Tagts-Ueuigkeiten.

X. Calw. Warnung. Der Agent einer Näh- rnaschinenfabrik läßt seine Abnehmer im Bezirk Wechsel unterschreiben, ohne sie über die Bedeutung ihrer Unterschriften aufzuklären. Gleichzeitig giebt er ihnen «inen Abzahlungs-Karton in die Hand und nimmt auf diesen Zahlungen ein, ohne die in Umlauf ge­setzten Wechsel für den entsprechenden Betrag zu an­nullieren. Wenn er nun auch den Bezogenen bei Wechsel-Verfall für ihre Accepte Deckung einsendet, so ist doch ein solches Verfahren geeignet, die Be­steller, welche mit derartigen Manipulationen nicht vertraut sind, zu verwirren und zu beunruhigen. Da­her aufgepaßt und keine Wechsel unterschreiben.

Calw. Am Mittwoch abends '/,6 Uhr brach in dem Streuschopf der Bauern Michael und Joh. Georg Hamann in Martinsmoos auf bis jetzt unaufklärte Weise Feuer aus, welches in kurzer Zeit die ganze zweistöckige Scheuer mit reichen Futter­vorräten einäscherte. Die Abgebrannten sind versichert, jedoch ungenügend. Der Gebäudeschaden beträgt ca. 2800 Infolge des zur Zeit herrschenden Windes hatten die Feuerwehren vollauf zu thun, um dem weiteren Umsichgreifen des Feuers Einhalt zu thun. Zum Glück fehlte es nicht an Wasser.

-ll Hirsau. Unglücksfall. Am letzten Dienstag früh 2 Uhr fuhr der Schweinehändler Hölderle und der verh. Landwirt Dongus von Deckenpfronn, beide dort wohnhaft, mit einem Wagen fetter Schweine zwischen Calw und Hirsau, als plötz- Dongus, welcher das Gefährt leitete, vom Bock stürzte. Unglücklicherweise geriet er hiebei unter die Räder, welche ihm über die Brust gingen. Da er die Arme nicht mehr bewegen kann, hat er jedenfalls bedeutende und auch innerliche Verletzungen erlitten. Sein Fall soll durch das plötzliche Vordrängen der Schweine im Wagen geschehen sein.

Nagold, 8. Febr. Entgegen der Mitteilung in Nr. 14 d. BI., daß durch die Kälte viele Bienen erfroren, wird uns von hiesigen Imkern versichert, daß dies von den Bienenbeständen hiesiger Gegend nicht gesagt werden kann.

Seminar Nagold. Da im Seminar und Präparandenanstalt die Influenza bedeutend um sich griff, so daß- der Krankenstand in beiden An­stalten je zwischen 30 und 40 betrug, so wurden nach Anhörung des Anstaltsarztes und mit Genehmigung der K. Oberschulbehörde die Zöglinge in die Heimat entlassen. Der Wiedereintritt ist auf Samstag den 18. Febr. bestimmt.

Tübingen, 8. Febr. Nach einer auf amt­liche Ziffern sich stützenden Mitteilungen hat das Tübinger Erträgnis an Wein im letzten Herbst die minimale Ziffer von 200 Hektolitern aufzuweisen. Dagegen waren die Preise so hohe, wie niemals zu­vor. Es wurde bis zu 180 ^ pro Eimer bezahlt, ein schönes Geld, wenn man bedenkt, daß Tübingen an der Grenze des Weinbaus liegt, die bei Rotten­

burg ist. Der niederste bezahlte Preis war 150 der Durchschnittserlös betrug 160 Von einem namhaften Schaden infolge des kalten Januars hat bisher nichts verlautet. Unsere Weinberge sind aber auch alle gedeckt.

Oberndorf, 7. Febr. Heute nachmittag suchte in dem sogenannten Kessel, einer tiefen Stelle des Neckars oberhalb des Wehrs der Waffenfabrik, ein junger Mann den Tod. Da der Leichnam bis jetzt nicht gelandet werden konnte, so ließ sich die Persönlichkeit des Lebensmüden vorerst nicht mit Sicherheit feststellen; doch weisen mehrere Umstände darauf hin, daß derselbe mit dem etwa 21jährigen, dahier in Arbeit stehenden Sohne eines hies. Hand­werkers identisch ist.

Nürtingen, 8. Febr. In Wolfschlugen wollte gestern der Bauer Schäfer einen Wagen Dung auf eine auf der Markung Hardt gelegene Wiese führen. Sein Weg ging an einer tiefen, felsigen Waldschlucht vorbei. Wegen des Glatteises kam der Wagen dem Abgrund zu ins Rutschen, ohne daß die beiden Kühe ihn zu halten vermochten. Der Bauer mußte nun mitansehen, wie Wagen und Gespann die jähe, mindestens 6 Meter hohe Felswand hinabstürzten. Zu seiner größten Verwunderung blieben beide Kühe unverletzt und konnten über Felsen und Steingeröll mit großer Mühe herausgebracht werden. Der Wagen dagegen war zertrümmert.

Urach, 7. Febr. Die Aufregung der Gemüter infolge der häufigen Brände hält noch immer an, zumal da neuerdings wieder in Drohbriefen Mord und Brand in Aussicht gestellt wurden. Von dem Schreiber und Brandstifter hat man bis jetzt keine sichere Spur, trotz angestrengtester und sorgfältigster Erhebungen seitens der Staatsanwaltschaft und Polizei; ein Verdächtiger von auswärts, in welchem manche den Missethäter vermuteten, mußte bereits wieder in Freiheit gesetzt werden, da er während der letzten Brände eine längere Strafe abzusitzen hatte. Sonn­tags versieht eine größere Anzahl Freiwilliger den Sicherheitsdienst. Die bürgerl. Kollegien beraten im Laufe der Woche darüber, ob nicht angesichts dieser bedauerlichen Vorgänge die Polizeistunde wieder ein­geführt werden sollte; doch versprechen sich viele von dieser Maßregel nicht die erhoffte Wirkung.

Laupheim, 8. Febr. Am letzten Samstag wurde in dem benachbarten Schönebürg ein Braut­wagen abgeholt. Vor der Abfahrt machte das Braut­paar noch die üblichen Einladungen bei den Um­stehenden, während alter Sitte oder Unsitte gemäß von den Dorfburschen die übliche Gewehrsalve gegeben wurde. Zum Unglück hatte aber einer der Schützen seine Waffe noch mit Schrotkörner geladen und dem Bräutigam, der in die Schußlinie kam, solche in Kopf, Arm und Oberschenkel geschossen, so daß derselbe nicht unerheblich verletzt ist.

Riedlingen, 7. Febr. Die Zufuhr zum gestrigen Viehmarkt war stark, es wurde lebhaft gehandelt. Die Preise bewegten sich bei Ochsen

zwischen 150250 bei Kühxn zwischen 150 biK 250 bei Kalbeln zwischen 160300 bei Boschen zwischen 60130 Auch der Schweine­

markt war gut befahren, das Paar stellte sich auf 2036

Waldsee, 8. Febr. In der Nacht vom 6, auf den 7. Februar sind dem Holzhändler Kirch- maier in Bellamont bedeutende Werte gestohlem worden, nämlich drei-Einhundertmarkscheine, ferner drei Wechsel. Einer der Wechsel lautet auf 300 der andere auf die Summe von 325 Der Thal verdächtig sei ein großer Mann, dem Aussehen nach ein Dienstknecht. Derselbe habe schwarze Haare und eben­solchen Vollbart, und stehe im Alter von etwa. 30 Jahren.

Leutkirch, 4. Febr. Gestern abend wurd« hier vordem neuen Postgebäude einPo st schlitte w samt zwei Pferden gestohlen. Fast unglaublich» aber doch wahr. Die von der bayerischen Poststation Kimmratshofen (Zwischenstation von hier und Kemptens alltäglich auf die Vormittagszüge hier eintreffende Post, fährt abends nach Ankunft des letzten Zugs von Memmingen her wieder retour. Der Postillon war nach 7 Uhr vor dem Postgebäude mit seinem von zwei Pferden gezogenen Schlitten vorgefahren und begab sich zu dem dienstthuenden Beamten, um wie gewöhnlich die Postsachen zu übernehmen. Nach kürzester Frist wieder zurückgekehrt, fand er sein Fuhrwerk nicht mehr vor! Man denke sich die Bestürzung! Ein Bahnbeamter hatte zum Glücke gesehen, daß sich ein Fuhrmann eines Gefährtes sehr abmühen mußte, um seine Pferde auf die nach Wurzach abzweigendr Straße zu bringen. Der Dieb hatte den Augenblick benützt,, die Pferde fortzutreiben, als der Postillon ins Post­lokal getreten war. Sofort wurde Anzeige erstattet,, ein Gefährt ausgerüstet und auf der Wurzacher Post­straße dem Unbekannten nachgesetzt. Für die Polizei war es eine Befriedigung zu wissen, daß man auf der rechten Fährte war. In Wurzach war der Dieb durchgefahren in der Richtung Pfarrdorf Ellwangen. In dem Weiler Albers hatte er Halt gemacht, ausge­spannt und war eben im Begriff, sich gütlich zu thun, als der ihm auf den Fersen gefolgte Stations­kommandant ihm die Hand auf die Schulter und Fesseln um die Hände legte und die gewiß seltene und eigentümliche Fahrt unterbrach. Der Thäter soll ein Dienstknecht sein, der auf einer benachbarten Ziegelei in Arbeit stand und die Verhältnisse deshalb- ganz genau kannte.

U Pforzheim, 7. Febr. Bericht des hies- Monatsviehmarkt von gestern. Es waren zugebracht r 240 Pferde, 2 Fohlen, 574 Stück Großvieh und zwar: 160 Ochsen, 215 Kühe, 24 Kalbmnen, 175 Stück Jungvieh, ferner 24 Kälber. Verkauft wurden 32 Pferde (Durchschnittsverkaufspreis 400 -^.) Schöne- und gutgenährte Pferde wurden zu 800900 ^ verkauft. Schlachtpferde zu 4080 ^ ferner wurden verkauft 34 Ochsen (Verkaufspreis 38 ^ pr. Ztr. lebend Gewicht). Zu Durchschnittspreisen.

zu so hohen geistigen wie körperlichen Reizen. Und auch an anschmiegender Zärt­lichkeit ließ es Elisabeth nicht fehlen und erhielt und verstärkte so den unbewußten Wahn der Gräfin, ihr eigenes Kind, ihr nie vergessenes Malchen sei ihr wieder auferstanden.

Nicht die gleiche Freude erlebte die edle Frau an Rudolf ihrem Sohne. Der Knabe blieb schwächlich und elend, trotz Italiens milderem Himmel, trotz der Kunst zweier berühmter Ärzte, die seine fast steten Begleiter waren. Und endlich, als Rudolf sein zwölftes Jahr erreicht hatte, wurde der trostlosen Mutter eröffnet, daß ein noch wärmeres und gleichmäßigeres Klima für seine kranke Brust ausgesucht werden müsse, daß nur in Corfu und Madeira Heilung für ihn zu hoffen sei.

Die Gräfin ergab sich in diese Ansicht der Ärzte. Da ihr Gemahl ihr durch­aus nicht gestattete, den kranken Sohn zu begleiten, vielmehr den Entschluß aussprach, mit ihr aus dem von stetem KriegSgewühl heimgesuchten Neapel nach dem etwas geordneten und gesicherten Deutschland zurückzukehren, drückte sie den Abschiedskuß auf die Stirne Rudolfs mit der Ahnung, sie sage ihm ein Lebewohl für immer.

Sie fühlte ihre Gesundheit schon lange hingeschwunden und hoffte, die körper­liche Hülle werde bald zusammenbrechen über der müden, durch lange, vergebliche Sehnsucht verzehrten Seele. Sie hatte so wenig Glück genoffen, diese hochgeborene, vielbeneü»ete Frau. Liebe hatte ihr weiches, tiefempfindendes Herz bei ihrem Gatten gesucht und nicht gefunden. An seiner blasierten Gleichgültigkeit waren alle Stürme abgeprallt, die sie gewagt hatte, um seine Teilnahme, seine Zärtlichkeit zu gewinnen. Ruhig, anständig, in gutem, gegenseitigen Einvernehmen sollten sie neben einander durch'« Leben gehen, wie andere vornehme Eheleute auch da» war seine Meinung; und sie hatte sich endlich in diese Art de« Daseins gefunden, sie blickt« eben so gleichgültig an ihm vorbei, wie er an ihr, sie begegnete ihm mit derselben artigen, kühlen Höfl.chkeit, doch sie litt darunter tief, und selbst di» hellende Zeit vermochte »icht« gegen da» unabweisbar» Bedürfnis ihre« Gemüt», zu sieben und geliebt zu

werden. Und was noch an Lebensmut in ihr aufrecht war, das brach die Trennung von ihrem Sohne völlig nieder. Sorgfältiger beschäftigte sie sich nun mit Elisabeth's Erziehung aber nicht lange genoß das kleine Mädchen den Segen dieser ver­doppelten Liebe. Eines Tages sagte man ihr, die das Wort noch nicht in seiner ganzen Bedeutung begriff, ihre Mutter sei gestorben. Wenige Tage später wurde Elisabeth in ein Pensionat für adelige Fräulein gebracht. Der Stern der Liebe war über ihrem Haupte erloschen.

7.

Sieben Jahre waren seit dem Tode der Gräfin verflossen. Elisabeth kehrte als eine wunderliebliche Jungfrau in das Haus des Grafen zurück, während dessen Sohn noch immer unter der Aufsicht eine« Arztes im fernsten Süden weilte, da. man meinte, seine Brust könne die Luft der Heimat nicht ertragen. Ein lebhafter» brieflicher Verkehr hatte sich indessen zwischen den vermeintlichen Geschwistern entwickelt, und Esisabeth nannte e» ihre liebste Beschäftigung, wenn sie durch die Feder mit. ihrem Bruder plaudern konnte, mit dem Einzigen, der in ihrem Kreise Teilnahme und Verständnis für ihre Gedanken und Empfindungen zeigte und der so herzlich zu ihr zu sprechen wußte, daß sie nach dem Empfange seiner Briefe immer die schützende Nähe eines Freundes zu genießen glaubte. Und Elisabeth war jener Teilnahme und jenes Verständnisse» so bedürftig, die sie weder bei ihrem Vater fand, der in seiner alten Genußsucht fortlebte und für sie nur ein ermüdetes, gelangwellteS Gesicht heimbrachte, noch bei ihren Dienerinnen, von denen sie mehr die breüe Kluft der BildungSverschiedenheit, als Stolz trennte, welchen man ihr nicht hatte anerziehen können-

DaS junge Mädchen saß an ihrem Schreibtische und las in einem Briefe, der» sie eben von ihrem Bruder erhalten hatte. Ein Lächeln, Heller und glückstrahlend» blitzt« oft in dem reizenden Gefichtchen auf und endlich drückte sie, mit dem lauter». Jubelrufe »Er kommt, ja er kommt!* das Papier an ihre Lippen.

(Fortsetzung folgt.)