trieben, Verbot der Nachtarbeit für Frauen und für männliche Arbeiter unter 18 Jahre, eine mindestens 36 Stunden hintereinander umfassende Ruhezeit pro Woche, Verbot solcher Industrien und Arbeitsmethoden, welche der Gesundheit der Arbeiter besonders schädigend sind, Aufhebung des Drucksystems und eine alle industriellen Betriebe einschließlich der Hausindustrie umfassende Inspektion durch staatlich besoldete Inspektoren, welche mindestens zur Hälfte von den Arbeitern selbst zu wählen sind.
— Auf die Geburtstagsspende der Getreuen von Jever hat Fürst Bismarck folgendes Dankschreiben gesandt: „Friedrichsruh, den 19. Apr. 1892. Die Kiebizeier waren auch in diesem Jahre sämmt- lich frisch und gut und haben mir und meinen Gästen von Neuem den Beweis geliefert, wie sehr der Kiebiz in der Kunst des Eierlegens allen andern Vögeln überlegen ist. Die warme poetische Begrüßung, mit der Sie mir diese Geburtstagsgabe zueignen, hat mich von Neuem sehr wohlthuend berührt, und ich bitte Alle, die sich daran beteiligten, mir in jedem Jahre höhere Freude zu bereiten, für die liebenswürdige Aufmerksamkeit meinen herzlichsten Dank entgegenzunehmen. v. Bismarck."
— Eine eigentümliche Wirkung hat die Selbsteinschätzung zur Einkommensteuer in Naumburg gehabt. Einem vor Jahresfrist dort verstorbenen Stadtverordneten sollte von der Stadt ein Denkmal gesetzt werden, das bereits bei seinen Lebzeiten angefertigt war. Da jedoch die Erbin des Verstorbenen ein weit höheres Einkommen angegeben hat als das von dem Erblasser versteuerte, weigern sich die Stadtverordneten, einem Mann ein Denkmal zu setzen, der die Stadt Jahre lang um eine Menge Prozente der Einkommenssteuer verkürzt habe. Das bereits angekaufte Denkmal soll deshalb nicht aufgestellt, sondern in einem Nebenraume des Rathauses aufbewahrt werden.
Karl Stangen's Reisebureau — Berlin Mohrenstraße 10 — gibt seme Reisepläne für 1892 jetzt in dritter Auflage heraus; diese sind nun auch für die Sommersaison festgestellt. Vom Mai ab werden lOtägige Reisen nach Paris, vierzehntägige nach London, achtzehntägige nach Konstantinopel mit Besuch von Budapest, Buckarest, Sofia und Belgrad (mit und ohne Ueberfall?), einundzwanzigtägige nach Oberitalien mit Einschluß aller 4 Seen veranstaltet und im Juni und Juli beginnen die Touren nach dem skandinavischen Norden. Es sind, wie im vorigen Jahre, sechs verschiedene Reisen in das Programm ausgenommen worden, darunter vier bis zum Nordkap, mit Einschluß des Besuches von Romsdalen, Hardanjerfjord und Valdcrsthal. Im Juli wird auch wieder eine Reise nach Oesterreich- Ungarn mit Besuch des Tatragebirges unternommen.
Ravachol. Der „Gaulois" meldet aus St. Etienne: „Das Datum des Erscheinens von Ravachol vor den Geschworenen der Loire ist noch nicht festgesetzt. Wenn man die Angelegenheit rasch führen will, so kann man sie in der nächsten Woche beenden, wo eine Ergänzungs-Session des Schwurgerichts stattfindet. Die Akten des Verbrechens von Chambles find längst fertig. Der Prozeß wurde am 11. Dez.
letzten Jahres vor dem Schwurgerichte verhandelt. Die Affaire Ravachol wurde von derjenigen seiner Komplizen, der Frau Nullier, des Falschmünzers Fachard und des Anarchisten Trozet, losgelöst. Man braucht jetzt nur auf die damals geführte Untersuchung über die Ermordung des Eremiten von Chambles zurückzugreifen. Dieselbe Anklageakte kann benutzt werden." — Ein Vertreter desselben Blattes hatte eine Unterredung mit Maitre Lagasse, dem Verteidiger Ravachols. „Ravachol ist ein Wesen, welches Einen völlig außer Fassung bringt", sagte dieser. „Er hat mir in wärmster Weise gedankt. ,Die Männer, welche mich gerichtet, hat er mir gesagt, ,haben anerkannt, daß ich der Gesellschaft den Krieg erklärt hatte, — nicht als Verbrecher, sondern als Mann, der eine politische Sache verteidigt. Sie haben durch ihre Antworten bewiesen, daß sie mich nicht als Mörder betrachteten/ Ravachol hat mir ferner erklärt, warum er mehrere Male in die Weinschänke Verys zurückgekehrt sei. Er sei in seinen ersten Unterhaltungen mit L'Herot durch die Ansichten, welche dieser bezüglich der Armee äußerte, lebhaft betroffen worden. Er hielt dieselben für unwürdig eines Franzosen und bemühte sich, ihm eine andere Meinung beizubringen. (!) Er begann sofort eine Diskussion und nahm sich vor, am nächsten Tage wieder zu kommen. Deshalb kehrte er an dem Tage, an welchem er verhaftet wurde, in den Weinschank zurück." Lagasse teilte ferner mit, daß ihn Ravachol mit seiner Verteidigung wegen des Mordes an dem Eremiten betraut habe.
— Der Kellner L'Herot ist, wie man aus Paris meldet, seit zwei Tagen aus dem Hotel Belfort (über dem Restaurant Very), wo er sein Zimmer hatte, verschwunden. Daß er sich aus Paris entfernt hat, wo sein Schwager noch schwer darniederliegt und seine Schwester an den Folgen des Schreckens leidet, ist nicht wahrscheinlich, dagegen sehr natürlich, daß der „Entdecker" Ravachols sich dem besonderen Schutze der Polizei anvertraut hat.
— Ein gewaltiger Schrecken herrschte am 20. April Nachmittags gegen 2 Uhr auf dem Boulevard des Italiens in Paris. Während noch ziemlich viele Gäste des Cafs Riche beim Frühstücke saßen, flogen drei große Spiegelscheiben dieses Restaurants in Stücke. „Dynamit, Anarchisten!" hörte man in der Verwirrung, die auf das Geklirre folgte, schreien. Zugleich nahmen zwei Stadtsergeanten, denen einige Vorübergehende hilfreiche Hand liehen, einen jungen Mann fest, der im Gehen drei Stücke Asphalt aus der Tasche gezogen und in die Spiegelscheiben geworfen hatte. Auf dem Wege nach dem nächsten Polizeikommissariat rief der sauber gekleidete Missethäter: „Ja, ja, ich. Albert Dutall, gehöre zur Bande Ravachols, ich bin ein Verteidiger Ravachols." Auf die Fragen des Polizeikommissars stellte sich aber heraus, daß Dutall noch niemals verurteilt worden war und die That begangen hatte, weil er seit acht Tagen ohne Arbeit, ohne Obdach, ohne Nahrung war und der Zorn über die „Freß- wänste von Bourgeois, Bankiers und Generalen", die im Cafe Riche schmausten, ihm zu Kopfe gestiegen war. Die Ungerechtigkeit des Schicksals habe ihn empört und er mußte seiner Entrüstung Luft machen.
— Ein schweres Unglück ereignete sich am 19. April in Mackees Port in Pennsylvanien. Während der Vorstellung im Worlds-Theater gab ein gewisser Frank Sergeant Proben seiner Geschicklichkeit als Scharfschütze. Die Hauptnummer des Programms war der „Tellschuß." Ein Apfel wurde auf den Kopf seines Gehilfen gelegt, Sergeant wendete den Rücken, um zu feuern, und zielte mittelst eines Spiegels. Zum Entsetzen der Zuschauer stürzte der Gehilfe gleich nach dem Abfeuern zusammen. Die Kugel war ihm durch das Gehirn gedrungen. Sergeant hatte das Kunststück seit fünf Jahren ausgeführt, ohne den Apfel jemals zu fehlen.
Ein Großstadtbildchen. Wenn in Berlin nur drei Menschen kurze Zeit nach einem Schornstein sehen, werden sich bald Hunderte von Neugierigen um sie herum ansammeln — behauptete einmal ein Spottvogel, um die „Schaulust" des Berliners zu kennzeichnen. Wie recht der Mann hatte, zeigte sich dieser Tage auf dem Belleallianceplatz. Dort machte sich ein kleiner Junge das Vergnügen, mit einer an langer Ruthe befestigten Schnur ein Schiffchen durch das Wasser des Beckens an der Viktoriasäule zu ziehen. Diese Spielerei lockte sehr bald Leute an, die sehen wollten, was der Junge dort eigentlich „angele", und allmälig schwoll die Menge mehr und mehr an, so daß der Rand des Beckens völlig umlagert und weiter Abstehenden ein Blick auf das Wasser nicht mehr vergönnt war. Das stachelte die Neugier aber erst recht an, und nun stieß und drängte sich Jeder nach Kräften, um das „Wunder" zu sehen. Die Neugierigen zerstreuten sich erst, als der Junge, der in Gefahr geriet, ins Wasser gedrängt zu werden, seine Spielerei laut heulend einstellte.
Ein gelungenes Urteil. Der Humorist Mark Twain schreibt über die schweizerischen Bergbahnen: „Es ist viele Jahre her, daß ich nicht in der Schweiz gewesen bin. Damals gab es nur eine Zahnradbahn. Jetzt hat aber jeder Berg eine oder zwei, die ihm wie Hosenträger über den Rücken laufen. Bald wird der Bauer auf jenen Höhen, wenn er des Nachts ausgeht, eine Laterne mitnehmen müssen, um nicht über eine Bergbahn zu stolpern, die gebaut worden seit er das letzte Mal ausgegangen ist. Ein Bauer, durch dessen Kartoffelfeld keine Bahn geht, wird einst so berühmt werden wie Wilhelm Tell."
Die Rache der Verlassenen. Aus Brüssel wird gemeldet: Ein junger Bräutigam in vollem Hochzeitsstaat war dieser Tage gerade im Begriffe, aus dem Hochzeitswagen zu steigen, als eine junge Frau auf ihn losstürzte und — einen Topf mit Oelfarbe auf seinen Frack ausschüttete! Diese neue Art von Rache erregte unter dem zahlreichen Publikum unbändige Heiterkeit. Die Hochzeitscere- monie erlitt eine kleine Unterbrechung, bis der kolorierte Don Juan sich in einen neuen Frack geworfen hatte.
Gottesdienst
Mittwoch Betstunde im Vereinshaus, vorm. IS Ahr, bis auf weiteres.
Revier Calmbach.
Arennhotz-Merkauf
am Dienstag, den 10. Mai vormittags -11'/- Uhr auf dem -Rathaus in Calmbach aus den Distrikten _i Kälbling, Eiberg und
Heimenhardt:
Rm.: 52 tannene Prügel, 178 dto. Anbruch, 152 dto. Reisprügel, 49 buchen Anbruch, 4 dto. Reisprügel.
Vri»«t-Auzeigex.
Diese Woche backt
Lsugenbreheln
Bäcker Essig.
Calw, den 2. Mai 1892.
Todesanzeige.
Verwandten, Freunden und Bekannten teilen wir die schmerzliche Nachricht mit, daß unsere l.Mutter ».Großmutter Marie Nill, Tuchmachers Witwe gestorben ist. Beerdigung Dienstag nachmittag 2 Uhr.
Die traueraäea <kint»rbkieb«a«a.
Calmbach.
KüchenmSdche«
«es«cht.
Ein braves, fleißiges Mädchen, da- melken kann, wird zu sofortigem Eintritt gesucht von
Lnise vletzi», zur Sonne.
Benachrichtigung.
Montag, den 9. d. M.,
Diöcesanverein
auf der Thalmühle.
N. XI.
Im Dreiß'schcn Saale wurde gestern ein weicher grauer
Wlrhut
mit breitem Rand mitgenommen. Man ersucht den Besitzer um Zurückgabe an Hrn. Dreiß. Der Hut enthielt eine Visitenkarte.
lisves—biev-Vorli.
Der Schnelldampfer Oksmpsgns, am 23. April in Havre abgegangen, ist am 30. April in New-Dork angekommen.
Lrnil kissng»,
Hauptagent.
Ein alleinstehender, älterer Herr sucht auf 1. Juli zur Besorgung des kleinen aber besseren Haushalts eine pünktliche und zuverlässige
Luuffru«
oder auch älteres Mädchen. Zu erfragen bei der Redaktion.
Ein freundliches
Logis
mit Küche und Holzplatz hat auf Jakobi zu vermieten
Schuhmacher Schaub.
Eine Schlafstelle ist zu vergeben bei Obigem.
Hirsau.
50 Ztr. gut eingebrachtes
Heu
hat zu verkaufen
G. Ganzhorn.