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eingerichtet. Die Verteidigung durch einen dritten solle den Angeklagten gewährleistet sein. Das Erkenntnis erfolge auf Grund mündlicher Verhandlung. Die Oeffentlichkeit der Verhandlung heißt es ferner, soll nicht zugelassen werden. Hiezu wird aus Berlin geschrieben: In den meisten Punkten sind diese Angaben zutreffend. Dagegen ist die Ausschließung der Oeffentlichkeit durchaus nicht sicher. Außer Bayern bestehen noch andere Bundesstaaten auf der Oeffentlichkeit des Verfahrens. N. Tagbl.
— Das Gewitter, das am 6. d. in der dritten Nachmittagsstunde über Berlin niederging, hat in der Gegend zwischen Neubabelsberg und Wannsee eine Windhose gebildet. Eine dichte, schwarze Wolke, die die Gegend völlig verfinsterte und aus der hin und wieder ein Blitzstrahl hervorzuckte, zog etwa um 2°/» Uhr über Neubabelsberg. Nach wenigen Minuten ballte sich die Wolke zusammen und senkte sich trichterförmig fast bis zur Erde. Ein Wirbelwind legte die Saat nieder, knickte starke Tannen um, schälte von andern Bäumen die Rinde ab und schleuderte große Aeste hoch in die Luft. Der Grimnitzsee ging hoch und überflutete die Ufer weithin. Die Windhose dauerte etwa 60—90 Sekunden und nahm ihren Weg nach Wannsee zu, wo sich der Wirbel teilte und dann plötzlich verschwand. Bald darauf schien wieder die Sonne.
Vermischtes.
Eine württembergische Hungerkünstlerin vor 110 Jahren. Eine Hunger
künstlerin, und zwar eine weithin berühmte, besaß Württemberg schon vor 110 Jahren. Im Jahr 1782 erregte nämlich in Dunningen bei Rottweil eine gewisse Monika Mutschler, welche vorgab, daß sie keine menschlichen Bedürfnisse mehr kenne, sondern sich nur von dem alle drei Tage genossenen heiligen Abendmahl nähre, weit über die Grenzen Württembergs hinaus großes Aufsehen. Von allen Teilen und aus aller Herren Länder kamen Leute, um das Wunder anzustaunen. Der Rottweiler Magistrat scheint aber der Sache doch nicht recht getraut zu haben, denn er ließ die Monika, wie ein zeitgenössischer Schriftsteller berichtet, durch kluge Leute bewachen, und diese enr- deckten endlich, als sie in der Nacht von einem Bau herunter in die Wohnung „lugten", daß genannte Monika sich in der Nacht „Speis und Trank gut schmecken lasse." Der Rottweiler Magistrat war sehr erbost über diesen Betrug und ließ die Monika Mutschler an jedem Wochenmarkt mit einer großen Tafel behängen, auf der die Worte standen: „Strafe der betrügerischen Scheinheiligkeit", und eine Stunde lang herumführen.
Das Pferd als Landplage in Queensland. Australien ist von jeher der Boden für verunglückte zoologische Versuche. Um ein wohlfeiles Fleisch darzubieten, führte ein Unbesonnener das Kaninchen ein. Dieses Tier vermehrte sich in einer Weise, daß es zur größten Plage der Farmen heranwuchs. Um die Kaninchen zu vernichten, führte neuerdings ein schlauer Mensch eine Art von Fuchs ein. Der gedieh auch vortrefflich, begnügte sich aber keineswegs mit Kaninchen und ist heute sehr verbreitet und den
Farmen gefährlich. Als Queensland immer mehr sich entwickelte, namentlich die Zuckerindustrie und die Goldfelder in Blüte kamen, da brauchte man Pferde, die nun in großer Menge gezüchtet und nach dem Innern verkauft wurden. Nun aber ging die Zuckerindustrie zurück und die Goldfelder dehnen sich zur Zeit auch nicht aus, so ist das ganze Land mit unverkäuflichen Pferden überfüllt. Eine Leimfabrik verarbeitete 50000 Stü^, wurde aber bankerott. Im Innern kauft man nun das Dutzend mit 40—50 ja man entledigt sich der überflüssigen Tiere einfach durch Erschießen, so sielen am Barronfluß innerhalb der letzten zwei Jahre 50—60000 Stück. Während man für ein Kängurufell noch 12 ^ erhält, ist die Haut des Pferdes nicht zu verkaufen. Man dachte schon daran, die Tiere nach Kalifornien zu verschiffen, allein ein Eingangszoll von 30 Doll, machte die schöne Berechnung zu nichts. Nun hat der Staat ein Gesetz in Vorbereitung, das die Hengste sehr hoch besteuern soll. Wie weit dieses Gesetz in das Innere der Provinz seine Wirkung ausübt, bleibt abzuwarten.
Dach Schluß des Mattes:
Stuttgart. Die Rathausplatzfrage blieb heute unerledigt, die Entscheidung wird verschoben.
Bern, 10. Juli. Im Hafen von Ouchy auf dem Genfer See ereignete sich ein schreckliches Unglück. Auf dem Dampfer „Montblanc" explodierte der Dampfkessel. Alles wurde in Stücke gerissen. 6 Passagiere sind tot, 4 weitere sind als verloren anzusehen, 20 wurden schwer verwundet ins Spital gebracht.
Amtliche Kkkauiltltlllchuligek.
Amtliche Bekanntmachung,
betreffend die Aenderung einer Waffermerksanlage.
Hermann Funk, Besitzer der beiden Sägmühlen in Gebäude Nr. 41 und Gebäude Nr. 94 auf Markung Unterreichenbach, beabsichtigt, diese beiden Sägmühlen eingehen zu lassen und ungefähr in der Mitte derselben auf Parz. Nr. 221/1 u. 2 und 222 ein neues Sägwerk mit vereinigter Wasserkraft zu errichten.
Das Betriebswasser zu diesem neuen Werk soll von dem alten Wehr mit Kanaleinlaßfalle für das alte obere Wasserwerk in Gebäude Nr. 41, welches in seiner Höhenlage und Breite unverändert bleiben soll, zunächst in einen Einlaufkasten von 7,2 m lichter Länge/ und 2,5 m Breite mit einem im Licht 1,3 m Durchmesser haltenden Seier geleitet und von da aus in 50 mm weiten guß- eißernen Röhren auf eine Länge von 220 m der neuen Girard'schen Turbine in geschlossenem Kessel mit selbstthätiger Reguliervorrichtung zugeführt werden. Vom Turbinenhaus soll das Wasser unterirdisch in Cementröhren von 70 mm lichter Weite auf eine Länge von 108 m beim alten Wehr in den Mutterbach geleitet werden.
Dieses Unternehmen wird mit der Aufforderung bekannt gegeben, etwaige Einwendungen gegen dasselbe binnen 14 Tagen bei der Unterzeichneten Stelle anzubringen. Nach Ablauf dieser Frist können Einwendungen in dem Verfahren nicht mehr angebracht werden.
Zeichnungen, Beschreibungen und Pläne liegen auf der Oberamtskanzlei zur Einsicht auf.
Calw, den 10. Juli 1892.
K Oberamt.
Schüller, stv. Amtmann.
Calw.
Vergebung der Eirrfrie-ignugsarbeiten -es kath. Sta-tpsarrarrrmseus
im Submissionswege.
Maurer- und Steinhauerarbeiten
. . 450
24
's.
Pflasterarbeiten.
. . 46
„
90
„
Schlosserarbeiten.
. . 398
„
—
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Zimmerarbeiten.
. . 43
20
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Anstricharbciten.
. . 35
„
—
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Kostenanschlag und Accordsbedingungen liegen im hiesigen kath. Stadt- pfarrgebäude zur Einsicht auf.
Die Angebote sind in Prozenten der Ucberschlagspreise ausgedrückt schriftlich und versiegelt mit der Aufschrift „Angebot auf Einfriedigungsarbeiten" an die Unterzeichnete Stelle bis spätestens Samstag, den 16. d. M., nachmittags 6 Uhr, abzugeben.
Kath. Stadtpfarrverweserei:
Schwaier.
Lrauenarbeitsschule (Lalw.
In dieser Schule wird Unterricht in allen weiblichen Handarbeiten, sowie im Zeichnen, Malen, gewerblicher Buchführung und Korrespondenz erteilt. Der Eintritt in die Schule kann je am Anfang und in der Mitte jeden Monats erfolgen. Das Schulgeld beträgt pro Monat im Kleidernähen 7 Sticken 7 Maschinenuähen 6 Wollfach, Handnähen 5
Nähere Auskunft erteilt die Schulvorsteherin Fräulein Pauliue Wagner.
Curatormm.
Vorstand: Stadtschultheiß Kaffner.
Erledigte Staatsstraßenwärterstelle.
Kommenden
Donnerstag, den 14. Juli d. I., vormittags 11 Uhr,
wird auf der Kanzlei der Unterzeichneten Stelle (Bahnhofstraße) in Calw die erledigte Stelle eines ständigen Staatsstraßenwärters für Strecke Nr. 9, lrnr 21,000 bis 23,872 der Staatsstraße Nr. 102, Böblingen—Calw, auf den Markungen Althengstett und Calw mit einem Jahresgehalt von 520 ^ wieder besetzt.
Bewerber um diese Stelle, welche nicht über 40 Jahre alt sein dürfen, werden aufgefordert, sich hiezu einzufinden und ein gemeinderätlich beglaubigtes Prädikats- und Vermögenszeugnis nebst Auszug aus dem Strafregister neuesten Datums, sowie Militär- und sonstige Zeugnisse mitzubringen.
Calw, den 9. Juli 1892.
K. Straßenbau-Inspektion.
Fleischhauer.
Dam-sftratzenwalze.
Es wird hiemit bekannt gemacht, daß voraussichtlich an folgenden Tagen und Bahnstationen die Bahnhofzufahrtsstraßen und Vorplätze mit einer Dampfstraßenwalze gewalzt werden. Liebenzell 11. und 12. Juli, Brötzingen 13. Juli, Wildbad 14. Juli, Calmbach 15. Juli, Höfen 16. Juli, Rothenbach 18. und 19. Juli, am 13. und 14. wird die Walze auf der Staatsstraße von Birkenfeld nach Brötzingen, bezw. von Brötzingen nach Birkenfeld fahren. Eine Verschiebung dieser Termine um 1—2 Tage ist nicht ausgeschlossen.
Schmidt.
Röthenbach.
Das SaMMrln vorr Heidelbeeren
mit dem Reff ist auf Röthenbacher Markung für Auswärtige bei Strafe verboten.
Gemeinderat.
Würzbach.
Das Sammeln von Heidelbeeren
mit dem Reff ist für Auswärtige in dem Gemeindewald bis zum 25. Juli d. I. verboten.
Schultheißenamt. A.-V. Burkhardt.
Weltenschwann.
Die hiesige Stislungspflege, Zavel- steiner Seite, hat sofort
VW Btt.
gegen gesetzliche Sicherheit zu 4°/° aus- zuleihrn.
Stiftungpsieger Kusterer.
Einberg.
Das Sammeln van Heidelund Preiselbeeren
in den hiesigen Gemcindewaldungen ist für Auswärtige bei Strafe verboten.
Die Ortsvorsteher der umliegenden Orte werden um Bekanntmachung dieses Verbots ersucht.
Den 11. Juli 1892.
Gemeinderat.
Oberkollwangen.
Das Sammeln von Heidelbeeren mit dem Deff
in hiesigem Gemeindewald ist für Orts- einwohner bis 18. Juli, für Auswärtige bis 1. August d. I. bei Strafe verboten.
Die Ortsvorstehcr der Nachbarorte werden ersucht, dies in ihren Gemeinden bekannt machen lassen zu wollen.
Gemeiudcrat.