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I stand langer Erörterungen in der Stadtverordnetenver- sammmlung. Der Tiefbauausschuß beantragte dafür die Bewilligung von 5000 um die Plane der Klärbecken, ver Kanal- und Wasserversorgungsanlagen auszustellen. Das war aber verschiedenen Stadtverordneten nicht genug, sie wollten auch die Hochbauten, namentlich unser Opernhaus, in Chicago vertreten sehen und deshalb den Magistrat auffordern, eine neue, weitergehende Vorlage einzubringen. Allein dieser Antrag wurde bei Stimmengleichheit durch Stichentscheid des Vorsitzenden Sonnemann abgelehnt, und so wurden nur die oben erwähnten 5000 bewilligt.
München. Cand. jur. Wiesbeck, der Sohn eines bayerischen Ministerialrats, ist Samstags am Wettersteingebirge verunglückt und war sofort tot. Seine Begleiter die cand. Neumann und Enzensperger sahen den Gefährten, der vor zwei Monaten diese Tour schon allein machte, plötzlich an einer an sich nicht mehr gefährlichen Stelle stürzen und ins Gerölle- feld kollern. Abends ^/«7 Uhr fanden ihn seine Begleiter, welche mit Hilfe des Pächters am Schachenhause die Leiche nach Garmisch transportierten, von wo der Weitertransport nach München erfolgte.
Berlin, 10. August. Der Kaiser hat heute vormittag den Reichskanzer Grafen v. Caprivi zu längerem Vortrag empfangen. Zu morgen ist Minister Herrfurth zur Abschiedsaudienz und zur kaiserlichen Tafel befohlen. Minister Herrfurth hat heute seine Amtsgeschäfte an seinen Nachfolger Eulenburg übergeben. Der Abschied von seinen Räten war besonders warm und herzlich. ' Der Minister setzte ihnen ausführlich die Gründe seines Rücktritts, vor allem seinen grundsätzlichen Gegensatz bei vielen wichtigen Fragen der Miquelschen Steuerreform auseinander. Soweit man hört, beabsichtigt Herr Herrfurth, seinen ständigen Wohnsitz in Berlin beizubehalten, wo er bereits eine Privatwohnung im Westen der Stadt gemietet hat, und sich zunächst ganz seinen Abgeordnetenpflichten zu widmen. Man nimmt an, daß er nunmehr als Hospitant der freikonservativen Partei beitreten wird.
Berlin, 11. Aug. Graf Waldersee trifft heute zu den Manövern in Kuxhaven ein. Die Beobachtung einer Anzahl fremder Offiziere, darunter der französischen, wird durch einen Miltärkordon unmöglich gemacht. — Das Bildnis, das der Kaiser nach Beendigung der Ausgleichsverhandlungen mit dem Herzog von Cumberland dem Frhrn. v. Hämmerst ein-Lopten schenkte, soll dem Berliner Tageblatt zufolge die Widmung tragen: Recht muß doch Recht bleiben!
Landwirtschaftl. Kerirksvereiir.
landw. Kauptfest in Kann statt betreffend.
Laut Verfügung des K. Ministeriums des Innern (S. württ. Wochenblatt für Landwirtschaft 1892 Nr. 32) wird am 28. Sept. d. I. das landw. Hauptfest in Cannstatt wieder abgehalten werden.
Bei demselben findet eine Preisverteilung für Pferde, Rindvieh, Schafe und Schweine an württembergische Züchter, eine Ausstellung der prämierten Pferde, des prämierten Rindviehs, von landwirtschaftl. Maschinen und Geräten, von Obst, Trauben und andern landw. Produkten, endlich ein Pferdewettrennen statt. Für Rindviehprämierungen sind die Grundbestimmungen für die staatlichen Rindviehschauen beim landw. Hauptfest in Cannstatt vom 17. Juni '1891 unter L. B. ebenso Wochenblatt für Landwirtschaft Nr. 20 vom 28. Juni 1891 S. 309, maßgebend, und sind für die Prämierung von Rindvieh 73 Preise mit 11570 darunter 5 Preise für Sammlungen von Einzelzüchtern und 6 Preise für Sammlungen von Züchtervereinigungen vorgesehen. Der Transport der Ausstellungstiere, soweit er mit der Eisenbahn stattfindet, geschieht auf Staatskosten, ebenso die Verpflegung der Tiere, während den Ausstellern — unter bestimmten Voraussetzungen — Aufenthaltskostenentschädigungen verabreicht werden. Die Bestimmungen für die Schaf- und Schweineprämierung haben eine Aenderung gegen seither nicht erfahren. Da die Preisbewerbungen für d as Rind- vieh schon am 15. Aug. eingebracht werden sollen, so werden etwaige Bewerber unseres Bezirks dringend ersucht, ihre Meldungen, soweit es noch nicht geschehen, sofort bei dem Unterzeichneten stellvertr. Vorstand einzubringen, damit die nötige Vormusterung und die hiebei stattfindende Fertigstellung der vorgeschriebenen Anmeldescheine noch rechtzeitig erfolgen kann. Letztere sind von dem Unterzeichneten zu beziehen.
Dingler,
stellv. Vorstand.
Staudesamt ßalw.
Geborene:
2. Aug. Mathilde Luise, Tochter des Gottlieb Rappold, Tuchscheeres hier.
4. „ Karl, Sohn des Johann Bippus, Eisen
bahnschaffners hier.
5. „ Anna Adelheid Elisabethe, Tochter des Eugen
Pfleiderer, Apothekers hier. Getraute:
9. Aug. Georg Gottfried Beißer, Siebmacher und Therese Münzing hier.
11. „ Friedrich Kober, Verwaltungsaktuar und
Fanny Schill hier.
Gestorbene:
6. Aug. Karl Friedrich Schechinger, Sohn des
Christian Schechinger, Fabrikarbeiters hier, 20 Wochen alt.
11. „ Karoline Rosine geborene Beißer, Ehefrau des Wilhelm Störr, Schuhmachers hier, 62 Jahre alt.
Gottesdienst
am Sonntag, den 14. August.
Vom Turm 554.
Vorm.-Predigt: Herr Stadtpfarrer Ehtel. 1 Uhr Christenlehre mit den Töchtern. 2 Uhr Bibelstunde im Vereinshaus: Herr Dekan Braun. In der Woche kein Gottesdienst.
folgte der Flottille. Unterhalb der Badeanstalten vor der Donaubrücke wurde Halt gemacht, um sich hier mit den Walfischjägern und der Wasserkavallerie zu vereinigen. Es waren Tonnen auf Gerüsten befestigt und die ersten L In Schaukelpferd mit Pferdekopf und Schwanz versehen. Die Reiter waren grün uniformierte junge Männer, die zum Gaudium der Zuschauer nur mit Mühe in den Sattel gelangen und sich nur schwer darin halten konnten. Aber man konnte sich nicht ausschließlich mit ihnen beschäftigen. Da zog ein Eskimo in seinem Boot die Aufmerksamkeit auf sich und eine kleine Dampf-Aacht sowie ein Walfisch, der sein breites Maul auf- und zuklappte. Jetzt begannen, während die Kapelle „Ich bin der Doktor Eisenbart" spielte, die merkwürdigsten Kuren und Operationen; aber ach, Doktor Eisenbart konnte des Elends nicht Herr werden, und schon empörten sich die Kranken gegen ihn. Da kam der Retter aus aller leiblichen Not, Pfarrer Kneipp, und nun begannen die Güsse und Douchen, daß es eine Lust war. Die falschen Propheten wurden in die Flut geworfen, bei welcher Rauferei schließlich alle ins Wasser fielen. Danach nahm die Walfischjagd ihren Anfang. Das Untier setzte sich in Bewegung und wurde von dem Boote der Eskimo und denen der Matrosen umkreist und harpuniert. Fort ging es dann durch die Donaubrücke dem Ziele zu, dem Stein- häule. An beiden Ufern standen die Menschen Kopf an Kopf, und alle Fenster waren besetzt. Im Stein- häule war bald kein leeres Plätzchen mehr. Erst spät am Abend zog man mit Musik wieder nach Hause. Auch in der Friedrichsau entfaltete sich frohes Treiben bis in die Nacht hinein.
Biberach, 10. Aug. Viehmarkt. Zutrieb 300 Stück. Handel wieder etwas gedrückt, Preise daher nieder. — Schweinemarkt. Zufuhr 150 Milch- und 19 Läuferschweine. Preise für Milchschweine 18—22 für Läuferschweine 30—40 ^ pro Stück.
Mannheim, 10. Aug. Die Flucht des sozialdemokratischen Führers und Agitators Hänsler hat in allen Kreisen der Bevölkerung großes und gerechtes Aufsehen erregt. H. war Geschäftsführer und Verwalter der Gelder des Medizinalverbandes.
Die Unterschlagungen Hänslers sollen nicht bloß 15,000 sonders sogar 28,000 ^ oder noch mehr ausmachen. Auf Grund der seit Januar d. I. höchst unordentlich geführten Bücher ist es überhaupt vorerst unmöglich, die wirkliche Höhe des Defizits zu bestimmen. Die hier erscheinende sozialdemokratische „Volksstimme" hat noch kein Wort über den Fall gefunden. Uebrigens war eine solche mangelhafte Kontrole vorhanden, daß nach dem Wortlaut der Statuten der Gesamtvorstand für das Defizit haftbar ist. — Hänsler soll heute nachmittag in Basel verhaftet worden sein.
Frankfurt a. M., 19. Aug. Die Beschickung der Weltausstellung inChicago seitens der Stadt Frankfurt bildete gestern Abend den Gegen-
Fragend blickte sie ihn an.
„Es ist mein Wunsch, Sie in meinem Hause glücklich zu sehen."
„Es scheint so," murmelte das junge Mädchen bitter.
„Sie sollten höflicher gegen Ihren Vormund sein — Bitterkeit und Sarkasmus sind hier nicht am Platz."
Regina fühlte, daß der Vorwurf gerecht war, aber sie schwieg und starrte finster vor sich nieder.
„Lassen Sie uns Freunde werden — versuchen Sie, geduldig und heiter zu sein."
„Ich werde mich bemühen, Geduld zu lernen — Heller und glücklich werde ich mich hier in diesem Hause niemals fühlen. O, wäre ich doch mit meinem theuren Onkel Hargrove gestorben — mü seinem Tode begannen meine Kümmernisse."
„Heiß und brennend rollte Thräne um Thräne über Regina's bleiche Wangen; Palma schwieg eine Welle und sagte dann sanft:
„Erzählen Sie mir von ihm — es wird Ihnen gut thun!"
„O nein, es würde die kaum vernarbte Wund neu aufreißen! Früher war ich so glücklich und jetzt —"
Ein finsterer Schatten flog über Herrn Palma's Züge und er fragte hastig:
„War der jüngere Geistliche noch in V.. als sein Onkel starb?"
„Nein — kurz nach seiner Abreise geschah das Unglück."
„Und welchen von Beiden vermissen Sie am meisten, Regina?"
„Beide waren mir gleich lieb — bitte, Herr Palma, geben Sie meine Hand frei — der Druck Ihres Siegelringes schmerzt.'
Dunkle Glut entstieg in Herrn Palma's Gesicht, als er die Spuren seines Ringes in Gestatt eines roten Males auf Regina's weißer Haut gewahrte; er murmelte eine Entschuldigung sagte dann sanft:
„Ich hätte Sie längst zu Bette schicken sollen — gestatten Sie mir nur noch eine» Wink. Von den Bewohnern diese» Hause» ist Olga die Einzige, welch, warme» Empfinde» und entgegenkommende Freundlichkeit besitzt — st» wird «» sich angelegen
sein lassen, Sie hier heimisch zu machen. Wenn Sie gegen Frau Palma zuvorkommend sind, haben Sie mit ihr gewonnenes Spiel — ich überlasse es Ihrem Takt, sich mit ihr zu arrangieren. — Was Ihr Zimmer betrifft, so bitte ich Sie, es sich ganz nach Gefallen und Geschmack einrichten lasten zu wollen, wenn es Ihren Wünschen nicht entspricht — Hettie ist angewiesen, Ihnen in Allem zu Willen zu sein. — Dies Bibliothekzimmer, welches Ihnen so gut gefällt, bitte ich Sie, durchaus als das Ihrige zu bettachten — mag ich abwesend oder zu Hause sein, immer steht Ihnen dies Gemach inkl. seiner Bücher zur Verfügung. Morgen werde ich mü Ihnen über Ihre Studien sprechen und das Nötige hinsichtlich des Unterrichts veranlassen.
— Wir werden täglich beim Diner, welches um 6 Uhr stattfindet, Zusammentreffen, wenn sie sich nicht entschließen können, mein einsames Frühstück, welches ich Morgens um 7 Uhr einnehme, zu teilen — Frau Palma und Olga stehen erst viel später auf.
— Ich hoffe und wünsche, Sie möchten sich hier zu Hause fühlen und jetzt gehen Sie zu Bett und schlafen Sie sich ordentlich au»."
„Ich danke Ihnen, Herr Palma — gute Nacht."
„Gute Nacht, Regina — vielleicht beruhigt es Sie, wen« ich Ihnen sage, daß Ajax sich sehr wohl befindet. Sobald ich nach Haus« kam, habe ich ihm einen Besuch gemacht; er war reichlich mit Speise und Trank versehen und ruhte auf einem weichen Lager. Und nun schlafen Sie wohl und hatten Sie mich nicht für eine» Blaubart und einen Menschenfresser — gute Nacht."
UV. Kapitel.
„Gnädige Frau, Sie werden sich wieder über Gebühr anstrrngrn — wissen Sie nicht mehr, was der Arzt gesagt hat?"
„Ohne Sorge, Anna — ich fühle mich durchaus wohl und frische Luft hitt Wunder an mir gethan."
„Aber Sie sehen so bleich aus."
(Kertsetzun, folgt.)