449
außergewöhnliches dort geschehen sein müßte. Die Leute standen heftig dreinredend in Gruppen vor den Häusern, während fortwährend einzelne Personen schreiend und gestikulierend über die Chausseen und und Dorfstraßen hin- und herliefen. In langer Reihe kamen andere Jnsaßen mit Gepäck beladen und schleppten auf Hand- und Kinderwagen allerlei Hausrat weg. Es sah aus, als ob die Leute auswandern oder einen Ausflug von längerer Dauer in die Stadt machen wollten. Jeder war reisefertig. Aber es war keine lustige Reisegesellschaft. Auf den Gesichtern der an uns vorüberstürzenden Menschen reiste etwas mit, das den Zuschauer beängstigte — Furcht, Bestürzung, Todesschrecken, Kopflosigkeit, Grauen, Wahnsinn und Tod waren darauf zu lesen. 8aors bleu! Was ist hier passiert? fragte mein Freund einen der Ausreißer. Im Nu standen 6 oder 10 Menschen, Werber und Männer, um uns und schrien durcheinander. Man verstand zuerst nichts anders als die Worte: le eliolöra und Nousisnr Is malrs. Dann erzählten die Leute unter fortwährender namentlicher Benennung, es wären in den letzten acht Tagen 51 Personen an der Cholera in Sarcelles gestorben. Der Bürgermeister und an die 300 Einwohner seien nach allen vier Windrichtungen geflohen, und zwar der Bürgermeister zur Schweiz; er sei ein geborener Schweizer. Kaum einer der Flüchtenden habe nicht Familienglieder an der Seuche verloren. Das Dorf sei leer und verlassen oder werde es bald sein. Jeder nehme sein Bettzeug und seine Kleider
mit und flüchte. Der Totengräber sei gestorben und I sein Nachfolger habe zu hohe Taxen gemacht. Das I Wasser sei durch die Hize verfault, und man habe zu viel Gurken in die Brunnen geworfen. Wir möchten doch nicht ins Dorf gehen, gestern wäre ein Fremder umgefallen und sofort tot gewesen. 8anve gut peul! u. s. w. Wir ließen die Leute schwatzen und gingen ins Dorf. Es war zwar nicht leer, aber es machte doch den Eindruck wie ausgestorben. Viele Häuser waren verschlossen. Man sah. daß Niemand sie bewohnte. Es stellte sich heraus, daß tatsächlich der Bürgermeister und etwa 300 Personen mit allerlei Bettzeug, Kleidern und andern höchst wahrscheinlich schwer infizierten Sachen in alle Winde geflohen waren. Es stellte sich ferner heraus, daß tatsächlich 51 Personen in der letzten Woche gestorben waren und daß eine wilde Kopflosigkeit im Dorfe herrschte, für die der Franzose das bezeichnende Beiwort ,/arouoks" hat. In Paris las ich noch am selben Abend die erreichbaren Abendblätter. Keins derselben erwähnte auch nur ein Wort von dem unheimlichen Gaste, der vor den Thoren von Paris stand. Auch die Morgenblätter der beiden folgenden Tage brachten — nichts. Ich äußerte darüber meine Verwunderung; „O'est In lidsrts", meinte mein französischer Freund. Am nämlichen Abend telegraphirte ich nach Deutschland was folgt: „Im Dorfe Sarcelles bei St. Denis sind in den letzten acht Tagen 51 Personen an Cholera gestorben. Sarcelles hat etwa 800—1000 Einwohner, im Verhältnis müßten in Paris etwa 51,000 Menschen
gestorben sein. Der Maire von Sarcelles ist mit etwa 300 Personen geflohen. Alle hies. Zeitungen schweigen über den Vorfall." Diese Depesche ist nicht angekommen und wahrscheinlich nicht abgesandt worden — weil die französischen Behörden die Wahrheit über den Stand der Cholera um Paris verheimlichen wollten. Am folgenden Tage erschien aber ein Beamter der xröksotmrs äs xolies in meinem Hotel du Pavillon und erkundigte sich bei mir, ob ich persönlich in Sarcelles gewesen und ob ich sicher wisse, daß der Bürgermeister geflohen sei, was ich bejahte; hierauf, bedankte sich der Mann höflichst und ging. Ich habe nachträglich gehört, daß der Bürgermeister von Sarcelles sich auf Verlangen der Verwaltungsbehörde entschlossen hat, zurückzukehren. In Sarcelles angekommen, ist er plötzlich, man sagt aus Schrecken, gestorben. Soweit der Thatbestand. Und da lese ich in der „Kölnischen Zeitung", daß die Franzosen behaupten, die Cholera sei aus Deutschland, insbesondere aus Hamburg, nach Havre und Paris eingeschleppt worden, während Paris — „das Hirn der Welt" — durch seine Unthätigkeit und sein Vertuschungssystem in der sträflichsten Weise die Cholera nicht in einem Orte, sondern in vielen Orten rings um das Weichbild der französischen Hauptstadt herum geradezu großgezogen und die Wahrheit xsr tas et netas unterdrückt hat. Meine Depeschengebühren hat man mir auch nicht zurückerstattet, obwohl meine genaue Adresse auf dem Telegramm verzeichnet stand. Wie soll ich ein solches Verfahren bezeichnen? O'sst 1a Uderts, Ilonsieur!"
Amtliche Keklttmtmachuugeu.
Die Aufnahmeprüfung in die I. Klasse findet am Freitag, den 9. September, morgens 8 Uhr, im Lehrzimmer des Herrn Präzeptors Bäuchle (Rathaus) statt.
K. Rektorat.
Gefunden
wurde auf der Straße Calmbach—Oberreichenbach ein Herren-Sonnenschirm.
Eigentumsansprüche sind innerhalb 8 Tagen geltend zu machen.
Alt bürg, 7. Sept. 1892.
Schultheißenamt.
Emberg,
Oberamts Calw.
VeraccorLiermrg von Kauarbeite«.
Die bei Verschindlung der östlichen Giebelseite des Schul- und Rathauses hier vorkommenden Arbeiten:
Maurer-, bezw. Gipserarbeiten
im Betrag von 10 !
Verschindlungs-
arbeiten „ „ „ 159 „
Anstricharbeiten „ „ „ 53 „
werden im Wege schriftlicher Submission vergeben.
Ueberschlag und Bedingungen liegen auf dem Rathause hier zur Einsicht auf, woselbst auch die bezüglichen Offerte bis
Montag, den 12. Sept. d. I., nachmittags 4 Uhr, portofrei eingereicht werden wollen.
Den 3. September 1892.
Gemeinderat
Uriimt-A«;eigen.
Donnerstag abend 8 Uhr
Vibelpunde
im Vereinshaus.
l.ehrörgvssngverein.
Samstag, den 10. September, mittags 2'/, Uhr, im Badischen Hof in Calw.
Müller.
Frische Eier,
3 Stück 11 -H.
Altert Kaager.
Latles
in vorzügl. Qualität, in blau und gelb, von ^ 1 . 20 bis ^ 1 . 60 pr. Pfund,
fst. gebrannten Kaffee,
von 1 . 60 bis ^ 1 . 80,
Malzkaffee.
offen und in Packeten, von Kathreiner,
empfiehlt bestens
Larl LLkikLnri.
0 « 060^1
M5ZI6W
Amerikanisches Grdök,
pr. Liter 22 A
bestes Kakon-Krdök,
pr. Ltr. 26 bei Mehrabnahme billiger, bei
ff I'r. Osstsrivn.
alle Halltunreinigkcitcn und HautallSschiäge, wie, Mitesser, Kinnen, Klcchten, Leberflecke, übelriechenden Lchweiß >c. zu vertreiben, besteht in täglichen Waschungen mit:
v. Svegmunn t 0»., llestäon, L St, «> Pf. bei:
Emil Sänger.
Iu mieten gesucht
sogleich oder bis Martini eine freundliche Wohnung mit 3 Zimmern und Zugehör von einer ordentlichen Familie. Auskunft erteilt die Red. ds. Bl.
440V Mark
suche ich gegen doppelte Ite Pfandsicherheit (2400 ^ Gebäude, 6400 ^ Güter) auf 18. Septbr. aufzunehmen. Jnformativschein liegt zur Einsicht parat. Verw.-Akt. Staudenmeyer.
Ein jüngerer Mann und ein Mädchen finden dauernde
Beschäftigung
in der Kratzenfabrik.
Feinstes
sowie
Ma^inenök,
Mwenöt,
zu sämtlichen Maschinen geeignet, empfiehlt billigst
Osnl Sslrmsnn.
Neue
GXport-SäiLe,
sowie sehr starke zwilchene
bester Qualität, empfiehlt billigst
Wcrpp, Seiler.
Calw.
LrSSI,
wasserhell, empfiehlt billig
A. Schaufler,
Badgaffe.
MHnkul.
Einige noch sehr gut erhaltene Fässer, worunter ein noch fast neues 2eimriges, sind zu verkaufen.
L. ULZ7S7.
Zum bevorstehenden Klaffenwechsel empfehle ich
Kctiulbücker
in neuen, gut gebundenen Exemplaren zu den gleichen Preisen wie bei allen Buchhandlungen.
GmU Georg«.
Liebenzell.
Ein 13jähriges
Pferd,
Braunwallach, 169 sw hoch, schneller und ausdauernder Einspänner, verkauft, weil zum Reiten weniger geeignet, um billigen Preis
Oberförster Hang.
Ein gutes
Kugpferv
ist billig zu verkaufen-
Eine sehr praktische
Äasekiiis
zu Kraut, Rüben, Gurken, Rettich und Brod einzuschneiden, für eine bessere Oekonomie sehr passend, hat wegen Mangel an Platz zu einem Spottpreis, zu verkaufen
Gottlob Mohr, Calw.
JiM.- Vorteilhaft für Siigwerkskefcher.
Eine ganz neue
Spunden-
Maschine,
Patent Klaunig von Ungerer in München, von mir jedoch verbessert, mit einer Leistungsfähigkeit von 6—800 Stück pro Stunde bei geringem Krastverbrauch, habe ich besonderer Umstände wegen billig zu verkaufen. Besichtigung jeder Zeit möglich.
I.. 81si-lesl, Pinselfabrik,
Hlavensbnrg.
Unterreichenbach.
Einen sehr schönen, 14 Monate alten
Zuchtfarren,
Rotscheck, ist zu verkaufen bei
Frau Burkhardt z. Hirsch.
Zwei freundliche
Zimmer
mit Küche und sonstigem Zugehör sind bis Martini zu vermieten.
Wo? sagt die Red. ds. Blattes.