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Amts und Anzeigeblatt für den Bezirk (Lalw.

68. Jahrgang.

Erscheint Dienstag, Donnerstag und S-mit-g. Di- EinrürkungSgebühr beträgt im Bezirk und nächster Um­gebung S Psg. die Zeile, sonst IL Psg. I

Dienstag, den 28. Kebruar 1893.

AbonnementSpreiS vierteljährlich A) Pfg. Trägerlohn, durch die Post k ganz Württemberg Mk. 1. SS.

in der Stadt so >Pkg. u»d ezogen Nk. 1. IS, sonst i»

Deutsches Reich.

Berlin, 33. Februar. Reichstag. Der Handelsvertrag mit Egypten wird debattelos in dritter Lesung genehmigt. Hierauf wurde die Beratung des Kapitels Reichsgesundheitsamt fortgesetzt. Diskutiert wurde zunächst der Antrag des Abg. Baumbach (freis.), betreffend die Zulassung der Frauen zur ärztlichen Praxis. Abg. Büsing (nat.-lib.) als Vorsitzender der Petitionskommission teilt mit, eine Anzahl, die Frauenfrage betr. Petitionen sei dem Reichskanzler zur Erwägung überwiesen worden. Abg. Baum- bach (freis.) begründet,jn ausführlicher Weise den Antrag und empfiehlt im Interesse der Gerechtigkeit die Annahme desselben. Staatssekretär v. Böt­ticher führt aus: Der Uebelstand liegt in der Schul­organisation der Einzelstaaten, welche die Frauen bis­her zum Universitätsstudium nicht einmal zur Reife­prüfung zulassen. Der Antragsteller müsse in den Einzelstaaten vorgehen, der Bundesrat könne nicht helfen. Abg. Hartmann skons.) empfiehlt die Ab­lehnung des Antrages. Abg. Bar (freif.) meint, das deutsche Reich habe alle Veranlassung, die freie Be- rufsthätigkeit der Frauen zu erweitern und befür­wortet die Annahme des Antrages. Staatssekretär v. Bötticher wiederholt nochmals, daß der Fehler nicht beim Reiche liege. Abg. Endemann (nat.-lib.) ist kein prinzipieller Gegner der Zulassung von Frauen zum akademischen Studium, bittet aber den Antrag Baumbach abzulehnen. Abg. Bebel (Soz.): Wenn die Regierung einmal a gesagt, sollte sie das gesamte akademische Studium für Frauen freigeben, gerade

in dem platten Lande würde der Aerztin ein großes Arbeitsfeld frei, da die jungen Aerzte lieber in den Städten bleiben. Nach einer kurzen Bemerkung Höffels (Rp.) beantragt Rickert den Antrag heute von der Tagesordnung abzusetzen, womit Baumbach einverstanden ist. Bei der Abstimmung darüber wird die weitere Beratung des Antrags Baumbachs ab­gesetzt.

In der Militärkommission des Reichstags wurde am 24. die Erörterung der finanz­politischen Anträge Richter, Buhl, v. Stumm fortgesetzt und zwar zunächst bezüglich der einmaligen Ausgaben. Richter beantragt zu erklären: a) Die Heeresver­stärkung nach der Militärvorlage erfordert neben den in Ansatz gebrachten einmaligen Ausgaben zum Betrage von 67 800 000 ^ noch 104 690 000 zur dauern­den Unterbringung derjenigen Truppen in Kaserne- ments, für welche eine Unterbringung in Baracken nicht vorgesehen ist. v. Stumm beantragt zu der Richter- 'schen Erklärung anzufügen:Im Wesentlichen aber erst nach Ablauf der 5jährigen Periode." Oberst Erffling ist für den Antrag v. Stumm, da in den ersten 5 Jahren nur '/- der Gesammtsumme für Kasernements verausgabt werden würde. Dir. Aschenborn er­klärte, die Finanzverwaltung könne sich durchaus nicht dahin binden, daß eine solche Summe für feste Kasernen bewilligt werde. Es sei sehr fraglich, ob nicht später in weit größerem Umfange nur Baracken errichtet werden. Richter verändert seinen Antrag dahin, daß statterfordert" gesagt werde,würde erfordern". Lieber beantragt in dem Anträge Richter hinter noch 104 690 000 zu sagen:deren Verwendung

im Wesentlichen nach zwei Jahren beginnen und etwa in 20 Jahren vollendet sein würde." Bei der Ab­stimmung wird der Antrag Richter mit dem Amende­ment Lieber angenommen; der Antrag v. Stumm abgelehnt. Der folgende Antrag Richter: d)die Kasernirung derjenigen Mannschaften und Pferde, welche aus der gegenwärtigen Heeresstärke noch nicht kasernirt sind, würde einen Kostenaufwand von 37 Will. ^ erfordern"; wird einstimmig angenommen. Ueber den weiteren Verlauf der Sitzung ist ander­weitig schon berichtet worden.

Berlin, 25. Febr. Der von der sozialdent. Fraktion des Reichstags eingebrachte Entwurf einer neuen Seemannsordnung ist eine Abänderung der bestehenden Seemannsordnung in sehr vielen ihrer Paragrafen. Auch die Kontrole der Seetüchtig­keit der Schiffe durch die Seeämter wird u. a. ver­schärft. ».Bennigsen überreichte in der Militär­kommission des Reichstags außer seinem Anträge auch eine Anzahl formulierter Fragen an die Militär­verwaltung. Darunter folgende: Wie viele von den beabsichtigten mehr auszuhebenden 60000 Rekruten sind erforderlich, um den ausfallenden dritten Jahr­gang zu decken? Sind unter den 60000 Rekruten inbegriffen der Nachersatz und die Kapitulanten, so­wie die Freiwilligen mit Ausnahme der Einjährig- Freiwilligen? Wie hoch beläuft sich zur Zeit noch das Manquement a) an Offizieren, b) an Unter­offizieren, uno bis zu welchem Zeitpunkt ist dasselbe voraussichtlich gedeckt? Auch Hinze (d.fr.) hat eine Anzahl Fragen eingereicht.

Berlin. Ahlwardt ist am 34. Nachm.

Jerrikket on.

Die Adoptivtochter.

Erzählung von K.Labacher.

(Fortsetzung.)

Laut auflachend verließ der junge Mann das Zimmer. Draußen im Freien atmete er mit unendlichem Behagen die reine Walvluft ein; er beschleunigte seinen Gang viel mehr, als zu einem Spaziergange nötig war. Zu lange hatte man das Tempo seiner Schritte mit ängstlicher Genauigkeit geregelt, als daß er nicht jetzt, in der Freiheit, mehr gelaufen als gegangen wäre, wie um alles Versäumte nachzuholen.

Erst als er den Wald erreicht hatte, mäßigte er seine Eile. Das durch die hohen prächtigen Fichten und Tannen sanft gedämpfte Sonnenlicht, da« leise Lispeln vereinzelt unter den Radelbäumen stehender Buchen und Eichen, das ferne Rauschen -eines WaldbacheS schläferte seinen unruhigen Geist ein und versetzte ihn in einen Lustand behaglichen Schauens und Genießens. Von dem breiten, vielbetretenen Weg abweichend, schlug er einen engen halbverwachsenen Pfad ein, der mitten hinein in da« Walddickicht führte und sah sich nach kurzer Wanderung am Eingang einer kleinen Lichtung, eines Plätzchens, so hübsch und heimlich, mit seinen moosbedeckten Baumstrünken so freundlich zum Niedersitzen einladend, daß er sich eben zu einer 'kurzen Rast entschloß, als ein leises Geräusch, ganz in der Nähe, seine Aufmerksamkeit erregte. Und diese Aufmerksamkeit wurde sogleich zum bewundernden Staunen.

Ein junges Mädchen stand dort seitwärts, wo der Wald wieder begann. Sie hatte sich wohl erst von ihrem moosigen Sitze erhoben, denn eine Stickerei lag am Boden und ein Körbchen mit bunter Wolle und anderes Arbeitszeug. Ihr schönes, rosiges Antlitz war ihm voll zugekehrt und ihre tiefblauen Augen blickten ihn mit einem überraschten, fast erschreckten Ausdruck an.

Er fühlte, daß er etwas zu ihr sagen mußte, um sie zu beruhigen und wollte doch mit keiner albernen Phrase, alsIch habe Sie wohl gestört" oder dergleichen, beginnen. Deshalb fand er es für angemessen, sie nach dem Wege zum Schlöffe zu fragen.

Es war Elisabetb, die vor dem jungen Grafen stand. Sir hatte dieses schöne­versteckte Waldplätzchen entdeckt und besuchte eS jeden Tag, ohne bis jetzt durch di« Annäherung eines Menschen gestört oder beunruhigt worden zu sein. Der harmlos« Ton, in welchem der junge Mann seine Frage stellte, beschwichtigte sogleich ihre Be­sorgnis vor Zudringlichkeiten, und sie wies ihm mit einigen freundlichen Worten den kürzesten Weg.

Er machte ein paar Schritte in der bezeichneten Achtung, dann blieb er wieder stehen.

Wohnen Sie hier in der Umgebung, Fräulein?' fragte er, während er den Hut, den er grüßend abgezogen hatte, noch immer in der Hand hielt und so mit einer fast ehrerbietigen Haltung vor Elisabeth stand.

Ich bin kein Fräulein," entgegnete sie, ihren früheren Sitz wieder einnehmend. Ich bin die Tochter eines Handwerkers aus dem nächsten Dorfe."

Der junge Graf ließ rasch einen forschenden Blick über die Gestalt de- Mädchens gleiten und nun fiel ihm auf, was er früher nicht bemerkt hatte; ihr Ge­wand war bis zur Ärmlichkeit einfach und ihre Füße steckten in groben Schuhen. Aber diese zarten weißen Hände, die vornehmen Bewegungen und diese gebildete Sprachweise, was sollte er von dieser seltsamen Zusammenstellung denken?

Elisabeth begann emsig zu arbeiten; sie wollte dem Fremden dadurch anzeigen, daß sie ihre Unterredung als beendet bettachte. Aber er verstand diese zarte An­spielung nicht oder stellte sich doch wenigstens so.

Sie sind unmöglich auf dem Lande aufgewachsen, Fräulein," sagte er, dm verbotenen Titel diesmal stark betonend.

Nein. Aber warum verharren Sie bei einer Anrede, die mir nicht gebührt?"

Der junge Mann zeigte ihr in einem angenehmen, schelmischen Lächeln seine schönen Zähne.

So sagen Sie mir, wie Sie heißen!" bat er herzlich.

Jungfer Elisabeth."

,O, da lassen wir die unschöne Jungfer weg und bleiben bei dem wohl­klingenden Namen Elisabeth. Dieser Name ist mir sehr, sehr lieb. Meine Schwester heißt Elisabeth. Sie sind also in der Stadt erzogen worden; ich dachte es wohl."