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und je ^ 20. für mehr als 25jährige Thätigkeit in dieser Fabrik durch den oben genannten Verein.

ei. Cal w. Es scheint den Wenigsten bekannt zu sein, daß Herr I. Hesse jeden Donnerstag abend im hiesigen Vereinshause eine Bibelstunde für jeder­mann hält. Noch Wenigere scheinen zu wissen, daß diese Bibelstunden durch Freiheit und Weite der Auf- fassung, wie durch Klarheit und Lebendigkeit der Aussprache, ebenso fern von gelehrter Wortkrämerei als von gesuchter Gefühligkeit, in ihrer Art zu dem Besten zählen, was in unserm Lande bei solcher Gelegenheit gehört werden mag. Vielleicht bedarf es nur dieser Hinweisung seitens eines sehr Parteilosen, um zu einem Besuch dieser Stunden, in denen gegen­wärtig der Römerbrief behandelt wird, ernstgesinntere ^.LAeipohner unserer Stadt einzuladen.

* Liebenzell, 13. Mai. In hiesiger Stadt zeigt sich dies Jahr seit Beginn des Frühlings eine ungewöhnlich lebhafte Bauthätigkeit. Nicht bloß sind manche eingesessene Bürger bestrebt, ihre Wohnungen zu erweitern und zu verschönern, sondern gegen­wärtig sind auch zwei Villen im Bau begriffen, die auf dem rechtsseitigen Nagoldufer am Abhang des Haugstetter Bergs gelegen, dem Schlayer'schen Schlößle ein ob auch bescheideneres, doch würdiges und die Gegend zierendes Gegenüber darstellen werden. Die Erbauer, die schon Heuer ihren Sommersitz darin aufzuschlagen beabsichtigen, sind ein Pforzheimer Fabrikant und ein Frankfurter Privatmann. Auch eines der Wahr­zeichen von Liebenzell ist jetzt der Verschönerungs- und Baulust eines unternehmenden Hausbesitzers zum Opfer gefallen: der Felsen am Eingang der Stadt, der seit Jahr­hunderten ein hochragendes Haus auf seinem breiten Rücken getragen hat, ist in den letzten Wochen weggeräumt worden, und die Menge der Bausteine, die auf diese Weise gewonnen wurde, dürfte zureichen, um dem denk­würdigenFelsenmetzgershaus", von dem zur Zeit fast nur noch der Giebel vorhanden ist, der auf den an­gebrachten Stützen sicher ruht, eine massiv erbaute Vorderseite anzufügen, während der Raum, der durch die Entfernung des Felsens frei geworden ist, dem Hausbesitzer ein sehr schätzbares Erdgeschoß, das er bisher entbehrte, abgeben wird. Bei dem Umbau unserer Kirche, der in diesem Sommer seinen Fort­gang nimmt, ist es zu bedauern, daß unsere Hoff­nung, es werde auch dem Turm eine Erhöhung und ein würdiger Ausbau zu teil werden, nicht in Er­füllung gehen wird. Eine diesbezügliche Eingabe der Gemeindevorsteher ans königliche Finanzministerium istim Hinblick auf die nicht unerheblichen tech­nischen und finanziellen Schwierigkeiten, die der Ausführung im Wege stehen", abschlägig beschieden worden. Dagegen ist die Anschaffung einer dritten Glocke für den Kirchturm nunmehr gesichert durch s eine Schenkung von 3000 d'e der Gemeinde zu l diesem Zweck zugewendet worden ist^-^Jn dem be- nachbarten Unterhaugstett ist in vergangener Woche durch einige Herren aus Stuttgart, die im Auftrag desVereins zur Hilfe in außerordentlichen Notstandsfällen auf dem Lande" dorthin kamen, An­regung zur Gründung einer Darlehenskasse nac^,.

^aiffeisen'schem System gegeben worden, wie solche Kassen in vielen ländlichen Gemeinden Württembergs schon bestehen und der bäuerlichen Bevölkerung wesent­liche Vorteile bieten. Ob auch in Liebenzell, wo bei wenig landwirtschaftlichem Betrieb die Bevölkerung vorherrschend auf die Fabrikarbeit angewiesen und eines Creditinstituts nicht benötigt ist, während anderer­seits die gewerbtreibenden Bürger mit einer Bank in Verbindung stehen müssen, die größere Summen leiht als die Raiffeisen'sche Darlehenskasse, für eine solche Gründung ein geeigneter Boden wäre, steht dahin.

siH Deckenpfronn, 15. Mai. Wegen^der hier grassierenden Masern (roten Flecken) sind die Schulen seit letzten Mittwoch geschlossen.

Wangen, O.A. Cannstatt, 13. Mai. Gestern Nachmittag ertrank in dem See neben der Krone ein dreijähriges Knäblein durch Unvorsichtigkeit zum großen Jammer seiner Eltern, die sich bei einem Hoch­zeitsmahle in der Wirtschaft zur Germania befanden.

Heilbronn, 11. Mai. Unter dem Titel Ein Justizmord. Ort der Handlung Heil­bronn im Jahre 1859" kommt der N.-Ztg. aus Cleve land (Ohio) eine Broschüre zu, deren Ver­fasser, Johann Schaber aus Unterheinrieth, O.A. Weinsberg, damit den Beweis liefern will, daß er im Monat Dezember 1859 unschuldig zum Tode verurteilt worden sei. Das Urteil kam zwar nicht zur Vollstreckung, doch mußte Schaber zwölf lange Jahre unschuldig im Kerker schmachten. Anlaß hierzu gab folgender Vorfall. Am Sonntag den 26. Juni wurde dem damals 22 Jahre alten Johann Schaber, welcher mit seiner Geliebten und dem 27jährigen Bäcker Johann Eckstein aus Unterheinrieth in einem Happenbacher Wirtshaus eingekehrt war, aus dem Heimweg von einigen Happenbachern Burschen auf­gelauert. Letztere waren dem Schaber nicht grün, weil er in einer gegen sie anhängigen Untersuchungs­sache wegen Ruhestörung vor dem Schultheißenamt Zeugnis wieder sie abgegeben hatte. Es kam zu einer Prügelei, in deren Verlauf die Happenbacher Reißaus nahmen. Bei deren Verfolgung durch Schaber und Eckstein wurde einer der Happenbacher Burschen, Friedr. Füll getötet. Die Happenbacher hatten be­reits den Schaber mit Geld abgefunden, damit er den Ueberfall nicht anzeige, als man den Erschlagenen, der vermißt wurde, einige Tage später im Fruchtfeld auffand. Die beiden Unterheinriether Schaber und Eckstein wurden nun als der That dringend verdächtig gefänglich eingezogen und am 17. Dez. 1859 wegen Mords zum Tode verurteilt, welche Strafe, wie bemerkt, zunächst inlebenslänglichesZucht- haus umgewandelt wurde. Nach elf-, bezw. zwölf­jähriger Verbüßung entließ man sie zur Auswandung nach Amerika. Johann Schaber, welcher gegenwärtig in Cleveland lebt, hat nun in genannter Broschüre den ganzen Verlauf der Sache niedergelegt, wobei er den Beweis zu erbringen sucht, daß er unschuldig zum Tod verurteilt worden und unschuldig 12 Jahre lang im Zuchthaus gesessen sei. Als denjenigen, wel­cher die Verurteilung herbeiführte, klagt er seinen Untersuchungsrichter Bücher (späteres Mitglied des

Oberlandesgerichts) an. Schaber wendet sich an das> Oberlandesgericht und ersucht um Wiederaufnahme des Verfahrens.

Aus dem Oberamt H all, 11. Mai. Heute nachmittag durchzogen mehrere Gewitter unserere Gegend. Eines derselben entlud sich unter Hagel am. Fuße des Burgbergwaldes; die einzelnen Hagelkörner hatten die Größe einer Erbse bis zur Größe einer Haselnuß. Schaden ist keiner entstanden.

^ Möckmühl, 13. Mai. Gestern mittag traf Hke hiesige Gerbersfamilie M. ein bedauerlicher Un­glücksfall. Das etwa 3 Jahre alte Kind derselben goß dem kleineren 2jährigen Schwesterchen in einem, unbewachten Augenblick aus einer Flasche Schwefel­säure über den Kopf, wodurch ihm das Gesichtchen gräßlich verbrannte. Das Augenlicht beider Augen ist nach Aussage des Arztes in großer Gefahr, wenn nicht schließlich ganz verloren.

Heidenheim, 12. Mai. In einer hiesigen Färberei passierte gestern ein Unglücks fall. Ein. Arbeiter stürzte in den siedenden Farbkessel und verbrannte sich, obgleich er schleunigst aus seiner Lage befreit wurde, Gesicht und Arme jämmerlich.

Ulm, 12. Mai. Gestern ist der hiesige Metzger­meister Kaiser mit seinem Gefährt in Neu-Ulm ver­unglückt. Er wollte einem anderen Metzger Vorfahren,. wobei sein Gefährt umsiel. Kaiser stürzte so unglück­lich auf die Straße, daß er in das Spital verbracht, werden mußte, wo er nach einigen Stunden starb.

Ulm, 13. Mai. DasUlmer Tagbl." be­richtet: Laut an den Oberbürgermeister Wagner ge­langten Nachrichten werden Ihre Majestäten, der König und die Königin Mitte Juni in Ulm zum Besuch eintreffen. Vormittags wird an. jenem Tage große Parade stattfinden, daran sich mittags ein Diner anschließt. Der Nachmittag ist zur Besichtigung der Stadt und des Münsters und für die noch weiter seitens der Stadt beabsichtigten. Festlichkeiten in Aussicht genommen. Die Abreise der Majestäten erfolgt abends.

Biberach, 12. Mai. In der Nähe der Wielandstraße wird gegenwärtig an einer neuen Kanali­sation gearbeitet. Dort fanden heute früh in einer Tiefe von 2 m die Arbeiter eine eiserne Vollkugel im Gewicht von 54 Kilo und einem Durchmesser von 26 cm. Das Monstrum scheint ein Andenken aus dem Treffen vom 9. Mai 1800 zu sein. In diesem wurden die Oesterreicher unter Feldmarschall Kray, von den Franzosen unter General St. Cyr geschlagen. Der Mörser, aus welchem die Kugel geschossen wurde, muß auf dem Weingärtnerberge gestanden sein. Von dort abgeschossen, streifte das Projektil die starke Stadt­mauer und fiel in den nassen Wallgraben, wo es im Schlamme versank.

Vom Bodensee, 9. Mai. Altertums­funde. Von Wahlhausen (Ueberlinger See) ist Heuer allein zu berichten, daß Steinwerkzeuge in. nennenswerter Anzahl aus den Pfahlbauzeiten ge­funden wurden. Ein größerer Teil dieser Werkzeuge, Steine, Aexte, Feuersteinartefakten, kleinere Werk­zeuge aus Nephrit, Chloromelanite u. s. w. sind für

als daS arme Strandgut geblieben, das Willkür gerettet und Gleichgiltigkeit groß gezogen. Ob eS dabei in gute oder schlechte, falsche oder rechte Hände gekommen, war hiebei nie in Frage gestellt worden. Ihr junges, aufknoSpendes Herz hatte nur einen kurzen Frühling gehabt, das war jener gewesen, wo Graf Fabrie sich mit ihr als einer Art Spielzeug beschäftigt. Als er es in einem überhasteten Abschiede zur Seite geschoben, war dos arme Strandgut in einer um so größeren Dunkelheit zu­rückgeblieben. in der eS weder einen Tröster noch Freund gefunden. Selbst die Religion war ihr keiner geworden. So jung sie war, so büter regten sich Zweifel in ihr gegen eine göttliche WeUordnung, die sie hilflos und unverstanden unter Menschen gestoßen, mit denen sie sich nicht einleben konnte.

Diese Zweifel wuchsen mit den Jahren und schwanden selbst dann nicht, als ihr Wohlthäter so gut er es verstand, sie eines Bessern belehren wollte und dafür sorgte, daß ihr Wunsch nach einer guten Schulbildung, ihr Drang nach Wissen, be­friedigt würde. Was aber für sie eine Wohlthat sein, ihren Geist, wie sie selbst hoffte, von dem schmerzlichen Druck, der auf ihm lastete, befreien sollte, trug nur dazu bei, ihre vereinsamte Lage, ihre Abhängigkeit von der Güte Fremder, sie noch herber empfinden zu lassen. Was nützten ihr alle, auf Kosten ihrer Gesundheit er­lernten Kenntnisse? Sie verhalfen ihr doch nicht zu der erwünschten Unabhängigkeit, sondern schmiedeten die Ketten nur noch feste?, welche da« arme Strandgut an ihren Wohlthäter gebunden.

Bei aller Dankbarkeit, die sie für seine Güte empfand, und die sie seine Be­werbung annehmen hieß, war es ihr unmöglich, den Verzweiflungsschrei zu unter­drücken, der sich in Momenten de« Nachdenken« ihrer Seele entrang.

O, sie war elend, entsetzlich elend! Noch nie war »« ihr so klar wie in dieser

I Stunde geworden, wie elend sie war! Und doch verdiente ihr Wohlthäter es nicht I daß sie sich als seine Verlobte so unglücklich fühlte.

War er doch immer gut zu ihr, immer liebevoll, immer besorgt, den kleinsten ihrer Wünsche zu erfüllen. Ach, daß sie seine Güte hätte besser lohnen können 1 Niemals kehrte er gegen sie sein großprahlerisches Wesen heraus, mit welchem er zu­weilen seinen inneren Wert herabsetzte. Weshalb aber, wenn sie das Alles erkannte,, vermochte sie trotzdem ihr Herz nicht zur Liebe zu zwingen?

Weshalb?" Sie schüttelte diese quälende Frage, die sie so beängstigte, ab und gab die träumende Stellung auf. Dabei kehrten ihre Blicke zum Strande zu­rück. Sie fuhr leicht zusammen und ein glühendes Rot überflog ihr Gesicht. Ge-- radeswegs kam von dort Graf Fabrie auf sie zu. Er mußte sie schon lange auf der Klippe gesehen und beobachtet haben, denn er beschleunigte seine Schritte, als er sich bemerkt sah. Ihr Herz klopfte zum Zerspringen, aber sie fand Zeit, sich zu. sammeln, bis er sie erreicht hatte.

Sie hier, Herr Graf!" rief sie ihm mit glücklich erlangter Unbefangenheit zu.Ich denke, Sie haben mit Ihren Bekannten heute einen längeren Ausflug gemacht."

Das klingt fast, als käme ich Ihnen ungelegen " gab er scherzend zurück.. Ich denke, der Ausflug von Morgens neun Uhr bi« Nachmittags sechs läßt an Länge nichts zu wünschen übrig."

Ich dachte. Sie würden den Abend zur Rückfahrt benutzen, da der Sonnm­untergang auf dem Meere so schön ist."

Das wäre auch geschehen, wenn nicht heute Abend das Conzert zum Besten der hiesigen Armen stattfände."

Er hatte bei diesen Worten die Höhe erreicht und streckte ihr die Hand entgegen»

Sie berührte sie nur flüchtig und sprang hastig empor.