aufhalten. Zuerst wurde Not.Kand. Scheuerle ver­nommen, der dem Lieut. Krapf durch Urkundenfälsch­ung rechtswidrigen Vermögensvorteil verschafft haben soll. Scheuerle verbüßt gegenwärtig eine Zuchthaus­strafe von 1 Jahr und 2 Monaten wegen Verleitung zum Meineid. Der Gang der Verhandlung ist kurz folgender: Scheuerle sollte für Lieut. Krapf, der sehr drängte, Geld verschaffen. Kfm. Ehninger in Kirch- heim, mit dem Unterhandlungen gepflogen wurden, erklärte sich bereit, das Geld zu verschaffen, wenn ihm Bürgschaft geleistet werde. Dem Kfm. E. wurde nun ein Schuldschein auf 6000 ^ lautend mit den Unterschriften des Lt. Krapf als Schuldner und der Hrn. Nick und Waaser als Bürgen vorgewiesen, E. wollte jedoch noch 2 weitere Unterschriften haben. Zu diesem Zweck schickte Scheuerle den gleichfalls auf der Anklagebank sitzenden Karl Max Färber, Gehilfe bei Rechtsanwalt Waaser, der von Sch. über die Sachlage unterrichtet wurde, nach Pforzheim, um an­geblich die Unterschriften zweier Brüder dort einzu­holen. Färber fälschte jedoch die Unterschriften auf Betreiben des Scheuerle. Da nun Krapf die Bei­schaffung des Geldes beschleunigte, wurde dem Kfm. E. ein gefälschtes Telegramm aus Pforzheim von der Frau eines der Brüder vorgewiesen mit dem Inhalt, daß ihr Mann, im Weinkauf im Elsaß, mit Bürg­schaft einverstanden." Auf dieses Telegr. hin hat sich « E. bestimmen lasten, 2000 ^ an Krapf auszuhändigen. Als Zeugen waren geladen Lieut. Krapf, Kfm. Ehn­inger und Gasthofbesitzer W. S. aus Pforzheim, die auch erschienen, sowie R.-Anw. Waaser, der im Aus­land an unbestimmtem Ort weilt und deshalb nicht erscheinen konnte. Die Aussagen der Angeklagten, sowie der verschiedenen Zeugen gingen auseinander. Die Ausführungen des Staatsanwalts Herrschner waren für Scheurle belastend und für Färber entlastend. Der Verteidiger des Scheurle, R.-A. Fr. Haußmann, suchte nachzuweisen, daß sein Mandant besonders durch die Raffiniertheit, mit der Lieut. Krapf vorgegangen, zur Anstiftung der Urkundenfälschung getrieben worden sei, während der Verteidiger des Färber, R.-A. Eichberg, darauf hinwies, daß Färber von Scheurle überrumpelt worden sei, so daß F. sich nicht recht überlegen konnte, welcher strafbaren Handlung er sich durch die Fälschung des Schuldscheins schuldig mache. Nachdem die Verteidiger gesprochen hatten, zog sich der Gerichts­hof zurück. Das Urteil lautete gegen Scheurle wegen Anstiftung zu einem Vergehen der Urkundenfälschung, unter Einrechnung seiner gegenwärtig abzubüßenden Strafe wegen Verleitung zum Meineid, zu einer Ge­samtzuchthausstrafe von 2 Jahren und Verlust der bürgerl. Ehrenrechte auf die Dauer von 5 Jahren, und gegen Färber wegen Urkundenfälschung und Be­trug zu einer Gefängnisstrafe von 6 Monaten, von denen 2 Monate durch die Untersuchungshaft verbüßt, abgerechnet werden.

Stuttgart. Die Ernteberichte aus Württem­berg lauten günstig. Der Stand der Feldfrüchte in Biberach ist ein vorzüglicher. Kernen, Gerste und

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Haber stehen sehr schön. Auch für Kartoffel sind die Aussichten gut. Von Plochingen wird ein selten günstiger Stand gemeldet. Dies gilt auch für Obst­früchte. Aehnlich lauten die Nachrichten aus Heil­bronn. Die Weinberge stehen besser als im Vorjahre. Von der Tauber wird eine vorzügliche Kornernte ge­meldet, während die Weinberge ein geringeres Er­trägnis in Aussicht stellen.

Zell (bei Eßlingen), 3. August. Gestern früh stürzte der 13jährige Sohn des Schuhmachers Christian Barth von dem Heuboden in der Scheuer herab, wobei er sich neben einer schweren Kopfver­letzung auch eine Gehirnerschütterung zuzog, woran er jetzt schwer darniederliegt.

Tübingen, 4. Aug. Die direkte Tele­phonleitung nach Stuttgart ist nunmehr fertig und wird in allernächster Zeit dem öffentlichen Be­triebe übergeben. Die Verständigung zwischen Tübingen und Stuttgart durch die neue Leitung läßt nichts zu wünschen übrig.

Heilbronn. Ein 22 Jahre altes Mädchen von Bückingen ertränkte sich in einem Anfall von Schwermut im Neckar.

Ulm, 4. August. Ein hiesiger Karussellbe­sitzer, welcher schon seit einiger Zeit geistesgestört ist, sollte in die Irrenanstalt nach Göppingen verbracht werden. Auf dem hiesigen Bahnhofe verfiel der Kranke in Tobsucht, so daß er erst in eine Zwangs­jacke gesteckt werden mußte, bevor er nach Göppingen verbracht werden konnte.

Berlin, 5. Aug. DerKreuzzeitung" wird aus Warschau gemeldet, die Stadt Rzaryce (Wol­hynien) wurde in der letzten Nacht an vier Ecken anaezündet und ist vollständig niedergebrannt. 14 Personen fanden den Flammentod, 16 wurden schwer verwundet, 2000 sind obdachlos.

Cowes, 3. August. Bei der gestrigen Segel­regatta kam der Meteor als erster ans Ziel; zu­nächst folgte der Korsar; da jedoch Meteor dem Kor­sar eine Vorgabe von 27'/» Minuten bewilligt hatte, so gewann Korsar. Das Resultat wird allgemein be­dauert; dasselbe ist nur infolge des gegenwärtigen Handicapsystems möglich, da der Meteor von Anfang bis zu Ende an der Spitze sich befand. Der Kaiser, Prinz Heinrich und der Prinz von Wales speisten abends im alten Schlosse zu Cowes mit dem Royal Jachtklub, wobei Toaste ausgebracht wurden auf die Königin Viktoria, auf den Kaiser und auf den Präsidenten des Klubs.

Paris, 3. Aug. Ein bei dem Veryattentat verwundeter Arbeiter ist nachträglich wahnsinnig ge­worden und wurde gestern in das Irrenhaus überführt.

Vermischtes.

Allgemeine Rentenanstalt zu Stutt­gart. Der Rechenschaftsbericht dieser Anstalt für

das Jahr 1891 weist durchaus befriedigende Geschäfts­ergebnisse nach. Der erzielte Reingewinn betrug 468,583. gegen 378,155. im Vorjahre und das Gesammtvermögen ist auf 68,242,490.

gestiegen. Die Reserve- und Sicherheitsfonds (Extra­reserven) haben sich auf ^ 4,715,204 und die Prämienreserven sämtlicher Versicherungsformen auf 33,393,208. erhöht. Der Gesamtversicherungs­stand bezifferte sich am 31. Dezember 1891 auf 39,896 Policen über 54,094,171. versichertes Kapital und 1,641,293. versicherte Rente. Bei der Lebensversicherung war der Neuzugang ein er­heblich größerer als im Vorjahre, der Aufwand für Sterbfälle blieb hinter dem rechnungsmäßig zu er­wartenden um ^ 142,831. zurück. Die Ver­waltungskosten betrugen einschließlich der Agentenpro­visionen und Steuern 435,746. d. h. nur 0,64

Proz. des Gesamtvermögens. Die Dividende für die Lebensversicherung konnte auf 30°/« der Prämien und diejenige für die Rentenversicherung auf 5°/« der Rente festgesetzt werden.

Zur Rechtsprechung in Versicherungs­sachen. Der Landwirt O. leistete einem Ortsnach­bar freiwillig und ohne Entgelt Beihilfe als dieser Bauholz für den Wiederaufbau seiner abgebrannten Scheune herbeifuhr. Das Landversicherungsamt, in Uebereinstimmung mit einem Entscheide des Reichs­versicherungsamtes in einem gleichgelagerten Falle erklärte den dem O. hiebei zugestoßenen Unfall als einen land- und forstwirtschaftlichen Betriebsunfall und befand, daß es geradezu den thatsächlichen Verhält­nissen und der Absicht des Unfallversicherungsgesetzes- widerspreche, wenn man derartige Gefälligkeitsdienste als aus dem Rahmen des landwirtschaftlichen Be-- triebs fallend erachten wolle.

Standesamt ßalw.

G etraute:

30. Juli. Karl Kleinbub, Bortenwirker und Emma: Thudium hier.

4. Aug. Gustav Keller, Revieramtsassistent und- Sofie Kling er hier.

Gestorbene:

28. Juli. Emma Auguste Rühle, Tochter des Christof Friedrich Rühle, Oekonomen hier, 4 Monate alt.

1. Aug. Jakob Schneider, Maurers Witwe hier,.

67 Jahre alt.

2. Aug. Marie Katharine Lodholz, ledig hier, 70

Jahre alt.

Gottesdienst

am Sonntag, den 7. August.

Vom Turm 554.

Vorm.-Predigt: Herr Dekan Braun. Feier des heiligen Abendmahls. 2 Uhr Nachm.-Predigt: Herr Stadtpfarrer Eytel.

Montag, den 8. August.

Vorm. 7 Uhr Erntebetstunde in der Kirche: Herr Stadtpfarrer Eyt el. Mittwoch und Freitag kein Gottes­dienst.

Hm jedenfalls ist sie nebenbei auffallend hübsch," meinte Olga gleichmütig, finden Sie das nicht auch, Eduard?"

Ja in wenigen Jahren wird sie eine vollendete Schönheit sein," nickte Roscoe.

Sehen wir uns heute Abend bei Dalefield's, Eduard?"

Ich habe zugesagt; wenn Sie erlauben, hole ich Sie und Olga um 9 Uhr ab?"

Gut so werden wir auf Sie warten." Roscoe entfernte sich und während Frau Palma in Erwartung des Wagens noch hastig ein Billet schrieb, schlüpfte Olga hinauf in Regina's Zimmer.

Hettie hatte Regina's Koffer ausgepackt, nachdem das junge Mädchen erklärt, sie sei nicht hungrig und möge nicht frühstücken. Ihr trauriger Gesichtsausdruck ver- anlaßte Hettie m der Frage, ob sie eine Waise sei; Regina verneinte lebhaft und bemerkte erklärend ihre Mutter weile in Europa.

So sind Sie nicht auf Palma'S Mildherzigkeit angewiesen, Fräulein?" forschte Hettie weiter.

Regina mußte lächeln.

Nein Hettie," sagte sie freundlich;Herr Palma ist mein Vormund und auf den Wunsch meiner Mutter soll ich einstweilen in seinem Hause leben."

Na dann haben Sie auch nicht Ursache, so traurig zu sein, Fräulein," meinte Hettie tröstend; mit Fräulein Olga werden Sie sicher gut auskommen sie ist viel gutmütiger als ihre Mutter, wenn sie auch mitunter heftig wird und mehr redet, als sie verantworten kann. Und um den Hund sorgen Sie sich nicht wir werden schon Alle nach ihm sehen und er soll's recht gut hier im Haus« haben."

Danke Hettie," sagte Regina lächelnd, und als daS Mädchen jetzt das Zimmer verließ, lehnte Regina sich müde in die Sopha-Ecke und stützte den Kopf in die Hand. In trübe Gedanken, die dem treuen Freund ihrer Kindheit und seinem einsamen Grab gatten, versunken, überhörte Regina das Öffnen der Thür, und erst als eine warme kleine Hand die ihrige erfaßt«, blickt« sie verwirrt auf.

Genau, wie ich mir's gedacht in Gram und Schmerz versunken," deklamierte Olga lustig.Nein blicken Sie mich nicht so strafend an ich meine es gut mit Ihnen, und wenn Sie über das Haus Palma, welches Sie so ungastlich em­pfangen hat, den Stab brechen, so erinnern Sie sich gütigst, daß ich eine Neville und keine Palma bin! Freilich habe ich auch nur rotes Blut in den Adern, während die Palma's blaublütig sind, aber man behauptet, das rote Blut sei wärmer und das ist auch ein Vorzug. In aller Form biete ich Ihnen ein Schutz- und Trutz­bündnis an schlagen Sie ein?"

Sie sind sehr freundlich," stammelte Regina endlich.

Hm, das soll heißen, daß Sie mir nicht recht trauen?"

O nein, ich kühle mich nur noch so fremd hier und"

Vermutlich haben Sie Hunger," fiel Olga dem jungen Mädchen in's Wort«, nein wehren Sie sich nicht es ist doch so. Folgen Sie meinem Rat lassen Sie sich von Hettie ein warmes Bad bereiten zu jedem Schlafzimmer hiev im Hause gehört ein Badezimmer, welches an das erste« flößt."

Weiter fuhr Olga fort:Nach dem Bade frühstücken Sie und dann legen Sie sich zu Bett und holen Sie den versäumten Schlaf nach .... Noch Eins damit Sie Mama nicht falsch beurteilen, muß ich Ihnen sagen, daß sie als Kind von einem Hunde fast zerrissen wurde, und daher stammt ihre Antipathie gegen das- Hundegeschlecht."

Regina zunickend, verließ Olga das Zimmer; gleich darauf erschien Hettie und eingedenk der Mahnung ihrer neuen Freundin bat Regina das Stubenmädchen, für ein warmes Bad zu sorgen und ihr später Frühstück zu bringen. Hettie nickte und ritte davon; in kürzester Zeit war das Bad bereitet und später genoß Regina, mit bestem Appetit eine Taff« kräftiger Bouillon und die Hälfte eines kalten ge­bratenen Huhns. Hierauf legt« sie sich zu Bett, und als Hettie nach einer Welle, leis« ins Zimmer schlich fand sie Regina in tiefem Schlaf.

(Fortsetzung folgt.)