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Vom unteren Brenzthal, 15. Juli. Zwischen Hohenmemmingen und dem bayerischen Nach­barort Staufen befindet sich eine Quelle, deren Wasser schon seit alten Zeiten gute Dienste geleistet hat, wenn Leute zur Sommerszeit von Ruhr, Diarrhöe rc. be­fallen wurden und von dem Wasser hierauf getrunken haben. Nicht umsonst haben die Alten den dort einst gestandenen WaldteilRuhrbrunnen" genannt. Das Wasser hat einen säuerlichen angenehmen Geschmack. Leider ist die Quelle durch Nachlässigkeit beinahe jetzt ganz verschüttet und droht deshalb zu versiegen, wenn nicht durch künstliche Fassung dieselbe erhalten wird. Namentlich seit der Wald dort abgeholzt ist, fließt die Quelle nicht mehr so reichlich wie früher. Es dürfte in Anbetracht obiger Thatsache vielleicht inte­ressant sein, wenn das Wasser von berufener Seite auf seine Heilkraft untersucht werden würde.

Ulm, 17. Juli. Schon wieder ist ein Selbst­mord zu verzeichnen. Der in Folge leidenden Zu­standes in letzter Zeit sich in sehr gedrückter Stimmung befindende Zustellungsbeamte R-, früher Feldwebel im 6 . Jnfantrie-Regiment, verließ am letzten Freitag Abend seine Wohnung, angeblich, um noch ein Glas Wein zu trinken, und kehrte nicht mehr zurück. Ge­stern Nachmittag nun wurde sein Leichnam bei El­chingen aus der Donau gezogen. Obgleich R. gegen seine Umgebung keine Andeutungen über seinen Lebens­überdruß machte, ist doch anzunehmen, daß er freiwillig den Tod gesucht und gefunden hat; auch ein in seinen Kleidern gefundener, an einen Bruder gerichteter Brief läßt darauf schließen. In der Kramgasse wurde gestern Abend ein kleines Kind von einem Lastfuhr­werk überfahren, erlitt aber infolge des glücklichen Umstandes, daß solches auf einem Kehrichthaufen lag, als das Wagenrad ihm über den Fuß ging, keine größeren Verletzungen. Den Fuhrmann trifft keine Schuld.

Blaubeuern, 18. Juli. Eine Frau aus Sontheim wollte gestern auf den hiesigen Bahnhof fahren und lud den Schultheißen Pfetsch von Seihen zur Mitfahrt ein. Unterwegs brach die Mücke, der Wagen stürzte, die Frau erlitt einen schweren Bein­bruch, während der Schultheiß mit leichten Haut­schürfungen, der Knecht aber ohne jede Verletzung davonkam. Blutüberströmt mußte die Frau ins hiesige Krankenhaus gebracht werden, während Schultheiß Pfetsch für Hilfe Sorge trug.

Laupheim, 18. Juli. Vor etlichen Tagen verletzte sich ein hiesiger Bürger beim Schneiden des Brotes unbedeutend mit dem Messer an einem Finger. Er schenkte der kleinen Wunde keine Acht. Dieselbe verschlimmerte sich aber immer mehr, so daß der ganze Arm anschwoll. Gestern Mittag ist nun der Un­glückliche an Blutvergiftung gestorben.

Scheer, 14. Juli. Gestern abend zwischen l /26 und 6 Uhr entlud sich über der Markung Sig­maringendorf ein fürchterliches Hagelwetter und traf auch noch einen Teil der Markung Scheer. Es fielen

Hagelkörner in der Größe von Tauben- und Hühner, eiern. Wenige Minuten genügten, um einen großen Schaden zu verursachen.

Spaichingen, 15. Juli. Nach durchaus befriedigender Heuernte sehen wir einer guten Frucht­ernte entgegen. Ist auch spät gesäte Winterfrucht noch etwas zurück, so daß das Ergebnis an Stroh kein reichliches zu werden verspricht, so ist doch der Stand der Früchte im allgemeinen und auch derjenige der Hackfrüchte sehr befriedigend. Der Regen der letzten Tage hat die guten Hoffnungen noch gesteigert. Die Viehpreise sind in letzter Zeit merklich gefallen; Schweine sind gesucht und erzielen 4044 ^ pro Pfund Lebendgewicht.

Vom schwarzen Grat, 17. Juli. Gestern führten 178 Mitglieder des landwirtschaftlichen Bezirksvereins Heidenheim unter ihrem Vor­stande, Oberamtmann Filser, einen Besuch im All­gäu aus. Besichtigung der Jungviehalpe Herrenberg auf der Adelegg, sowie der Fohlenweide Praßberg bei Wangen war der Hauptzweck des Ausfluges. Die Militär-Pferdemusterungskommission hat im Allgäu ein sehr befriedigendes Pferdematerial vorgesunden, indem °/s der vorgeführten Tiere als zu Militärzwecken tauglich erklärt werden konnten.

Leutkirch, 16. Juli. Heute abend starb schnell und unerwartet der als landwirtschaftlicher Schriftsteller weit über die Grenzen Württembergs hinaus bekannte Herr Fritz Möhrlin. Nachdem er sich von einer Lungenentzündung erholt hatte und wieder die frische Luft genießen konnte, wurde er von einer Herzkrankheit heimgesucht, welche seinem Leben ein rasches Ziel setzte. Sein frühes Hinscheiden wird im ganzen Land Teilnahme erregen, da er durch seine vielseitigen schriftstellerischen Arbeiten, besonders durch seine Beiträge zum landwirtschaftlichen Wochenblatt überall ein gerne gehörter Bekannter war.

Staatsanz.

Aus Freiburg i. Br., 18. Juli, wird ge­schrieben: Ein skalpiertes Mädchen befindet sich derzeit in Behandlung der Freiburger Universitäts­klinik. Die Arme kam der Transmission einer Säge­mühle zu nahe, das Getriebe erfaßte ihren Haarzopf und riß mit schrecklicher Gewalt den Zopf samt der gesamten Kopfhaut bis auf einen kleinen Rest an der Schläfengegend weg. Der ganze Schädel lag bloß. Man versucht nun, vermittelst abgeschälter dünner Hautstücke die frische Wunde trotz ihres Umfanges überhäuten zu können und hofft ziemlich sicher auf gänzliche Heilung der Unglücklichen.

Berlin, 18. Juli. Aus Lyn gen wird ge­meldet: Der Kaiser begab sich am 15. Juli mittags an Bord eines Walfischfänger-Dampfers. Gegen 6 Uhr abends kamen Walfische in Sicht, von denen einer erlegt wurde. Um '/-2 Uhr nachts kehrte der Kaiser an Bord des Kaiseradlers zurück. Ein zweiter Walfischfänger-Dampfer mit einem Teil des

Gefolges an Bord erlegte ebenfalls einen Walfisch. Am 16. früh erstieg der Kaiser nebst Gefolge eine Anhöhe mit prachtvoller Aussicht auf der Insel Skaarö. Nachmittags wurde die Reise nach dem Lyngenfjord fortgesetzt. Abends um 11 Uhr ist der Kaiseradler in Tromsö angekommen.

Posen, 18. Juli. Die Ansiedlungskommission kaufte ein 10000 Morgen großes Rittergut in Dem- bowalanka im Kreise Briefen.

Brünn, 15. Juli. Die große Spinnerei von L. Töwbeer ist abgebrannt. Die Fenster des benachbarten allgemeinen Krankenhauses begannen be­reits zu brennen; doch gelang es, alle, etwa 100 Kranke, darunter auch Irrsinnige, zu retten und hier­auf den Brand zu lokalisieren.

Paris, 19. Juli. Der Kriegsminister ordnete die Mobilisierung der Sanitätscorps von 4 Armee­corps an. Vierhundert Aerzte werden die Uebung im Satfonaylager bei Lyon leiten. Die Regierung sendet ein Geschwader nach Genua zur Begrüßung König Humberts gelegentlich der Columbusfeier.

Petersburg, 19. Juli. In Astrachan fanden am 16. Juli 269 Erkrankungen, 218 Todesfälle, in Saratow 90 Erkrankungen, 62 Todesfälle, in Ssamara 62 Erkrankungen, 32 Todesfälle; in Kasan 5 Erkrankungen, 3 Todes­fälle an Cholera statt.

Constantinopel, 19. Juli. Die Regierung etablierte einen Militärcordon an der serbischen Grenze gegen die Cholera.

Sidney, 19. Juli. Der Untergang der Sanguininsel infolge eines vulkanischen Ausbruches wird bestätigt. Sechs im Hafen befind­liche Schiffe sind verschollen und voraussichtlich mit­untergegangen.

Vermischtes.

Eine recht deutliche Bekanntmachung des königlichen Kur- und Bade-Polizeikommissariats, die übrigens auch zum Teil in anderen Städten ange­bracht wäre, enthält seit einigen Tagen die Fremden­liste von Ems. Sie lautet:Es ist von verschiedenen Seiten die Bitte an mich ergangen, dafür Sorge zu tragen, daß Kurgäste wie Einwohner nicht durch rücksichtsloses Musizieren, Klavierspielen belästigt werden. Nirgendwo aus der Welt ist Rück­sichtnahme gegen einander mehr am Platze als an einem Kurorte. Jedes Klavierspiel bei offenem, nach einer Straße zu gelegenen Fenster ist polizei­lich verboten. Langdauerndes Ueben auf dem Klavier zu Zeiten, von denen man wissen kann (bei einem Arzte während dessen Sprechstunden), wann der Nachbar darüber, darunter oder daneben zu Hause beschäftigt ist, ist nicht nur nicht nachbarlich, sondern rücksichtslos. Ich hoffe, daß es nur dieses Hinweises bedarf, um den musikalischen Belästigungen und Störungen Einhalt zu thun. v. Willich, Oberst a. D."

Helle, trat fehl und stürzte mit einem leisen Schrei die Stufen hinab! . . . . Eine Weile lag sie halb betäubt auf den Steinfliesen des Bodens, aber das angstvolle Winseln des Hundes, der sich fest an sie schmiegte, brachte sie wieder zur Besinnung und sich mühsam aufrichtend, sagte sie halb lachend:Schäme Dich, Ajax wie magst Du so furchtsam sein!"

Gleich darauf indes stieß das Kind einen Schmerzensschrei aus; sie mußte sich im Fallen den linken Fuß beschädigt haben, den sie vermochte nicht, mit demselben aufzutreten. Ächzend und stöhnend kroch Regina weiter, dem Ausgang zu, aber sie konnte denselben nicht erreichen und an den Stufen des Altars brach sie bitterlich schluchzend zusammen. Ajax lag neben dem Mädchen und leckte ihr Gesicht und Hände; plötzlich ertönte ein lautes, donnerähnliches Krachen und Prasseln und Regina glaubte nichts anderes, als die Kirche stürre über ihr zusammen! Laut aufwcinend rief sie:Gott laß mich sterben laß mich meine Mutter Wiedersehen" und dann sank sie in tiefe Ohnmacht..

Als sie erwachte, war cs dunkel um sie her, die Gewalt des Sturmes schien gebrochen, aber ein strömender Regen brachte erfrischende Küble und in weiter Ferne klang noch daS dumpfe Grollen des Donners. Ajax hatte neben seiner jungen Herrin Wache gehalten; als Regina jetzt den Arm um seinen zottigen Hals legte, wußte er sich vor Entzücken kaum zu fassen und plötzlich schoß dem hülflos daliegenden Mädchen ein tröstlicher Gedanke durch den Kopf.

Geh', Ajax," sagte sie schmeichelnd, .geh' und hole Hülfe, geh rufe Percy!"

Offenbar hatte Ajax verstanden, was von ihm verlangt wurde, denn er rannte eilig dem Hauptportal zu; plötzlich indes hörte Regina ihn ein kurzes scharfes Ge­bell auSstoßen und sie kannte das Thier genugsam, um zu wissen, daß Ajax die Pforte geschlossen gefunden so bellte er stets, wenn er Einlaß begehrte, oder ins Freie wollte. Vermutlich hatte der Sturm die Thür zugcjagt und so machte sich Regina mit dem Gedanken vertraut, die Nacht in der Küche zubringen zu müssen.

Aber Ajax zeigt» sich der Situation völlig gewachsen: nachdem er mehrmals

in dem dunklen Raum hin und Hergel annt war und durch Bellen sein Mißfallen über die geschossene Thür kundgethan hatte, nahm er einen Anlauf und sprang zum Fenster hinaus Regina sah die weiße Gestalt in der Höhlung des Fensters verschwinden und wußte, daß jetzt die Hilfe nicht mehr fern sei. Wirklich dauerte es auch gar nicht lange, bis sie des Hundes lautes Gebell unter dem Fenster vernahm und gleich darauf klang es angstvoll durch die Fmsterniß und Stille:

Regina Regina wo bist Du gieb Antwort!"

Hier, Percy," rief Regina so laut sie vermochte,in der Kirche!"

Geduld ich komme," tönte es zurück und zwar klang Percy Lindsay's Stimme durch dasselbe Fenster, welches Ajax benutzt hatte um die Kirche zu verlassen.

Wie seltsam, daß Percy nicht durch die Thür kommt," dachte Regina bei sich, als sie deutlich vernahm, daß der junge Mann sich bemühte, im Sprung das Fenster­sims zu erreichen. Es wollte ihm aber nicht glücken; er rief Regina zu, sie möge sich noch eine kleine Weile gedulden und eilte davon, während Ajax unter dem Fenster hielt und durch beständiges Gebell Regina von diesem Umstand in Kenntnis zu setzen suchte.

Endlich fiel der Strahl einer Laterne durch's Fenster in die Kirche und Re­gina erkannte Percy Lindsay's Gestalt. Offenbar hatte der junge Mann eine Leiter geholt und mit Hilfe derselben die Fensterbrüstung erreicht; jetzt sprang Ajax, der vermutlich denselben Weg benutzt hatte, in's Innere der Kirche und begrüßte Regina mit stürmischer Freude; Percy folgte dem Hunde mit der Laterne in der Hand und neben Regina niederknieend, fragte er bestürzt:

Regina was fehlt Dir bist Du verletzt!"

Ach es ist nicht schlimm ich kann nur nicht auf den linken Fuß treten," entgegnete Regina leise;ich bin auf der Treppe gefallen."

Und Du weißt nicht, was geschehen ist, daß Du wie durch ein Wunder dem Tode entronnen bist?' fragte Percy Lmdsoy m tiefer Bewegung, während er den Arm schützend um Regina legte. (Fortsetzung folgt.)