29.

Amts- und Anzeigeblatt für den Bezirk (Lalw.

68. IahrMS.

Erscheint Dienstag, Donnerstag und SaniStag. Di- Einrückungsgebühr beträgt im Bezirk und nächster Um­gebung S Psg. die Zeile, sonst 12 Pfg.

Donnerstag, den 9

AbonnementSpreiS ..

20 Pfg. Trägerlohn, durch dir ganz Württemberg Mr. 1. 35.

in der Stadt SO >Pfg. und !vst bezogen Mk. 1. 15, sonst 1»

Tages-Neuigkeiten.

Calw. (Ergebnis der Viehzählung.) Bei der am 1. Dezember vor. Js. vorgenommenen ^Viehzählung waren im Bezirk Calw vorhanden:

Pferde

853 (im Jahr 1883:

886),

Esel

7

(4),

Rindvieh

10819 St.

(10460),

Schafe

2626

(4 649),

Schweine

5896

(4842),

Ziegen

251

(296),

Bienenstöcke

1648

(1415),

Geflügel

31285

(26842).

Stuttgart, 5. März. Die Fasten um Oster- izttt macht sich auf dem Wochenmarkt recht bemerkbar. Neben Fischen finden sich vor allem Froschschenkel, der Reif 3035 -H, sowie in großer Menge Gänse­eier zu 2225 aZ das Stück. Auch Kitzchen findet man bereits, doch ist der Preis noch ein sehr hoher 44'/, Erstmals am Samstag wurde auch Kopfsalat von Malta zu Markte gebracht.

Stuttgart, 7. März. Heute früh 6'/, Uhr wurde von der Eugenstraße Feuer gemeldet. Es lbrannten in einem Souterrain daselbst Chemikalien und Möbelstücke und das Feuer war schon so weit vor­geschritten, daß die Bewohner sich zu den Fenstern hinaus flüchten wollten. Die Berufsfeuerwoche mußte das Feuer mit drei Strahlrohren bekämpfen; auch wurde die mechanische Leiter zur Rettung der Personen in den oberen Stockwerken in Anwendung gebracht.

Untertürkheim, 3. März. Der durch den Eisgang verursachte Schaden, hauptsächlich an den Obstbäumen, ist durch eine gemeinderätliche Kommission abgeschätzt worden: er beträgt hienach insgesamt

41666 wovon 23 966 auf Bürger-, 17 700 auf Gemeindebesitz entfallen. Besonders 'hart mit­genommen sind die Obstbäume an der Straße und auf den Wiesen zwischen Untertürkheim und Wangen. Hier ist kein Stamm unbeschädigt; an jungen Bäumen, die offenbar von den Eisschollen zur Erde gebogen waren, ist die Rinde auf der ganzen oberen Seite bis in die Krone hinauf abgeschürft. Die Wunden sind jetzt meist mit Baumsalbe verstrichen, besonders schwer verletzte Stämme auch in Tücher eingebunden.

Von der Eyach, 5. März. In Dettingen, OA. Haigerloch, fiel gestern ein 1012 jähriger Knabe in den Neckar. Der dortige Adlerwirt, der sich in der Nähe befand, versuchte den Knaben zu retten, wurde aber in dem kalten Wasser vomSchlage gerührt und mußte leider seine mutige und opfer­willige Handlung mit dem Tode büßen, während der Knabe durch anderweitige Hilfe gerettet werden konnte. Der Verunglückte hinterläßt Weib und Kinder und wird allgemein bedauert.

Oberndorf, 5. März. Gestern Abend starb das etwa 2 jährige Töchterchen eines hiesigen Büchsen­machers an den Folgen eines Sturzes aus einem Fenster des ersten Stockwerkes seines elterlichen Hauses auf das Straßenpflaster.

In Metzingen wurde einem Bierbrauer zum öftern Gerste entwendet. Durch ein in ven Lager­räumen angebrachtes elektr. Läutewerk gelang es, den Dieb schon nach wenigen Tagen zu erwischen. Ober­amtstierarzt Mozer in Sulz a. N. verstarb bei Ausübung seines Berufs plötzlich infolge eines Schlag­anfalls. Ein Defizit von vorerst 10000 wurde dem Gemeindepfleger in Wiernsheim OA. Maulbronn in seiner Kasse nachgewiesen. Der Fall wird im

Juni das Schwurgericht in Heilbronn beschäftigen. Die Filzfabrik in Hörbranz, 1 Stunde von Lindau gelegen, ist am 1. ds. abgebrannt. In der­selben waren etwa 150 Arbeiter beschäftigt. Ent­stehungsursache unbekannt.

Urach, 6. März. Zu Ehren des aus unserer Stadt scheidenden, nach Stuttgart zur Forstdirektion einberufenen Forstamtsassistenten Nördlinger ver­einigte am Samstag ein Familienabend die Museums­mitglieder in den Räumen des Gasthofs zur Post. Der Verdienste, die sich der Scheidende während eines längeren Aufenthalts um das hiesige gesellschaftliche Leben erworben hat, wurde in mehreren launigen Gedichten und Reden gedacht. Am Sonntag, den 19. Febr., hatte ein hiesiger 16jähriger Sattlerlehrling das Unglück, auf der Ruine Hohenwittlingen, die er mit einigen Kameraden besuchte, zu fallen. Er ge­riet an einer stark abschüssigen Stelle ins Gleiten und stürzte schließlich über eine etwa 15 Bieter hohe Felsen» wand hinab. Er zog sich einige bedeutende Ver­letzungen zu und mußte seither das Bett hüten, scheint aber nunmehr außer Gefahr zu sein.

Spaichingen, 6. März. Die Trockenthäler des Heubergs sind beim raschen Schmelzen der un­geheuren Schneemengen teilweise in Seen verwandelt. Trotz verschiedener Frühlingsboten in Tier- und Pflanzenreich hat der Winter hier oben noch die Ober­hand. Er hat mit Holz und Heu stark aufgeräumt und macht den Lenz zu einem doppelt willkommenen Gast. Bei den Holzoerkäufen werden die Revier­preise oft bedeutend überboten. Besonders die Holz­stoff-Fabriken erhöhten die Preise auch minderwertigen Holzes.

Heilbronn, 6. März. Heute nacht kam es auf dem Jägerhaus zu einer Schlägerei, wobei

Iseuirketon.

Die Adoptivtochter.

Erzählung von K. Labacher.

(Fortsetzung.)

In Roberts Gesicht zuckte eS wie eine flüchtige Rührung, wir plötzliche- Mit­leid auf. Er beugte sich zu der gebrochenen Mädchengestalt.

Das schmerzt, nicht wahr, arme Jungfer? Aber besser, man schneidet ein unrettbares Glied vom Körper weg, als daß der ganze Körper brandig wird. Sie find ein ehrliches Mädchen, das sehe ich an Ihrem Schrecken. Das heilt auch, früher oder später; eher, als wenn ich eS noch weiter mit euch Beiden hätte kommen lassen.'

Elisabeth hieß ihn mit einem stummen Winke gehen. Sobald seine Schritte verhallt waren, erhob sie sich. Ihr Antlitz hatte jeden Hauch von Farbe verloren, ehre Lippen waren im herben Wehe fest zusammengepreßt.

Frau Anna stieß einen SchreckenSruf aus, als ihr Liebling so gebrochen, ein Bild des größten Jammers in Ihre Arme wankte. Elisabeth schwieg jetzt auch nicht mehr gegen die zärtliche Mutter, sie bedurfte eines mitfühlenden Wesens, wenn sie ihr Leid sollte ertragen können.

Mein Weg ist mir klar vorgezeichnet,' schloß sie, ein konvulsivisches Schluchzen mühsam unterdrückend, ihre Erzählung.Ich darf keinen Unfrieden in das Haus des alten Grafen bringen; er hat es nicht um mich verdient, daß ich, zum Danke für alle seine Wohlthaten, nach seinen Begriffen, seinen Namen entehre, ihm den Sohn abtrünnig mache von allen Grundsätzen adeligen Stolzes. Ich darf Rudolf mie, nie Wiedersehen. Und Du wirst mir dazu helfen, nicht wahr, Mutter? Er wird mich suchen, aber Du läsiest ihn nicht zu mir dringen. Du stehst Deinem Kinde bei in der Erfüllung ihrer schwersten Pflicht. O Mutter, Mutter, mir ist. als müßte snir das Herz zerbrechen!'

Frau Anna versuchte keinen Trost. Sie legte nur schützend die Arme um Elisabeth und küßt« ihr die Thränen aus den überströmenden Augen.

13.

Robert nahm sich wohl in acht, seinem Gebieter zu erzählen, welchen schlimme» Dienst er ihm bei Elisabeth geleistet hatte; er beschränkte sich darauf, nun öfter und dringender von der notwendigm Abreise zu sprechen und ließ sogar eine versteckt« Drohung einfließen, dem allen Herrn Grafen einen Wink über den Aufenthalt eines gewissen» flüchtigen Jünglings zu geben, wenn man hier noch länger unnütz die Zeit verbringen würde, statt durch kriegerische Thaten zu zeigen, daß man wirklich ein Mann geworden sei und des Gängelbandes und der Bevormundung nicht mehr bedürfe. Der alle Diener konnte sich schon erlauben, so kühn und frei zu sprechen, sich auf seine langjährige und oft bewiesene Anhänglichkeit und Treue stützend, und Graf Rudolf war zu glücklich, als daß er den strengen Herrn hätte herauskehren wollen. Er beschwätzte den Alten, mehr als er ihm gebot» ihn nur noch einig» Wochen in dem schönen Walde Herumstreifen lassen, er wollte dann schon beweisen, daß der Aufenthalt hier doch nicht so ganz zwecklos gewesen sei, sondern ihm viel­mehr zu dem erwünschtesten Glücke verholfen habe.

Robert lächelte still vor sich hin. Er wußte, daß sein Gebieter jetzt neugierig« Fragen von ihm ermattete und ihn gerne zum Vertrauten seiner Liebe gemacht hätte. Das durfte aber nicht sein, wenn er freie Hand behalten und auch nicht zugestehen wollte, wie bedeutend er schon die Rolle eine» zerstörenden Geschickes für diese Liebe gespielt hatte. Er gab sich also den Anschein, als lege er der Rede des jungen Grafen gar keine tiefere Bedeutung unter und fuhr fort, ihm zuweilen auf seinen Spaziergängen unbemerkt zu folgen, um Gewißheit über Elisabeth'S Verhalten zu gewinnen.

Graf Rudolfs Gemüt war von einer unbeschreiblichen Unruhe erfüllt und je näher die Zeit kam, in der er Elisabeth Wiedersehen sollte, um so höher stieg dies« Auflegung. Al« endlich der heißersrhnte Tag anbrach, da musterte er jede« harmlo»