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Ihan, ohne die nötige Pflege gedeiht kein Obstbaum und wie oft können wir die Wahrnehmung machen, daß es den jungen Obstbäumen an Stützen, an der Reinigung und am nötigen Dünger fehlt, so daß sie nach wenig Jahren verkümmern und nie einen nennens werten Ertrag liefern können.
Nag old, 26. Dez. Angesichts der vor nicht -^"langer Zeit hier eingeführten zweckmäßigen allgemeinen städtischen Trinkwasserversorgung, der namhaften Opfer, welche unsere Stadt für Kirche, Schule und andere gemeinnützige Einrichtungen leistete, sollte man zu der Annahme geneigt und berechtigt sein, der Fortschritt sei hierorts in höchster Blüte; doch mußte man es letzter Tage erleben, daß Hierin ein bedenklicher Stillstand einzutreten droht. Es handelte sich nämlich darum, den Anfang zu machen für eine systemmäßige Kanalisierung der Stadt. Durch die redlichen und eifrigen Bemühungen des hiesigen Oberamtsvorstands Vogt wurde die früher schon einmal beschlossene und dann wieder fallen gelassene Angelegenheit vor den bürgerlichen Kollegien in Anwesenheit bedeutender Fachmänner wie: Medizinalrat vr. Gußmann und Baurat Ehmann, beide von Stuttgart, in eingehende Beratung gebracht und leider wieder fallen gelassen. Obwohl es nicht an tiefgehender Erläuterung rrm administrativen, hygienischen, finanziellen und technischen Standpunkte aus fehlte, kam dennoch die Angelegenheit, hoffen wir nicht endgiltig, durch Mehrheitsbeschluß zum Scheitern. — Ein erfreulicheres Bild zeigt die rasch der Vollendung ent- gegenschreitcnde Anlage der elektrischen Ueber- trogung einer 30pferdigen Wasserkraft von der untern Mühle auf das bedeutende Sägwerk der Firma Klingler und Barthel, indem hier außer den Motoren und den Tynamomaschienen auch schon die Leitungs- stangcn ausgestellt sind. Mehrere Private haben sich anläßlich dieser Unternehmung zur Einführung des elektrischen Lichtes entschlossen, das Schullehrerseminar wird, nachdem die Erfahrungen von der Künzelsauer Schwesteranstalt gesammelt sein werden, dem Beispiele folgen und es kann dann nur eine Frage der Zeit sein, daß die ganze hiesige Stadtbeleuchtung elektrisch wird. Schw. M^--
Stuttgart, 24. Dez. In der Nacht vom letzten Sonntag auf Montag wurde in einer Buchhandlung hier ein Einbruchsdiebstahl verübt, wobei die Diebe über 200 bares Geld eroberten. Zwei dieses Diebstahls verdächtige und wegen Diebstahls schon öfters bestrafte Individuen wurden am letzten Freitag festgenommen und gestern dem Gericht übergeben. Eine Frau wurde wegen Verdachts der Hehlerei festgencmmen. Bei der Durchsuchung der Wohnung des einen Diebes wurde eine silberne Remontoir-Uhr und das Werk einer goldenen Nemontoir-Uhr gesunden. Beide Uhren wurden im Monat August d. I. im Neunerschen Bad in Berg gestohlen.
Stuttgart, 27. Dez. In der Nacht vom 24.- 25. um 12'/« Uhr drohte in einem Haus der Hölderlinstraße in einer Magdkammer Feuer auszu
brechen. Das Dienstmädchen war beim Lesen eingeschlafen und hatte die brennende Erdöllampe über den Tisch hinuntergeworfen. Das brennende Erdöl teilte sich den Kleidern des Mädchens mit, das starke Brand- mnden erhielt und ins Katharinenhospital verbracht werden mußte. Auch der Dienstherr erhielt durch das Löschen Brandwunden an den Händen. — Zwei am letzten Freitag dem K. Amtsgericht (Stadt) übergebene Einbrecher haben sich am Samstag bei ihrer Vorführung zum Richter flüchtig gemacht. Einer derselben wurde in einem Garten der Olgastraße wieder eingefangen, der andere ist noch nicht beigebracht.
Vom untern Remsthal, 20. Dez. Eine große Freude ist in jüngster Zeit der Gemeinde Großheppach bereitet worden. Ein vor Jahren nach Amerika ausgewanderter Großheppacher übersandte seiner Heimatgemeinde zu einer würdigen Restaurierung des Innern ihres Gotteshauses die ansehnliche Summe von 16000
Heilbronn, 22. Dez. Einer 47jährigen Frauensperson aus Rohrdorf bei Nagold, welche bis morgens 3 Uhr in einem Schuppen Unterkunft genommen hatte, es dort aber wegen der Kälte angeblich nicht mehr aushielt und frierend in der Stadt herumirrte wurde auf ihr Ansuchen bei der Polizeiwache Obdach gegeben. In die warme Arrestzelle gebracht, zerriß sie ihre Kleider einschließlich des Hemds, so daß ihr auf Kosten der Armenkasse wieder Kleider gekauft werden mußten.
Heutingsheim, 24. Dezbr. Wohl der älteste Veteran unseres Landes aus den Freiheitskriegen, Gottlob Neuhäußer von hier, ist gestern im 99. Lebensjahre, das er in wenigen Monaten beendigt hätte, gestorben. Seiner werden sich gewiß noch viele Kameraden der Kriegervereine erinnern, welche damals Zeuge waren, als der rüstige alte Kamerad bei der Kaiserparade auf dem langen Felde mit noch mehreren Veteranen Kaiser Wilhelm I vorgestellt wurde, wobei sich der greise Heerführer mit den alten Kriegern, geschichtliche Erinnerungen aus der bedrängten Zeit Deutschlands wach- ' rufend, aufs huldvollste unterhielt. Neuhäußer verlor, nach der Ludwigsburger Zeitung, früh, im 10. Lebensjahre, seine Eltern, hatte somit schon in seiner frühesten Jugend harte Tage durchzumachen. Im 17. Jahre wurde er, wie damals eben üblich und oft notwendig, „in den Rock gesteckt" und hat, wie mitgetcilt wird, den Kampf gegen den welschen Erbfeind unter den Lcuis-Jägern mitgemacht. Manche ernste und heitere Kriegsepisode erzählte der bis kurz an sein Lebensende körperlich rüstige und geistig frische Greis.
Balingen, 21. Dez. Aus dem benachbarten Engstlatt kommt die Nachricht von dem jähen Tode des Gemeindepflegers Ietter von dort. Jetter war ein Mann von etwa 55 Jahren, erfahren und einflußreich auf dem Rathaus wie unter der Bürgerschaft; er war gestern auf dem hiesigen Jahrmarkt
unterrichtet bin, welches auch Sie zurückführt, fühle ich die Pflicht, Ihnen die so seltsam veränderten Verhältnisse Ihres Hausstandes näher zu erklären. Wie sehr schwer mir dies wird, kann ich in wenigen Worten nicht aussprechen, da eben diese Verhältnisse so trauriger Natur sind, daß ich gern darüber schweigen würde; da aber ihre kürzlich gestorbene Frau vor ihrer so plötzlichen Abreise einige Zeilen an mich gerichtet, welche ich Ihnen hiermit beilege, und mir auch die kleine Tkyra anvertraut hat, bin ich die Einzige, welche Ihnen einigen Ausschluß über die Leere Ihres Hauses geben kann. Doch zuerst lassen Sie mich Ihnen sagen, daß mich die überraschende Nachricht von dem Tode Ihrer Frau wahrhaft erschüttert hat, da ich in der Zeit Ihrer Abwesenheit oft und gerne mit ihr verkehrt habe und an ihrer blühenden Schönheit wie an ihrem sinnigen Wesen meine herzliche Freude hatte.
Lasten Sie mich Ihnen also zuerst in inniger Teilnahme die Hand drücken, die um so inniger ist, als ich die treue Liebe kannte, welch« Sie an Ihre Carla fesselte. — Ob sie derselben würdig war? —
Al» ich nach dem von Carla empfangenen Briefe in Ihr Haus ging, um das Kind zu holen, erzählte mir Etina, daß ein fremder schöner Herr gekommen wäre, dem Frau Bannert mit dem Rufe: „Axel" in die Arme geflogen, daß sie dann lange mit ihm im leisen Gespräch auf dem Sopha gesessen und zuletzt nach flüchtigem Abschied von dem Kinde, mit ihm das Haus verlassen hätte.
Alte, tiefsinnige Beziehungen zu diesem Manne sind hierbei unverkennbar, und wie seltsam ist e» auch, daß sie mir in diesem Briefe den Grund ihrer Abreise verschwiegen hat! — Daß diese geheimnisvolle Reise mit dem Tode geendet hat, mit dem Tode, der ja jede Erklärung, jede Entschuldigung unmöglich macht, ist sehr, sehr traurig, besonders da alle Nebenumstände auch gar kein Licht über die ganze Angelegenheit breiten.
Carla's Hinscheiden im Krankenhaus«, wo kein Mensch sie kannte, wo sie einsam und verlassen starb, scheint mir rin sicherer Beweis, daß der sie begleitende Fremde nicht in die Oeffrntlichkeit kalte treten wollen oder können. — Ja, das
und fuhr dann mit dem letzten Zuge nach Engstlatt. Dort war er noch mit einigen Bürgern in einer Wirtschaft beisammen und machte sich gegen 12 Uhr auf den Weg nach Hause. Da er sich gegen Morgen noch nicht in der Wohnung eingestellt hatte, wollte seine Ehegattin nach ihm ausschauen und fand ihn unten an der Haustreppe tot liegen. Sie selbst siel in eine länger dauernde Ohnmacht. Obgleich nun Niemand an ein Verbrechen denken will, so wird doch, wie man hört, infolge des Umstanves, daß neben dem Toten ein Prügel lag, auch eine Axt und ein Beil, allerdings ganz in Ordnung hingestellt, daneben standen, auch eine sonst selten geöffnete Thüre offen stand, gerichtliche Untersuchung eingeleitet werden, welche das Nähere ergeben wird. Seine Kasse hatte der Verstorbene stets in bester Ordnung. Er hinterläßt 4 meist erwachsene Kinder.
Ebingen, 24. Dez. In Unterdigisheim im Hause des H. Butz explodierte gestern abend eine Petroleumlampe, wobei sich deren Inhalt entzündete, so daß'alsbald das Feuer zum Fenster hinausschlug und von den in der Wohnung Anwesenden die Frau des Butz und dessen lljähriger Knabe so schwere Brandwunden erhielten, daß an dem Aufkommen des letzteren sehr gezweifelt werden muß. Wäre die Hilfe nicht schnell dagewesen, so läge das Haus in Asche.
Gerlachsheim, 24. Dez. Auf der in Lauda durch den Jagdpächter Herrn Bürgermeister Schwindt abgehaltenen Treibjagd wurde von Herrn Major a. D. Ritthausen ein Hase geschossen, dessen obere Schneidezähne in der Form der Hörner eines Schafbocks herausgcwachsen waren in der Länge von 4—5 Centimeter. Die Spitzen des rechten waren abgebrochen, die des linken bereits wieder in das Lippenfleisch hineingewachsen. Von den unteren Schneidezähnen fehlte der rechte, während der linke in der Länge eines Zolls ganz geradeaus stand, wie das Horn eines Schwertfisches. Diese Abnormität ist eine sehr seltene. Der Hase wog 8 Pfund und war Mutterhase.
Konstanz, 26. Dezbr. Das Hochstablertum treibt auch hier von Zeit zu Zeit seine Blüten. Vorgestern mittag wurde eine „Dame" verhaftet, die sich Netta Marchand nennt und in der Schottenstraße einlogiert hatte. Aus verschiedenen Geschäften ließ sie sich größere Partieen feinerer und feinster Garderobeartikel ins Haus bringen, die sie teils schuldig blieb. Die Zahlungsmittel eignete sich die „Dame" dadurch an, daß sie ihre Vermieterin um 340 ^ bestahl. Die „Nette" ist geständig.
München, 27. Dez. Der bekannte Pfarrer Kneipp von Wörishofen ist vom Prinzregenten von Bayern empfangen und zur Tafel geladen worden. Dies wird in München begreiflicher Weise vielfach besprochen; eine Zeitung wußte schon zu melden, daß der Prinzregent die Kneippkur gegen ein beginnendes . Fußleiden gebrauche. Wie die Münch. N. N. er- ! fahren, erfolgte der Empfang des Pfarrers auf wieder-
Schicksal lastet schwer auf Ihnen, armer Freund und nur die Zeit wird die blutende Wunde des Schmerzes und der Schmach heilen können. Vielleicht dient es aber zu deren Linderung, wenn ich Ihnen das Versprechen gebe, Ihrem Kinde eine treue Mutter zu sein, die es sicher behüten und nie, nie verlassen wird. Wenn es Ihnen möglich ist, überzeugen Sie sich bald von dessen Wohlergehen und zeigen dem Kinde, daß es noch einen liebevollen, topsirn Vater besitzt, der als ein starker Mann. Schmerzen und Enttäuschungen überwindet.
In treuer Freundschaft
Ihre Margarethe Billing."
Wieder entfiel das Blatt der Hand des Lesenden und er sank tief aufathmend auf seinen Sitz zurück.
Die geängstigte Magd wagte noch einmal, das Zimmer zu betreten; wieder wurde ihr der Wink, sich zu entfernen. Sie blieb stehen und sagte leise: „Soll ich das Kind holen?"
„Hinaus", donnerte ihr Bannert zu, der im Ueberrock, wie er angekommen,, auf einem Stuhl saß; „hinaus, sage ich. Ich will kein Kind sehen, — ich habe kein. Kind mehr."
Die Nacht verging, — Stina blieb im Hausflur und horchte zuweilen nach dem Zimmer hin; in demselben blieb es still. — Am Morgen ging sie wieder hinein; das Zimmer war leer und das Fenster offen. —
„Der Schmerz über den Verlust seiner Frau hat ihn fortgetrieben, er wird wieder kommen," sagten Bannert's Freunde, als sie dessen rätselhaftes Verschwinden hörten.
„Er wird wieder kommen," sagte sich auch Margarethe täglich, wenn sie Thyra auf den Armen haltend am Fenster stand, und erwartungsvoll auf die Straße schaut«. Woche auf Woche, Monat auf Monat verfloß; Bannert kam nicht wieder-
(Fortsetzung folgt.)
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