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Amts- und Anzeigeblatt für den Bezirk Lalw.

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Erscheint Die» « l» g, D-nnerit-g und Sam »tag. Die EinrLckungigebühr b-trigt im Bezirk und nächster Um­gebung S Pig. di« Zeile, sonst IL Pfg.

>ienstaz, den 5. Zuli 1892.

Lbonnementtpreis vierteljährlich in der Stadt B0 Pfg. und 30 Pfg. Trägrrlohn, durch die Post bezogen Mk. 1. 1b, sonst i» ganz Württemberg Mk. 1. 3b.

Amtliche Bekanntmachungen.

Bekanntmachung.

Nach einer Mitteilung des Chefs des General­stabs der Armee werden Ende September d. Js. die Kaisermanöver des XIII. und XIV. Armeecorps vor­aussichtlich hauptsächlich auf württembergischem Gebiet und zwar u. A. auch im Oberamtsbezirk Calw statt­finden.

Die Ortsvorsteher werden angewiesen, wegen Kenntlichmachung der besonders zu schonenden Ländereien ihres Gemeindebezirks durch Warnungs­zeichen seinerzeit das Erforderliche zu veranlassen.

Calw, 1. Juli 1893.

K. Oberamt.

Schönmann A.-V.

Die Ortsvorsteher

haben binnen 8 Tagen zu berichten, ob sie mit dem Gemeindepfleger ihrer Geineinde in einem Ver- wandschafts- bezw. Schwägerschafts-Verhältnis der in Art. 17 Abs. 3 des Gesetzes vom 6. Juli 1849 ge­dachten Art stehen und bejahendenfalls, welches Ver­fahren bezüglich des vierteljährlichen Kassensturzes bei der Gemeindepflege in diesem Falle eingehalten wird.

Calw, den 1. Juli 1892.

K. Oberamt.

Schönmann A.-V.

Tages-Ueuiglreiten.

X Calw, 4: Juli. Bei herrlichstem Som­merwetter hat gestern der ev. Männerverein einen Familienausflug nach der Thalmühle

ausgeführt. Zu Fuß und zu Eisenbahn begaben sich die zahlreichen Teilnehmer, welchen sich auch werte Gäste angeschloffen hatten, zur Station Teinach, von wo aus zunächst die Ruine Waldeck besucht werden sollte. Alt und jung war hocherfreut über den präch­tigen Gang durch den Wald; nachdem man sich in der weitläufigen Ruine dieses zuletzt von den Fran­zosen 1692 zerstörten alten Raubritterschloffes umge­sehen hatte, wurde kurze Rast gehalten und der Freude an der schönen Gottesnatur durch mehrfache Gesänge Ausdruck verliehen. Rasch ging's auf dem bequemen Weg vollends in die Thalmühle hinab, wo der Verein mit seinen Angehörigen im kühlen Schatten und bei der freundlichen und reellen Bewirtung, durch welch« die Thalmühle längst bekannt ist, ein paar Stunden gemütlicher Geselligkeit verlebte. Besonders haben die Herrn Sänger durch ihre schönen Vorträge, sowie ein paar jüngere Arbeiter durch ihre teils ernsten teils humoristischen Deklamationen viel zum Gelingen dieses Beisammenseins beigetragen. Zwischen hinein ließen zu allgemeiner Freude die anwesenden Schülerinnen unter dem Sangesvater Roos ihre Stimme erschallen. Und, damit auch das Vaterland sein Teil erhalte, wurde auf Anregung des Herrn Professor Haug, anschließend an Geroks Gedicht: Furchtlos und treu, von allen zusammen das Württemberger Lied ge­sungen : Preisend mit viel schönen Reden. Möge dem Verein beschieden sein, noch manchen solchen Tag zu erleben!

Stuttgart, 1. Juli. Ihre Majestät die Königin begaben sich heute nachmittag 2 Uhr mit der Hofdame Freiin v. Sützkind in einer Viktoria von Marienwahl nach Villa Berg zum Besuch bei Ihrer Majestät der Königin-Witwe Olga. Kurz nachdem der Wagen in den K. Park Rosenstein ein­

gefahren war, brach die Hinterachse, und der Kutscher fiel vom Bock; er wurde eine kurze Strecke geschleift, bis die Zügel, die er in der Hand behielt, rissen. Der Lakai sprang vom Bock, um die Pferde aufzuhalten, wurde aber auch eine Strecke des Wegs geschleift und umgeworfen. Nun versuchten I. M. die Königin die Pferde, welche glücklicherweise den Weg nicht verließen, mit der Stimme zu beruhigen; da dies aber keinen genügenden Erfolg hatte, knieten Ihre Majestät mit seltener Unerschrockenheit im Wagen nieder, setzten einen Fuß auf den Wagentritt, er­haschten die am Boden schleppenden Zügel und brachten die Pferde zum Stehen. Allerhöchstdieselben haben keinerlei Schaden genommen und setzten mit der Hofdame den Weg nach Villa Berg zu Fuß fort. Der Kutscher wurde in die Meierei Rosenstein gebracht, wo der herbeigerufene K. Hofarzt Dr. Guß- mann eine ungefährliche Verletzung des Fußes (Zer­reißung eines Bandes) konstatierte. Dem Lakaien ging ein Rad über das Bein ohne weiteren Schaden; außerdem hat er ein Fingergelenk gebrochen. Auf der Rückfahrt besuchten I. M. die Königin in der Meierei den Leibkutscher, welcher bald darauf in seine Wohnung verbracht wurde. Der Lakai konnte die Fahrt nach Marienwahl wieder mitmachen. Die Pferde sind ganz unverletzt geblieben.

Stuttgart, 2. Juli. Landgericht. Gestern stand der Redakteur desBeobachters" Karl Schmidt, wegen Beleidigung durch die Presse vor der II. Straf­kammer. Es handelte sich um einen Artikel mit der UeberschriftForstwächter-Musterungen", den der An­geklagte in Nr. 3 desBeobachters" vom 5. Januar 1892 ausgenommen hat. Der Artikel richtet schwere Angriffe gegen Finanzrat Keller, den Kommandeur der königl. Forstwache, sowie gegen die kgl. Oberförster

6 1 ^ H 6 1 O - Nachdruck oerb atrn.

Dolorosa.

Roman von A. Wilson. Deutsch von A. Geisel.

(Fortsetzung.)

Oder mich noch mehr aufregen, Frau Walter."

Das habe ich leider bemerkt weßhalb denn nur? Seit zwei Tagen erst sind wir in Paris und Sie sind nach einmaligem Auftreten so aufgeregt und abge­spannt, als wenn Sie, wie in N«w-Z)ork, Abend für Abend gespielt hätten."

Ach das kritische Pariser Publikum ängstigt mich."

Wie mögen Sie das nur sagen, Madame Orme? Diekritischen" Pariser haben Ihnen bei Ihrem ersten Auftreten zugejubelt und wie mir mein Mann er­zählte, sind heute alle Zeitungen Ihres Lobes voll."

Frau Orme lächelte halb traurig, halb spöttisch und sagte dann:

Ich höre Schütte auf der Treppe es wird Ihr Mann sein, Anna; aha da pocht er schon. Ob er wohl Briefe mitbringt?"

Frau Walter hatte die Thür geöffnet und hinausgerufen:Komme nur, William die Herrin wartet schon auf ihre Briefe.

Ein ältlicher weißhaariger Mann trat in das Zimmer, verbeugte sich vor Frau Orme und überreichte ihr mehrere Briefe."

.Hier, gnädige Frau; ein Brief aus Amerika, einer aus London und ein Billet von unserem Gesandten."

Ah Sie haben den Gesandten gesprochen, William? Was sagte er kann er uns die Papiere verschaffen?"

Er sagte mir, er sei krank gewesen, werde aber unter allen Umständen heute Abend das Theater besuchen und Ihnen morgen seine Aufwartung machen, gnädige

Frau." antwortete der ältliche Herr, dessen Erscheinung die Mitte hielt zwischen einem alten Diener und einem Majordomus.

Frau Orme hatte hastig das Billet erbrochen und den Inhalt desselben durch­fliegend murmelte sie halblaut vor sich hin.

Heute Abend werde ich mir nicht nehmen lassen, bei dem Triumph meiner gottbegnadeten Landsmännin gegenwärtig zu sein und mich an dem Enthusiasmus der Pariser, welche sie die zweite Rachel nennen, zu entzücken. Auch unsere hier weilenden Amerikaner sind nicht wenig stolz auf Ihre durchschlagenden Erfolge und"

Hier ließ Frau Orme die Hand mit dem Briefe sinken und ein leises Stöhnen entrang sich ihren tief erblaßten Lippen; Frau Walter eilte besorgt herbei und rieb die Stirn der Halbohnmächtigen mit stärkenden Essenzen, während der alte Diener ihr ein Glas Wasser reichte, an welchem Frau Orme mechanisch nippte.

Es ist schon vorbei," sagte sie jetzt matt lächelnd;ich werde mich nachher auf ein Stündchen nieoerlezen, um heute Abend frisch zu sein."

Das alle Ehepaar tauschte einen bekümmerten Blick, während Frau Orme das Billet wieder aufnahm und mit fest zusammengepreßten Lippen zu Ende lasund meine speziellen Freunde, Herr Robert Douglas (der Sohn des bekannten amerika­nischen Generals Renee Douglas) und seine Gemahlin begleiten mich heute Abend, um sich gleich mir an Ihren Triumphen, die unser teures Vaterland ehren, zu erfreuen."

Das satinirte Papier in der Hand zusammendrücksnd, schloß Frau Orme in völliger Erschöpfung die Augen und blieb eine Weile regungslos liegen. Envlih hatte sie sich hinreichend erholt, um wieder sprechen zu können und, sich an William wendend, sagte sie:

Herr Walter suchen Sie in Erfahrung zu bringen, welche Loge der amerikanische Gesandte inne hat, schreiben Sie das Resultat Ihrer Erkundigungen auf einen Zettel und senden Sie mir denselben heute Abend durch Anna in meine Garderobe. Und jetzt lassen Sie mich allein bi» 5 Uhr null ich ungestört bleiben wenn ich nicht vorher schelle, bringen Si« mir dann eine Taffe starken Kasse, Anna."