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Amis und Änzeigeblait für den Bezirk Lalw

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Dienstag,

den 21. Juni 1892.

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Ubonnementtprets viertUjiihrttch t« der Stadt »0 Ptg. und i. Lrägerlohn, durch die Post bezogen Ml. 1. Id, sonst t» Lürttemderg Mk. 1. 8S.

KmMche Bekanntmachungen.

Bekanntmachung.

In Althengstett ist die Maut- und Klauen­seuche erloschen. Der Oberamtsbezirk ist nunmehr wieder frei von der Seuche

Calw, den 19. Juni 1892.

K. Oberamt. Schönmann A.-V.

Tages-Ueuigkeiten.

* Calw, 20. Juni. Die gestrige Gesangsunter­haltung des Liederkranzes erfreute sich eines sehr zahlreichen Besuches. Zum Vortrag kamen Chorlieder und Tirolerquartette. Unter den gesungen Chören heben wir besonders 2 Novitäten,Dort liegt die Heimat" von Attenhofer undNachtzauber" von Storch hervor. Sehr beifällig wurden auch die beiden Silcher- 'schen LiederMaidle, laß der was erzähle" und Heimliche Liebe" ausgenommen. Recht gut gefielen die Vorträge des Tirolerquartetts. Dasselbe sang außer verschiedenen Einlagen zwei neue LiederZwoa schneeweiße Täuberl" undSchupfer- und Schnada­hüpfeln". Da das Wetter sich nachmittags günstig gestaltete, so konnte die Gesangsunterhaltung im Garten stattfinden und das Programm trotz eines kleinen Regens flott abgewickelt werden. Der Gesang­verein Ditzingen machte gestern einen Ausflug nach Calw und Liebenzell. Bei diesem Anlaß brachten die Sänger ihrem früheren Dirigenten Hrn. Schullehrer Roos hier ein Ständchen.

Calw. (Einges.) Wir erlauben uns auf das am 24. Juni, Freitag Abend, im Vereinshaus statt­findende Schülerkonzert aufmerksam zu machen. Es werden in demselben zum Teil hier noch nie zur öffentlichen Aufführung gebrachte Chöre (aus Zauberflöte" v. Mozart) und Musikstücke (Kinder­sinfonie v. I. Haydn) zum Vortrag kommen, welche ohne Zweifel allen billig denkenden Beurteilern Freude machen werden. Näheres im Anoncenteil des Blattes.

Im Saale der I. Dreiß'schen Brauerei hielt am gestrigen Sonntag auf Einladung der Partei der sozialdemokr. Reichstagsabgeordnete Dietz aus Hamburg einen Vortrag über die letzte Reichstags­periode. Zunächst führte der Redner in Zahlen auf, was der Neichshaushalt verschlinge, wie viel direkte Steuern auf den Kopf des Einzelnen entfallen und wie hoch sich die Einnahmen durch indirekte Steuern beziffern. Gegenüber der Gesamtsumme, welche das Reich jährlich beanspruche, sei die Auslage von 60 Millionen für unser Heer noch gar nicht so schlimm, allein es drohe bereits die Erhöhung dieses Betrags. Man sei stets in der Sorge vor einem Krieg, der doch zwischen Kulturstaaten heutzutage nicht mehr zu befürchten sei, es wäre zwar möglich, daß das Land einmal von Rußland herüberlaufen würde", wo­gegen wir uns selbstredend wehren würden. Man wolle das Heer mehr gegen den inneren Feind ver­wenden als nach auswärts. Dietz kam sodann auf die Soldatenmißhandlungen zu sprechen und führte die in dem Erlaß des Herzogs von Sachsen enthal­tenen Fälle auf. Die Vorkommnisse seien bald ver­gessen, man müsse immer wieder dahinter, sonst werde es nicht anders. Dem Krankenkassengesetz läßt der

Redner Gerechtigkeit widerfahren, dasselbe habe gutes geschaffen, allein man sei neidig geworden und suche die Ausführung dieses Gesetzes möglichst zu erschweren. Der Redner sprach sehr objektiv und erlaubte sich nur hie und da einen kleinen Ausfall, so z. B. auf den Fürsten Bismarck, der jedoch die Verständigen nicht ver­letzen konnte. Die Erklärung des Vorsitzenden, daß nach 5 Minuten Pause dieGegner" sich zum Wort melden können, hatte keinen Erfolg; nur ein Genosse Leukhardt aus Stuttgart ergriff noch das Wort, indem er den mangelhaften Besuch bedauerte und daß keine Gelegenheit geboten sei, den Gegnern, nament­lich auch den Herren Geistlichen, einmal so recht ordentlich die Wahrheit zu sagen.

Am gestrigen Sonntag feierten der Tuch­macher Karl Walz hier und seine Ehefrau Rosine, geb. Stierle, das Fest ihrer goldenen Hochzeit. Dabei hatten sie die Freude, den einzigen Sohn und 5 Enkel und weitere nahe Anverwandte um sich ver­sammelt zu sehen. Eine Tochter und 1 Enkel leben in Amerika. Das Jubelpaar, im 74. und 73. Jahre stehend, erfreut sich einer verhältnismäßig noch guten Gesundheit und geistigen Frische. Möge das betagte Paar diese beibehalten bis zur Feier derdiamantenen".

Herrenberg, 16. Juni. Heute früh gegen 4 Uhr ertönte das Landfeuerzeichen. In dem eine Stunde von hier entfernten Kayh brach in einem von drei Familien bewohnten Hause Feuer aus, welches so rasch sich verbreitete, daß nur wenig gerettet werden konnte. Von den Abgebrannten soll auch nicht ein einziger versichert sein.

Schömberg, OA. Neuenbürg, 14. Juni.

. Nachdruck »erb»ten.

Dolorosa.

Roman von A. Wilson. Deutsch von A. Geisel.

(Fortsetzung.)

Mein einziger Sohn, Robert Douglas, mein Stolz und meine Freude, bezog r>or etlichen Jahren die Universität Z. Obgleich er unter strenger Aufsicht war, ge­riet er doch in schlechte Gesellschaft; früher in jeder Hinsicht ein Muster, ward er bald ein notorischer Spieler und Trinker und wenig fehlte, so wäre er relegiert worden. Im Zustand sinnenloser Trunkenheft gelang es den Verführungskünsten eines übel berüchtigten, auffallend schönen Mädchens, ihn zu einer Heirat zu bewegen; Minnie Merle, so heißt dasselbe, wurde durch ihre Großmutter in ihren Bestrebungen unterstützt und mein Sohn war schwach genug, seinen guten Namen zu opfern. Als i>ie Trauung vollzogen ward, zählte mein Sohn noch nicht volle 20 Jahre das Mädchen deren erst 15. Ursprünglich scheint die Absicht bestanden zu haben, die Heirat geheim zu halten, aber die Habgier der Alten, die sich das Vermögen meines Sohnes sichern wollte, ward zum Verräter. Sie schrieb mir, teilte mir mit, was geschehen sei und bat um meine Vermittlung, da mein Sohn leider in schlechte Ge­sellschaft geraten sei und sie für ihn wie für ihre Enkelin Schlimmes fürchte, wenn

keine Änderung eintrete.Hochwürdiger Herr erlaffen Sie eS mir, meine

Gefühle bei Empfang dieser Mitteilung zu schildern; ich griff nach dem nächsten Mütel, um meinen armen Sohn zu retten und ließ ihn telegraphisch nach Hause be­rufen die Depesche besagte, ich sei sterbend. Sobald mein Sohn in das HauS seiner Väter zurückgekehrt war, erhielt ich ein umfassendes Bekenntnis seiner Schuld, die er tief bereute; die Trunksucht sowohl, wie vielerlei Anstrengungen hatten seine Gesundheit schwer erschüttert. Indes, mit Gottes Hülfe gena» er endlich und als wir ein Jahr nach seiner Rückkehr Amerika verließen, um längere Zeit in Europa zu leben, durste ich mich der frohen Hoffnung hingebe», daß mein Einziger mir aufs Neue geschenkt sei. Mit der Vergangenheit hatte er vollständig gebrochen; ich

meinerseits erachtete es jedoch für meine Pflicht mich durch einen gewandten Agenten mit der Familie, die meinen armen Sohn so elend gemacht, auseinander zu setzen und die leichtsinnige Person zu endgültigem Verzicht zu bewegen. Dies schlug indes fehl; die Alte war nach Kalifornien auSzewandert und die Enkelin schlug alle An­erbietungen aus. Sie verschwand für einige Zeit, tauchte indes später in New-Iork auf und lebt auch jetzt noch dort wovon weiß Niemand, aber schlecht geht es ihr nicht dergleichen Personen wissen schon Hülfe zu finden. Sie war impertinent genug, für ihr Kind Ansprüche auf den Namen und das Erbe der Douglas zu er­heben; ich bin jedoch in der Lage, die Hinfälligkeit dieser Ansprüche nachzuweisen.

Sie lehnte jede Abfindungssumme kurz und bündig ab und bedroht uns mit einem Prozeß; sie fußt darauf, daß Sie, ehrwürdiger Herr, die Trauung auf Grund einer HeiratSlicenz, die in Ihrem Besitz ist, vorgenommen haben und daß Sie ihre sündigen Ansprüche unterstützen würden."

Wetter hieß es dann in dem Briefe:

Mein Sohn ist jetzt glücklich und zufrieden, aber er würde es nun und nimmer ertragen, seine Jugendverwirrung, die er so tief und bitter bereut hat, an die Öffentlichkeit gezogen und unser altes Wappen mit Schmach bedeckt zu sehen. Nur die Furcht vor öffentlichem Skandal hielt mich früher davon ab, Scheidung zu beantragen und als ich die Details der unsauberen Geschichte erfuhr, drängte sich mir die Überzeugung auf, daß die Licenz gefälscht gewesen und somit die ganze Trauung null und nichtig sei. Jetzt nachdem ich Ihnen die Thatsachen mitgeteilt, «erden Sie, ehrwürdiger Herr, wohl nicht länger daran zweifeln, daß Sie einer Täuschung zum Opfer gefallen sind; auf Wunsch wird mein Agent, Herr Peter Patterson in Whitefield, Ihnen wettere gravierende Details berichten. Mit der Bitte, mir die Inanspruchnahme Ihrer Zeit verzeihen zu wollen, zeichne ich als

Ihr ergebener

General Rene Douglas."

?8. Etwaige Mitteilungen erbitte ich für die nächsten Monate nach Pari» a« die amerikanische Gesandtschaft.

Der Pfarrer hatte ein höchst unbehagliche» Gefühl, nachdem er den Brief ge»