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Wohnung gemietet und dann in diese einen großen leeren Koffer bringen lassen; aber er war nicht wieder zurückgekehrt. Fast schien es aussichtslos, die Spur des Unbekannten zu finden, und diese würde vielleicht auch nicht zu verfolgen gewesen sein, wenn der un­heimliche Briefschreiber nicht selbst in die Falle ge­gangen wäre. Gestern abend fand er sich nämlich wieder an dem Schalterfenster ein, um einen jener seltsamen Briefe aufzugeben. Der Beamte zögerte mit der Abfertigung, zitierte aber unverzüglich einen Schutzmann, der die Verhaftung vornahm. Der Ver­haftete, ein hübscher junger Mensch von tadellosem Aeußern und intelligentem Gesichtsausdruck, gab an, der Träger eines adeligen Namens zu sein. Ein Packet, das er bei sich trug, hatte einen Inhalt, der sehr verdächtig erscheint. Es enthielt ein haarscharf geschliffenes Beil, ein großes Messer, einen Strick mit Schleife, eine Flasche mit Salmiakgeist und einen Bart. Festgestellt wurde, daß der VerhafteteArthur v. Wyssel" immer in jenen Grundstücken auf der Lauer gestanden, in welchen die angeblichen Geldbriefe zur Bestellung gelangen sollten.

Hamburg, 10. Okt. Das Reichsgesundheits­amt empfiehlt soeben den aus Hamburg Geflüch­teten, nicht' vor dem vollständigen Erlöschen der Cholera zurückzukehren, da nicht selten die Seuche durch die Massenrückkehr solcher Personen wieder auf­flackere.

Berlin, 8. Okt. Mit einer amüsanten Epi­sode schloß gestern das Distanzreiten ab. Nachmittags 1 Uhr traf am Steuerhäuschen Lieutenant Unterrichter als Letzter ein; da er kein Komite-Mitglied mehr an­traf, ritt er durch die Belle-Alliance- und Wilhelm- Straße zum Kaiserhof, war also der Einzige, der wirklich zu Pferd in Berlin cinzog. Das ermüdete, ganz mit Staub bedeckte Tier und der ebenso mit­genommene Reiter erregten natürlich Aufsehen. Hunderte folgten ihm mitHoch" undHurrah"; Damen schwenkten die Tücher alle Fenster füllten sich mit Neugierigen. Unterrichter fügte sich in die stark komische Situation. Er beantwortete die Ovationen worin sich namentlich die Straßenjugend auszeichnete mit lustigem Käppischwenken.

Berlin, 10. Okt. Der amtliche Cholera­bericht vom 9. Oktober lautet: In Hamburg 21 Erkrankungen, 4 Todesfälle; in Altona 1 Er­krankung, 1 Todesfall; im Regierungsbezirk Schles­wig 3 Erkrankungen, 3 Todesfälle; in Demmin und Swinemünde 2 Erkrankungen, 1 Todesfall; in Küstri n und Fürstenwalde 2 Erkrankungen, 1 Todesfall; im Kreise Niederbarnim wurde ein Kranker im Walde sterbend aufgefunden. Im Kreise Mayen sind 5 Erkrankungen, 2 Todesfälle vor­gekommen. Das Gesamtergebnis der Hamburger Notstandssammlungen beläuft sich bisher auf 2°/» Mill. Mark.

Potsdam, 10. Okt. Der Kaiser ist um 9 Uhr 25 Min. nach Wien abgereist. Wie aus

Wien gemeldet wird, sind dem Kaiser zum Ehren­dienste während seines dortigen Aufenthaltes zuge­wiesen der Corpskommandant Baron Schönfeld, Oberst Benko des 7. Husarenregiments, dessen Inhaber der deutsche Kaiser ist, und ein Flügeladjutant des Kaisers von Oesterreich. Der deutsche Militärattache ».Deines reist dem Kaiser bis an die Grenze entgegen. Bot­schafter Prinz Reuß trifft abends in Wien ein. Die Wiener Abendpost begrüßt den deutschen Kaiser als erlauchten Freund und Verbündeten des Kaisers Franz Joseph namens der Reichshauptstadt und der ganzen Monarchie mit aufrichtigster Verehrung und wärmster Sympathie und sagt:In den zur Tradition ge­wordenen Zusammenkünften beider Monarchen erblickt die Bevölkerung eine neue Bekräftigung des segens­reichen Bundes, welcher, durch den Beitritt Italiens zum Dreibunde erweitert und verstärkt, in Fleisch und Blut übergegangen ist und die kräftigste Bürg­schaft ihrer ungestörten Fortentwicklung bildet. Hie­zu treten die innigen Freundschaftsbeziehungen zwischen Habsburg und Hohenzollern, die leuchtenden Negenten- tugenden beider Herrscher und dis stets bekundete Verehrung Kaiser Wilhelms für den Kaiser Franz Joseph, wodurch der ritterliche deutsche Kaiser sich alle österreichischen Herzen gewonnen."

Potsdam, 11. Okt. Zu Ehren der öster­reichischen Distanzreiter fand gestern abends um 6 Uhr Galatafel im Neuen Palais statt, wozu 130 Ein­ladungen ergangen waren. Auch der preuß. Kriegs­minister war unter den Geladenen. Der Kaiser in österreichischer Husarenuniform begrüßte jeden der österreichischen Offiziere, welche in der Reihenfolge ihrer Records Aufstellung genommen hatten, durch Handschlag. Auch die drei ältesten kaiserlichen Prin­zen waren bei dem Empfang zugegen. Vor Beginn der Tafel überreichte der Kaiser dem ersten Sieger des Distanzritts, Grafen Starhemberg, den kaiser­lichen Ehrenpreis; hierauf setzte man sich zur Tafel, wobei Graf Starhemberg und Baron Miklos zur Rechten und Linken des Kaisers saßen. Der Kaiser brachte einen mit brausendem Hoch aufgenommenen Trinkspruch auf Kaiser Franz Josef aus. Nach Aufhebung der Tafel fand Zapfenstreich statt. Als der Kaiser, begleitet von den Festteilnehmern, auf die Rampe des Palais' hinaustrat, erstrahlte der Hintergrund des Platzes in bengalischer Beleuchtung.

Wien, 10. Oktbr. DieSonntags-Zeitung" enthält einen Artikel ihres militärischen Mitarbeiters, welcher aus offiziellen Quellen schöpfend mitteilt, daß der Kriegsminister eine baldige Wiederholung des Distanzrittes ablehnt. Der Artikel führt weiter aus, der Distanzritt sei eine bloße Tierhetze, welche Stiergefechten ähnlich sei und weder allgemein mili­tärischen noch kavalleristischen Interessen nütze.

Newyork, 11. Okt. Die Festlichkeiten der vierhundertjährigen Wiederkehr des Tages der Ent­deckung Amerikas durch Kolumbus haben gestern an­gefangen. Ein ungeheurer Zug von Studierenden

der hiesigen Schulen und Kolleges bewegte sich durch die prächtig geschmückten Straßen. Der Vizepräsident Morton ließ den Zug an sich vorüberziehen. Auf den Tribünen waren Tausende von Mädchen so ge­kleidet verteilt, daß sie die Sternen-Reihen des Unions­banners darstellten. In dem benachbarten Hartem zerrissen Studenten die Flagge an einem Magazin, dessen Besitzer, ein Engländer, sich weigerte, die amerikanische Flagge zu hissen.

Ncrmischtes.

Ein Bericherstatter desDaily Chronicle" hat den Obersten Cody (Buffalo Bill) über seine Ansichten in Betreff des deutsch-österreichischen Distanz­rittes befragt. Er habe, so sagte der Oberst, eben­falls Fälle gekannt, in denen Reitern und Rossen Stimulantien eingeflößt worden, jedoch nur am Ende eines Rittes. Er wundere sich nicht, daß viele der Tiere englischen Blutes zu Schaden gekommen seien; er glaube mit seinen Ponies, texanischer und mexi­kanischer Zucht, Aehnliches leisten zu können. Er habe einmal in Manchester mit 20 seiner Ponies 15 llm in 20 Minuten durchritten, schneller als der Engländer G. Lathom mit ebenso vielen der besten englischen Rennpferden. Im fernen Westen Amerikas hätten früher die Postreiter auf schlechten Wegen 22 llm und selbst mehr per Stunde zurückgelegt. In einem Falle habe er selbst in einem ununterbrochenen Ritte, jedoch nicht auf demselben Pferde, 490 lew, 22 Lm per Stunde, durch feindliches Gebiet zurückgelegt. Tie Leistungen der Distanzreiter zwischen Wien und Berlin seien jedenfalls sehr bemerkenswerte. Die österreich­ischen und ungarischen Kavalleriepferde seien ihm als besonders brauchbar bekannt. Er selbst sei ein­mal 150 lem in 9 Stunden 45 Minuten geritten. Der Oberst verwies zum Schlüsse auf verschiedene bekannte Marschleistungen amerikanischer Kavallerie hin.

Herbstnachrichten.

Stuttgart, 11. Okt. Kartoffel- und Kraut- markt. Zufuhr am Leonhardsplatz: 250 Ztr. Kar­toffeln, Preis pr. Ztr. 2 ^ bis 2 80 -H.

Zufuhr am Marktplatz: 4000 Stück Filderkraut, Preis per 100 Stück 1618

Stuttgart, 11. Okt. Obstpreise: Zufuhr auf dem Wilhelmsplatz: 5000 Ztr. Mostobst, würtl. 6 ^ bis 6 ^ 40 A auswärt. 5 ^ 40 H

bis 6 80 pr. Ztr. 10. Okt. Güterbahnhof.

Mostobst: 92 Waggons (65 schweiz., 16 Hess., 7 württ., 3 bayr., 1 östr.). Preis schweiz. per Waggon ^ 200 Ztr. 900 bis 1000 anderes 10801150 per Ztr. schweiz. 4 ^ 80 ^ bis 5 -//d 20 ^>, anderes 5 ^ 50 bis 6 ^ -g.

Kleingartach, 10. Okt. Weinpreise. Verkauf rasch, Preise 160170 f. 3 Hektl.

Fellbach, 10. Okt. Gestern und heule wieder mehreres verstellt und verkauft; Preise für Mittel­feld 160,170 und 175 ein Kauf Bergwcin 192

Gerichtstag

wird vom K. Amtsgericht Calw am Montag, den 17. Oktober 18S2, vor­mittags 1012 Uhr auf dem Rathaus zu Neuweiler abgehalten werden. Calw, den 11. Oktober 1892.

Amtsgerichtsschreiber

Nagel.

Feuerbach.

Die allgemeine

einlese

beginnt hier am

Dvnnerstag, den 13. Okt,

wovon die Herren Wein­käufer in Kenntnis ge­setzt werden. Die Qualität des Weines

verspricht eine gute zu werden und den besten Jahrgängen gleichzukommen. Das Quantum ist zu 1200 Hektoliter geschätzt, wovon schon mehreres verstellt ist.

Den 10. Oktober 1892.

Gemeinderat.

Vorstand: Veit.

Privat-Arrzergen.

Donnerstag abend 8 Uhr

Vibrlllunde

im Vereinshaus.

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93. dritte.

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