Zander aus den fürstlich Schwarzenberg'schen Teichen bei Wittingau in Böhmen eintreffen. Der Besitzer der Zanderzuchtanstalt, Mechaniker Wilhelm Elsäßer in Vaihingen, beabsichtigt, außerdem auch Edelkarpfen aus Böhmen zu beziehen und für württembergische Teichwirte kleine Stämme solcher Zuchtkarpfen mitkommen zu lassen.
Murrhardt, 33. Jan. Im Stalle des Schleifers H. hier entstand heute abend '/,7 Uhr durch eine herabgefallene Lampe Feuer, das aber, ehe es größere Dimensionen annehmen konnte, durch die Feuerwehr mit Schnee gelöscht wurde. Wenn auch kein bedeutender Gebäudeschaden zu verzeichnen ist, so ist doch der Schleifer H. um so bedauernswerter, als er seine Kuh, die nicht versichert ist, verloren hat. Dieselbe erstickte im Rauch.
El Iwan gen, 20. Jan. Die Strafkammer verurteilte den Bankier Heinrich Kaufmann von hier wegen einfachen Bankerotts, zweier Vergehen der Unterschlagung und 11 Fällen von Betrug zu 2'/, Jahren Gefängnis, wovon 6 Monate Untersuchungshaft abgehen, ferner zu 2 Jahren Ehrverlust. Vorläufige Haftentlassung wurde nicht bewilligt.
Berlin, 23. Jan. Zu Ehren der Prinzessin- Braut Margarethe fand heute nachmittag ein Reiterfest statt, veranstaltet von dem 1. Garde- Dragoner-Regimcnt, welchem der Kaiser, die Kaiserin, die Prinzessin-Braut, der Bräutigam Friedrich Karl von Hessen und sämtliche hier anwesenden Fürstlichkeiten, darunter der König von Sachsen, welcher gestern eingetroffen war, beiwohnten. Das Fest nahm einen glänzenden Verlauf. Abends um 7'/, Uhr fand eine Galatafel bei dem Kaiserpaar statt, wozu 300 Einladungen ergangen waren.
Wien, 23. Jan. Ihre Majestäten der König und die Königin von Württemberg wurden am Sonntag um 11?/. Uhr im festlich geschmückten Westbahnhof von dem Kaiser und den männlichen Mitgliedern der kaiserlichen Familie, dann den Spitzen der Behörden und der Armee, dem Bürgermeister u. s. w. erwartet. Höchstdieselben sind wohlbehalten eingetroffen. Am Bahnhofe war eine Ehrenkompagnie mit Musik aufgestellt. Der Kaiser Franz Joseph hatte die Uniform seines württembergischen Infanterie- Regiments, der König Wilhelm II. die Uniform seines österreichischen Husaren-Regiments angelegt. Die Monarchen umarmten und küßten einander; der Kaiser küßte die Hand der Königin. Hierauf fand die Vorstellung der beiderseitigen Würdenträger und Suiten statt. Der Kaiser reichte der Königin Charlotte den Arm und geleitete sie zum Wagen. Vom Bahnhof bis zur Hofburg, die lange und breite Straße eine Viertelstunde weit waren die Häuser mit württembergischen, österreichischen und Wiener Fahnen reich geschmückt. Die Volksmenge bildete Spalier. Die Majestäten wurden überall
stürmisch mit Hochrufen begrüßt. In der Hofburg, im Pietradura-Zimmer, machten die Aufwartung der Minister des kaiserlichen Hauses Graf Kalnoky und die obersten Hof-Chargen, die General- Kapitäne, die Hofdienste, die Generaladjutanten und der Leiter der Generalintendanz Frhr. v. Bezecny. Nach einem kurzen Cercle zogen sich die Majestäten in die Wohnappartements zurück. Um 4 Uhr begab sich das württembergische Königspaar zum Diner bei Seiner Kaiserlichen Hoheit dem Erzherzog KarlLud - w i g. Abends war Hofball im großen Redoutensaal, dem vie württembergischen Majestäten, der Kaiser und alle Mitglieder des Kaiserhauses, sowie die hier anwesenden Herzoge von Württemberg anwohnten. Beim Eintritt in den Ballsaal führte der Kaiser die Königin Charlotte, der König von Württemberg die Erzherzogin Maria Theresia (Mutter der Braut), Prinz Leopold von Bayern die Erzherzogin Maria Josefa (Gemahlin des Erzherzogs Otto, Bruders der Braut), Herzog Albrecht von Württemberg seine Braut die Erzherzogin Margaretha Sofie, Erzherzog Ferdinand die Herzogin Maria Theresia von Württemberg (Mutter des Bräutigams) und Erzherzog Albrecht (Großvater des Bräutigams) die Herzogin Jsabella von Württemberg.
Wien, 24. Jan. Bei dem Galadiner brachte Seine Majestät der Kaiser folgenden Toast aus: Dem heutigen Fest verdanken wir die Anwesenheit Ihrer Majestäten des Königs und der Königin von Württemberg. Indem wir dieselben in unserer Mitte in treuer Freundschaft herzlich begrüßen, leere ich das Glas auf das Wohl Seiner Majestät des Königs und Ihrer Majestät der Königin und auf das gesamte königliche Haus. Glück und Segen dem teuern Brautpaar! Seine Majestät der König Wil- helm antwortete: Gestatten Eure Majestät, daß ich in meinem Namen und in dem Namen der Königin den aufrichtigsten, herzlichsten Dank für die gnädigen Worte ausspreche, die Eure Majestät soeben an uns gerichtet haben. Die Tage, die wir hier in Ihrer Mitte verleben, werden uns für alle Zeiten unvergeßlich bleiben. Durch die Vermählung des jungen Paares, das einer glücklichen und frohen Zukunft entgegen gehen möge, sind wir in neue Beziehungen getreten, und ich bade die Bitte und den Wunsch, Eure Majestät mögen uns auch fernerhin dieselbe Huld und dasselbe Wohlwollen bewahren wie bisher. In diesem Sinne erhebe ich mein Glas und leere es auf das Wohl Ihrer Majestäten des Kaisers, der Kaiserin und des ganzen Kaiserhauses!
Permischtes.
Fütterungsversuche mit Seidenraupen. Im Zoologischen Garten in Dresden ist ein Versuch in größerem Maßstabe gemacht worden, Seidenraupen mit Blättern der Schwarzwurzel (Zeorsonors, bispkw. 4,.) statt mit Maulbeerblättern aufzuziehen, und dieser Versuch ist durchaus erfolgreich gewesen. Direktor Schöpff hat zu dem Versuch
etwa 4000 Seidenraupeneier benutzt und die ausgeschlüpften Räupchen in ihrer Entwicklung selbst überwacht; er ist vor allem auf Erhaltung einer für sie geeigneten Temperatur (nicht unter 15 Grad) bedacht gewesen. Nach 28—30 Tagen spannen sich die mit Schwarzwurzelblättern ernährten Raupen ein. Die dann aus den Kokons ausgekrochenen Seidenspinner haben außerordentlich viele Eier gelegt, denen unerwartet früh Hunderttausende von Räupchen entschlüpft sind. Letztere wurden wieder mit einem Pinsel von den Papierbogen, die zur Ablage der Eier gedient, auf die ausgebreiteten Blätter der Schwarzwurzel übertragen, und hier behagt ihnen diese Nahrung vortrefflich.
Bei Beamten, Schneider, Schuhmacher, überhaupt bei allen sitzenden Berufsarten
stellen sich gern in Folge mangelnder Bewegung Störungen in den Verdauungsorganen, Hämorrhoidalbe- schwerden ein, bei welchen sich, wie Tausende amtlich beglaubigte Dankschreiben beweisen, die ächten Apotheker Richard Brand's Schweizerpillen mit dem weißen Kreuz in rotem Grunde vorzüglich bewährt haben (erhältlich nur in Schachteln 4 Mk. 1 in den Apotheken).
Kandrv. Kezirksverei« Calw.
Montag, den 3V. d. Mts. nachmittags
S'/- Uhr findet in Oberkollwangen (Gasthaus z. Hirsch) eine Wander-Versammlung statt.
Tagesordnung:
1) Vortrag des Herrn Landwirtschafts-Inspektors vr. Wiedersheim von Reutlingen über „Molkereigenossenschaften".
2) Vortrag des Herrn Oberamtstierarzts Leytze über den „Schutz gegen Uebervorteilung und Betrügereien im Viehhandel".
Hiezu werden Vereinsmitglieder, wie auch Nichtmitglieder, freundlichst eingeladen.
Die Schultheitzenämter der benachbarten Gemeinden werden ersucht, ihre Gemeinde-Angehörigen hierauf aufmerksam zu machen.
Den 24. Januar 1893.
Vereinsvorstand
Lang.
Karrdw. Kezirksverein Calw.
Saatfruchtmarkt betreffend
Nach Beschluß des Ausschusses der „Stuttgarter Landesproduktenbörse" und der „Vereinigung württ. Landwirte" soll am 13. Februar d. I. im Stadtgartensaale ein Saatfruchtmarkt abgehalten werden.
Die Landwirte unseres Bezirks werden hiedurch zu möglichst zahlreicher Beteiligung eingeladen mit dem Bemerken, daß die benötigten Anmeldebogen nebst Programm bei Secr. Ansel, Bahnhofstraße bis incl. 8 Februar erhältlich sind. Das Programm ist auch in Nr. 4 des heurigen „Württ. Wochenblatts für Landwirtschaft" enthalten.
Calw, den 25. Januar 1893.
Vereinsvorstand Sekretär
Lang. Ansel.
»Ha ha! Ausgezeichnet, ausgezeichnet, Baron, in der Thal eine sehr, sehr wertrolle Enthüllung! Ha ha ha!" Sie lachte! Lachte immer »u, aber ihr Lachen war furchtbar — sie hotte begriffen! — Jetzt ertönte das Zeichen zur Demaskierung. Auch Tante Sophie riß ihre Maske herunter und warf den Domino ab. „Nun, Baron," rief sie dem wie ein armer Sünder vor ihr stehenden Henkelwitz zu, „Sie haben freilich die Demaskierung nicht mehr nötig. Sie sind entlarvt." — Der Baron nahm meckanisch die Maske vom Gesicht und ein tiefer Seufzer entrang sich seiner Brust. „DaS war allerdings ein schauderhaftes Pech," murmelte er, „aber" fuhr er sich ermannend fort, „Eie sollen jede gewünschte Genugthuung haben, mein verehrtes Fräulein, jede! Ich fürchte, man hat uns Beide düpiert. Geben Sie mir großmütig Zeit, mich zu fassen, dies Erwachen war zu entsetzlich!"
Tante Sophie warf ihm einen vernichtenden Blick zu, — sie hätte ihn töten mögen. War denn kein Rächer da? — Nein, keiner; selbst Hans war verschwunden und mit ihm sein leuchtender Mantel. Der Baron verbeugte sich und wandte sich der Thür zu. Doch was war das? Tort stand wieder der rote Domino und neben ihm der verhaßte Assessor, der dem Baron höhnisch inS Gesicht lachte. Dieser sah bald auf Tante Sopie bald auf Kurt und seine Begleiterin. Wer von diesen hatte ihm nun den grandiosen Possen gespielt? — Plötzlich sprang er auf seine noch immer maskierte Zeck genossen zu und ergriff sie beim Handgelenk. „Hexe," schrie er, „du warst die Sirene! Enthülle dich und zeige, wer du bist!" — Der rote Mantel sank und der Baron sowohl wie Kurt wichen überrascht zurück. Beide kannten ja dies Gewand, diese perlenübersäte Türkin nur zu gut, war es doch dasselbe Kostüm, da« Grete auf dem vorjährigen Kostümfeste deS Kasino getragen hatte! — Kurt wendete sich schmerzbewegt ab. Zu solchem Mummenschanz also hatte sich seine an- gebetete Grete hrrgegeben! So tief konnte sie sich erniedrigen. O, er hatte es ja selbst gesehen, wie dieser Wüstling sie im Arm gehalten. — Wenn der Zweck aber auch solche Mittel heiligen sollte, dann ade ihr Träume von Glück, ade, du schöner Olaube an di« Weiblichkeit! — Der Baron ermannte sich schnell. Mit cynischem Lächeln zog er die leise Widerstrebende an sich und sagte: „Nun, reizender Flüchtling,
holde Rose, bist du auch jetzt noch spröde? Weigerst du dich noch, mir den schuldigen Tribut zu zahlen?*
„Durchaus nicht," erwiderte eine Stimme mit sonorem Klang, uzid der Mann, der soeben seiner Holden die Maske gewaltsam vom Gesicht nahm, um sich die lange ersehnten Küsse zu rauben, prallte entsetzt zurück, denn nicht Gretens blühende Lippen lachten ihm entgegen, sondern die glänzenden Zähne ihres Bruders, unter dessen Nase bereits der erste, stark entwickelte Ansatz eines dunkelschattigen Schnurrbarts prangte.
„Ein Bubenstreich, ein elender Bubenstreich, den ich euch gedenken werde!" Bebend in ohnmächtiger Wut rief es der Baron und stürmte zur Thür hinaus, verfolgt von dem schallen Gelächter des übermütigen Hans und seines nun wieder fröhlichen Freundes Kurt.
Jetzt endlich konnte die in ihrem Versteck am ganzen Leibe zitternde wahre Grete wieder hervorgezogen werden. Auch Tante Sophie hatte sich von ihrer Erregung noch nicht erholt. Schalkhaft lächelnd trat Hans zu ihr. „Verzeihung, liebe Tante." sprach er. „es war wohl ein etwas toller Streich," aber er schien mir notwendig. Ich denke, nach dieser Demaskierung des . . ."
„Kinder," unterbrach ihn die Tante, nennt mir den Namen nicht mehr! Ja," fuhr sie mit einem leisen Anflug von Rührung fort, „es war freilich ein tolles Stück, aber dennoch, mein lieber HanS, danke ich dir. Kurt, — Grete, — nehmt euch und werdet ein glückliches Paar, das sei meine Rache!"
Kurt und Grete sind jetzt ein glückliches Paar und bewohnen die Villa. Henkelwitzhausen, die bald unter den Hammer kam und vom Onkel Vormund für Grete erstanden wurde. Auch der Traum der Tante ging in Erfüllung: sie schaltet und waltet, einer Herrin gleich, in dem herrschaftlichen Hause der „Kinder." — Der Baron ist verschollen, man sagt, er habe sich vor seinen Gläubigern nach Brasiliengeflüchtet. HanS aber freut sich noch heute der tollen Nacht, in der er so macken „über den Strang geschlagen".
(End e.)