namen?

Weiß nit, Hochwürden, sagte d« Seegrunder.

So les't im Taufzeugnis nach.

DaS Hab' ich nit, Hotwürden.

Wie, kein Tauszeugni«? Ja, das muß ich aber durchaus haben, sonst kann- ich die jungen Leute nicht trauen. DaS ist so Vorschrift.

Der Seegrund« zog rin schiefes Gesicht. Sonst seien alle Papiere da? Ja­wohl. jawohl, nur des Bräutigams Taufschein fehle. Der sei halt vergessen, meinte der Seegrunder, er wolle ihn aber alsbald holen. Das Brautpaar müsse durchaus^ am nächsten Sonntag zum erstenmal von der Kanzel fallen. Er wünsche derweil'. Hochwürden einen guten Morgen.

(Fortsetzmg folgt.)

Gewächshäuser z. Z. den schönsten Blumenflor zeigen, sind vom 15. ds. Mts. wieder dem Besuch geöffnet. Die Eintrittskarten sind mit Ausnahme der Sonn- und Festtage je früh 89 Uhr im alten Schloß zu haben. Für die Villa Berg werden die Karten bis auf Weiteres noch beim Sekretariat der verst. Königin abgegeben. Die Eintrittskarten für Park und Schloß Favorite mit der berühmten Geweih­sammlung des verst. Prinzen August von Württem­berg, sowie die für den Wildpark bei der Solitude vormittags 1112 Uhr sind beim Hofjagdamt Fürsten­straße 1 zu erhalten. Bezüglich des Besuchs des Lichtensteins, dessen Sammlungen jedoch an Sonn- und Feiertagen nicht zugänglich sind, muß man sich an das Hosmarschallamt Sr. Durch!, des Herzogs v. Urach, Kernerstraße 52, wenden.

Solitude, 10. April. Hofjäger Schmid im K. Rotwildpark Solitude hat über die Dauer des heurigen Schnepfenstrichs nicht weniger als 10 Stück Schnepfen geschossen; in Anbetracht der nur sehr spärlich Heuer bei uns eingetroffenen Schnepfen ist dies ein Jagdresultat, welches wohl kaum ein zweiter Jäger in Württemberg aufweisen dürfte.

Großbottwar, 7. April. Vergangenen Mittwoch beging Schullehrer Strobel hier sein 50jähriges Amtsjubiläum unter zahlreicher Beteilig­ung von seiten der Geistlichen und Lehrer des Be­zirks, der bürgerlichen und kirchlichen Kollegien der Stadt. Seit 21 Jahren wirkt der Jubilar hier als Lehrer an der Knabenoberklasse.

Großaspach, 6. April. Gestern nachmittag brach bei dem Bauern Pfizenmaier Feuer aus. Der Brand, welcher von einer an eine Scheuer stoßenden Hütte ausgina, ergriff bald, genährt durch die auf­gespeicherten Frucht- und Futtervoriäte, das ganze Anwesen, so daß nur noch das Vieh gerettet werden konnte. Ein 6jähriger Knabe hatte einFeuerle" gemacht. Der Abgebrannte ist versichert.

Wangen, 8. April. Die elektrische Straßenbeleuchtung ist fertig gestellt und heute abend eröffnet worden. Die Hauptstraßen werden durch Bogenlampen beleuchtet.

Der Vorstand des Lieverkranzes zu Neckar­rems, welcher in der Weihnachtszeit eine Verlosung arrangiert hatte, ohne die Concession einzuholen, wurde dieser Tage vom Landgericht Stuttgart zu 20 ^ Strafe verurteilt. Hiezu kommen Gerichts­kosten mit etwa 35 Die zu zahlende Sportel hätte 5 betragen.

Aus dem Lenningerthal, 10. April. Am gestrigen Sonntag besuchten einige Teilnehmer des Stuttgarter Geographentages auch unser gerade jetzt in die Blütezeit tretendes Thal. Es waren laut Eintrag im Gutenberger Höhlenfremdenbuch Profes­soren und Dozenten aus Jena, Halle, Wien, Dort­mund. Unter Führung von Privatdozent Dr. Entris vom Polytechnikum in Stuttgart besichtigten die Herren die geologisch und geographisch interessanten