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beteiligen, haben das Gesuch um Zulassung zu der Prüfung bis spätestens 9. September d. I. bei der Direktion der tierärztlichen Hochschule anzubringen.
Bedingung für die Zulassung zur Prüfung ist der Nachweis der mit Erfolg bestandenen Lehrzeit im Schmiedehandwerk und einer zweijährigen Thätigkeit als Schmiedgeselle, wobei die Zeit der Beschäftigung im Hufbeschlag besonders angegeben sein muß. Die urkundlichen Nachweise hierüber sind mit dem Zulassungsgesuch vorzulegen.
Stuttgart, den 19. August 1892.
In Vertretung:
(gez.) Schittenhelm.
Tages-Aeuigkeiten.
Calw, 25. Aug. Gestern Abend verstarb im Alter von 53 Jahren Hr. Chr. Kuom, Besitzer des Hotels z. Waldhorn hier. Ein schleichendes Uebel, das ihn vor etwa einem halben Jahre befiel und für das er fern vom eigenen Geschäftsbetriebe sichere Heilung erhoffte, machte seinem Leben rasch ein Ende. Der Verstorbene hatte im Jahre 1866 den Gasthof übernommen und denselben in den 26 verflossenen Jahren auf eine Höhe und zu einem Renommee gebracht, das hinsichtlich Küche und Keller, weit und breit, sowohl von ständigen Besuchern als auch von Passanten, ungesuchte Bestätigung findet. Sein frühes Hinscheiden wird allgemein bedauert.
>V. Calw, 25. August. Gestern hielt der Bezirks-Biene nzüchter-Verein eine Versammlung im „Lamm" in Unterreichenbach ab, welche trotz des diesjährigen Segens nur von der Elite der Bienenzüchter besucht war, als ob es da nichts zu lernen gäbe; galt es doch einem der wichtigsten Zweige des Apistik, nemlich der Wachsgewinnung, welche an 2 herbeigeschafften Pressen praktisch demonstriert wurde. Eine davon, hergestellt durch Joh. Weiß und Comp, in Stammheim, wurde für den Verein angekauft, welche nun zur unentgeltlichen Benützung für die Mitglieder des Vereins parat steht. Von mündlichen Vorträgen ist zu berichten, daß Herr Schultheiß Stoll von Unterreichenbach sagte, es sollte jeder Bauer Bienen halten, da gerade in futterarmen Jahren die Bienen einen schönen Ertrag und dadurch die Mittel zum Ankauf von Futter liefern. Weik- Calw geißelte mit scharfen Worten die eingetretene große Flauheit in einem der schönsten Geist und Herz bildenden Betriebe. Der Herr Vereinsvorstand ermahnte zur Ausdauer, und bat den nun gewonnenen edlen Nektar nachdem er geschleudert, nicht zu verschleudern, indem es selbst im deutschen Reich sehr magere Gegenden gebe. Erfreut über den lehrreichen Tag trennte sich die aus dem ganzen Bezirk zusammen gekommene Gesellschaft in der Hoffnung auf ein ebenso frohes Wiedersehen.
Alten steig, 21. Aug. Wie man liest, soll vom Ministerium des Innern beabsichtigt sein, die Flößerei im Nagold- und Enzthal eingehen zu lassen.
Was nun das Nagoldthal anbelangt, wird eine Aufhebung des Floßrechtes noch nicht möglich sein. Denn gerade das obere Nagoldthal, von Altensteig aufwärts, hat außer der Wasserstraße bis jetzt keinen andern Verkehrsweg. Eine Aufhebung des Floßrechts würde somit zur Folge haben müssen, daß jeder Verkehr in die dortigen großen und holzreichen Waldungen und zu den dortigen großen Sägwerken ein Ende hätte. Man will allerdings nun in diese Gegend, das Schorrenthal genannt, eine Straße führen und sind die Unterhandlungen zu diesem Zwecke im Gange. Ehe aber diese Straße fertig und dem Verkehr übergeben ist, ist wohl an eine Aufhebung des Floßrechts in dieser Gegend nicht zu denken. Außerdem müßte, wenn die Flößerei wegfallen sollte, bei der Bahn Altensteig—Nagold dafür gesorgt werden, daß mehr Transporteure aus dieser schmalspurigen Bahn zur Verwendung gelangen. Den Wasserwerksbesitzern, den Industriellen und den Fischwafserpachtern wäre freilich eine baldige Aufhebung des Floßrechts erwünscht. Uebrigens sind die Wasserstuben im obern Nagoldthal erst vor kurzer Zeit mit vielen Kosten vom Staat neu hergestellt worden, es wären wohl diese Ausgaben erspart worden, wenn eine baldige Aufhebung der Flößerei möglich wäre. Gesellsch.
— Bei dem am Mittwoch stattgehabten Bibel- und Miss io ns fest in Stuttgart erstattete Hr. Missionar Hesse in Calw Bericht über die Fortschritte der Missionsarbeit. Dieses Jahr sei das 100jährige Jubiläumsfest der evangelischen Mission; die 4 Missionsgesellschaften am Anfang des Jahrhunderts hätten sich auf 100 vermehrt; statt 150 Missionaren seien es jetzt deren 3000; statt Vs Mill. jährlicher Einnahmen 40 Mill., statt 50,000 Bekehrter 3 Mill., statt 10 eingeborener Prediger deren 3000; statt 300 eingeborener Gehilfen 30,000. In 386 Sprachen werde heute das Evangelium gepredigt. Im vorigen Jahr sind 90,000 Heiden getauft worden.
Stuttgart, 25. Aug. Das Befinden des Rittmeisters Frhrn. v. Röder ist weder besser noch schlimmer geworden. Medizinalrat Dr. v. Burckhardt ist von seinem Urlaub hier eingetroffen, um nach dem Patienten zu sehen, und hat konstatiert, daß der Kranke noch nicht außer Lebensgefahr ist.
Stuttgart, 25. Aug. Marktbericht. Zufuhr 200 Zentner Kartoffeln. Preis per Zentner 3 -/H bis 4 1000 Stück Filderkraut. Preis
15 bis 20 ^ per 100 Stück. 400 Ztr. Mostobst. Preis 3 20 ^ bis 3 ^ 50 pr. Ztr.
Stuttgart. Bei dem Telegraphenamt im Bahnhof Wildbad wurde eine öffentliche Telephonstelle eingerichtet, welche am 25. Aug. d. Js. dem Betrieb übergeben werden wird und mittels einer neu erstellten Verbindungsleitung Wildbad—Calw —Stuttgart an das Telephonnetz angeschlossen ist. Diese öffentliche Telephonstelle dient zum Verkehr mit den Teilnehmern der sämtlichen Telephonanstalten des ganzen Landes. Im innern württembergischen Ver
kehr wird eine Gebühr von 50 für eine Sprechzeit von 5 Minuten oder einen Teil dieser Zeit erhoben; in dem gleichfalls zugelassenen Verkehr mit den Telephonteilnehmern in Pforzheim und Mannheim beträgt die Sprechgebühr 1 und zwar für eine Unterredung von der Dauer von 5 Minuten im Verkehr mit Pforzheim und von 3 Minuten im Verkehr mit Mannheim.
Stuttgart. In den heißen Tagen, insbesondere in den Abendstunden, hatte die Straßenbahn eine riesige Aufgabe zu bewältigen. Vielfach waren Beiwagen zum Hauptwagen erforderlich, und bisweilen wollten diese Doppelwagen nicht einmal mehr reichen, man mußte zu den alten amerikanischen zweistöckigen Wagen zurückgreifen, die ja bekanntlich nur für außerordentliche Fälle, wie Volksfest, Vorbehalten sind.
— In Pleidelsheim ertrank ein 13jähr. Knabe beim Baden.
Göppingen, 24. Aug. Auf den heutigen Vieh markt wurden gebracht 178 Ochsen, 110 Kühe und 115 Stück Schmalvieh, im ganzen 403 Stück. Da die Verkäufer sich nur schwer entschließen konnten, zu den zurückweichenden Preisen abzugeben, so ging der Handel nur flau. Es wurde bezahlt für 1 Paar Ochsen 720 bis 850 für 1 Kuh 80 bis 310 und für ein Stück Schmalvieh 85 ^ bis 280 -/A. Der Preisrückgang beträgt bei Kühen und Kalbeln etwa 30 auf das Stück.
Aalen, 24. Aug. Auf dem hiesigen Bahnhof wurde letzte Nacht im Verwaltungsgebäude und im Güterschuppen eingebrochen. Im ersten Fall drückten die Diebe eines der unvergitterten Fenster des im Parterre befindlichen Telegraphenbureaus ein und kamen so in das Innere. Von hier aus fanden sie den Weg ins Kassenzimmer, wo sie den für den Frühdienst bereitgehaltenen Inhalt der Schalterkasse von etwa 12 entwendeten. Im Güterschuppen drückten sie gleichfalls eine unvergitterte Scheibe im Giebel ein, erbrachen die Zimmer des Güterbeamten und Güterbeförderers, versuchten die dortigen Kassenschränke zu öffnen und erbrachen sämtliche Schreibtische, ohne jedoch Geld darin zu finden. Man wundert sich hier sehr über den Fall, da zwischen dem Verwaltungsgebäude und dem Güterschuppen die Nachtwache ist.
Künzelsau, 24. Aug. Der heutige Viehmarkt war der dringenden Erntegeschäfts wegen nur schwach besucht. Die Preise gingen, da die Aussichten nach Oehmdertrag ganz schlimm sind, zurück. Zu Markt gebracht wurden 221 Stück, davon wurden 71 Stück verkauft mit einem Gesamterlös von 9362 ->/7. Der Durchschnittspreis stellte sich pro Zentner lebend Gewicht beim Mastvieh auf 25 °^, beim Arbeitsvieh auf 20 beim Jungvieh auf 18
— Stadtschultheiß Münz in Isnr> hat nach 36jähriger Amtsführung infolge Erkrankung seinen Rücktritt angezeigt.
bescheidenen Kirchlein neben Regina saß; Eduard Roscoe's Worte hinsichtlich seiner Mündel hatten ihn über Gebühr aufgeregt und die Vorstellung, daß ein anderer sie als Eigentum zu gewinnen trachten könne, setzte ihn in Zorn und Entrüstung.
Jetzt war die Predigt beendet und der Schlußgesang begann; Regina schlug ihr Gesangbuch auf und dabei fiel Herrn Palma das Titelblatt des kleinen, in dunklen Sammet gebundenen Buches ins Auge. „Regina Orme zum Andenken an ihren treuen Freund Pcrcy Lmdsay" stand auf diesem Blatt geschrieben; Elliot Palma preßte die Lippen zusammen und mit tief verfinstertem Gesicht schritt er nach Beendigung deS Gottesdienstes neben Regina dem Ausgang der Kirche zu. Regina fühlte sich durch das Schweigen und das finstere Aussehen ihres Begleiters bedrückt und nach einer Weile sagte sie zaghaft:
„Herr Palma — ich bin Ihnen so dankbar, daß Sie mit mir gingen, denn es war Ihnen gewiß ein Opfer, oder hat die Predigt Sie befriedigt?"
„Hm — in mancher Hinsicht war mir der Besuch der Kirche entschieden förderlich und ich werde denselben gewiß nicht vergessen," lautete die orakelhafte Antwort.
,O, so gefiel Ihnen die Predigt? Wie mich das glücklich macht," rief Regina
erfreut.
„Das habe ich nicht gesagt, Regina — es schien mir übrigens, als ob der Kirchendesuch auch für Sie nicht nur „ungemischte Freude" bedeutet habe — weshalb weinten Sie denn io bitterlich?"
„Ach — eS war nur eine Erinnerung, die mich so aufregte," gestand Regina lecke.
„Herrn Palma's Gedanken setzten die „Erinnerung" sofort in Rapport mit der Inschrift des Gesangbuches und ziemlich unfteundlich fragte er:
„Bezog sich diese Erinnerung auf eine bestimmte Persönlichkett?"
„Ach ja und auf eine sehr traurige Zeit; als die Orgel die Melodie intonierte „Hebe deine Augen auf rc." mußte ich an den Tag denken, da ich diese Worte zuletzt gesungen," sagte Regina, wieder mtt ihren Thränen kämpfend: „Der arme liebe Hargrove bat mich kurz vor seinem Tode, ihm diesen Psalm zu singen — wir hatten
ein Harmonium im Pfarrhause und es war seine liebste Abendunterhaltung, die Psalmen in Begleitung dieser feierlichen Töne zu hören. Als ich den Psalm an jenem Abend beendet hatte, sang ich auf Onkel Paul's Wunsch noch das bekannte „Herr bleibe bei uns, denn es will Abend werden rc." und während des Gesanges schloffen sich seine Augen für immer."
„Verzeihen Sie mir, Regina," sagte Herr Palma sanft, „daß ich diese schmerzlichen Erinnerungen nochmals berührte."
Eine Weile verging unter diesem Schweigen und dann fragte der Advokat:
„Spielen Sie gerne Harmonium, Regina?"
„Sehr gern — zur Begleitung ernster Lieder eignet es sich entschieden besser, als das Klavier."
„Und würden Sie, falls in unserer Bibliothek ein Harmonium wäre, sich entschließen können manchmal zu meiner besonderen Freude auf dem Instrument zu spielen und Lieder zu singen, Regina?"
„Wenn Sie es wünschen, werde ich es gern versuchen."
„Herr Palma schwieg, als sie aber an einen sehr belebten Straßenübergang kamen, sagte er plötzlich:
„Bitte, Regina, nehmen Sie meinen Arm."
Verwundert blickte Regina zu ihm auf und als sie zögerte, fragte er lächelnd:
„Können Sie nicht hinaufreichen?" worauf er, ohne ihre Antwort abzuwarten, ihre Hand erfaßte und dieselbe aus seinen Arm legte.
„Sehen Sie — Sie reichen mir schon an die Schulter," bemerkte er scherzend ^ „in der letzten Zeit sind Sie tüchtig gewachsen und haben begründeten Anspruch darauf, wie eine junge Dame eskortiert zu werden, Regina."
Als Beide in die fünfte Allee einbogen, sagte Herr Palma:
„Regina, heute Nachmittag habe ich Ihnen einen Gefallen erwiesen, wollen. Sie mir jetzt das Gleiche thun?"
(Fortsetzung folgt.)