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meister v. Fischer wieder sehen werde. Um 3'/- Uhr erschien die Deputation der beiden Gemeinde- kollegien Münchens unter Führung des ersten Bürgermeisters Dr. v. Widenmayer, der namens der Stadt die Einladung überbrachte, das Rathaus zu besuchen und einen Ehrentrunk anzunehmen. Fürst Bismarck äußerte seinen Dank und seine Freude über die warme Aufnahme, welche er in München ge­funden. Er gab der hohen Befriedigung Ausdruck, daß er die Zustimmung der Städte, überhaupt der gebildeten Bevölkerung des Reiches zu dem, was er gethan, sich erworben habe. Nichts anderes als ein Ausdruck uneigennütziger Freundschaft könne die ihm zuteil gewordene Zustimmung sein, denn er habe keine Machtinteressen und Wünsche zu befriedigen; auch bei den Freunden werde nicht alles, was er gethan, immer zustimmende Anerkennung gefunden haben. Er sei im hohen Grade dankbar, daß die Freunde sich der errungenen Eintracht bestens erinnern. Der Fürst gab sodann einen Rückblick auf die vergangene Zeit: die Art der deutschen Einigung vollzog sich naturge­mäß, weil aus dem Streben der einzelnen deutschen Stämme heraus; alle deutschen Stämme haben An­teil an den großen Siegen des Jahres 1870/71; es sei ein großes Glück, daß der Prozeß der Einigung sich nicht gleich nach 1866 vollzog; derselbe hätte da­mals geringere Aussicht auf Bestand gehabt. Die deutsche Einigung halte er für ein von dem Wechsel der Zeiten und Verhältnisse nicht mehr anfechtbares Werk. Fürst Bismarck gab die Absicht kund, seinen Aufenthalt in München bis Sonntag zu verlängern, und sagte zu, morgen mittag 12 Uhr im Rathaus zu erscheinen. Der Fürst arbeitete dann längere Zeit mit Dr. Chrysander und erledigte die eingegangenen Briefe.

München, 25. Juni. Die Abreise des Fürsten Bismarck erfolgte Sonntag Mittag 12 Ahr mittelst Extrazugs nach Augsburg. Fürst Bismarck empfing heute noch den Besuch des hier weilenden Fürsten Ferdinand von Bulgarien und erwiderte diese Aufmerksamkeit durch einen längeren Gegenbesuch bei dem Fürsten im Schlosse zu Bieder­stein.

Ueber den Besuch des Fürsten im Rathaus er­fahren die Münch. Nachr. noch folgende Einzelheiten: Als Professor Rud. Seitz vorgestellt wurde, erinnerte sich der Fürst sofort, daß von diesem Künstler die prächtige Adresse stamme, mit welcher er seitens der Stadt München einstens bei festlichem Anlasse erfreut wurde. Den Juwelier Winterhalter belobte »r wegen Anfertigung des schönen Ehrenhumpens, welcher als Deckel den einstigen alten Hof en miniature trägt. Zu Prof. Hauberrisser, dem Erbauer des Rat­hauses, sagte der Fürst, er sei von diesem Bau, welcher nicht so ganz rein gothisch ist, angenehm überrascht. Das Reingotische istzu spitz!" Bismarcks Diener stand mit der allbekannten großen Pfeife und mit dem Tabak bereit, allein der Fürst hatte an diesem Mittag kein Rauchbedürfnis. Als der Fürst aus dem Rathaus wegfuhr, rief ein Mann aus der Menge kräftig:Er ist halt doch unser Bismarck!" Der Fürst wandte sich nach dem Manne um und winkte freundlich mit der Hand.

Fürst und Fürstin Bismarck besuchten auch den VereinAllotria" und trafen Samstag um 5 Uhr nachmittags in der Kneipe der Künstlerschaft ein, wo­selbst ihnen ein donnerndes Hoch und Fanfaren durch das Hornensemble entgegentönten. Ein Mitglied be­grüßte den Fürsten in einer poetischen Ansprache und kredenzte die Bismarck kanne, aus welcher der Fürst am 31. Juli 1886 bei seinem Besuch in Mün­chen getrunken hatte. Der Fürst erhob sich und meinte in seinen Dankesworten, man habe ihn über Verdienst gelobt. Auf die vor ihm stehende Bismarckkanne blickend, fuhr er fort: Ultra xosss nemo odlixatur. (Große Heiterkeit.) Ich möchte Ihnen gern darin ordentlich Be­scheid thun, aber ich habe nicht das Ta­lent jenes Bürgermeisters von Notten- burg, der durch einen Trunk seine Vater­stadt rettete. Trotz der Güte des Bieres kann ich das nicht nach machen. Mit einem lautenProsit" nahm der Fürst einen kräftigen Schluck aus der Kanne. Die ganze Gesellschaft brach in stürmische Hochrufe aus und hob die Bierkrügeln in die Höhe, um dem Fürsten zuzutrinken. Hierauf wurde dem Fürsten und der Fürstin ein Halbcglas mit Franziskanerbräu vorgesetzt. Nach einem don­nernden Hoch auf die hohen Gäste erhob sich der Fürst nochmals und sagte:Ich danke Ihnen Allen herzlich für den freundlichen Empfang, den ich hier gefunden und zugleich dafür, daß Sie einst meinen Sohn Herbert so freundlich in Ihrem Kreise ausgenommen. Es ist mir dies einer der eindrucksreich­sten Momente, den ich mit nach Hause nehme. Ich werde mich stets an den Po­kal und die Gesellschaft erinnern. Wir haben im Norden auch ein Bier, es ist zwar naß, aber nicht das. (Große Heiterkeit.) Ich trinke auf das Wohl des Vereines, Sie müssen aber mit mir einstimmen, sonst ist mein Hoch zu dünn." Ein unbe­schreiblicher Jubel folgte diesen Worten. Unter er­neuten Ovationen der Gesellschaft verließ der Fürst die Gesellschaft, um sich in den Glaspalast zu begeben.

> In der Kunstausstellung sprach der Fürst etwa Folgendes:Ich bin nicht gekommen, um mein Kunstbedürfnis zu befriedigen, da ich meinen Besuch leider nicht so lange ausdehnen kann, ich bin an diese Stätte nur gekommen, um der Münchner Kunst und den Münchner Künstlern meine Hoch­achtung zu bezeugen; es ist eine Art Staatsvisite, die ich mache, und doch kann ich wieder nicht Staatsvisite sagen, da ich mit dem Staate nichts mehr zu thun habe. Es freut mich, durch den Pinsel Lenbach's hier mich so verewigt zu sehen, wie ich der Nachwelt gerne erhalten bleiben möchte." Er schloß dann mit Dankes­worten für die ihm gebrachte Huldigung und schritt dann, abermals von brausenden Hochrufen geleitet, dem Ausgange zu. Auch die immer noch vor dem Portal harrende Menge brach, als der Fürst den

Wagen bestieg, wiederholt in Hochrufe aus und noch lange, als die Wagen schon in der Ferne waren, tönte es fort:Hoch Bismarck! Es lebe Bismarck!"

Wien, 23. Juni. Aus der persönlichen Um­gebung des Fürsten Bismarck verlautet: Der Zar beauftragte den Grafen Schuwalow telegraphisch, dem Fürsten Bismarck und dem Grafen Herbert die herz­lichen Glückwünsche zur Hochzeitsfeier auszusprechen.

Fürst Bismarck hat den Wunsch geäußert, daß die nachfolgende Danksagung durch dieNeue Fr. Pr." zur öffentlichen Kenntnis gebracht werve:

Wien, 23. Juni. Bei Anlaß der Verheirat­ung unseres Sohnes sind meiner Frau und mir eine so große Zahl von Glückwünschen zugegangen, daß ihre Einzel-Beantwortung auf der Reise un­möglich ist. Ich bitte alle, welche uns von hier und aus der Ferne durch wohlwollende Begrüßung geehrt haben, für ihre liebenswürdige Teilnahme unseren herzlichen Dank auf diesem Wege freund­lich entgegenzunehmen, v. Bismarck.

Fürst Bismarck legt gleichzeitig Wert darauf, daß dieN. Fr. Pr." der Wiener Bevölkerung mit­teile, wie sehr ihn die fi)iuphatische und herzliche Auf­nahme, welche er in Wien gefunden hat, mit Dank erfüllt und gefreut habe.Fürst Bismarck ist von seinem Wiener Aufenthalt in höchstem Maß befriedigt, er hat sich in unserer Mitte sehr wohl gefühlt, ist von den freundlichen Gesinnungen, welche ihm über­all entgegengebracht wurden, aufs angenehmste be­rührt und wünscht, daß sein Dank öffentlich bekannt werde."

Uermischtes.

Am 25. ds. Mts. früh 10 Uhr tritt der New-Aorker deutsche Gesangverein Arion mit dem Hamburger Dampfer Wieland seine Sängerfahrt nach Deutschland an. Am 23. und 24. Juli wird der Arion, welcher 75 aktive Säuger zählt in Stutt­gart weilen und zwei Konzerte geben.

Ein Dickschädelerster Güte" pro­duziert sich zur Zeit im Wiener Prater. Mr. Hüll aus New-Aork dies sein Name schlägt unter anderem einen 5 Centimeter dicken Eicheupfosten so lange auf sein Vorderhaupt, bis der Pfosten in Trümmer geht! Noch frapp erender ist folgendes Kunststück": Der junge Alaun legt eine 88 Pfund wiegende Eisenplatte auf den Kopf, läßt dann einen Granitblock im Gewichte von 140 Pfund auf die Platte stellen und den Block durch eine zweite Person so lange durch kräftige Hammerschläge bearbeiten, bis er zerschellt. Daß er sechs vierzöllige Zimmcrmanns- nägel mit der flachen Hand rascher in einen starken Holepfosten treibt, als es einer andern Person ge­lingt, durch wuchtige Hammerschläge auch nur einen Nagel einzukeilen, und daß er eine zwei Millimeter starke Eisenstange mit den Zähnen biegt, als ob die Stange aus Butter wäre, wird nur nebenher produ­ziert. Dabei vollführt Mr. Hüll alle seine Kraft­proben mit großer Anspruchslosigkeit und zerstreut im vorhinein den unangenehmen Eindruck, den ähnliche Produktionen auf das Publikum zu üben pflegen, durch die in gebrochenem Deutsch ausgesprochene Ver­sicherung:Bitte, meine Herrschaften, fürchten Sie nichts, thut mir gar nicht weh!"

Revier Enzklösterle.

Arennhotz-Ierkauf

am Donners­tag, den 7. Juli, vorm. 10 Uhr, im Waldhorn in Enzklösterle aus dem Staatswald I. Wanne Abt. 29, Dreiforchen und Scheidholz vom ganzen Revier:

Rm.: 2 eichene Prügel, 18 buchene Scheiter, 48 Nadelholz-Scheiter, 16 dto. Prügel, 35 eichen Anbruch, 185 buchen Anbruch, 1859 Nadel­holz-Anbruch. Ferner Rm.: 2 buchene und 193 Nadelholz-Reis- prügel.

Gisenöahnfahrpläne

für den Bezirk, mit der Aenderung vom 20. Juni auf den Strecken Calw Pforzheim und Pforzheim Wildbad, sind ä 5 iZ zu haben tm Compt. d. Bl.

Kahrms-Auklion.

Am Peter- und Paul-Feiertag findet von Mittags 1 Uhr an im Bäcker Lutz- 'schen Haus eine Fahrnis-Versteigerung statt, wobei vorkommt: etwas Bettwerk, worunter eine Flaumdecke, einiges Schrein­werk, viel Weißzeug und Küchengeschirr.

Liebhaber sind eingeladen.

Frisch gebrannter

Ziegelei Kirsau.

Einen kräftigen

Jungen

nimmt in die Lehre

H. Gentner, Wagner.

Auf Jakobi wird ein fleißiges

Mädchen

in die Küche gesucht.

Zu erfragen bei der Red. d. Bl.

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