M 81. Amts- UN- Anzeigeblatt für -en Bezirk (Lalw. 67. Iahrgav-.
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Tages-Ueuigkeiten.
^Amtliches aus dem Staatsanzeiger.s Nachgenannte Kandidaten des Predigtamtes haben im Lauf dieses Jahres die zweite theologische Dienstprüfung mit Erfolg bestanden: Hoffmann, Dr., Alfred, Pfarrverweser in Teinach, Würz, Friedrich, Kandidat in Basel.
Stuttgart, 8. Juli. Am 25. März d. I. war, wie s. Z. auch an dieser Stelle mitgeteilt wurde, in der Rechtssache der Firma Gebrüder Siemens und Comp, in Charlottenburg, Klägerin, und des Fabrikanten Albert Jooß von hier, Bekl., Patent- Verletzung betr., ein Urteil des hiesigen Landgerichts (Zivilkammer) verkündet worden, wonach dem Bekl. bei Vermeidung einer Geldbuße von 1000 ^ für jeden einzelnen Zuwiderhandlungsfall die Fabrikation von Dochtkohlen untersagt wurde. Gegen dieses Urteil legte der Bekl. Jooß Berufung an das Oberlandesgericht dahier ein, am 21. Juni fand Verhandlung statt und heute wurde das Urteil des bemerkten Gerichts verkündet. Durch dasselbe wurde das Urteil des Landgerichts ab ge ändert, die Klägerin Siemens mit ihrer Klage als unbegründet abgewiesen und in alle Kosten des Rechtsstreits verurteilt. Der klägerischen Firma steht nun noch das Recht der Revision an das Reichsgericht zu, von welchem voraussichtlich auch Gebrauch gemacht wird.
Stuttgart, 9. Juli. Der Ledermesse am 5. Juli waren ca. 1250 Ztr. (gegen 1600 Ztr. sernd) zugeführt. Käufer waren zahlreich erschienen; einige größere Posten in Wildleder blieben unverkauft. In den Preisen ist eine Aenderung nicht eingetreten. Verkauft und vermögen wurden: Sohlleder 103 Ztr.
Biens tag, den 12. Juli 1802.
80 Pfd., Vacheleder 49 Ztr. 20 Pfd., Wildschmalleder 766 Ztr. 20 Pfd., deutsches Schmalleder 94 Ztr. 71 Pfd., Kalbleder 83 Ztr. 46 Pfd., Zaum-, Zeug- rc. Leder 81 Ztr. 16 Pfd., zusammen 1178 Ztr. 53 Pfd. mit einem Gesamtumsatz von rund 150000 Nächste Levermesse Dienstag den 18. Oktober d. I.
Stuttgart, 9. Juli. Kartoffelmarkt am Leonhardsplatz: Zufuhr 300 Ztr. Preis p. Ztr. 5—6
— Der „Schw. M." berichtet von Hirsau, 7. Juli : Nach den Ausführungen von Pfarrer Dr. Klaiber im St.Anz. haben die in der letzten Zeit stattgefundenen Ausgrabungen ergeben, daß die von namhaften Vertretern der neueren historischen Kritik in das Gebiet der Sagenbildung verwiesene St. Aureliuskirche von 830, das Gebäude aus der karolingischen Zeit, thatsächlich bestanden hat. In einer Tiefe von 38—40 am unter dem Niveau der Kirche von 1671 (deren Bau 1059 begonnen wurde) kamen mächtige Fundamente zum Vorschein. Nach den bis jetzt gemachten Funden läßt sich annehmen, daß die Kirche des 9. Jahrh. mit einer einzigen großen Apsis gegen Osten abschloß. Finanzrat vr. E. Paulus, Geh. Hofrat E. Wagner in Karlsruhe, Dr. Hager in München und andere Fachmänner haben erklärt, daß mit diesen aufgeveckten untersten Fundamenten samt Estrich eine weit ältere Kirche, denn diejenige von 1071, welche ersterer übergelegt ist, aufgefunden wurde, ein kirchliches Gebäude, das kaum viel kleiner gewesen sein könne, als die Kirche von 1071. Es wäre wünschenswert, wenn der Grund, auf dem Querschiff und Chor der Kirche von 1071 sich erhoben, in seiner untersten Tiefe gründlich untersucht würde.
Lbonnement-pret» vierteljährlich i« der Stadt *0 Pfg. u«d SO Pfg. Trägerlohn, durch die Post bezogen Mk. 1. 1b, sonst t» ganz Württemberg ML. 1. 8L.
Böblingen, 5. Juli. Gestern Abend ließ sich der Bierführer von der Krone durch emen Reisenden beim Retourfahren von Oeschelbronn im Gäu bis Böblingen begleiten. Als derselbe sein Geld abgeben wollte, merkte er, daß er von seinem Begleiter um 188 ^ bei einem gemütlichen Schläfchen bestohlen war. Die Landjägermannschaft hat nun den Namen des Diebes bereits ermittelt.
Eßlingen, 8. Juli. Nachdem die Trauben in allen Lagen verblüht haben, läßt sich der Stand der Weinberge einigermaßen beurteilen. In der Neckarhalde haben die Beeren bereits die Größe der Erbsen, so daß die Trauben „hängen". Riesling, Silvaner und Trollinger, die hier vorwiegend gebaut werden, versprechen einen halben Herbst; man findet Stöcke mit 5 bis 6 Trauben, daneben aber auch viele, die nur 2 bis 3 tragen. Bei dem raschen Wachstum der Stöcke ist jetzt das Verbrechen und ein fleißiges Heften angezeigt. Von der Blattfallkrankheit bemerkt man bis jetzt keine Spur. Die erste Bespritzung wurde ziemlich allgemein vorgenommen.
Tübingen, 9. Juli. Vor einer größeren Zahl von Mitgliedern des Handels- und Gewerbestandes hielt gestern abend Kaufmann Müller aus Stuttgart einen Vortrag über Zweck und Ziele des Schuzvereins für Handel und Gewerbe. Der Verein will die schädlichen Auswüchse des Erwerbslebens, namentlich der Konsumvereine, des Hausierhandels und Detailreisens, der Schleuder- und Wanderlager u. s. w. durch Einwirkung auf die Presse, auf die Wahlen in die Handelskammern, in den Land- und Reichstag bekämpfen. Obwohl der Redner lebhafte Zustimmung fand, so erfolgten doch wenige Beitrittserklärungen.
0 H p ^ 1 0 1 ^ dd . Nachdruck verbaten.
Dolorosa.
Roman von A. Wilson. Deutsch von A. Geisel.
(Fortsetzung.)
„Sie muß uns als ihre Landsleute erkannt haben," bemerkte der Gesandte offenbar geschmeichelt, „sie scheint ihre Worte wie ihr Spiel fast nur an uns zu richten!-O diese herrliche Stimme — ja, sie ist eine gottbegnadigte Künstlerin!"
Jetzt folgte die Scene in der Grotte. Das blaßgrüne Seidenkleid, welche» Anny trug, ließ sie noch bleicher erscheinen, während das goldene Haar im Schein der Kerzen metallisch flimmerte und leuchtete. Wie natürlich war ihr Schrecken, als sie in da« hochmütige Angesicht der Königin blickte — die Höflinge und die Damen sieben auseinander, als Elisabeth das verleugnete Weib ans Tageslicht zog und ihrem Günstling die Frage entgegenschleuderte:
„Mylord von Leicester — kennt Ihr dieses Weib?"
Der Verräter findet keine Worte, sein Vergehen zu entschuldigen und der Zorn der Königin entladet sich über seinem schuldigen Haupt, aber Anny bemüht sich, ihn vor dem Schlimmsten zu schützen. Endlich sinkt sie bewußtlos zusammen und wird von Hundsdon hinweggetragen; endlich folgt die letzte Uitterredung der Unglücklichen mit ihrem Gatten.
„Es ist nicht viel, was ich begehre," flüstern die bleichen Lippen; nimm mich bei der Hand, führt mich vor den Thron der Königin und bekenne, daß Du in einem Moment unbegreiflicher Verblendung, verführt von meiner längst entschwundenen Schönheit, wahnsinnig genug warst, Deine Hand als Gatte in die der armen Anny Robsart zu legen. . . . Damit ist die Gerechtigkeit und meiner Ehre Genüge geschehen — willst Du mit Hülfe des Gesetzes unser« Ehe lösen, so werde ich Dir nicht rvüxrstreben — ich verschwinde von dem Schauplatz, auf welchen Deine Lieb« mich
gestellt, und in nicht zu ferner Zeit wird die arme Anny, deren Herz längst gebrochen ist, sich zum letzten Schlafe niederlegen.
Aber dem herzlosen Jüngling, der die Hand der Königin zu erringen gehofft, ist Anny ein Dorn im Auge und so bricht die Katastrophe über die Ahnungslose herein. Sie steht am Fenster ihre« Gemachs im Schlöffe von Camney; durch die tiefe Sülle der Nacht klingt der laute Hufschlag eines Rosse» und im nächsten Augenblick ertönt der wohlbekannte Pfiff, durch welchen sich in früheren Zeiten Leicester anzukündigrn pflegte.
Zitternd in atemloser Erregung stürzte Anny aus ihrem Gemach auf den trügerischen Balkon, aber anstatt, wie sie gehofft, in die Arme des noch immer Geliebten zu fliegen, versinkt sie durch die dem leisesten Druck nachgebende Fallthür und Todesnacht umfängt das liebende verratene Weib! . . .
VH. Kapitel.
Am nächsten Vormittag 12 Uhr saß die Künstlerin, den Besuch de» amerikanischen Gesandten erwartend, in ihrem Empfangssalon; die schönen Züge des bleiche» Gesicht« sahen übernächtig aus und unter den Augen lagen dunkle Schatten.
Ein kremefarbenes Kachemirekleid umschloß die schlanke Gestalt; ein Veilchensträußchen steckt« im Gürtel und ein zweites barg sie in den reichen Haarwellen, während einzelne Bandschleifen von der Farbe der Blumen aus den Falten des Gewandes hervorschauten.
Der Mitteltisch war von den reichen Blumensprnden, welche Anny Robsart bei der gestrigen Vorstellung geerntet, ganz überdeckt; Frau Waller hatte au» den zahllosen Bouquet» eine kunstvolle prächtige Pyramide erbaut und wappengeschmückte Briefe und BilletS lagen massenhaft auf dem eleganten Schreibtisch, neben welchem Madame Orme Platz genommen hatte.
Unter dm Billet«, welche heute im Laufe des Vormittag» tingelaufen warm und welche sammt und sonder» rin und dasselbe Thema behandelten — die Bitte, sich der Künstlerin verstellen und die Schreck»« persönlich ihr« Bewunderung üüs«