46
sind heute um 8 Uhr früh mittelst Hof-Separatzuges hier eingetroffen und wurden auf dem Bahnhofe von dem Prinzen Wilhelm von Schaumburg-Lipps, dem Bezirkshauptmann von Neustadt an der Mettau, Neuhold, und dem Bürgermeister Tichy empfangen. Das zahlreich angesammelte Publikum brach bei der Ankunst des Königspaares in brausende Slava-Rufe aus.
Nach Vorstellung des Bezirkshauptmannes und Bürgermeisters fuhren die Herrschaften ins Schloß. Der Bahnhof und die Stadt sind festlich geschmückt.
Halle, a. S., 23. Jan. Der Kreisphysikus meldet, daß in der Irrenanstalt zu Nietleben vom 22. d. M. Mitternacht bis heute Mitternacht 12 Erkrankungen und 4 Todesfälle infolge von Cholera vorgekommen sind.
Halle, 25. Jan. Professor Koch ist nach Trotha geeilt, von wo Cholerafälle gemeldet worden sind. Ein Arbeiter liegt in den letzten Zügen, der vorgestern Saalewaffer getrunken und sich über das von den Behörden erlassene Verbot lustig gemacht hat.
Halle, 26. Jan. Von gestern Mitternacht bis heute Mitternacht sind in Nietleben 4 Erkrankungen und 5 Todesfälle vorgekommcn. Insgesamt zählt man 109 Erkrankungen und 38 Todesfälle.
Leipzig, 23. Jan. Ein Großfeuer zerstörte die in der Johannisallee belegene Buchdruckerei Fischer und Wittich, die Schriftgießerei Nummerich und die Graviranstalt Horn. Der Schaden ist sehr bedeutend.
— In der gestrigen Sitzung der Militär- kommission des Reichstags besprach Generalmajor v. Goßler an der Hand des Materials die Tienfltauglichkeitsverhältnisse. Payer (Volkspartei) erklärte für sich und seine Freunde die Bereitwilligkeit, am Angebot der ersten Lesung (zweijährige Dienstzeit und bisherige Präsenzziffer) einschließlich 18000 Mann Ersatzreserve, festzuhalten. Die Volkspartei bewillige nur, was zur Einführung der zweijährigen Dienstzeit nötig sei, mehr nicht. Von einem Kompromiß sei bei ihr keine Rede. Sie stütze sich auf die Volksstimmung.
Sei die Regierung damit nicht zufrieden, so müsse sie eine Kraftprobe mit der Auflösung machen. Eine neue Auflage von 1887 werde cs nicht geben. Der Reichskanzler erklärt hierauf, der Vorschlag einer erhöhten Rekruteneinstellung innerhalb der gegenwärtigen Präsenzstärke enthalte überhaupt kein Angebot gegenüber der Regierungsvorlage; seine Annahme würde die Ausbildung gefährden und die Mobilmachung zu gewissen Zeiten des Jahres unmöglich machen, also die Armee schwächen. Der Vorschlag sei, weil er die Landesvertheidigung gefährde.
Unannehmbar. Wenn zur Bekämpfung der Vorlage auf den Dreibund hingewiesen werde, so habe er selbst die hohe Bedeutung desselben stets anerkannt und seinerseits olles gethan, ihn zu erhalten und zu stärken. Das Verlangen nach Verstärkung des Heeres beruhe weder auf einer Unterschätzung des Dreibundes
ist?* sagte Will mutig und nahm sein Lieblingskind, das zweijährige Lieschen auf den Arm, das zu ihm herangezoppelt war. „Ich werd's auShaltm — bis einmal wieder bessere Zeiten kommen. Und sollte meine Kraft doch nicht reichen, dann — dann Hab' ich wenigstens meine Pflicht an Euch gethan."
Frau Will schluchzte laut auf und schlang die Arme um den Hals ihres Mannes. Er streichelte ihr zärtlich die eingefallenen Wangen.
„Ich bin vielmehr besorgt, ob mir der Verwalter Arbeit giebt," sagte er. „Ob er mich nicht wieder abwcist wie dos vorige Mal, weil ich einen kurzen Atem habe und er mir keine Kraft zutraut. Ich will's gleich versuchen, jetzt tress' ich ihn noch im Schloß."
„Im Schloß soll's sehr traurig hergehen," erzählte Frau Wilk, indem sie ihrem Mann das Kind abnahm und dessen schimmernde, blonde Härchen zurecht kämmte. „Vorhin beim melken ist des Nachbars Grete zu mir gekommen; sie weiß eS für sicher, daß die kleine Komtesse heute Nacht an dem bösen Scharlachfieber gestorben ist, und der kleine Graf soll auch nicht weit vom Tode sein."
„Siehst Du's Anna, daß wir noch unglücklicher sein könnten!" sagte Wilke, indem er einen zufriedenen Blick über seine blassen, aber immer noch munteren Kleinen hinsandte. „Möchtest Du mit der Gräfin tauschen, die jetzt in zitternder Angst am Krankenbette ihres letzten Kindes fitzt?"
„Nein, nein, Josef," sagte die Frau und drückte Lieschen fest an sich. Das letzte Kind verlieren — o Josef, ich müßte wahnsinnig werden. Ich kann nicht einmal den Gedanken ertragen, eins von meinen zu entbehren. Die arme Gräfin!"
Wilk war jetzt zum Ausgehen bereit. Bei aller Ärmlichkeit seiner Kleidung mackte fein ÄvßcreS doch keinen unangenehmen Eindruck, denn seine hohe, hagere Gestalt und sein ausdrucksvolles Gesicht mit den gutmütigen Augen hätten ihn befähigt. sich auch einer höheren Sphäre würdig und angemessen zu zeigen. Anna bUrS noch einige Stäubchen von dem abgetragenen Rock» ihres Mannes und blickte daun mit Lieb« und Stvlz an ihm hinauf.
beachtenswerter Schriften und Zeitschriften aus dem Gebrete der Naturheilkunde, Gesundheitspflege, naturgemäßen Lebensweise und verwandten Gebieten.
Kandnr. Kezirksverein Calm. Gaatfruchtmartt betreffend.
Nach Beschluß des Ausschusses der „Stuttgarter Landesproduktenbörse" und der „Vereinigung württ. -Landwirte" soll am 13. Februar d. I. im Stadt- gartensaale ein Saatfruchtmarkt abgehalten werden.
Die Landwirte unseres Bezirks werden hiedurch zu möglichst zahlreicher Beteiligung eingeladen mit dem Bemerken, daß die benötigten Anmeldebogen nebst Programm bei Secr. An sei, Bahnhofstraße, bis incl. 8 Februar erhältlich sind. Das Programm ist auch in Nr. 4 des heurigen „Württ. Wochenblatts für Landwirtschaft" enthalten.
Calw, den 25. Januar 1893.
Vereinsvorstand Sekretär
Lang. Ansel.
Kandrv. Kezirksrrerem Calm.
Montag, den 30. d. Mts. nachmittags 2'/- Uhr findet in Oberkollwangen (Gasthaus z. Hirsch) eine Wander-Versammlung statt. Tagesordnung:
1) Vortrag des Herrn Landwirtschafts-Inspektors Or. Wiedersheim von Reutlingen über „Molkereigenossenschaften".
2) Vortrag des Herrn Oberamtstierarzts Leytze über den „Schutz gegen Uebervorteilung und Betrügereien im Viehhandel".
Hiezu werden Vereinsmitglieder, wie auch Nichtmitglieder, freundlichst eingeladen.
Die Schultheißenämter der benachbarten Gemeinden werden ersucht, ihre Gemeinde-Angehörigen hierauf aufmerksam zu machen.
Den 24. Januar 1893.
Vereinsvorstand
Lang.
Standesamt ßakn».
Geborene:
19. Jan. Karl Hermann, Sohn des Johannes Wid» mann, Hilssbremsers hier.
22. „ Anna Friedrike, Tochter des Johann Satt-
ler, Bäckermeisters hier.
25. , Ernst Karl Heinrich, S.d. Ernst Hippelein,,
Fabrikanten hier.
26. „ Christian Gottlob Friedrich, Sohn des Georg
Michael Strinz, Schuhmachers hier. Gestorbene:
21. Jan. Johann Weil, Taglöhner hier, 59 I. alt..
- Gottesdienst
am Sonntag, den 29. Januar.
Vom Turm: 88. Predigtlied: 351. Vorm.-Predigt: Herr Dekan Braun. 1 Uhr Christenlehre mit den Söhnen. 5 Uhr Predigt in der Kirche: Herr Stadtpfarrer Eytel.
Mittwoch 10 Uhr Betstunde.
„Wenn Dich der Herr Graf nur einmal sehen würde, ich glaube der wüßte für Dich eine andere Beschäftigung, als die Arbeit mit Spaten und Rechen, für die Tu Dich dem Verwalter anbietest," sagte sie. „Du kannst ja auch gut schreiben und rechnen. Der Graf hätte gewiß eine Verwendung für Dich. Was meinst Du, wenn er Dich als Gemeindediener annehmen wollte? Die Stelle ist gerade leer."
„Du bleibst Dein Leben lang ein Kind!" erwiderte Wilk lächelnd. „Glaubst Du, der Herr Graf giebt sich Mühe, Leute wie ich bin auch nur anzusehen und zu prüfen, ob sie etwas mehr sind, als dos Vieh auf dem Felde, das ihm dient gleich unser Einem? Ein gemeiner Handwcrksrnann — o Anna, was meinst Du denn? Der Herr Graf wäre ja entehrt, wenn er mit einem solchen niedrigen Geschöpfe auch nur einmal gesprrchen hätte.
„Tu machst «s wohl ärger als es ist." sagte Anna. „Du bist immer unzufrieden mit der Welt. Der Herr Graf ist am Ende auch nur ein Mensch und warum sollte denn ein Mensch den andern so verachten?"
„Worum? das frage nickt mich, das Hot der liebe Gott so gewollt. Aber daß ich wahr rede, ist gewiß. Die Herrschaft ist nur erst zu kurze Zeit hier im Schloß, sonst wüßtest Du auch schon mehr davon, wie's zugeht auf der Welt. Ist Dir der Herr Verwalter nicht Beispiel genug?"
„O, der. das ist nicht der Graf," sagte Anno. „Ich wett,' der Graf wär' tausendmal besser und zugänglicher, wenn man nur zu ihm könnte vor all' der Dienerschaft."
„Und er hat seinen Dienern befohlen, daß sie niemand zu ihm lassen?" erwiderte Wilk. „Gott behüt Dich, Anna! Ich gehe jetzt, was hilft uns das Schwätzen über den Grafen? Behüt Gott, Kinder!"
Die ganz« Schaar der Buben und Mädchen hing sich liebkosend an Mund und Hände des Vater«. Er hatte genug zu thun, die keinen Zudringlichen los zw werden und auf die Straße zu kommen.
(Fortsetzung folgt.) -
und seiner militärischen Macht, noch auf einem Zweifel an seiner Fortdauer, sondern auf der Erkenntnis, daß auch mit dem Dreibunde Deutschland in einem Kriege mit überlegenen Kräften auf der Gegenseite zu rechnen haben werde. Bebel (Soz.) tritt wieder für die Idee des Milizheeres ein. Der Reichskanzler entgegnet, Milizheere könnten bestenfalls nur im Lande selbst verwendet werden; zur Offensive seien sie absolut unbrauchbar. Die Beratung wird am Donnerstag abend fortgesetzt.
Rotterdam, 26. Jan. Infolge Thauwetters steigen die Flüsse schnell. Auf der Strecke Winterswyk- Amsterdam ist der Eisenbahnverkehr durch Ueberflutung gehemmt. Bei Venloo ist das Maaseis in Bewegung ; es schleppte einen Dampfer fort und riß eine Brücke weg. Das Wasser ist um 4'/- Meter gestiegen.
Pe st, 25. Jan. An der Cholera sind gestern zwei Personen erkrankt und zwei gestorben. Der Krankenstand beträgt 10.
Rom, 25. Jan. Heute NachmiKag wurde hier, sowie in Neapel und den südlichen Provinzen, ein leichtes Erdbeben verspürt.
„Gesundheit-rat",
reiche der gesamten Naturheilkunde, der Massage und der naturgemäßen Lebensweise. 24 Nrn. im Jahr. Preis durch Buchhandel, Post oder Expedition Stuttgart, Büchsenstraße 58 Part, vierteljährlich 1.25.
Das immer allgemeiner empfundene Bedürfnis nach einer naturgemäßen und zugleich volkstümlichen Gesundheitspflege hat auf litterarischem Gebiet schon manche bemerkenswerte Erscheinung gezeitigt; auch naturheilkundige Blätter verschiedenster Qualität sieht man hier und dort neu auftauchen. Unter diesen weist die seit November vorigen Jahres in Stuttgart erscheinende Zeitschrift „Gesundheitsrat" einen durchaus eigenartigen und selbständigen Charakter auf, indem sie die gesamte Naturheilkunde einschließlich aller ihr zugehörenden Gebiete (auch Massage, Magnetismus u. s. f.) wissenschaftlich zu läutern und zu vertiefen bestrebt ist. So hält sie denn auch ihre Spalten nicht etwa nur einer einseitig abgeschlossenen Richtung oder Meinung offen, sondern sucht durch den Austausch der Erfahrungen und Zulassen jeder sachlich durchgebildeten Anschauung den Nutzen des Ganzen zu fördern. Die Energie, mit der sie jede Unredlichkeit, Pfuscherei und Heuchelei — ob auch im eigenen Lager — brandmarkt, ist ebenso zu rühmen, wie die besonnene Haltung, die sie in ernsten Fragen ihres Fachs — und zwar ohne irgendwelche Verschwommenheit — an den Tag zu legen bestrebt ist.
Aus der ersten Nummer des Jahrgangs 1593 heben wir nachstehende Aufsätze hervor: Über Gelenkrheumatismus von Dr. meä. Walser, praktischem Naturarzt. — Grundsätze unseres Heilverfahrens und neuen Untersuchungsart durch Gesichtsausdruckskunde vou G. A. Nobler. (Schluß.) — Die Geschichtsstationen des Wassers als Heilmittel von G. Ludwig. — Massage und Magnetismus von Geo Schmidt — u. s. f. u. s. f. — Außerdem als Beilage: Was will der Gesundheitsrat ? (Sonderabdruck des in der ersten Novembernummcr 1892 enthaltenen Einleitungsartikelsz nebst einem Verzeichnis