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die Gemeinde Neubulach zu veranlassen, daß keine Artikel mehr in die Zeitung gebracht werden sollen? Weil es im Interesse der Gemeinde selbst sei?! Uns scheint ein anderer Grund vorzuliegen. Und nun noch ein Dritte«. Der die Ausführung der Alt- bulacher Leitung überwachende Bauführer selbst hält die Anlage für eineverfehlte". Also auch ein Sach­verständiger teilt unsere Ansicht. Der Einsender des Artikels in Nr. 120 sieht mit Ruhe derbeantragten Untersuchung" entgegen. Wir glauben das gerne, denn Herr Kröber hat ja für seine Arbeit keine Garantie zu leisten gebraucht und riskiert also in dieser Beziehung nichts. Ob die Gemeinde Altbulach ebenso ruhig dabei ist, wird die Zeit lehren. Bis zum offiziellen Austrag der Sache ist dies unser letz­tes Wort.

Zwerenberg, 11. Okt. In unserem Schul­haus war am gestrigen Geburtsfest Ihr. Maj. der Königin ebenfalls eine hübsche, wenn auch stille Feier. Lehrer Hahn konnte an diesem Tag auf eine 50jähr. segensreiche Amtsthätigkeit zurückblicken. Zu diesem Jubiläumsfeste waren all seine Kinder mit 27 Enkelkindern aus allen Teilen des Landes erschienen. Sie verehrten dem 67jähr. Vater und Großvater einen gepolsterten Stuhl, der ihm nicht zum Sorgen-, sondern zum Ruhesessel werden soll. Mögen die dem Jubilar von den Seinigen dargebrachten Wünsche in Erfüllung gehen.

* Liebelsberg, 13. Okt. Vor dem Hause des Andreas Rvmetsch hier steht ein Birnbaum nun zum zweitenmal in vollster Blüte, gewiß eine Selten­heit in dieser Jahreszeit neben reifen Früchten die schönsten Blüten.

Nach den neuesten Nachrichten aus Fried - richshafen befindet sich I. M. die Königin Olga etwas besser, ohne daß jedoch hierauf entschiedene Hoffnungen gegründet werden könnten.

Cannstatt, 13. Okt. In letzter Nacht gegen 2 Uhr stürzte eine dem Weingärtner Zerweck gehörige zweistöckige alte und vor 2 Jahren reparierte Scheuer in der Altstadt zum Teil ein und verschob sich gegen das daneben befindliche Wohnhaus, in welchem sieben Familien wohnen. Diese wurden teil­weise durch den Anstoß aus dem Bette geworfen, kamen aber im übrigen mit dem Schrecken davon.

Großsachsenheim, 10. Oktober. Letzten Samstag mittag wollte der Sohn des Schlosser Roller hier einen Schwärmer losbrennen. Nach- d«n er denselben angezündet hatte, ging er nicht gleich los, weshalb er ihn unvorsichtigerweise in die Tasche steckte; hier ging er los und verwundete ihn derartig, daß der Tod am Sonntag abend eintrat.

Reutlingen, 11. Okt. In der gestrigen Sitzung des großen Festausschusses wurde ein Defizit des 23. Schwab. Liederfestes von 5400 ^ festgestellt. Da die Stadt aus Anlaß des Festes einen bedeuten­den Mehrertrag an der Konsumsteuer zu verzeichnen

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hatte, soll dieselbe um einen Betrag zur Deckung des Defizits ersucht werden. Der Rest wäre auf die Garantiezeichner umzulegen.

Urach, 12. Oktbr. Nachträglich ist zum Brandfall im wilden Mann noch mitzuteilen, daß in der gestrigen Sitzung der städt. Behörden, wie verlautet, für Entdeckung der bei den jüngsten Brand­fällen, ohne Zweifel thätig gewesenen Brandstifter eine Belohnung von 500 ^ von den Behörden aus­gesetzt worden sei. Die Erbitterung über diese Ruch­losigkeiten ist in der Stadtgemeinde nachgerade hoch­gradig geworden. Eine grauenerregende Mord- that ist letzten Sonntag abends 8 Uhr in Glems an einer dortigen Bürgersfrau begangen worden. Von einem bei ihrer Nachbarin in Begleitung ihrer 12jährigen Tocher ausgeführten Besuch zurückgckehrt, wurde die Unglückliche vor der Thüre ihres Hauses von einem ihr unbekannten Manne dergestalt mit einem Prügel auf den Kops geschlagen, daß die Arme, während die Tochter ihren Vater herbeiholte, schwer verletzt sich noch zu Bett legen konnte, aber früh Montags ihrer Verletzung erlag. Die Untersuchung wurde sofort vom Gericht vorgenommen. Man ist, wie man hört, dem Mördor auf der Spur.

Gmünd, 10. Okt. Einen raffinierten Schwindel ließ sich lautDeutsches Volksblatt" ein 22jähriges Dienstmädchen aus dem Oberamt lünd, bisher in Darmstadt in Dienst, zu schulden kommen. Dasselbe gab nämlich vor, sie habe in der preußischen Staatslotterie 150,000 ^ gewonnen. Wie eine Bombe schlug die freudige Nachricht in der Heimat und der ganzen Umgegend ein. Auch in Darmstadt, wo das Mädchen im Dienst war, scheint es die gleiche Märe verbreitet zu haben. Denn bald fand sich ein Offizier in Zivil in dem bescheidenen Dorfe bei Gmünd ein, um dieGlückliche" zu freien. Dem Schwager wurde ein Bauernhof gekauft, und damit der Sache die Würze nicht fehle, wurde die weitere Märe verbreitet, Klosterfrauen seien vier­spännig vorgefahren, um das Glückskind mit Gewalt zum Eintritt in das Kloster zu bewegen. Es galt jetzt, den Schatz zu heben. Zum Empfang des Geldes reisten dir Glücklichen samt Schwager nach Darm­stadt. Dort angekommen, stellte sich das Glückskind krank und lag acht Tage in einem der ersten Hotels, konnte also nicht mit zur Bank gehen. Unverrichteter Sache muß der Schwager zurückkehren. Telegraphisch gerufen, besteigen der Schultheiß des Dorfes, nebst einem Begleiter die Bahn Darmstadt war ihr Ziel! Dort hören sie von dem inzwischen gesund ge­wordenen Patienten die frohe Botschaft, daß der Mammon in zwei Raten an Seine Erlaucht den Grafen R. in D. zur Verwaltung abgegangen sei. Das konnte man sich gefallen lassen, vergnügt kehrte alles in die schwäbische Heimat zurück. Doch miß­trauische Seelen wollten nicht mehr recht glauben. Man wandte sich an den angeblichen gräflichen Ver­walter; dieser schenkte klaren Wein ein, alles von A bis Z war Dichtung.

Konstanz, 10. Oktbr. Auf der Station Reichenau ereignete sich Freitag abend bei Ankunft des um 5.30 daselbst eintreffenden Zuges aus Kon­stanz ein schweres Unglück. Der Weinreisende einer Pfälzer Weinfirma, Karl Leder aus Hambach, 23 I. alt, welcher in Reichenau Weinkäufe abgeschlossen und den Zug zur Weiterreise benutzen wollte, sprang auf einen Wagen, nachdem sich der Zug bereits wieder in Bewegung gesetzt hatte; er fiel herunter und ge­riet unter die Räder, welche ihm beide Beine zer­malmten, das eine oberhalb des Knöchels, das andere unterhalb des Knie's. Der bedauernswerte junge Mann, der ob der furchtbaren Schmerzen das Bewußtsein verloren, wurde mit dem nächsten Zuge nach Konstanz verbracht und ins Spital überführt, wo ihm beide Beine amputiert werden mußten. Man zweifelt an seinem Aufkommen.

Berlin, 11. Okt. Im Tattersall fand heute morgen die Vorführung und das Vorreiten von etwa 40 Pferden statt, welche für den Distanzritt Wien- Berlin verwandt worden waren. Die Pferde machten durchweg einen guten Eindruck. Der Conditions - preis in Höhe von 5000 ^ wurde der elfjährigen braunen Stute Fatma des Rittmeisters Haller vom 1. Train-Regiment, einem kleinen ponyartigen Tiere, zuerkannt. Fatma ist in der Liste der Eingekommenen als 25ste aufgeführt. Der Vorführung, der sich die Preisverteilung anschloß, wohnte ein zahlreiches ge­wähltes Publikum bei.

Wien, 12. Okt. Der deutsche Kaiser empfing nachmittags in Schönbrunn den Grafen Ta affe in Privataudienz. Vormittags pürschte der Kaiser im Lainzer Tiergarten und dejeunierte mit dem österreichischen Kaiser in Schönbrunn, worauf beide in das kunsthistorische Museum fuhren und zwei Stunden verblieben. Die Majestäten fuhren im offenen Wagen und wurden überall von der angesammelten Menge sehr lebhaft begrüßt. Der Kaiser schoß vormittags auf der Jagd sechs Hirsche und zwei Wild­schweine. Nach der Besichtigung des Museums fand der Besuch des Barackenspitals statt. Nach der Rück­kehr nach Schönbrunn empfing der deutsche Kaiser außer dem Grafen Taaffe auch die Grafen Kalnoky und Szapary, ferner v Szögyenyi. Die diplomatischen Missionen gaben bei dem deutschen Kaiser ihre Karten ab. Morgen vormittag ist die Jagd auf den Donau- Auen bei Mannswörth. Nachmittags fand in der großen Galerie in Schönbrunn das Diner statt. Nach dem Galadiner besuchten die Monarchen das Burg­theater, wo das SchauspielUmkehr" aufgeführt wurde. Der österreichische Kaiser trug die österreich­ische Campagneuniform, der deutsche Kaiser die öster­reichische Husarenuniform. Neben der Kaiserloge be­fand sich der deutsche Botschafter Prinz Neuß. Im ganzen Hause war ein elegantes Publikum in Salon­toilette. Die Monarchen verfolgten mit Aufmerksam­keit die Vorstellung und verbrachten die Zwischenakte in anregender Konversation.

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XXVII. Kapitel.

Am Tage nach Olga's Unterredung mit ihrem Stiefbruder siedelte die Patientin wieder in ihr eigenes Zimmer über, damit, wie sie zu Regina sagte, diese ihre lästige Plage los werde.

Du siehst sehr elend aus, Regina," sagte Olga zärtlich, indem sie die bleichen Wangen küßte. .Du brauchst nicht ängstlich zu sein," fuhr sie leiser fort, indem sie Regina traurig anblickte; ,i<y gelobe Dir feierlich, nie mehr an Gift zu denken!"

Das dunkle Mal auf Deiner weißen Wange erinnert mich beständig an Deinen Heldenmut und an meine Feigheit, aber gewiß, Regina, ich will mich bessern."

Regina drückte tiefbewegt Olga's Hand und dann atmete sie wie befreit auf, sie wußte, daß sie sich auf Olga's Versprechen verlassen durste.

Regina." sagte Frau Palma, als sie das junge Mädchen müde am Fenster fitzen sah.Elliot läßt Sie bitten, sich zu einer Ausfahrt anzukleiden."

Ach, lassen Sie mich heute zu Hause bleiben," sagte Regina hastig,ich fühle mich so müde und angegriffen und"

Gerade deshalb will Elliot mit Ihnen ausfahren. Sie find ja seit einer Ewigkeit nicht in die Luft gekommen."

Bevor Regina eine Entgegnung fand, rief Herrn Palma's Stimme unten vom Fuß der Treppe:

Bitte, Regina beeilen Sie sich der Wagen ist bereits vorgefahren" und sehr widerwillig fügte sich Regina. In der Hast vergaß sie sogar ihre Hand­schuhe. sie mochte Herrn Palma indes nicht länger warten lassen, und die Hände in den Muff steckend, nahm sie dm Platz neben ihrem Vormund ein. Der Kutscher erhielt dm Befehl, nach dem Cmtralpark zu fahren und fort rollte der Wagm.

Regina saß so, daß das jetzt in allen Farben spielende Mal, welches von Olga's Schlag auf ihre Wange herrührte. Herrn Palma gerade ins Auge fiel und kopfschüttelnd bemerkte er:

Olga muß blind dreingeschlagm haben Ihre Wange ist noch immer entstellt."

Aber Herr Palma woher wissen Sie denn"

,O, Olga hat mir Alles gebeichtet; ohne Ihr mutiges Dazwischentreten hätte die Angelegenheit sicherlich «inen schlimmen Verlauf genommen. Aber da sind wir schon im Park lassen Eie uns «uSsteigcn ein Spaziergang wird Ihnen gut thun."

Schweigend schritt Regina neben ihrem Vormund in einer wenig belebten Allee auf und ab; in Gedanken zog sie die unbehandschuhte Rechte aus dem Muff und Here Palma sagte plötzlich:

Sieh da welch' schöner Ring! Hot Ihre Mutter Ihnen denseben geschickt?"

Nein, Herr Palma."

Ei wer sonst kann Ihnen den Ring geschenkt haben?"

Ich besaß denselben schon, als ich in Ihr Haus kam."

Aber Sie trugen den Ring nicht?"

Nein."

Webhalb nicht?"

Regina schwieg.

Ihr Schweigen berechtigt mich, meine Forderung aufrecht zu erhalten, indes eilt es damit nicht. Dagegen muß ich Sie bitten, meine nächste Frage rückhaltlos zu beantworten was ist aus dem Briefe geworden, welcher in ein an mich adres­siertes Schreiben eingeschlossen war und welchen ich Ihnen vor meiner Abreise nach Washington übergab und dessen Inhalt mir der Schreiber nicht vorenthielt?*

Ich habe den Brief an meine Mutter gesandt, Herr Palma."

So? Nun, nach Ihrem neulich ausgesprochenen Entschluß, daß Sie in dem jungen Missionar nie mehr als einen Bruder sehen würden, bin ich über die Ant­wort, welche Sie Herrn Lindsay erteilen werden, nicht im Zweifel, indes möchte ich- Sie doch bitten, Ihre Ablehnung seines Antrags möglichst schonend einzukleiden."

Fortsetzung folgt.