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in Wilhelmshaven ist auf den 27. Juli festgesetzt. Wenn es das Befinden der Kaiserin gestattet, wird sich der Ausflug nach England zu den Festen in Cowes unmittelbar, d. h. ohne daß der Kaiser vorher nach Berlin und Potsdam geht, anschließen; die Rückkehr zum kaiserlichen Hoflager ist für den 9. oder 10. August zu erwarten. Bis Ende August wird der Kaiser in Potsdam verbleiben. Im September gedenkt der Kaiser nach der großen Parade am Sedantag einer Einladung nach Schweden zu folgen und in Götaland einige Tage auf Elche zu jagen. Alsdann folgt die Reise nach Koblenz, wo Parade stattfindet, und zu den reichsländischen Manövern nach Metz. Von hier aus ist ein Ausflug nach der neuen kaiserlichen Besitzung Urville in Aussicht genommen, worauf die Besichtigung des 13. und 14. Armeecorps mit Besuchen in Stuttgart und Karlsruhe folgen soll.
— In Basel wurde der 52jährige Spenglergeselle Riesterer aus Baden, ein 5facher Familienvater, vom dortigen Statthalter, Altnationalrat Löv, 60 Tage im Gefängnis behalten, weil eine 17jähr. „Seherin" in Arlesheim in ihm Jack den Bauchauf- schlizer erkannt haben wollte. Herr Löv ließ über die Verzückungen und Aussagen der Seherin förmliche Protokolle aufnehmen, und dem armen Gesellen half es nichts, daß er immer und immer wieder verneinte, jemals in London gewesen zu sein. Schließlich wurde er entlassen und zwar mit 10 Fr. Entschädigung. Riesterer aber wandte sich an die Regierung und diese hat ihm eine Entschädigung von 70 Fr., dem Löv aber eine Ordnungsstrafe von 20 Fr. zugesprochen.
Schw. M.
Tromsö, 19. Juli. Ueber die Walfischjagd, an welcher der Kaiser teilnahm, berichtet ein Telegramm der „Münch. N. Nachr." : Die Jagd begann früh um halb 7 Uhr; um 7 Uhr war ein Wal angeschossen, um halb 8 Uhr lag er längsseits des Schiffes. Der Kaiser nahm mit höchstem Interesse an dem Vorgang teil. Der Kaiser warf eine Flasche mit einem eigenhändigen Bericht ins Meer. Am Samstag besichtigte der Kaiser den Wal am Strande. Der Vertreter der Gesellschaft, welcher der Walfischfänger gehört, brachte ein Hoch auf den Kaiser aus; dieser dankte unter Anerkennung der Leistungen. Die Tafelrunde wurde photographiert. Der Harpunier erhielt eine goldene Erinnerungs-Medaille.
Petersburg, 21. Juli. Am 18. Juli kamen in Astrachan 195 Cholerafälle, 132 Todesfälle, in Saratow 106 Erkrankungen, in Zarizin 77, in Samara 75 Erkrankungen und 36 Todesfälle, in Simbirsk in der Zeit vom 14. bis 17. Juli 16 Erkrankungen, 6 Todesfälle, in Rostow 64 Erkrankungen, 14 Todesfälle vor.
Vermischtes.
Lebensversicherungs-und Ersparnis- Ban k i n S t u t t g a r t. Die erste Hälfte des Jahres ist für die Bank äußerst günstig verlaufen. Es
wurden neu beantragt: Todesfallversicherungen über 20100000, Alters- (Aussteuer-) Versicherungen über ^ 1212000, insgesamt also 21312000, das ist mehr als in derselben Zeit des Vorjahres 5057000. Der Versicherungsstand hat sich dadurch aus rund ^ 354600000 gehoben. Der Verlauf der Sterblichkeit kann ebenfalls als ein günstiger bezeichnet werden. Der Abgang bei Lebzeiten hält sich, wie gewohnt, in sehr mäßigen Grenzen. Der Reinzuwachs ist infolge dieser günstigen Umstände um rund 3360000 höher als der von Ende Juni 1891. Dividende nach neuem System 40'/» der lebenslänglichen und extra 20°/« der alternativen Zusatz-Prämie oder 3"/o der gesamten Prämiensumme (steigende Dividende).
Neue Sekte. Eine wunderliche Sekte hat sich unter der Führung eines englischen Arztes, des Dr. Densmor, gebildet und zählt bereits viele Tausende von Anhängern. Ihr Feldgeschrei lautet: Keine Stärke, d. h. keine stärkehaltigen Nahrungsmittel essen! Sie predigen also Vermeidung von Brot, Gemüse, Kartoffeln, Mehl u. s. w., dagegen reichlichen Genuß von Fleisch, Milch und süßen Früchten. Mit gleicher Leidenschaftlichkeit wie die Vegetarier verfechten sie ihren Standpunkt, der, wie man sieht, in scharfem Gegensatz zu demjenigen der Gemüseheiligen steht und jedenfalls mehr kulinarische Genüsse gewährleistet als dieser. Daß übrigens auch religiöse, und zwar etwas mystisch angehauchte Anschauungen diesen Bestrebungen zu Grunde liegen, ist echt englisch.
Gentners Wichse, in roten Dosen rr 10 und 20 Pfg., ein aus den besten Rohstoffen hergestelltes Fabrikat, erzeugt thatsäcylich mit nur wenig Bürstenstrichen den prachtvollsten, tiefschwarzen, dauerhaftesten Glanz. Aber nicht nur dadurch übertrifft „Gentners Wichse" jede andere, sondern sie hat auch einen außerordentlich großen Fettgehalt und führt daher dem Leder Nahrung zu. „Gent ners Wichse" ist nicht nur nicht teurer, sondern viel billiger, weil dieselbe kein Wasser enthält und erst beim Gebrauch stark mit Wasser verdünnt werden muß. Die Verpackung — elegante rote Dosen mit der A ufschrift „Gentners Wichse" — ist sehr hübsch und hebt dieses vorzügliche Fabrikat schon äußerlich gegen die bisher gehabten Verpackungen vorteilhaft hervor. Wir machen auf die heute in diesem Blatte erscheinende diesbezügliche Annonce aufmerksam und empfehlen, mit „Gentners Wichse" einen Versuch zu machen; man darf sicher sein, daß er allseitig hoch befriedigen wird.
Gottesdienst
am Sonntag, den 24. Juli.
Vom Turm 240.
Vorm.-Predigt: Herr Dekan Braun. 1 Uhr Christenlehre mit den Töchtern. 2 Uhr Nachm.-Predigt: Herr Stadtpfarrer Eytel.
Montag, den 25. Juli. Aeiertag Aakoki.
9 Uhr Predigt: Herr Stadtpfarrer Eytel.
Mittwoch keine Betstunde.
Niederstetten. In dem benachbarten Dorfe Herrenzimmern stürzte das 6jährige Söhnchen des Müllers G- durch einen Fehltritt vom Scheuerboden und war sofort tot.
Friedrichshafen. Zu dem nächsten Monat hier stattfindenden IV. Deutschen Fischereitag werden bereits jetzt Vorbereitungen getroffen. Die Verhandlungen nehmen am 25. Aug. vormittags 8 Uhr ihren Anfang. Das Vergnügungsprogramm ist sehr reichhaltig. Der König wird am 25. Aug. Nachmittags hier eintreffen, die Ausstellungshalle besichtigen und die Spitzen des Fischereitages in Audienz empfangen, sowie alle Teilnehmer des Festes bewirten lassen.
Oehringen, 18. Juli. Zur Bismarckreise der Schwaben nach Kissingen möchten wir ein flottes Radlerstückchen nachtragen. Ein hiesiger ehrsamer Schneidermeister bestieg in der Nacht von Samstag auf Sonntag um 1 Uhr (die Bismarckverehrer, welche den Extrazug benützten, waren schon 5 Stunden vorher abgereist) sein Stahlroß und machte die 157 km nach Kissingen mit einer einzigen Unterbrechung in der Zeit von 11 Stunden. Drei Kilometer vor Kissingen sauste der Extrazug an ihm vorüber; zur Tafel aber und zum übrigen kam er ebensobald, als die Extrazügler. Die Heimfahrt machte er mit seinem Rad in 12 Stunden. Schw. Rundsch.
Baden-Baden, 19. Juli. Am 24. ds. geht auch von hier aus ein Sonderzug mit Verehrern des Fürsten Bismarck nach Kissingen, wo sie der Altreichskanzler zu empfangen bereit ist.
Braunschweig, 20. Juli. Sämtliche Großindustrielle des hiesigen Handelskammerbezirks haben sich auf die vom Ministerium veranlaßte Handelskammerumfrage zur Beschickung der Berliner Weltausstellung bereit erklärt.
Schwerin, 21. Juli. Nach Mecklenburger Meldungen tritt die Nonnenraupe in großer Menge auf. Der Schaden ist beträchtlich, namentlich in der Criwitzer Gegend.
Berlin, 21. Juli. Von der Vorlegung eines neuen Volksschulgesetzes in der bevorstehenden Schlußtagung des Landtages ist, zuverlässigen Erkundigungen zufolge nicht die Rede. Ebensowenig dürfte vorläufig die Vorlage eines neuen Dotationsgesetzes erfolgen. —
Bereits seit längerer Zeit finden die Vorarbeiten zu einer gründlichen Revision des Jnvaliditäts- und Altersversicherungsgesetzes statt. Indessen werden dieselben für die nächste Reichstagssession nicht beendigt sein. — Die Einbringung der in Vorbereitung begriffenen großen Militärvorlage noch in dieser Reichstagsession gilt in unterrichteten Kreisen für sicher; ebenso daß in der Herbstsession der bisher unerledigt gebliebene Gesetzentwurf über den Verrat militärischer Geheimnisse, sowie eine Vorlage über den Schutz von Militärbrieftauben zur Beratung gelangen werde.
— Die Rückkehr des Kaisers und Landung
haltet die Leiter, nährend ich mit Regina auf dem Arm Euch Nachfolge. Schön — so geht's — ohne Sorge, Regina — ich bringe Dich sicher nach Hause."
Tiefousatmend stand Percy Lindsay fitzt mit seiner Bürde im Kirchhof; der alte Daniel bereitete die wollene Decke, die er mitgebracht, auf die improvisierte Tragbahre — dieselbe war ein Fensterladen seines Häuschens — und dann legte Percy das junge Mädchen sanft auf die Decke, rief Ajax herbei und gab diesem die brennende Fackel zu tragen.
Der Hund schien sich der Wichtigkeit seiner Mission vollauf bewußt; die Hackel mit den Zähnen haltend, trabte er den Trägern gravitätisch voran, und erst als die kleine Gesellschaft am Thor des Pfarrgartens stand, ließ Ajax die gänzlich heruntergebrannte Fackel fallen und stieß ein leises Gewimmer aus, während er mit der Pfote über die versengten Haare strich.
„Armer Schelm." sagte Percy bedauernd, „hat die Fackel Dir den Bart gesengt? Na — Du hast Dich gehalten wie ein Held — Dein griechischer Namensvetter kann stolz auf Dich sein."
„Percy." rief Frau Lindsay's zitternde Stimme den Nahenden entgegen, „hast Du Regina gefunden?"
„Ja. Mutter, — wir bringen sie."
„Ihr bringt sie — barmherziger Gott — sie ist tot?"
„Nein, Mutier — beruhige Dich — sie ist wohl und gesund, nur ihr Fuß ist verletzt."
„Jfl's auch wahr? Täuschest Du mich nicht?" fragte Frau Lindsay angstvoll, indem sie sich schluchzend über Regina beugte.
„Nein Tante, ich habe mir wirklich nur den Fuß verstaucht," sagte Regina mit einem schwachen Verfuch ru lächeln.
„Ach Gott — das arme Lämmchen ist gewiß tot?" schrie Hannah hrrzueilend Und heftig gestikulierend.
„Nein, Hannah — ich bin gan, gesund," versicherte Regina, «ährend Percy
sie wieder in seine Arme nahm und sie ins Hgus trug, wo er sie auf das Sopha legte.
Der alte Pfarrer kam jetzt auch herbei und streichelte Regina's bleiches Ge- sichtchen. Frau Lindsay untersuchte den verletzten Fuß und erklärte, derselbe sei nicht gebrochen ; mit Hülfe Hannah's umwickelte sie das kranke Glied mit nassen Tüchern und dann fragte sie sanft: ^
„Sage mir nur, Regina, weshalb Du nicht vor Ausbruch des Gewitters nach Hause eiltest?"
„Ach, ich war in der Kirche, Tante," versetzte Regina, „und als ich endlich bemerkte, wie dunkel es geworden war und nach Hause gehen wollte, brach das Gewitter mit solcher Heftigkeit los, daß ich froh sein mußte, unter Dach zu sein."
„In der Kirche warst Du?" wiederholte Hannah bestürzt; „ich war gerade vor Ausbruch des Gewitters im Kirchhof", setzte sie zögernd hinzu, „hast Du mich nicht gesehen?"
„Doch — ich sah Dich den Kirchhof verlassen, Hannah," sagte Regina einfach; in diesem Augenblick befahl Frau Lindsay der Alten, frisches Wasser zu holen und Hannah eilte hinaus, offenbar froh, weiteren Erörterungen zu entgehen.
Es war zu spät geworden, um nvch zu Bette gehen, da der junge Geistliche vor Tagesanbruch abreisen wollte. Doktor Hargrove hatte ursprünglich die Absicht gehabt, den Neffen bis New-Aork zu begleiten, während seine Mutter in seiner Gesellschaft nach Boston reisen wollte; in Folge der Verwüstungen, die der Sturm an< gerichtet hatte und um Regina in ihrem jetzigen Zustande nicht allein zu lassen, gab eS der alte Herr indessen auf, die Pfarrei zu verlass-n, so inständig ihn Regina auch bat, doch zu reisen — sie wolle sehr gern unter Hannah's Obhut bleiben.
„Spare Deine Worte Kleine", sagte Doktor Hargrove lächelnd; ich bleibe hier und wenn ich ganz offen sein soll, freue ich mich, einen Vorwand dafür gesunde« zu haben — ich fühle mich schon seit einigen Tagen müde und angegriffen."
(Fortsetzung folgt.)