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Amts- und Anzeigeblatt für den Bezirk (Lalw.
92.
«erscheint Dien « la g , Donnerstag und Samstag. Die EinrückungSgebkhr beträgt im Bezirk und nächster Umgebung » Psg. die Zeile, sonst lg Big.
Amtliche Bekanntmachungen.
Uoii 10 Standesämtern
fehlen noch die für das zweite Vierteljahr an das Oberamtsphysikat einzusenden Uebersichten (Formulare im Regierungsblatt von 1891 Seite 336); ich bitte um deren baldige Zusendung.
Oberamtsarzt vr. Müller.
Tages-Neuigkeilen.
(Amtliches aus dem Staatsanzeiger.s Die K. Regierung für den Schwarzwaldkreis hat am 3. August 1892 die Wahl des Gemeindepflegers Ulrich Nothacker in Emberg, OA. Calw, zum Schultheißen dieser Gemeinde und des
Verwaltungskandidaten Adolph Hilligardt von Hofen, OA. Besigheim, zum Schultheißen der Gemeinde Simmozheim, OA. Calw, bestätigt.
— Bei der im Juli abgehaltenen mathematischnaturwissenschaftlichen Vorprüfung für Kandidaten des Bau- und Maschineningenieurfachs ist als befähigt erkannt worden: Lörcher, Paul, von Althengstett OA. Calw.
— Infolge der am 27. Juli stattgehabten Konkursprüfung ist zum Studium der Theologie ermächtigt und in das Seminar in Tübingen ausgenommen worden: Erhardt, Karl, S. d. Schlossermeisters in Calw, Keller, Wilhelm, S. d. Pfarrers in Gechingen, Bühler, August, S. d. Landwirts in Gültlingen.
** Calw. Bei der am 17. Juli vorgenommenen Neuwahl zum Kirchengemeinderat sind von den bisherigen Mitgliedern die Herren Oberlehrer a. D. Ansel, Schreinermeister Eisenmann, Kaufmann
Samstag, den 6. August 1892.
Kraushaar, Rektor a. D.Dr. Müller wiedergewählt worden. Neu gewählt wurde Herr Professor Ploch er. Letzten Sonntag, 31. Juli, hat nun die Verpflichtung des Letzteren im unmittelbaren Anschluß an den Vormittagsgottesdienst stattgefunden. — Da die bisherige Orgelempore sich für den Kirchengesangverein, welcher etwa 48 Mitglieder zählt, als viel zu klein erwiesen hat, so hat der Kirchengemeinderat den dankenswerten Beschluß gefaßt, diese Empore dem Bedürfnis gemäß erweitern zu lassen. Bei dem am Sonntag stattfindenden Kirchenkonzert wird es sich zeigen, wie wohl- thätig diese Veränderung für die Aufstellung und das Zusammenwirken des betr. Vereins ist.
** Aus Liebenzell. Morgen Samstag abend wird Frl. v. Hoerschelmann, eine geborene Lifländerin, die aber seit Jahren in Italien, in England und gegenwärtig in Deutschland reist und mit Erfolg sowohl kulturgeschichtliche als deklamatorische Vorträge hält, im Saale des „Unteren Bades" einen Vortragsabend geben. Frl. v. Hoerschelmann hat sich in neuester Zeit u. A. in Karlsruhe durch ihre Vorträge über „Michel Angelo", in Heidelberg durch Vorträge über Dante's „Göttliche Kommödie" vorteilhaft bekannt gemacht. Die uns vorliegenden Berichte, die seit Anfang Juni aus Göppingen, Urach, Heidenheim, Geislingen, Blaubeuren, Ellwangen datieren, sprechen sich über den gedankenreichen Inhalt und die formgewandte Behandlung dieser Vorträge in der alleranerkennendsten Weise aus. Als Kunstschriftstellerin hat sie sich in einem zweibändigen Werke „Kulturgeschichtlicher Cicerone für Italien-Reisende" (der Kaiserin Friedrich gewidmet) vorteilhaft eingeführt. Aber auch als Re- citatorin bedeutender Dichtungen erfreut Frl. v. Hoerschelmann sich des besten Rufes, und gerade von
67. Jahrgang
Abonnemerittprei» vierteljährlich in der Steckt -d Pfg. und LS Pfg. Trägerlohn, durch die Post bezogen Mk. 1. >5, sonst i» ganz Württemberg Ml. 1. Sb.
dieser Seite werden wir sie hier kennen lernen. Den Hauptanziehungspunkt des Abends wird der Vortrag des „Hexenliedes" von Wildenbruch und das Liebes- drama „Francesce's da Rimini" aus Dante's Göttlicher Kommödie in deutscher Uebersetzung von Streckfuß bilden. Wir zweifeln nicht daran, daß die Recitation der talentvollen Künstlerin, die sich weit über die Grenzen Deutschlands eines glänzenden Rufes erfreut, der zur Zeit in Liebenzell weilenden Badegesellschaft eine willkommene Unterhaltung bieten wird.
Stuttgart, 3. August. Heute Vorm, von '/,9 Uhr ab fand die Verhandlung gegen den Not.- Kand. Karl Scheuerle aus Hirsau und Max Färber wegen Privaturkundenfälschung statt, die mit dem Fall des Lieut. Krapf zusammenhängt; geladen waren 5 Zeugen, erschienen sind 3. Lieut. Krapf, der ebenfalls als Zeuge geladen war, wurde heute früh in einem Wagen in Begleitung von 1 Offizier und 2 Unteroffizieren von Ludwigsburg hierher verbracht. Den Vorsitz führte Landger.Rat Lemppenau, die Staatsanwaltschaft war vertreten durch Staatsanwalt Herrschner. Verteidiger des Scheuerle ist Rechtsanwalt Friedr. Haußmann, des Färber R.Anwalt Eichberg. Da R.Anw. Waaser, der ebenfalls als Zeuge geladen und bei dem Scheuerle als Gehilfe angestellt war, zu der heutigen Verhandlung nicht beigebracht werden konnte, war R.A. Haußmann für Vertagung der Verhandlung, da die Aussagen des R.A. Waaser doch von Wert für Scheuerle sein könnten. Das Gericht legte jedoch auf die mündlichen Aussagen des R.A. Waaser keinen großen Wert, da R.A. Waaser bis zur Verübung der Thal von dem Vorgang keine Kenntnis gehabt habe. Es wurde deshalb in die Verhandlung eingetreten. Waaser soll sich im Ausland an unbekanntem Ort
. -kochdruck »erb»Ien.
Dolorosa.
Roman von A. Wilson. Deutsch von A. Geisel.
(Fortsetzung.)
„Wohnen Sie denn nicht hier im Hause?" frug Regina erstaunt.
„Nein, leider nicht", versetzte er lächelnd; ,. ich arbeite auf dem Bureau meines Vetters und bilde mich unter seiner Leitung zum Rechtsanwalt au«. Also guten Morgen, gnädiges Fräulein, und wenn es mit Ajax doch noch Schwierigkeiten geben sollte, stehe ich zur Verfügung — daß ich den Hund trefflich hüten werde, verspreche ich Ihnen."
„Ich danke Ihnen," sagte Regina herzlich.
Als Regina das Zimmer verließ, rannte sie gegen eine junge Dame, welche die Arie aus Verdi's „Rigoletto" trällernd durch den Korridor schritt. Eine Entschuldigung stammelnd, folgte Regina dem Stubenmädchen, während die junge Dame in's Wohnzimmer trat und hastig fragte: „Mama, — wer war denn das junge Mädchen?"
„Elliot's Mündel, Fräulein Orme."
„Hm — Fräulein Orme sah eben nicht überglücklich aus — sollt« sie das Glück, hier unter Deinen Fittigen leben zu dürfen, nicht genügend zu schätzen wissen ? Ah — da sind Sie ja auch, Herr Roscoe — was hat's denn schon am frühen Morgen gegeben, daß Mama so finster dreinschaut, das schöne Kind Trübsal bläst und Sie selbst nicht recht wissen, was für ein Gesicht Sie dazu machen sollen? Halt, jetzt Hab ich's — es handelt sich sicher um den prächtigen, weißen Hund, den Farley vorhin durch die Halle führte!"
Olga Neville lachte laut und lustig, als jetzt Hettie wieder erschien empfahl sie
ihr an, der jungen Dame schnell eine Tasse heißen Kaffee's und ein Frühstück zu bringen — die Arme sehe halb erfroren und verhungert aus.
Frau Palma's Tochter mochte 21 bis 22 Jahre zählen; ne war schlank und hoch gewachsen, hatte haselnußbraune Augen üppiges Haar, welches sie selbst lachend als goldbraun zu bezeichnen pflegte, während dasselbe nach Ansicht Anderer rot genannt werden durfte. Die nicht allzu regelmäßigen Gesichtszüge hatten einen äußerst angenehmen Ausdruck; Olga's Teint war zartrosig und sie bewegte sich mit vollendeter Eleganz und Grazie.
Frau Palma's Gesicht hatte sich nicht aufgehellt, als Olga des Hundes erwähnt ; jetzt trat die junge Dame zu der Mutter, küßte sie auf die Wange und sagte schmeichelnd:
„Mama, so sei doch nicht so verdrießlich — Du mußtest das arme junge Ding nicht gleich in der ersten Stunde kopfscheu machen!"
„Soweit ich mich indes auf Physiognomiken verstehe, dürftest Du auf die Dauer nicht eben leichtes Spiel mit ihr haben — ihre Art, die Lippen aufeinander zu pressen, deutet auf Entschlossenheit und die dunkelblauen Sterne unter den langen schwarzen Wimpern blitzten recht engerisch und kampfbereit."
-Olga — Du solltest ernste Sachen endlich einmal ernst behandeln," zürnte die Mutter: „Denk an mich — Elliot's Mündel wird uns noch Ärger genug bereiten."
„Mama — Du nimmst die Sache wirklich zu tragisch," lachte Olga, „das junge Mädchen gefiel mir ausnehmend! Ich habe selten so schönes schwarzes Haar gesehen und —"
„Und mir erschien ihre Gemütsart noch schwärzer als ihr Haar," bemerkte Frau Palma spitz; „als ich erklärte, der Hund könne nicht hier bleiben, beliebte es ihr, meine Äußerung als einen easus belli aufzufassen und wäre Eduard nicht dazwischen getreten, dann hätte sie mitsamt ihrem Hunde den Staub von ihren Füßen geschüttelt und dieser ungastlichen Schwelle den Rücken gekehrt. Du hättest nur da« diabolische Funkeln ihrer Augen sehen sollen!"