der Handels- und Gewerbekammer Heidenheim, Komm.- Rat Zöpp ritz, aufzunehmen.
Mergentheim, 28. Juni. Gestern wurde der erste Wollmarkt hier abgehalten, zu dem trotz des gleichzeitig in Heilbronn stattfindenden Marktes ziemlich viele Käufer sich einfanden. In der Woll- halle und in der Stadt waren 500—600 Zentner fränkische Bastardwolle gelagert. Wenn auch vormittags der Handel flau ging, so wurden nachmittags doch die Vorräte sehr rasch verkauft. Die Preise schwankten zwischen 105 und 110 ^ pro Zentner.
Leutkirch, 23. Juni. Gestern abend gaben die Herren Erdöls und Schäffer, Deutschamerikaner, in dem sehr geräumigen Straußensaal eine von ungefähr 300 Personen besuchte Vorstellung mit dem Edison'jchen Phonographen, System 1891/92, nachdem schon am Vormittag eine ähnliche Vorstellung für die Schulen stattgefunden hatte. Alle Versuche, die in der Vorführung von Märschen, Jodlern, komischen Vorträgen, Trompeten-Solis rc. bestanden, gelangen in vortrefflicher Weise. Ein von einem Anwesenden in den Phonographen hineingesungenes Lied wurde ebenso überraschend naturgetreu wiedergegeben, wie einzelne dem Apparat anvertraute Feuerwehrsignale u. dgl. Die ganze Versammlung, bestehend aus den Mitgliedern der Museumsgesellschaft, des Gewerbevereins und des Gesellenvereins, war über die interessante Vorführung ohne Ausnahme hochbefriedigt. Jedes Wort und fast jeder Ton wurde auch in dem entferntesten Winkel des großen Saales gut und deutlich verstanden.
Jsny, 25. Juni. Der 25jährige Prokurist Anton Prestel der Firma Thanner im bayerischen Orte Altusried war mit 10,000 ^ auf seinem Velociped durchgebrannt. In Eisenbach-Kreuzthal machte er Rast. Der hiesige Landjäger wurde auf ihn aufmerksam und lieferte de» ungetreuen Buchhalter ans Amtsgericht nach Wangen ein.
München, 29. Juni. Der Kaiser von Oesterreich wird am Samstag früh hier eintreffen und sich am Montag mit den übrigen fürstlichen Gästen nach Tegernsee begeben, um der Feier der Vermählung der Herzogin Amalie in Bayern mit dem Herzog von Urach beizuwohnen.
Berlin, 30. Juni. Fürst Bismarck stattet nach Beendigung seiner Kissinger Kur den Neuvermählten einen längeren Besuch in Schön- hausen ab. — Nach einer Pester Meldung des Berliner Tageblatts soll Fürst Bismarck sich bei dem Wiener Interview noch ungleich freier und herber ausgesprochen haben, als publiziert wurde. Der Berichterstatter milderte angeblich ganze Sätze, da ihm die Wiedergabe des Wortlauts bedenklich erschien.
— Fürst Bismarck veröffentlicht folgende Danksagung: Kissingen, 27. Juni. Am Ziele meiner Reise drängt mich die Erinnerung an die mir unterwegs zuteil gewordenen sympathischen Kundgebungen
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und an meine Unfähigkeit, sie nach dem Bedürfnisse meines Herzens im einzelnen zu erwidern, zur öffentlichen Aussprache der dankbaren Gefühle, welche sie in mir Hervorrufen. Die ehrenvollen Begrüßungen in Dresden, München, Augsburg und auf der Bahnfahrt durch Sachsen und Bayern haben mich von Herzen erfreut, weil sie mir bewiesen, in welchem Umfange ich durch meine Mitarbeit an der Einigung des Vaterlandes die Anerkennung und das Wohlwollen meiner deutschen Mitbürger außerhalb meiner engeren Heimat gewonnen habe. Alle, die dazu mitgewirkt haben, mir nach dem Abschlüsse meiner arbeit- und sorgenvollen amtlichen Thätigkeit für den Rest meines Lebens diese wohlthuende und tröstliche Befriedigung zu gewähren, bitte ich, durch diese Veröffentlichung meinen warmen Dank freundlich entgegenzunehmen, v. Bismarck.
— Unter dem Titel „Auch ein Wort zur Bismarck-Woche" schreibt der Schw. M.:
Fürst Bismarck ist nun am Kissinger Heilquell angelangt; seine Reise ist damit zu Ende, und zwei Thatsachen stehen fest. Die erste: er ist heute noch der populärste, oder vielmehr: der einzige wirklich populäre Mann Deutschlands; es giebt keinen andern, dessen Ankunft ein Ereignis von so durchschlagender und so lange nachzitternder Wirkung ist; keinen, bei dessen Nahen es heißt: Das Volk steht auf, der Sturm bricht los! Wer nicht glaubt, wer sich für ebenso populär hält, oder für noch populärer, nun — der mag die Probe einmal machen. Die zweite Thatsache ist: wie das Volk den Schöpfer des Reichs mit heißer Dankbarkeit umgibt, so haben die Fürsten zum Teil des Mannes und dessen, was sie ihm schulden, dem Anscheine nach vergessen. DemAnscheinnach, sagen wir. Daß sie ihn wirklich vergessen hätten, ist ja schlechterdings nicht möglich. Aber sie halten es für geboten, sich von ihm zurückzuziehen; weder der wackere König Albert von Sachsen, dessen innerste Gesinnung gegen Bismarck wir ja sehr wohl kennen, noch der Prinzregent von Bayern, der sich als Patriot bewährt hat, haben Bismarck empfangen; auch Kaiser Franz Josef nicht, obwohl er recht gut weiß, daß bloß Bismarck sr. Zt. den widerstrebenden Kaiser Wilhelm zur Unterzeichnung des Bündnisses vermögen konnte, ohne das Oestreichs Bestand in Frage stünde, und daß unser Kaiser zu der Zeit, da er noch mit Bismarcks Worten sprach, dieses Bündnis als ein Vermächtnis der deutschen Geschichte bezeichnete. Wie die Fürsten, so ihre Vertreter; einer wurde krank, der zweite mußte zu einer Taufe, der dritte zu einem Begräbnis — es galt Lucä 14, 18: ich habe einen Acker gekauft und muß ihn besehen; ich habe 5 Joch Ochsen gekauft; ich habe ein Weib genommen: ich bitte dich, entschuldige mich! Nun wissen wir wohl, daß alle die genannten 3 Fürsten Männer sind von streng pflichtmäßigem Wesen, daß sie nichts thun, was sie nicht reiflich erwogen und als das unter den obwaltenden Umständen für Volk und Reich Beste erkannt haben. Wir wollen deshalb auch nicht bestreiten, daß, nachdem Bismarck durch halb Preußen
gereist war, ohne bei Kaiser Wilhelm II. eine Audienz zu haben, ihm auch in Wien, Dresden und München der Zutritt zu den Herrschern nicht ohne die Gefahr schwerer Verstimmungen möglich gemacht werden konnte. Das aber führt uns nur zur Quelle alles Unheils zurück, zum Zerwürfnis zwischen Kaiser und Kanzler; und wenn wir bedenken, daß der ganze Hergang bei den Massen leider den Anschein erweckt hat, als ob die Fürsten eine Gelegenheit versäumt hätten, dem Volk in Bezeugung hochherziger Dankbarkeit voranzuleuchten — dann wird der Wunsch immer inniger und dringlicher, daß trotz aller entgegenstehenden Schwierigkeiten der unleidliche und geradezu gefährliche Zustand, der -jetzt besteht, beseitigt werde und daß endlich ein Ausgleich zwischen dem Kaiser folgen möge — der, davon sind wir zum Schluß durchdrungen, ohne die ihm soeben widerfahrene anscheinende Geringschätzung seitens der Höchsten manches herbe Wort, das er in Wien in der Verbitterung sprach, nicht gesprochen hätte.
Kiel, 29. Juni. Bei der heute vormittag bei stürmischem Wetter und sehr hohem Seegang abgehaltenen Segelregatta hatten mehrere Jachten Havarie. Die Jacht Argo schlug voll Wasser und sank, ohne jedoch einen Verlust an Menschenleben zu erleiden. Der Kaiser und Prinz Heinrich sind um 1 Uhr an Bord der Irene hierher zurückgekehrt. Der Kaiser reiste abends 6 Uhr an Bord der Jacht Kaiseradler in Begleitung des Panzers Siegfried nach Drontheimab. Die Flotte salutierte bei der Abreise.
London, 30. Juni. Während eines Festes in dem Krystallpalast, woran 7000 Sonntagschüler teilnahmen, platzte ein Luftballon in der Höhe von 100 Fuß. Die Insassen stürzten herab, der Luftschiffer Kapitän Dale wurde angesichts seiner Frau und Tochter getötet, zwei andere wurden tötlich verwundet.
Standesamt ßalrv.
Geborene:
20. Juni. Pauline Emilie, Tochter des Eugen Wehret er, Schaffners hier.
25. „ Maria Lina Hedwig, Tochter des Johannes
Steudle, Kaufmanns hier.
29. „ Robert Albert, Sohn des Michael Bulmer,
Maschinenstrickers hier.
Gestorbene:
23. Juni. Hermann Friedrich Wagner, Sohn des ff Karl Jakob Wagner, Postbriefträgers hier, 5H- Jahre alt.
30. „ Emil Otto Baur, Sohn des Martin Baur,
Wagenwärters hier, 9 Wochen alt.
30. ., Willy Christian Friedrich Herzog, Sohn
des Karl Herzog, Kaufmanns hier, 4 Monate alt.
Gottesdienst
am Sonntag, den 3. Juli.
Vom Turm 421.
Vorm.-Predigt: Herr Dekan Braun. 1 Uhr Christenlehre mit den Töchtern. 2 Uhr Bibelstunde im Vereinshaus: Herr Stadtpfarrer Eytel.
Mittwoch früh 7 Uhr Betstunde.
gewachsen und der intelligente Ausdruck des regelmäßigen schönen Gesichts ging weit über ihre Jahre hinaus. Regina kam dem jungen Mann strahlenden Auges entgegen und heiter plaudernd und lachend wandelten Beide durch die Steige des Gartens. Percy Lindsay war ein Mann von 25 Jahren, doch hatte angestrengtes Studium seinen Zügen einen Hauch von krankhafter Bläffe verliehen und die braunen Augen hatten einen ernsten, fast traurigen Ausdruck.
„Ich bringe Dir auch Grüße von Herrn Palma, Regina, sagte Percy im im Laufe der Unterhaltung; „ich habe ihn in New-Aork gesehen und gesprochen."
„Danke, Percy — geht es ihm gut?"
„Jedenfalls — er sah sehr wohl aus. Er fragte mich übrigens, ob Du des Schreibens noch nicht kundig seiest," fuhr der Geistliche lächelnd fort-, „und so teilte ich ihm mit, ich habe derselben Vermutung Raum gegeben, da ich Dir mehrere Briefe geschrieben, aber niemals Antwort erhalten hätte."
Regina lachte.
„Tante Elise hat Dir in meinem Namen für die Briefe gedankt," meinte sie dann, ihn schelmisch anblickend.
„Was sehr freundlich von meiner Mutter war, mir indes Deine Briefe nicht völlig ersetzte," sagte Percy gleichmütig. „Herr Palma schickt Dir übrigens durch mich ein Geschenk. Regina."
„Das ist sehr liebenswürdig von ihm, da er aber ohne Zweifel erwartet, ich werde ihm schriftlich für dasselbe danken, so ist es ein getrübter Genuß," entgegnete Regina nachdenklich, „und ich möchte das Geschenk lieber nicht haben."
„Du bist ein seltsames Kind, Regina — magst Du Herrn Palma denn nicht leiden?"
»O doch — er ist ja meiner Mutter Freund. Aber der Gedanke an ihn wirkt erkältend — er ist stet» so steif und kalt."
„Und Du fragst gar nicht, was er Dir schickt?"
„Hm — am Ende eine Schreibmappe mit Feder und Tinte?"
„Wo denkst Du hin — nein, so boshaft ist er nicht; komme mit in den Hof — dort sollst Du sein Geschenk sehen."
Im Hof fanden Regina und ihr Gefährte den Pfarrer und seine Schwester bewundernd vor einem schneeweißen jungen Neufundländer, welcher ein silbernes Halsband trug und mit einer Kette am Thürpfosten festgeschlossen war.
„O Percy — ist der reizende Hund für mich bestimmt?" rief Regina entzückt,, während sie neben dem hübschen Tiere niedsrkniete und ihren Kopf mit den dunklen Flechten in das blendend weiße, dichte Fell desselben vergrub.
„Aha", lachte der junge Pfarrer, „allem Anschein nach hat Herr Palma mit: diesem hübschen Schneeball Deinen Geschmack getroffen! Der Hund sieht aus, als entstamme er den Polargegenden; Herr Palma hat ganz New-Aork nach diesem seltenen Exemplar durchstöbert und dasselbe schließlich in Brooklyn aufgetrieben."
„Woher wußte denn Herr Palma, daß ich mir schon längst einen solchen Hund gewünscht hatte?" fragte Regina.
„Durch mich," versetzte Percy lächelnd.
„Wie heißt denn der Hund?"
„Er hat noch keinen Namen — Herr Palma überließ es Deinem Geschmack/ denselben zu wählen."
„So werde ich den Hund Ajax nennen — ich hoffe, er wird diesem klassischen Heldennamen Ehre machen. Und nun komme mit, Ajax — Du wirst hungrig sein."
VI. Kapitel.
„So Madame Orme — hier ist Ihr Schlafrock; darf ich Ihnen auch da» Haar lösen?"
„Danke. Frau Waller — so, jetzt ist's gut.
..Der The« wirb gleich kommen, Madame Orme; ich denke, er wirb Sie er- frisch«,." (Forts, folgt.)