»60

>

kadron des hiesigen Ulanenregiments erschoß sich ver­mutlich aus Furcht vor Strafe wegen nächtlichen Ausbleibens.

Rottweil, 15. Juli. Bei der gestrigen staat­lichen Rindviehprämierung war die k. Zentral­stelle durch Reg.-Nat Clausnizer vertreten; das Amt des Preisgerichtes hatten Landesök.-Rat Schoffer- Kirchberg, Landw.-Jnsp. Römer-Stuttgart und Schult­heiß Schaible-Thuningen übernommen. Angemeldet waren 7 Farren und 28 Kühe, etwa 12 weitere Stücke waren ohne Preisbewerbung aufgestellt. Für Farren konnte ein erster, 3 zweite und 2 vierte Preise, für Kühe ein zweiter, 2 zweite und 4 vierte Preise zuerkannt werden, ein erfreuliches Ergebnis.

Laussen a. N., 14. Juli. Die Gottfried Steinle'schen Eheleute feierten heute, am Hochzeitstage ihres letzten Sohnes, ihr 50jähriges Ehejubiläum im Kreise von-Kindern und Enkeln durch einen Kirchgang. Die einfachen Bauersleute bebauten bis vor wenigen Jahren noch ihr kleines Gut. Auf den Feldern steht alles schön. Trauben giebt's in jungen Wein­bergen ziemlich viele. In Besigheim will einer den seltenen Wcinzirner, der im Volksmund als untrüg­licher Ankündiger eines trefflichen Weins gilt, gehört haben. Heute ist der ersehnte warme Regen gekommen. Unsere vielbesuchte Regiswindiskapelle ruft dringend nach Restauration, ehe die stark beschädigten Maß­werke der gotischen Fenster vollends zerfallen.

München. Am 21. oder 22. ds. Mts. wird der auf einer Europareise befindliche New-Aorker deutsche MännergesangvereinArion" München be­sichtigen. Die hiesige Sängervereine begrüßen die Gäste durch Commers im bürgerlichen Bräuhause. Das Landgericht I verurteilte die ehemaligen Gym- nasisten am Luitpoldgymnasium H. Rickert und Carl Spaun zu je 1 Jahr Gefängnis. Dieselben legten Jagdpulver in den Ofen des Clafsenzimmers, was alsbald explodierte und 211 Schaden verursachte, der von den Eltern gedeckt werden mußte.

Würzburg, 16. Juli. Heute Morgen um 4 Uhr entgleiste ein Güterzug bei Windsfeld. Der Maschinenführer, der Bremser und der Heizer wurden getötet. Der schuldige Weichenwärter ließ sich von der herbeieilenden Hilfsmaschine den Kopf abfahren.

Hamburg, 18. Juli. Hier wurde eine weitergezweigte Diebesbande entdeckt, welche aus den Hafenspeichern sehr bedeutende Kaffeemengen gestohlen hatte. Verschiedene oberländische Schiffer und hiesige Händler, welche das gestohlene Gut beförderten, be­ziehungsweise verkauften, sind in der Angelegenheit verwickelt.

Berlin, 18. Juli. Die aus Petersburg ein­treffenden Choleranachrichten melden ein zweifelloses Zunehmen derselben. Die meisten Toten waren am 15. Juli in Astrachan zu verzeichnen, wo 364 Per­sonen an der Cholera starben.

Wildpark, 16. Juli. Die drei ältesten kaiserlichen Prinzen sind heute Vormittag um 9 Uhr 20 Min. nach Wilhelmshöhe abgereist.

Breslau, 16. Juli. Die Lokomotive des Orientzuges entgleiste um 11 Uhr Nachts hinter der Station Löwen infolge eines Radreifenbruchs. Ein Packwagen und der Postwagen stürzten um. Ein entgegenkommender Güterzug fuhr auf die beide Geleise sperrende Lokomotive auf. Der Bresl. Z. zufolge sind 68 Personen verletzt, 14 Wagen be­schädigt. Der Postwagen und mehrere Gepäckwagen stürzten die Böschung hinab. Die Verwundeten wurden nach Breslau ins Hospital geschafft.

Genf, 14. Juli. Die hiesige Polizei hat heute den französischen Anarchisten Ardaine verhaftet. Aus St. Gervais wird gemeldet, daß dort heute 30 Opfer der Katastrophe nach einem feierlichen Gottesdienste im Beisein von Vertretern der fran­zösischen Regierung in 30 Särgen in einer gemein­samen Gruft bestattet worden sind.

Lausanne, 13. Juli. Der Heizer Forne- rod vomMontblanc" wurde gestern, nachdem er vom Untersuchungsrichter verhört worden, gefangen gesetzt. DerN. Z. Ztg." schreibt ein Tech­niker: Explosionen von Dampfkesseln, seien es solche von Lokomotiven, Schiffen oder stehenden Maschinen, sind auf dem Festland bisher in verhältnismäßig so kleiner Zahl vorgekommen, daß ein derartiger Fall die Neugierde des Technikers in höchstem Grade er­regen mußte. Wir verfügten uns daher am folgenden Tage in aller Frühe nach der Werste in Ouchy, wo derMont Blanc", an dem äußerlich nichts besonderes wahrnehmbar ist, vor Anker liegt. Wir waren beim Zutreten nicht wenig erstaunt, die eigentliche Kessel­anlage ganz intakt und einzig den Dom derselben zer­stört zu finden. DerMontblanc" führt nämlich wie alle größeren Schiffe unserer Seen zwei Kessel von der bei Schiffen üblichen Form. Beide sind unter sich durch einen dritten zylindrischen und be­deutend kleineren Kessel verbunden, dessen Längenachse gerade in der Verlängerung der Mittellinie des Speise­saales liegt. An diesem kleineren Kessel, der hier die Rolle eines Dampfdoms aussüllt, dessen Haupt­zweck also neben der Vergrößerung des Dampfraumes die Erzeugung möglichst trockenen Dampfes ist, ist das kreisrunde Bodenstück auf der Seite der ersten Paffagierklasse abgerissen und flog wie ein Geschoß in gerader Richtung durch die ganze Länge des Speise­saales, auf seinem Weg die das Oberdeck tragenden Säulen zertrümmernd und eine Reihe von Personen, die gerade bei Tische saßen, erschlagend. Hinter ihm ergoß sich dann der angeblich auf 5°/» Atmosphären gespannt gewesene Kesseldampf und das in solchen Fällen immer mitgehende heiße Wasser über den Saal und die Insassen. Der Dom ist aus elf Milli­meter starkem Kesselblech erstellt; er besitzt zwei Längs­nähte und es sind seine beiden Bodenstücke in üblicher Weise durch Umbördelung und kreisförmige oder peri­

pherische Nietung eingesetzt. Diese letztere Nietung: hat nun widerstanden; die Trennung des Hinteren Bodenstückes erfolgte nämlich nicht längs der Naht, sondern gerade an der Umbiegung des Flansches. Die Bruchfläche zeigt ein nicht überall ganz gleich­mäßiges Gefüge, doch kann das Material auf bloßes Ansehen hin nicht als schlecht bezeichnet werden. Wir untersuchten auch den Dom auf etwaige alte Schäden.. Solche fanden wir zwar nicht, denn mit Ausnahme einiger leichter Anrostungen und Ausfressungen am Boden des Domes und in den unteren Partien der Flanschumbiegung zeigte der Dom nichts, wodurch er die Bezeichnungausgenützt" verdiente. Fehler und Mängel wie die angedeuteten haben wir bei zahlreichen Lokomotivkefseln schon angetroffen, die einem weit höheren Druck ausgesetzt werden, ohne je zu Bedenken Anlaß gegeben zu haben. Sonderbar erscheint uns aber der Umstand, daß Dampfdome, wie der des Montblanc", keine Versteifung der Bodenstücke unter sich erhalten; wir kennen jedoch den Schiffbau nicht und hüten uns daher vor einer Polemik in dieser Richtung.

Wien, 16. Juli. Die amerikanischen Sänger wurden hier auf das herzlichste empfangen.

Sofia, 14. Juli. Der bulgarischen Polizei: ist ein wichtiger Fang geglückt. Bei dem Städtchen Dubnitza unweit der makedonischen Grenze nahm man als politisch zweifelhaft einen Mann fest, der sich bald als der Oberlieutenant der Räuberbande des Haupt­manns Anastas entpuppte, welcher vor einem Jahre den verwegenen Ueberfall des Eisenbahnzuges bei Tscherkeßkiöi ausführte. Mit dem talentvollen Ober­lieutenant, einem makedonischen Rumänen oder rumä­nischen Macedonier, wurden auch sechs seiner Genossen festgenommen, von denen mehrere an demselben Ueber­fall beteiligt gewesen sind. Leider ist nicht auch das Lösegeld mitgefangen worden. Demo Todorescu Ban- jaly, so heißt der Lieutenant, erzählt darüber folgendes: Anastas habe sich mit der Teilung des Lösegeldes außerordentlich beeilt, auf ihn Banjaly seien 1100 türkische Pfund entfallen, von denen ihm jedoch sogleich 130 fürAuslagen" von seinem Hauptmann abgezogen wurden, 380 habe er in den Bergen bei. Malko Tirnowo (bei Adrianopel) und 250 an einer andern Stelle des Balkans vergraben. Nach der Teilung sei Anastas verschwunden, wohin, wisse er nicht. Banjaly selbst wollte nun das Räuberhandwerk aufgeben und friedlich in Bulgarien einen kleinen Handel treiben. Vielleicht sagt Banjaly die Wahrheit,, jedenfalls wurde er nicht auf dem Kriegspfade, sondern ohne Waffen gefangen. Die Waffen habe er einem Landsmann im Balkan übergeben. Man glaubt, daß. noch andere Teilnehmer jenes Bahnüberfalles sich in. Bulgarien befinden. Das war allerdings keine glück­liche Idee, denn in Bulgarien besitzt man eine groß­artige, im Laufe der Zeit erworbene Hebung im Auf­spüren und Einfangen verdächtiger Personen, und so ist zu hoffen, daß die wirklich in Bulgarien weilenden Geschäftsfreunde von Anastas bald sämtlich festsitzen.

hindern kann, sollen Sie nie mehr Zusammentreffen Sie sind schon tief genug in meiner Achtung gesunken! Ich protestiere gegen eine Art von Bewunderung, die schlimmer ist, als eine offene Beschuldigung! Sollte der Zufall es fügen, daß unsere Pfade sich nochmals kreuzen, so werden Sie wohl daran thun, zu vergessen, daß der Gesandte den Mißgriff beging, Sie mir zu senden mein stetes Bestreben wird es sein, diese Stunde zu vergessen!"-

Robert Douglas vermochte den Blick nicht von dem schönen marmorbleichen Antlitz zu wenden; als Minnie jetzt schwieg, verbeugte er sich und sagte hochmütig:

Ihr Wunsch, gnädige Frau, ist mir Befehl; Robert Douglas weiß, was er sich schuldig ist und drängt seine Huldigungen Niemand auf! Aber glücklicher Weise kann sich das Interdikt nicht auf die Stätte, auf welcher die Künstlerin ihre Triumphe feiert, erstrecken und das mehrfach betonte Gold soll mir allabendlich den Platz er­kaufen, von welchem aus ich Sie gestern bewundern durste! ... So lange sie in Frankreichs Hauptstadt weilen, sollen sie keinen andern an der Stelle sehen, die ein glücklicher Zufall mir gestern anwiek, und die Erinnerung an die feurigen Blicke, welche Amy Robsart mir zuwarf, wird mich nimmer verlassen. Ich habe die Ehre, mich zu empfehlen, gnädige Frau!"

Er verneigte sich tief und schritt hinaus, nicht wie ein Besiegter, sondern in jedem Zoll ein Sieger.-

Sobald sein Schritt verklungen war, verließ Minnie den Salon, um sich in ihrem Ankleidezimmer einzuschließen die Komödie war zu Ende und das verzweifelnde

Weib fühlte, daß der Sieg mit dem eigenen Herzblut erkauft war.-

vm. Kapitel.

Ein schwüler Augusttag neigte sich seinem Ende zu, aber obgleich die Hitze auch jetzt noch» bei Beginn der sechsten Nachmittagsstunde fast unerträglich war, strömten doch zahlreiche Andächtige in die Kirche, denn der junge Pfarrer Lindsay, her Neffe d«S Pfarrers Hargrove, hielt heute seine Abschiedsprediegt in der Frühe des nächsten Tages sollte er die Reis« nach dem ferne» Osten, wo er fortan als Missionar zu wttken gedachte, antrrten.

Vier Jahre waren verstrichen, seit Regina das Pfarrhaus betreten und dort- selbst eine friedliche, liebe Heimat gefunden hatte. Das Kind fühlte sich unsäglich wohl im Pfarrhause und den Bewohnern desselben war sie ein heiterer Sonnenstrahl geworden, welchen zu missen sie Alle für unmöglich gehalten hätten.

In Begleitung ihres treuen Neufundländers schlich Regina heute traurig durch den Garten; der Gedanke an die bevorstehende Abreise ihres treuen Freundes, deL jungen Missionars, bereitete ihr bitteren Kummer und Ajax schien die Empfindungen seiner jungen Herrin zu teilen, denn er hatte den Schweif eingezogen und ließ sogar die Hühner und Gänse, die ihm in den Weg kamen, ungeschoren.

Ziel- und planlos hin und her irrend, gelangte Regina endlich auf den Kirch­hof; sie sah die Kirchenthür offen stehen und trat ins Innere des kühlen Raumes^ Offenbar hatte der Küster vergessen, die Kirche nach Beendigung des Gottesdienstes zu schließen; Regina nahm auf einer der Bänke Platz und Ajax legte sich zu ihren Füßen. Eine Weile saß Regina in tiefe Gedanken versunken; Indien war doch gar zu weit und was konnte dem Missionar nicht Alles zustoßen!

Ach Ajax wenn er doch hier bliebe," seufzte das Mädchen, die Hand auf den Kopf des treuen Tieres legend. Ajax leckte dankbar die liebkosende Hand, plötzlich aber hob er den Kopf und lauschte auf das Geräusch von Schritten, welche draußen auf dem um die Kirche herumführenden Kiesweg erklangen.

Die Bank, auf welcher Regina saß, stand gerade unter einem Fenster, dessen beide Flügel weit geöffnet waren; jetzt wurden draußen Stimmen laut und das Mädchen hörte Hannah sagen:Ich hätte DirS freilich schon eher sagen können, aber ich traute Dir nicht und fürchtete. Du würdest mich um meinen Anteil am Ge­winn betrügen. Wäre ich nicht so alt und siele mir die Arbeit nicht täglich schwerer, dann ließe ich's vielleicht auch noch länger d'rauf ankommen, aber schließlich muß eL doch einmal sein und so entschloß ich mich. Dich ins Vertrauen zu ziehen."

(Fortsetzung folgt.)

- 4 -