x>v-ss-n
WEH
.->-7.^>W
2ahirI)Vß-
.irvau
MM
MW
liclA
WWW
FM-
> o „n
MGeMW
121.
Amts
und Anzeigeblatt für den Bezirk (Lalw.
67. Jahrgang
Erscheint Dien S ra g, Donnerstag und SamStag. Die EinrückungSgebühr beträgt im Bezirk und nächster Um- gebrvg S Pfg. die Zeile, sonst 18 Psg.
: Donnerstag, den 13. Oktober 1892.
SlbonnementSpreir vierteljährlich in der Stadt 80 Pfg. und SO Pfg. Trägerlohn, durch die Post bezogen Mk. 1. 1b, sonst i» ganz Württemberg Mk. 1 8b.
Tages-Ueuigkeiten.
Stuttgart. Vom Befinden derKönigm- Wittwe Olga berichtet das „N. Tagbl." v. 12. ds.: Ihre Majestät hatten eine sehr unruhige aber schmerzlose Nacht. Die Schwäche der hohen Frau nimmt fortdauernd zu. — Gestern abend um 10 Uhr traf aus St. Petersburg die Mutter der .Frau Herzogin Wera, die Großfürstin Konstantin, auf dem hiesigen Bahnhof ein. Zum Empfang waren Reisemarschall Freiherr v. Reischach, Kammerjunker Freiherr Seutter v. Lötzen und der russische Gesandte Baron v. Kotzebue anwesend. -Die hohen Herrschaften soupierten in dem K. Hofwartesaal und fuhren dann um 1 Uhr mittels Sonderzugs nach Friedrichshafen weiter, wo inzwischen auch die Prinzessin Wilhelm von Baden, eine geborene Prinzessin von Leuchtenberg, eingetroffen ist. Wie wir hören, soll besonders der Abschied, den die hohe Kranke von den Prinzessinnen Olga und Elsa, den Töchtern der Frau Herzogin Wera, genommen hat, einen tiefergreifenden Eindruck auf die Umstehenden gemacht haben.
Stuttgart, 6. Okt. Schwurgericht. Vor den Geschworenen stand gestern der led. Bierbrauer Aug. Lipp von Gaildorf wegen Widerstands gegen einen Waldschützen und Körperverletzung. Der Angeklagte war am 19. Juni bei Rohr von dem Waldschützen Elsäßer betroffen worden, als er gerade einen Schuß abgegeben hatte. Ehe sichs Elsäßer versah, warf ihn der Angeklagte zu Boden und traktierte ihn mit Schlägen, sowohl mit der Faust, wie mit seinem Gewehr. Elsäßer erhielt mehrere Verletzungen am Kopf, von denen eine sehr schwer war und eine
4wöchige Arbeitsunfähigkeit zur Folge hatte. Der Angekl. wollte sich damit ausreden, daß er von Elsäßer zuerst mit dem schußfertigen Gewehr bedroht worden sei, fand aber damit keinen Glauben. Er wurde unter Annahme mildernder Umstände schuldig gesprochen und zu 2 Jahren Gefängnis verurteilt.
Stuttgart, 11. Okt. Marktbericht. Trauben in Menge und zu den bisherigen Preisen, die übrigens einige Neigung zum Steigen erkennen lassen. Schönste Bergamottbirnen, deren manche 300 Gramm wiegt, kosten 35 -H. Zwetschgen immer noch in ziemlich starken Vorräten. Schwämme, insbesondere Steinpilze in Prachtexemplaren. An Wild: Rehe, Hasen, Federwild nach Belieben. Seit einiger Zeit sind wieder Schellfische (zu 30 zu haben. Eine neue Erscheinung auf einem schwäbischen Lebensmittelmarkte sind Kokosnüsse.
— In Stuttgart kamen am Dienstag ein Knecht von Spediteur Kormann und ein Fuhrmann aus Schönaich unter die Räder ihrer Wagen. Beide wurden schwer verletzt ins Katharinenhospital gebracht.
— Händler Haas in Heilbronn wurde wegen Verdachts der Brandstiftung ins Untersuchungsgefängnis eingeliefert. Es brannte in dessen Wohnung und wurden daselbst in Oel getauchte Lumpen gefunden.
— Ein Brand in der Sattler'schen Brauerei in Oehringen, der gefährlich hätte werden können, konnte im Entstehen erstickt werden. — Der Knecht David Dieter von Dußlingen, im Bruderhaus in Reutlingen, wurde von einem Pferde, das er im Stalle züchtigen wollte, so heftig auf die Brust geschlagen, daß er nach einer Stunde verschied. — In der Martin'schen Färberei in Göppingen konnte ein
ausgebrochener Brand zeitig unterdrückt werden. Die Bierbrauerei z. „Wildenmann" in Urach wurde in der Nacht vom Sonntag auf Montag ein Raub der Flammen.
Aus dem Oberamt Freuden st adt, 9. Okt. Welch große Lebenszähigkeit manche Tiere besitzen, mag aus folgender Jagdgeschichte ersehen werden. Forstschutzwächter Schwarz in Herzogsweiler erlegte abends eine schöne Wildkatze. Da derselben die Hinterfüße abgeschossen waren und das Rückgrat eine schwere Verletzung hatte so zweifelte der Schütze an dem Tode ves Tieres nicht mehr. Er legte die Sehnen der Hinterfüße bloß, schrenkte dieselben und hing die seltene Jagdbeute an eine Tanne, da er seine Walvstreife noch weiter ausdehnen wollte. Am andern Mittag wollte der Forstschutzwächter, in dessen Begleitung der dortige Lehrer war, die Katze holen. Zum großen Erstaunen der beiden und zum Aerger des Schützen, der bereits an einen Diebstahl dachte, ivar keine Katze mehr zu sehen. Zahlreiche Blutflecke an der Tanne führten aber zu der Vermutung, daß die Katze noch gelebt und sich hin und her bewegt haben müsse. Der nun freigelassene Jagdhund stellte auch wirklich in einer Entfernung von 20 Schritten die Wildkatze, die sich noch kräftig gegen den Hund verteidigte. Einige kräftige Fußtritte machten nach etwa 10 Minuten dem zähen Tiere den Garaus. Allem Anschein nach stemmte sich das Tier, nachdem es aus seiner Betäubung erwacht war, mit den freien Vorderfüßen an der Tanne empor, schnellte die ge- schrenkten Hinterfüße von dem Aste los und befreite sich so aus seiner höchst unangenehmen Lage.
Schrambsrg, 10. Okt:. Am Samstag fand
^ ^ 1 i- l o t cp ^ . Nachdruck verdaten.
Dolorosa.
Roman von A. Wilson. Deutsch von A. Geisel.
(Fortsetzung.)
„Sie fürchtet sich vor mir, Belmonte — mein kurz geschnittenes Haar macht ihr bange — sie weiß ja nicht, daß Du es abgeschnitten hast! Ha! Ha! Ha!" Plötzlich starrte Olga wie entsetzt auf die Thür, der Regina den Rücken kehrte und flüsterte:
„Verbirg Dich — da ist er! Schnell, laß uns zu Schiff eilen! . . . Haste wollen mich an Silas Congreve verkuppeln, aber ich leide es nicht — ich mag seinen Reichtum nicht — ich will nur Dich, Belmonte!"
Ein leises Aufstöhnen ließ auch Regina erschrocken auffahren und ein Blick mter, ihren Sessel zeigte ihr, daß Olga recht gesehen, denn auf die Lehne desselben stand Herr Palma und schaute mit tiesschmerzlichem Ausdruck auf die Kranke.
„Treten Sie zurück, Herr Palma," flüsterte Regina hastig, ohne die Augen zu erheben, „Ihr Anblick regt Olga auf."
. Herr Palma zog sich leise nach dem Hintergrund des Zimmers zurück, aber vergeblich hoffte Regina, er werde sich entfernen. Regungslos, wie eine Statue, lehnte er am Kaminsims und sein schweres Atemholen ab und zu verriet Regina, daß Olga's trauriger Zustand ihm ins Herz schnitt.
Mitternacht war längst vorüber, aber das Fieber ließ nicht nach; immer häufiger wechselte Regina die Eisumschläge und Olga's fieberglänzende braune Augen inten mit unheimlichem Ausdruck im Zimmer umher, während sie unzusammenhängende Worte ausstieß.
Einmal, als Regina sich auf den Bcttrand setzte, um den Puls der Kranken zu untersuchen, richtete sich Olga halb auf und, den Arm um das junge Mädchen schlingend, lehnte sie den Kops an Regina's Schulter. Leise und behutsam schob Herr Palma da« mit kleinen Eisstücken und Wasser gefüllte Becken näher an die
junge Pflegerin heran und seine Hände waren es. welche während der nächsten Stunde die Kompressen ins kalte Wasser tauchten, dieselben ausrangen und sie Regina zureichten, so daß das junge Mädchen seine Stellung nicht zu verändern brauchte und Olga nicht gestört wurde. — Endlich, gegen 2 Uhr, schlossen sich die müden Augen der Kranken und Olga's tiefe Atemzüge verrieten, daß sie eingeschlaien war. Sich des Ausspruchs des Arztes erinnernd, daß Alles davon abhänge, der erschöpften Natur Olga's die Wohlthat des Schlafes zu verschaffen, wagte Regina, deren Schulter noch immer die Stütze der Schlummernden bildete, nicht, sich zu bewegen.
Als die Uhr drei schlug, verharrte Regina immer noch in derselben unbequemen Stellung; Herr Palma, der sie voller Sorge betrachtete, suchte ihr jede nur erdenkliche Erleichterung zu verschaffen, aber trotz alledem war es eine sehr schwere Aufgabe für die junge Pflegerin. Einmal erhob sich Herr Palma geräuschlos, um einen Becher starken Weins an Regina's bleiche Lippen zu halten; sie trank einige Tropfen und flüsterte ihm dann leise zu:
„Es fängt an, kalt zu werven — vielleicht könnte Hettie nach dem Kamin sehen?"
Er ging, das Mädchen zu rufen.
Jetzt erschien Hettie, um das Feuer zu schüren, und gleich darauf kam Herr Palma mit einem warmen, roten Showl, den er um Regina's Schultern legte. Sie konnte ihm nur mit einem Blick danken, denn Olga erwachte in diesem Moment, gehorsam leerte sie den Becher m t stärkenden Tropfen, den Regina ihr bot, und dann warf sie sich in die Kiffen zurück und schloß auf's Neue die Augen.
„Jetzt sind Sie erlöst," flüsterte Herr Palma dem jungen Mädchen zu, „gehen Sie einstweilen in Olga's Zimmer und versuchen Sie zu schlafen. Ich bleibe hier, bis Olga's Mutter kommt — gehen Sie, Regina — Sie sind völlig erschöpft."
„Ich kann doch nicht schlafen," sagte Regina leise; „auch ist ja die Nacht fast zu Ende — vorhin schlug eS schon fünf Uhr. Wenn nur der Doktor bald käme — Olga sieht so seltsam starr aus."
„So Gott will, erholt sie sich wieder — wie mir Frau Palma sagte, wissen Sie aus Olga's eigener Mitteilung, wie aus ihren Fieberphantasien, was geschehen