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Amts- und Anzeigeblatt für den Bezirk Lalw.

67. IahrMk.

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Donnerstag, den 29. Dezember 1892.

Abonnementrpretr vierteljährlich t« der Stobt eo Pfg. *ub r« Pfg. Lrägerlohn, durch die Post br,o-«n ME. 1 rb, sonst k, ganz Württemderg Mk. 1. Sb

Aöonnemenls-Kinkadung.

Tür das neu beginnende I. Quartal 1893 laden wir die verehrl. Einwohner von Stadt und Bezirk zum Abonnement auf das Wochenblatt höf- lichst ein.

DasCalwer Wocherblatt" bringt nach wie vor rasch Berichte über wichtige Vorkommnisse von hier und auswärts, sowie über alles Wissenswerte auf jedem Gebiete.

Amtliche Aekauutmachuuge«.

Au die Gemeindebehörden.

Dieselben werden auf die Ministerialverfügung vom 29. Nov. ds. Js. (Reg.-Bl. S. 591), betr. den Schutz von Vögeln, wodurch der Z 8 der Verfügung vom 7. Oktober 1890 eine andere Fassung erhält, aufmerksam geinacht.

Das unterstellte Polizei-, Feld- und Waldschutz- Personal ist entsprechend zu instruieren.

Calw, den 24. Dezember 18-2.

K. Oberamt.

Lang.

Bekanntmachung.

In Ottenbronn ist die Maul- und Klauen­seuche ausyebrochen.

Calw, den 24. Dezember 1892.

K. Oberamt.

Lang.

Tager-Neuigkeiten.

Calw, 27. Dez. Die am Stephansfeiertage von abends 7 Uhr an abgehaltene Weihnachts­

feier des Liederkranzes erfreute sich einer außer­ordentlich großen Teilnahme. seitens der Mitglieder. Einen schönen Anblick boten die prächtig geschmückten Christbäume sowie die Gewinnste der Lotterie, wozu die Lose in wenigen Augenblicken vergriffen waren. Das reichhaltige Progamm wurde mit dem Choral Jehovah" von Knecht eröffnet, worauf Violin- und Klavierstücke, Männerchöre und komische Vorträge in reicher Abwechslung folgten. In den Zwischen­pausen fand die Verteilung der Gewinne statt, wel­che große Freude bei den glücklichen Gewinnern hervorriefen. Der Liederkranz darf mit voller Be­friedigung wieder auf ein äußerst gelungenes Fest zurück­blicken. Am gleichen Abend gab die hies. Stadt- musik ein Conzert im Saale der Dreiß'schen Brauerei mit besonders gewähltem Programm, das sich einer zahlreichen Zuhörerschaft erfreute. Nach dessen Schluß hatte dieConcordia" ebendaselbst ihre Weihnachtsfeier; Chorgesang, Soli's und Humorist. Vorträge wechselten miteinander ab. Am Johannisfeiertag feierte der Veteranenverein sein Weihnachtsfest im bad. Hof, das ebenfalls sehr gut besucht war. Die Verlosung von zum Teil recht wertvollen Gegenständen bereitete viel Vergnügen, während die stückweise Versteigerung des Weihnachts­baums der Kasse einen willkommenen Beitrag brachte.

(Eisenbahnsache.) Vom 1. Januar 1893 an erfolgt auf sämtlichen württembergischen Eisenbahn­stationen die Aufforderung zum Einsteigen in die Züge nur noch durch Abrufen in den Warteräumen. Die Signale mittelst der Stationsglocken kommen in Wegfall.

' Vom Walde. Im Norden und Westen von Liebelsberg dehnt sich eine mehrere Hektar große"Heideflächr"aus, die der Gemeinde bisher höch­

stens als Schafweide einen spärlichen Ertrag abwars. Schultheiß Hanselmann, der von jeher darauf bedacht war, seiner Gemeinde neue Einnahmequellen zu erschließen, ließ nun versuchsweise einen Teil dieser Fläche mit ca. 200 Obstbäumen ansetzen, während ein anderer Teil zu einer Saatschule für Nadelhölzer angelegt wurde. Die Gesamtunkosten belaufen sich auf 15002000 Die Obstanlage gedeiht vor­

züglich, zumal auch die nötige Pflege der Bäume nicht versäumt wird. Damit aber später die Obstpflanzung gegen die heftigen, über die Hochfläche hinstreichenden Winde geschützt sei, wurde eine größere Strecke ge­nannter Heide gegen das Teinachthal hin (Fußweg LiebelsbergTeinach) mit Fichten bestockt. Unter diesen Umständen steht zu erwarten, daß die Anlage in absehbarer Zeit erkleckliche Summen abwerfen und der Gemeinde zur Bestreitung ihrer Wasserleitungs­kosten erheblich beisteuern werde. Aus der Saatschule für Nadelhölzer konnten Heuer schon 60 000 Pflanzen abgegeben werden, welche einen Wert von 600 hatten und von denen 40 000 für die Gemeinde selbst verwendet, der Rest aber pro 1000 zu 10 ver­kauft wurde. Auch nächstes Jahr können wieder 50 000 Pflanzen entnommen werden, so daß in etwa 3 Jahren die Anlagekosten völlig gedeckt sind und von da an der ganze Erlös der Gemeindekasse zugute kommt. Wenn wir bedenken, welch große Summen alljährlich durch den Bedarf an Mostobst dem Lande entzogen werden, so können wir bloß raten, das vor­stehende Beispiel nachzuahmen. Gerade in der Nähe von Liebelsberg, bei Neubulach, Altbulach, Oberhaug- stett u. a. O. sind größere oder kleinere Heidestrecken, die für die betr. Gemeinden fast gar keinen Ertrag abwerfen, aber mit Obstbäumen recht gut angepflanzt werden könnten. Freilich ist's damit allein nicht ge»

Jerrikketon.

WersöHnL.

Novelle von O. Otto.

(Fortsetzung.)

Margarethe zögerte, durfte sie das Siegel lösen? Nein. Doch da Bannert erst in Monaten heimkehren konnte, und sie' mit der Sorge für dos Kind und das Haus betraut war, schwand ihr Bedenken. Sie öffnete rasch das Couvert; «in Totenschein fiel heraus, ausgestellt über das Hinscheiden der Carla Bannert, welche am Fleck-Typhus im Spital zu Malmö verstorben sei, wohin sie schon sehr krank durch einen fremden Minn gebracht worden war, der auch eine Summe Geld zu ihrer Verpflegung und ihre Adresse in Kopenhagen zurückgelaffen hatte. Es ist «rreicht, jubelte Margarethens Herz.

Carla war von einem Manne entführt, dann von ihm verlassen worden, und nun war sie tot. Margareth'. schaute sich in dem Zimmer um; wie klein, wie er­bärmlich erschien ihr hier Alles, wie anders sollte Bannert's Umgebung fein, wenn er erst in dem stattlichen Hause der Ostergade als der Compagnon ihres jetzt schon sehr hinfälligen Vaters wohnen würde!

Mit heuchlerischer Trauer teilte sie Stina die Todesnachricht mit, gab ihr ge­messene Befehle, das Haus bis zu des Herrn Heimkehr gut zu behüten und eilte heim zu dem Kinde, welches, wie sie sagte, jetzt ihr gehöre, von dem sie sich nie mehr trennen würde. Nur aus ihrer Hand durste Bannert seine Typ ca empfangen, und dann-kam das Glück, auf welches sie so lange gehofft hatte: der Ge­liebte ward ihr eigen im ehelichen Bande.-

Von bangen Ahnungen bedrückt, befand sich Bannert auf der Heimreise; er hatte so lange von Carla keine Nachricht erhalten, daß er annahm, nur ein ihr oder dem Kinde widerfahrenes Unglück könne dies Schweigen veranlassen. Wenn die

Oph-lia bei den bestimmten Haltepunkten anlegte, Jeder auf dem Schiff seine Briefe in Empfang nahm, und nur er leer ausging, dann hatte er ein Gefühl, als müsse ihm das Herz vor Leid zerspringen. In dieser trostlosen Stimmung kam er endlich der dänischen Küste näher; das Schiff durchschallt den blauen Sund und die Thürme von Schloß Kronborg winkten ihm einen heimatlichen Gruß entgegen. Noch zwei Stunden und er war in Kopenhagen, war daheim!

Das Schiff warf Anker; endlich war alles in Ordnung, die Papiere übergeben, und Bannert eilte mit beflügelten Schritten nach dem Gammelstrand. Wenn er nicht so ganz mit sich beschäftigt gewesen wäre, dann hätte es ihm auffallen müssen, wie ihm bekannte Menschen geflissentlich auswichen, und wie namentlich die Leute aus Billing's Comptoir ihm mit Absicht aus dem Wege gingen. Er bemerkte dies Alles nicht, er dachte nur an Carla. Diesmal könnte sie seine Ankunft erfahren haben, er hatte dieselbe in dem letzten Briefe ziemlich genau angegeben; sie war hoffentlich daheim und erwartete den Gatten mit liebender Sehnsucht.

Das Haus lag still und verschlossen vor ihm. an den Fenstern waren saubere Gardinen, aber kein freundliches Antlitz zeigte sich hinter den Hellen Scheiben.

Stina öffnet-; sie züterte sichtbar, als sie ihren Herrn erblickte. Lautlos stürzte er an ihr vorüber und ließ die Stubenthüre auf. Alles war leer, auf Carla'S Nähtisch lag ein an ihn adressierter Brief. Mechanisch zog er die Blätter aus dem Kouvert und hielt sie dann an die Augen. Er las. las nochmals und ließ den Brief dann zur Erde fallen. Stina erschien, er winkte mit der Hand, daß sie wieder gehen möge. Stunde auf Stunde verran; der Abend kam. es wurde dunkel. Da schnellte Gustav emvor, er nahm die auf den Bohen gefallenen Blätter auf und hielt sie vor die Augen. Der Totenschein Carla'S entsank wieder seinen Händen.

DaS zweüe Blatt, einen an ihn adressierten Brief von Margarete Billing, bettachtete Gustav Bannert lange und las darin in der schon schwebenden Abend­dämmerung folgende Zeilen:

»Da ich durch meinen Vater von der baldigen Ankunft unseres Schiffe«