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Engelgasse. Dort versuchte er durch die Ladenthüre durch Abhebung der HolzfüAung einzudringen, wobei jedoch das Glas der Thüre unter lautem Klirren zertrümmert wurde. Der Dieb nahm noch rasch zwei an der Thüre hängende Spazierstöcke an sich und machte sich davon. Einen der Stöcke warf er weg. Ob der Geselle, der heute morgen verhaftet und noch im Besitz des zweiten Stockes befunden wurde, Mitschuldige hat, wird die Untersuchung ergeben.
Pforzheim, 5. Nov. Heute mittag gegen 1 Uhr stürzte Tierarzt Himpel mit seinem Pferde, auf dem er ritt, als er einem Fuhrwerke ausweichen wollte, in einen Schacht der im Bau begriffenen Wasserleitung in der Neustadt. Herr Himpel konnte noch rechtzeitig abspringen. Das Pferd konnte aber nur mit großer Mühe herausgezogen werden. Ob es einen bleibenden Schaden davongetragen hat, läßt sich jetzt noch nicht mit Bestimmtheit sagen.
Berlin, 2. Nov. Die „Kreuzztg." schreibt: Die Wittenberger-Feier vom 31. Okt. hallt mit ihren Einzelheiten in den Teilnehmern noch lebhaft wieder. Alle sind voll von der Großartigkeit des Festes und seiner gelungenen Durchführung. Bedauert wird allerseits, daß der König von Württemberg in Folge des Todesfalls in der kgl. Familie die Fahrt nach Wittenberg unterbrechen mußte. So fehlte nicht nur der einzige König, der die persönliche Beteiligung zugesagt hatte, sondern es entstand auch noch eine Lücke in dem gesamten Festprogramm. Se. Maj. der König Wilhelm von Württemberg sollte nämlich Sr. Maj. dem Kaiser auf die Ansprache beim Festmahle antworten. Nunmehr unterblieb die Entgegnung aus der Mitte der evang. Fürsten. Am bewegtesten von allen eingeladenen Gästen waren wohl die Vertreter der evang. Kirche in Oesterreich-Ungarn. Zwei derselben erschienen in bischöflichen Ornate. Dem Bischof Deutsch, dem Vertreter des Landeskon- fistoriums in Hermannsstadt (Siebenbürgen), welcher beim Festmahl in der Nähe des Kaisers seinen Platz erhalten hatte, trank Se. Maj. zu. Der Bischof dankte mit warmen Worten. Seinen Aeußerungen nach hat die Einladung zu dem evang. Feste in den evang. Kreisen Oesterreich-Ungarns einen tiefen Eindruck gemacht.
Vermischtes.
„Lieb Vaterland magst ruhig sein". Daß ein Vater einen oder zwei Söhne in einem Jahre der Militärbehörde zur Gestellung bringt, ist keine große Seltenheit. Daß aber ein Mann in einem Jahre vier Söhne und zwar alle aus einem Jahrgange, zur Gestellung bringt, dürfte wohl nicht allzu oft Vorkommen. Dieser Fall trifft bei einem Manne zu, der in Osann bei Wittlich wohnt. Der Mann, Namens Jakob Müller, ist Maurergeselle und keineswegs mit Glücksgütern gesegnet. Seine Frau gebar ihm am 10. Januar und am 30. Dezember 1873 jedesmal 2 Söhne, welche heute kräftig und gesund find und sich im nächsten März bei der hiesigen Aus
hebung stellen müssen. Dem Vernehmen nach beabsichtigen alle vier, freiwillig einzutreten.
— Aus Venedig wird geschrieben: Kaiserin Friedrich machte am Montag in Venedig um die Mittagsstunde ihren gewohnten Spaziergang durch die Stadt in Begleitung der Prinzessin Margarethe und ihres Haushofmeisters, gefolgt von ihrem Lieblingshündchen. In der Calle San Benedetto wurde die Kaiserin durch das Wimmern des kleinen Tieres aufgeschreckt, und als sich beide Damen umwendeten, hatte die Schlinge des Abdeckers den Maulkorblosen ereilt. Die Kaiserin ersuchte hierauf den Mann, der seiner Pflicht so rasch nachgekommen war, das Tier freizugeben. Allein dieser weigerte sich, der Aufforderung Folge zu leisten, und bestand auf seinem Rechte. Die Damen mußten auf das Rathaus, wenn sie den Hund zurückhaben wollten, und dort die übliche Taxe erlegen. Zwei Sicherheitswachleute, die dem Abdecker auf seinen Wanderungen zu folgen haben, bestätigen dessen Aussage, und so blieb der Kaiserin, die sich nicht zu erkennen geben wollte, nichts übrig, als dem Gesetze Folge zu leisten. Auf dem Muni- zipium angelangt, wurden die Kaiserin und die Prinzessin sofort erkannt und denselben der Hund unter Entschuldigungen zurückerstattet.
Generalversammlung des landm. Kezirksvereins
am 28. Oktober 1892.
(Schluß.)
Betreffend den künstlichen Futterbau, dieses vieljährige Pflegekind des Vereins, so sind im abgelaufenen Jahre wiederum Geldbeiträge (3 ^ pr. Ztr.) für bezogenen Grassamen verwilligt worden, doch hält es der Ausschuß als an der Zeit, daß das nun zum Manne gereifte Kind jetzt des Gängelbandes der Beiträge entbehre und sich allein forthelfe. Was für die Rind Viehzucht geschah, beschränkte sich auf die Vormusterung der für die Cannstatter Ausstellung bestimmten Tiere.
Besser kam die Schweinezucht weg. Für eine rationelle Aufzucht dieser Tiergattung waren 200 ^ Prämien ausgesetzt und kamen dieselben wirklich zur Verteilung in Portionen von 25—15 ^ nach Althengstett, Calw, Deckenpfronn, Gechingen, Möttlingen und Simmozheim.
Zur Förderung der Schweinezucht dürfte auch der nunmehr eingeführte wöchentliche Schweinemarkt in Calw wesentlich beitragen.
Die Einführung von monatlichen Viehmärkten wurde ebenfalls angeregt, erharrt aber bis jetzt noch der Realisierung.
Betreffend den Obstbau, so ist eines Beitrags nach Liebelsberg schon erwähnt.
Der Bienenzüchterverein in Calw erhielt zur Anschaffung zweckmäßiger Vienengeräte rc. wie sonst einen Beitrag von 30
Das landw irisch aftli che Fortbildungswesen betreffend, so ist auch im Jahre 1891/92 eine Zunahme zu verzeichnen. Es bestanden im Winter 1891/92 15 Abendschulen und eine auf Landwirtschaft Rücksicht nehmende Abendlesestunde, wozu noch die Ortsbibliotheken kommen, deren Schriften die
Landwirtschaft teilweise auch berühren. Verausgabt wurden an Ersatzposten für Gemeinden und an Lehrerprämien eine Summe von zusammen 592 darunter ein reiner Vereinskassenzuschuß von 277 Die eingelaufenen Prüfungsarbeiten zeugen davon, daß keine leichte, aber auch keine vergebliche Arbeit gethan wurde.
Ein schwerwiegender Beschluß des Ausschusses war der einer Dienstbotenprämierung, wie solche in der Generalversammlung am 24. Februar ds. Js. an 43 Bewerbern mit einem Gesamtaufwand von über 600 vollzogen wurde. Möge die Treue der Prämierten so echt sein und bleiben wie ihr erhaltenes Gold!
Die Gründung einer Zuchtviehgenossenschaft wurde in jener Generalversammlung angeregt und in einem Vortrag von Or. Wiedersheim aus Reutlingen nach allen Seiten hin beleuchtet, muß aber hienach so lange der Zukunft Vorbehalten bleiben, bis ein besserer Viehschlag im Bezirk als Vorbedingung hiefür vorhanden ist.
Letzter Gegenstand des Programms der Generalversammlung war die Losziehung der Lotterie. Dieselbe ging als Geduldprobe für das harrende Publikum zwar langsam aber sicher und correkt unter obrigkeitlicher Aufsicht vor sich.
Konnte auch nicht jeder einen Lotteriegewinn oder einen Preis davontragen, so darf doch angenommen werden, daß niemand den Besuch der Generalversammlung vom schönen 28. Oktober 1892 bereuen werde._
Das Vertrauen beruht auf allseitiger Anerkennung. GoSbach, OA. Geislingen. Es diene Ihnen zur Nachricht, daß ich Ihre, von mir sehr hochgeschätzten Apotheker Mchard Brandt's Schweizerpillen sä Schachtel Mk. 1>— in den Apotheken) für folgende Leiden mit vollster Zufriedenheit anwandte: ich bin sehr mit Asthma behaftet, in Folge von Hämorrhoiden, und steigen mir die Gase bis in die Brust, und glaube ich nicht mehr am Leben zu sein, wenn ich nicht auf die Apotheker Mchard Brandt's Schweizerpillen aufmerksam gemacht worden wäre, welche mir stets Erleichterung bringen, während alle sonstigen früher angewandten Mittel den Zweck verfehlten. L. Hartlieb, Glaser. (Unterschrift vom Schultheißenamt beglaubigt.) — Man achte beim Einkauf stets auf das weiße Kreuz in rotem Grunde.
Calw.
Karrdmirtschaftl. Kezirksverein.
Einschickung von Rechnungen betreffend.
Diejenigen Lieferanten von landwirtschaftlichen Lotteriegegenständen, welche bis jetzt noch keine Rech« nungen eingeschickt haben, wollen dies in ihrem eigenen Interesse ungesäumt thun, da sonst Bezahlung nicht erfolgen kann.
Vereinskassier Ansel, Bahnhofstraßs.
Calw.
Kandrmrtschaftl. Kenrksverern.
Bei der in Nr. 130 ds. Blattes mitgeteilten Liste der von der Wanderversammlung am 28. Oklbr. d. I. gewählten 12 Ausschußmitglieder ist aus Versehen Herr Schultheiß Ernst-Stammheim nicht aufgeführt. Derselbe ist mit dritthöchster Stimmenzahl gewählt.
Secr. Ansel.
„So möge Gott Ihnen alles Glück schenken, Herr Palma," flüsterte Regina mit zitternder Stimme.
„Dank für diesen Wunsch, Lilly — ich denke, derselbe wird in Erfüllung gehen. Da Sie indes so weit richtig vermutet haben, können Sie mir vielleicht auch den Namen meiner zukünftigen Gattin sagen, L:lly?"
„Nun, ich denke, es ist Frau Carew."
„Wirklich — dachten Sie das?" fragte Herr Palma lächelnd und dann ward er plötzlich tiefernst und sagte leise und innig:
„Wäre cs möglich, daß meine Lilly meine heiße, starke Liebe nicht erwiederte
— daß mir die weißen Azaleen gelogen hätten? Meine Lilly — mein einziges Kleinod
— weist Du noch nicht, weshalb ich kam?"
Sein sprechender Blick ließ Regina's bleiche Wangen dunkel erglühen — leise aufschluchzend flüchtete sie in die starken Arme, die sie so fest umschlossen, als ob sie die schlanke Gestalt nimmer loslassen wollten und die Lippen fanden sich in langem, seligen Kusse.-.-
Regina war wie betäubt von dem Uebermaß des Glückes; Alles um sich her vergessend, schmiegte sie sich an des Geliebten Brust und begierig sog sie die heißen Liebesworte ein, die er ihr ins Ohr flüsterte.-
Während den Glücklichen im seligen Geplauder die Zeit dahinflog, hatte Frau Douglas vergeblich auf Regina gewartet, um mit ihr die gewohnte Kahnfahrt auf dem See zu machen. Sie betrat den Gartensalon, um sich nach ihrer Tochter umzusehen, der Anblick indes, der sich ihr hier bot, ließ sie einen Augenblick völlig erstarrt auf der Schwelle stehen bleiben. Dann aber sich raschen Schlütes dem gänzlich in sein Glück versunkenen Paare nähernd, legte sie die Hand auf Regina's Arm und sagte ernst und streng:
„Regina — was soll das bedeuten?'
„Gnädige Frau," begann Herr Palma haltig und bittend.
Aber Frau Douglas achtete seiner Worte nicht uns Regina traurig anblickend, fragte sie leise:
„Meine Tochter — hast auch Du Deine unslücktiede Mutter getäuscht?" Du weißt, daß ich auf Gottes weiter Welt nur Dich besitze und dennoch — und Sie, Herr Palma, dem ich mein Kleinod anoertraut hatte, benutzten diese Gelegenheit, um mir meines Kmdes Herz zu stehlen! Gleich dem Neichen im Evangelium, der das einzige Lamm des Armen entwendet?, nehmen Sie meinem sonnenlosen Leben den letzten Lichtblick und —"
„Nein Mutter," fiel Regina der Zürnenden ins Wort, „bis zu dieser Stande wußte ich nicht, daß er mich liebte — er hat Dein Vertrauen nicht getäuscht!"
„Laß Herrn Palma für sich selbst sprechen, Regina," sagte Frau Douglas finster.
„Lilly, mein Liebling, laß uns eine kleine Weile allein," flüsterte Herr Palma dem jungen Mädchen zu und gehorsam entfernte sich Regina.
Im Garten rannte sie unversehens wider Herrn Chesley, der sich dam t beschäftigte, die welken Blüten eines Rosenbaums abzuschneiden und verwirrt stotterte sie :
„Verzeih mir, Onkel — ich habe Dich nicht gesehen."
„Nicht gesehen? Mein Gott, Kind — Du mußt ja blind sein, wenn Du einen Mann, der volle sechs Fuß mißt, nicht siehst," rief Herr Chesley lachend, als er aber Regina's tätliche Verlegenheit wahrnahm, fügte er freundlich hinzu:
.Nichts für ungut, Kleine — ich weiß, wo die Glocken hängen, denn ich habe Herrn Palma heute Morgen schon begrüßt — Gott segne Dich, mein Liebling."
(Schluß folgt.)