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nehmigung der gesamten Regierungsvorlage eine Be­willigung derselben in einzelnen Raten, auf eine Reihe von Jahren verteilt, zu sichern." Dieser Modus wäre, wenn die Regierung sich vor einer Aenderung der Vorlage scheut, wohl der einzige gangbare Weg. Die zu bewilligendenRaten" an Mannschaften und Chargen müßten allerdings im Gesetz sowohl bezüg­lich der Termine als auch der Ziffern genau festgelegt werden, um für den künftigen Reichstag verbindlich zu sein. Günstiger könnte die Regierung kaum aus der Sackgaffe kommen, in welche die Behandlung der Militärvorlage sie gebracht hat. Es ist fraglich ob dieser Nachricht derMünch. Allg. Zig." nie beson­deres Gewicht beigelegt werden darf, trotzdem sie ver­sichert, daß ihre Informationen vorzügliche seien. Die Sache ist nämlich insofern fraglich, als das Centrum und die freisinnige Partei Gegner der Militärvorlage überhaupt sind und daß sie ihren Standpunkt, ob die Vorlage auf einmal oder inRaten" bewilligt werden soll, nicht leicht verändern werden. Dazu kommt, daß der nationalliberale Vermittlungsvorschlag auch ein Weitergehen dieser Partei ausschließt und deren Stell­ung in der Militärvorlage dahin präzisiert hat, daß eine Annahme durch die Nationalliberalen auch bei ratenweiser Bewilligung unwahrscheinlich ist.

Rücktrittsgerüchte. Es war voriges Jahr die Nachricht verbreitet, Kriegsminister von Kaltenborn gedenke seine Entlassung zu nehmen. Diese Nachricht ist dieser Tage in erneutem und verstärktem Maße aufgetaucht und m Verbindung mit ihr wird gemeldet: die gesundheitlichen Gründe, welche den Kriegsminister im vorigen Jahre wünschen ließen, in den Ruhestand zu treten, sind auch jetzt noch vorhanden. Ob Herr von Kaltenborn neuerdings sein Entlassungsgesuch eingereicht hat, ist nicht bekannt. Wie dem aber auch sein möge, und wer immer der Nachfolger des jetzigen Kriegsministers werden dürfte, für die Verteidigung der Militärvorlage würde ein Ministerwechsel ver­hältnismäßig wenig ins Gewicht fallen; denn es darf der Wahrheit gemäß ausgesprochen werden, daß die Hauptverteidigung der Militärvorlage bis jetzt in den Händen des Reichskanzlers gelegen hat.

Eine Unterredung mit dem Fürsten Bismarck. Ueber eine Unterredung mit dem Fürsten Bismarck wird den Hamburger Nachrichten gemeldet: Am 19. ds. Mts. empfing Fürst Bismarck den Ab­geordneten Schoos, den Dr. Dietrich Hahn und -Herrn P. Rickmers aus Bremerhaven. Das Ge­spräch kam zunächst auf den Bund der Landwirte und Herr Schoos erklärte, daß der Bund sich von den politischen Parteien unabhängig halten werde. Der Fürst billigte dies und betonte die Notwendigkeit wirtschaftliche Parteien zu bilden. Im Laufe des Gesprächs kam die Rede auf die neuerdings so stark auftrctende allgemeine Unzufriedenheit. Ter Fürst äußerte es würde zu bureaukratisch regiert. Das Gespräch berührte noch die verschiedensten Themata, wie den Partikularismus und die Herausbildung der Landesherrschaften in Deutschland rc. rc. In Bezug auf sein Reichslagsmandat sagte der Fürst: er würde wohl Lust haben in den Reichstag zu kommen, wenn

er es so machen könne, wie der alte Molke, der ruhig dageseffen und zugehört habe. Aber man würde ihn ja nicht zufrieden lassen. Die Einen würden ihn an­greifen, ihn beschimpfen, was ihn immerhin am wenig­sten berühren würde, die Anderen wieder würden ängstlich von ihm fortrücken aus Furcht sich zu com- promittieren. Zudem fehlte ihm der Apparat, der ihm früher zur Verfügung gestanden habe, und es sei für ihn bei vorgerückten Jahren doch schwierig. Alles selbst zu lesen und alle Vorbereitungen für die Reden allein zu besorgen. Die Herren versicherten darauf dem Fürsten, daß seine Wahl in erster Linie ein Vertrauensvotum gewesen sei, und Dr. Hahn betonte, daß die Wähler des Fürsten ihm hätten Gelegenheit geben wollen, in ernster Stunde im Reichstag sein Wort in die Wagschale zu werfen.

Tliyes-Neuitzkeitei,.

Calw. Am nächsten Sonntag feiert ein in seiner amtlichen Eigenschaft wie im Privatleben gleich geachteter und beliebter Mitbürger, Herr Stadtpflegcr Ha yd, sein 25jähr. Amtsjubiläum.

Calw. Am Ostermontag, den 3. April, abends, geht ein besonderer Personenzug von Calw nach Stuttgart.

Calw ab 8.°° abends.

Weilderstadt 8.°°

Leonberg 9?°

Zuffenhausen 10.°°

Stuttgart an 10?°

Faurndau, OA. Göppingen, 26 März. Heute früh 3 Uhr brach in der großen Doppelscheuer, den Hofbauern Christian Friedrich Häberle und Georg Walter gehörig, Feuer aus, welches bei der großen Trockenheit und dem heftigen Wind mächtig um sich griff und trotz aller Anstrengung das Gebäude mit sämtlichen Vorräten vollständig einäscherte. Das Vieh konnte in Sicherheit gebracht werden. Trotz des furcht­baren Flugfeuers, welches ganze Feuergarben über die Nachbargebäude ausstrcute, gelang es der Um­sicht der Feuerwehr, weiteren Schaden zu verhüten. Brandstiftung wird vermutet.

Aalen, 26. März. Auf einem in der Nähe von hier gelegenen Schafhaus erkrankten in letzter Zeit sämtliche Kinder des Besitzers an Scharlach. Gestern wurden drei davon beerdigt, eines starb heute und die übrigen drei, darunter ein 20jähriger Sohn, sind der Todesgefahr noch nicht enthoben.

Augsburg, 27. März. Gestern wurden 2 Jnf.-Unterosfiziere von Arbeitern angegriffen. Der eine Unteroffizier stach in Notwehr mit dem Seiten­gewehr zu und traf den Angreifer mitten ins Herz. Derselbe war sofort eine Leiche. *

Rom, 27. März. Leo XIII. hat erklärt, daß er keinen katholischen Fürsten empfangen werde, wel­cher nach Rom komme, um das italienische Königspaar zur silbernen Hochzeit zu beglückwünschen. Am 26. ds. warf ein Mann namens Berardi, eine Hand­voll Koth nach dem Wagen des Königs, der Atten­täter soll ein religiöser Fanatiker sein.

Zum Kirchenkonzert.

(Eingesendct.)

Wie wir hören, so wird der Kirchengesangverein' diesmal auch bei der Aufführung der Passions - musik von Bach, wie seither bei seinen Herbst­aufführungen die Prem'sche Kapelle von Stuttgarts beiziehen. Wir sind der vollen Ueberzeugung, daß: diese dadurch nur gewinnen kann. Nicht nur können-, Chor und Solisten unterstützt von einem so vortreff-- liehen Orchester ihrer oft sehr schwierigen Aufgabe leichter vollkommen genügen, sondern es muß der Eindruck des musikalischen Gemäldes durch das Zusammenwirken der verschiedenen Klangfarben der Instrumente ein ungleich wirksamerer werden. Zu­gleich hat es der große Komponist Seb. Bach meister­haft verstanden, das Kolorit seiner Farben derart zu wählen, daß diese mit dem Karakter der stillen Woche und mit dem ernsten Gang der h. Leidensgeschichte,, welche das Oratorium behandelt, wunderbar überein­stimmen. Wir wünschen daher, daß die Aufführung wohl gelingen und ihres beabsichtigten Eindrucks auf die Zuhörer nicht verfehlen möge.

Zmrr 1. April.

Nun kehrt er wieder dieser Frühlingstag,

Der einem Sohn das Leben durfte schenken.

In dessen wunderbarer Kraft es lag,

Die Blicke einer Welt auf sich zu lenken.

Und überall, wo deutsche Herzen flammen.

Ein Dankeswort zum Himmel steigt empor.

Es gingen Deutschland's Söhne stolz zusammen Des teuren Vaterlandes Jubelchor:

Ja, Deutschland, Deutschland über Alles"

So schallt es laut hinein nach Friedrichsruh,

Mög dies Dir künden heute mehr wie Alles:

In jeder deutschen Brust, da wohnst auch Du"k

L. II.

Keongensum.

Neues in der MötiolHek.

1) Hie gut Wirtemberg! Volkstümliches histor­

isches Schauspiel in 3 Akten von Karl Oesterlen..

2) Fest-Bericht über das 25jährige Jubi­

läum des Stuttgarter K. Real­gymnasiums am 23. Juli 1892.

3) Geschichte der christlichen Kirche bis zu

ihrer Pflanzung auf deutschem Boden von Dr. Karl Burk.

4) Lebenserinnerungen von Werner von

Siemens.

5) Dbs Lxxosition xi-axbio. Nr. 3. dbienAO-

6) Deutsch Ostafrika. Das Land und seine Be­

wohner, seine politische und wirtschaftliche Ent­wicklung, dargestellt von Paul Reichard.

Die lästigen Käuiorrlsoidaläeschrverden, welche sich bei Denjenigen mit sitzender Beschäftigung ungemein verbreitet finden, weil das viele Sitzen mit als Ursache der Hämorrhoiden anzusehen ist, werden sehr gelindert, wenn durch regelmäßigen Gebrauch der ächten Apotheker Richard Brandt'schen Schweizerpillen mit dem weißen Kreuz in rotem Grunde (erhältlich nur in Schachteln ä 1 in den Apotheken) für eine tägliche genügende Leib esöffnung gesorgt wird.

eingeteilt und jedem sein Teil zugcmiffcn. Ost hatten die Leute gemurrt und den Laibacher im stillen geschmäht, der ihnen mehr Arbeit als dem Vieh aufgedürdet. Jetzt sahen Sie's ein, welcher Segen in vollbrachtem Tagewerk liegt. Die Pfeife und das Hinsitzen vor die Thürsckwclle hotte dann ganz anders gemundet wie jetzt, wo's eigentlich den ganzen Tag Feierabend war. Und woher kam dieser Zustand der Dinge? Es zeigte sich eben, daß der Franz, ein so schmucker Bursche er auch war, doch zum Bauern, zum Regenten nicht taugte. Und daran war niemand anders wie der verstorbene Laibacher selbst schuld, der seinen Sohn hotte in der Stadt ein Handwerk erlernen loffen, anstatt ihn dort, wo er einst naturgemäß walten und seine Kräfte nutzbar machen lallte, zu erziehen. Der arme Franz fühlte fich selbst im höchsten Grade unglücklich in dem Bewußtsein, seiner Stellung ganz und gar nicht gewachsen zu sein. Auch er war ans Gehorchen, nicht aber ans Befehlen, an Äußerungen «ohlüberdachten und wohlbegründeten Willens genöhnt. Kam da z. B. rin Knecht und fragte: Bauer, soll diese oder jene Wiese zuerst abgemäht, oder dieses oder jenes Stück Vieh verkauft, oder jene Arbeit verrichtet und diese einge­stellt werden, so wußte er weder Rot noch Hilfe. Ging dann der Knecht achselzuckend und einen geringschätzigen Blick auf den jungen Bauern verbergend fort, so stampfte, dieser mit dem Fuß auf und verwünschte seine Unwissenheit.

Wenn unter sothanen Verhältnissen trotzdem auf dem Rosenhof nicht alles drunter und drüber ging, so war dies einzig der Käthe Verdienst. An sie, die schon bei Lebzeiten des verstorbenen Laibachers manches nach eigenem Willen und Gut­dünken angeordnet und aukgeführt, wandte fich dar Gesinde, wenn es nicht wußte, was zu thun. Ansän glich hatte Käthe es adgerviesen. Geht zum Bauern, fragt den. Eie wellte ihm «den nicht das Regiment schmälern und sein Ansehen unter den Leuten kürzen. Dock als sie sah, wie Müßiggang und Unzufriedenheit immer weiter um sich griffen und an Stelle der früheren Ordnung und Sitte eine wahre Lotter-

wirtschasU.cinzurkißen drohte, trat sie mit ihrer ganzen Kraft dem entgegen. Sie^ ge« von jeher ein greßes Ansehen unter den Leuten. Schon ihre üppige Gestalt,, die denen der Knechte an Höhe kaum nachstand, imponierte; daß der Laibacher sie^ nicht wie eine Magd gehalten und bezahlt, sondern sie vielmehr wie ein Kind des Hauses behandelt, verschaffte ihr ferner ein gewisses Übergewicht und mochte es un­möglich, daß die Dienstboten sie wie ihresgleichen betrachteten.

Ein leuchtend Beispiel, ging sie ollen voran. Schon in der frühesten Fiühe, wenn die Hähne erst eben die Flügel reckten und noch halb verschlafen von den Ständen hüpften, war sie wach, das Gesinde aus den Federn zu treiben.

Auf, Ihr Schläfcrinnen, guckt, der Tag scheint durchs Fenster, schämt Euch, wenn die liebe Sonn' Euch noch im Bett trifft, jetzt, wo's Heuzeit ist. Einer Magd, die sich brummend aus die andere Seite wendete, goß Käthe kaltblütig eine Schale frischgeschöpsten Brunnenwassers ins Bett, daß jene prustend und schimpfend, aber flugs wie ein Reh aus den Kiffen sprang. Die ist dem Laibacher selig wie aus dem Augapfel g'schält, sagten die Leute, folgten ihr ober doch. Es hatte unwillkürlich etwas Anfeuerndes für sie, Käthe arbeiten zu sehen. Draußen beim Grasschnitt schaffte sie wie ein Monn. Mit gewaltiger Kraft hob sie selbst die Heubündel auf den Wagen; sie trieb die Rosse an, daß sie wie der Wind dahirflogen und der» Weg bis zur Scheune in der halben Zeit wie sonst zurücklegten. Überall konnte man sie sehen, überall ihre Stimme hören. Und saßen sie dann zur Miltagsrast, jedes mit dem Napf auf den Knieen, so war es Käthe, die das lateinische Gebet vorsprach. So inbrünstig, so andachtsvoll hatte sie das Haupt erhoben und das glänzende veilchenblaue Auge zum Himmel gerichtet; in solchen Augenblicken konnte sie fast schön aussehen.

(Fortsetzung folgt.)