WWW

s N>4-!> >

-»SL8

eKllr^ai

DI "

MM

IM

WZ

LsW

MkN

!M,W

-ÄSÄ

MZM

M 140.

Amis- und Anzeigeblatt für den Bezirk (Lalw.

67. IahrgLLD.

Erscheint Di-n « la g , Dannerttag und Samilag. Die Einrücknngizebühr beträgt im Bezirk und nächster Um­gebe.-», S Ps,. di- Zeile, sonst 12 Pfg.

Samstag, den 26. November 1892.

SbsnnementSpreir vterttljShrlich i» der Stadt »0 Pfg. uutz .. ' ' - 1 . LL, sonst i»

«ü Pfg. Trkgerlohn, durch die Post bezogen Mb. ganz Lürtremberg Mk. 1. SL.

Amtliche Bekanntmachungen.

Bekanntmachung,

Vetr. die Ergänznngswahl zur Handels- und Getverbekammer.

Unter Bezugnahme auf die Bekanntmachung im Calwer Wochenblatt Nr. 134 werden die Orts- vorsteher angewiesen, die erfolgten Anmeldungen mit einer Beurkundung darüber, ob die Angemeldeten die erforderlichen Eigenschaften (Art. 4 Ziff. 2 und Art. 9 des Gesetzes vom 4. Juli 1874, Reg.-Bl. S. 193) besitzen und im Genüsse der bürgerlichen Ehren­rechte (Strafgesetzbuch Z 34) stehen, alsbald nach Ablauf der (heute zu Ende gehenden) 15- tägigen Frist hierher vsrzulegen, eventuell Fehl­anzeige zu erstatten.

Calw, den 25. November 1892.

K. Oberamt.

Lang.

Deutsches Reich.

Berlin, 22. Nov. Die Eröffnung des Reichstages. Der Verlesung der Thronrede im Rittersaale des königlichen Schlosses wohnten nur die Mitglieder des Reichstages, die Hofwürdenträger, so­wie der Bundesrat unter Führung des Reichskanzlers Grafen v. Caprivi bei. Der Kaiser wurde bei seinem Erscheinen von einem durch den Präsidenten des Reichstags v. Levetzow ausgebrachten dreimaligen Hoch begrüßt. Der Kaiser trug die Uniform der Garde-du-Corps. Er bestieg den Thron, zu dessen Seite die Prinzen Albrecht und Friedrich Leopold sich -aufstellten, nahm von dem Reichskanzler die Thron­rede entgegen und verlas dieselbe bedeckten Hauptes. Namentlich die letzten Sätze wurden mit erhobener Stimme gelesen. Nach Schluß der Thronrede brachte der bayerische Bevollmächtigte Frhr. v. Lerchenfeld ein nochmaliges Hoch auf den Kaiser aus, der sodann die Versammlung verließ. Es waren etwa 150 Mitglieder des Reichstages, sämtlich, soweit sie dazu berechtigt sind, in großer Uniform mit großen Ordensbändern erschienen; den Civilrock trugen nur wenige Personen.

Die Thronrede lautet:

Geehrte Herren! Beim Eintritt in Ihre Be­ratungen heiße ich Sie, zugleich rm Namen meiner hohen Verbündeten, willkommen.

Der Rückblick auf den seit Ihrer letzten Tag­ung verflossenen Zeitraum gewährt ein nicht ungün­stiges, wenn auch nicht in allen Beziehungen erfreu­liches Bild. Auf dem Gebiete des wirtschaftlichen Lebens find berechtigte Erwartungen vielfach nicht in -Erfüllung gegangen. Der Absatz der Erzeugnisse der vaterländischen Arbeit hat sich in seinem Umfange und in seinem Ertrage nicht durchweg auf der Stufe be- sunden, welche unserem wirtschaftlichem Interesse ent­spricht. Daneben hat die in einzelnen Teilen des Reiches aufgetretene, nun aber, dank der kräftigen Abwehr, als getilgt zu betrachtende Seuche dem inn­eren Verkehr empfindliche Schranken auferlegt und dem Wohlstände unserer ersten Seehandelsstadt be­klagenswerte Wunden geschlagen, welche das aufrichtige Mitgefühl der Nation finden. Im Hinblick jedoch auf die im Allgemeinen gesegnete Ernte und auf die bis­

her von Erfolg begleiteten Bemühungen der verbün­deten Negierungen, der deutschen Arbeit neue und er­leichterte Absatzwege zu verschaffen, gebe ich mich der Erwartung hin, daß wir zu einem kräftigeren Auf­schwung der wirtschaftlichen Thätigkeit gelangen werden, sofern uns der Friede, dessen Pflege mir und meinen hohen Verbündeten am Herzen liegt, erhalten bleibt.

Bei den freundlichen Beziehungen, in welchen wir zu allen Mächten stehen, und in dem Bewußtsein, daß wir bei der Verfolgung des gemeinsamen Zieles auch ferner der dankenswerten und wirksamen Unter­stützung der mit uns verbündeten Staaten uns zu erfreuen haben werden, darf ich die Hoffnung hegen, daß Deutschland in dem friedlichen Bestreben, seine idealen und wirtschaftlichen Interessen zu fördern, nicht werde gestört werden.

Gleichwohl macht es uns die Entwickelung der Wehrkraft anderer europäischer Staaten zur ernsten, ja gebieterischen Pflicht, auch unsererseits auf die Fort­bildung der Verteidigungsfähigkeit des Reichs mit durchgreifenden Mitteln Bedacht zu nehmen. Jener Entwickelung gegenüber dürfen wir nur bei Durch­führung des bewährten Grundsatzes der allgemeinen Wehrpflicht erwarten, daß diejenigen Eigenschaften unseres Heeres, auf welchen seine Kraft und sein Ruhm beruht, Deutschland die bis dahin unter den Mächten eingenommene achtunggebietende Stellung auch für die Zukunft sichern werden.

Von dieser Ueberzeugung einmütig durchdrungen, schlagen Ihnen die verbündeten Regierungen die An­nahme eines Gesetzentwurfs vor, welcher, indem er die Friedenspräsenzstärke des Heeres anderweit regelt, die volle Ausnutzung unserer Wehrkraft ermöglicht. Sie verkennen dabei nicht die Größe des von der Nation zu bringenden Opfers. Allein sie vertrauen mit mir, daß mehr und mehr die Notwendigkeit dieses Opfers anerkannt werde und daß der patriotische Sinn des Volkes bereit sein wird, diejenigen Lasten zu übernehmen, welche für Ehre und Sicherheit des Vaterlandes getragen werden müssen.

In dem Bestreben, diese Lasten thunlichst zu erleichtern, wird die Dienstpflicht im Heere bis zu der militärisch als zulässig erkannten Grenze tatsächlich eingeschränkt werden. Daneben wird durch die er­weiterte Ausbildung und Verwendbarkeit der jüngeren Kräfte für den Heeresdienst nicht allein eine empfind­liche Ungleichheit in der Erfüllung der Wehrpflicht, sondern auch der wirtschaftliche und militärische Nach­teil abgemindert, welchen die Heranziehung der älteren Jahrgänge - mit sich bringt. Zugleich wird diesen Jahrgängen eine Schonung zu Teil werden, deren sie sich bei den gegenwärtigen Einrichtungen nicht zu er­freuen haben.

Um den Haushalt der einzelnen Bundesstaaten mit der Aufbringung der für die Verstärkung der Armee erforderlichen Mittel nicht zu beschweren, be­steht die Absicht, diese Mittel durch die Erschließung neuer Einnahmequellen für das Reich zu beschaffen. Demzufolge unterliegen gegenwärtig der Beschluß- nahme des Bundesrats Gesetzentwürfe, welche auf eine anderweite Besteuerung des Bieres, des Brannt­weins und gewisser Börsengeschäfte abzielen. Unge­achtet der nicht unerheblichen, im Allgemeinen inner­

halb der planmäßigen Grenzen sich haltenden oder auf rechtlichen Verpflichtungen beruhenden Mehraus­gaben, welche der Reichshaushaltsetat für das nächste Jahr in Aussicht nimmt, werden die Bundesstaaten in den ihnen gebührenden Ueberweisungen eine mehr als ausreichende Deckung für die allen gemeinsamen Matrikularbeiträge vom Reiche empfangen.

Mit Rücksicht auf die Ansprüche, welche dis zur Fortbildung unserer Heereseinrichtungen bestimmte Vorlage und die damit in Verbindung stehenden Steuergesetzentwürfe an Ihre Arbeitskraft stellen, werden Ihnen, außer dem Etat, von den verbündeten Regierungen nur solche Vorlagen zur Beschlußfassung zugehen, deren Erledigung besonders dringlich erscheint.

Meine Herren! Indem ich Sie einlade, in Ihre Geschäfte einzutreten, weiß ich, daß es der besonderen Aufforderung, die Beratungen in vaterländischem Geists zu pflegen, nicht bedarf. Der feste Wille der Nation, das Erbe der Väter zu wahren, den Frieden zu sichern und dem geliebten Vaterlande seine teuersten Güter zu erhalten, wird, das ist meine Zuversicht, zu einer Einigung über den von mir und meinen hohen Ver­bündeten Ihnen vorgeschlagenen Weg führen.

Geschieht dies, so wird das Reich im Vertrauen auf Gott und auf die eigene Kraft der Zukunft ohne Sorge entgegengehen dürfen!"

Berlin, 22. Nov. Der Reichstag hielt heute seine erste Sitzung ab. Präsident v. Levetzow berief die provisorischen Schriftführer und teilte die Liste der eingegangenen Vorlagen mit. Die Aus­zählung ergab 222 Anwesende. Das Haus war also beschlußfähig. Die nächste Sitzung wurde auf morgen 1 Uhr anberaumt; in ihr wird die Wahl des Präsi­diums erfolgen.

Berlin, 23. Nov. Reichstag. Nach der Präsidentenwahl ergreift Reichskanzler Caprivi das Wort zu den beiden Vorlagen betreffend ein Gesetz über die Ersatzoerteilung und die Friedenspräsenzstärks des deutschen Heeres. Er wolle versuchen, die öffent­liche Meinung zu überzeugen, daß es sich, die Mili­tärvorlage betreffend, um Fragen handelt, die nicht vom Parteistandpunkt aus zu erledigen sind, sondern um Fragen, von denen dieZukunftDeutschlands abhängen wird. Man habe mit Recht gefragt: Kann man die Einbringung der Vorlage nicht hinausschieben. Volkswirtschaftlich sei der Zeitpunkt ungünstig, doch sei jedes Jahr, in welchem wir unterlassen, die Re­kruteneinstellung zu vermehren, unwiederbringlich, wir seien von keiner Seite bedroht und die Würde Deutsch­lands repräsentiert. Deutscherseits werde niemals ein Präventivkrieg geführt werden. Als 1870 der Krieg ausbrach, standen uns 8 Armeekorps gegenüber, welchen wir 17 entgegenstellen konnten, heute hätten wir die gleiche Zahl gegen uns und noch eine große Reserve­armee. Ein freundliches Entgegenkommen von der russischen Regierung hätten wir nicht zu erwarten, wir müßten vielmehr an der Grenze Truppen stehen lassen. Paris besitze heute eine Kette von Forts in einer Ausdehnung von 130 Kilometern. Diese Festung auszuhungern, würde schwer sein. Wenn wir Herren von Paris würden, hätten wir eine Ruhe von 20 oder 30 Jahren zu genießen. Wir halten fest an dem Dreibund und unsere Verbündeten werden ebenso fest-