46. Amts- und Anzeigeblatt für den Bezirk Lalw. 67. IshkMA.
Erscheint Dien « ia g , D-nneritng und Samitaz. Die EinrückungSgebühr betrigt im Bezirk und nöchster Umgebung » Pjg.'die -seil-, sonst lr Psg.
Tages-Neuigkeiten.
Stuttgart, 12. April. Wie „N.-B." hört, war seit einigen Tagen dem Herrn Generallieutenant a. D. von Claußen ein schöner Hund im Werte von etwa 350 gestohlen worden. Der Dieb verkaufte den Hund alsbald nach auswärts; in Hamburg wurde der Hund ermittelt und kommt nun wieder in den Besitz seines rechtmäßigen Eigentümers.
— Der Württemb. Schutzverein für Handel und Gewerbe versendet gegenwärtig an den Handels- und Geiverbestand im ganzen Lande Circuläre, um solchen zum Beitritt aufzufordern. In diesen Circulären wird darauf hingewiesen, wie notwendig eine Vereinigung aller Berufsgenossen fei, um etwas zu erreichen. Die Gefahr, daß bei längerem Zuwarten das ganze solide seßhafte Geschäft und mit ihm der gewerbliche Mittelstand durch Consumvereine, Hausierer, D«ailreisende u. s. w. ruiniert werden, könne nur durch energisches Vorgehen abgewendet werden. Reichsgesetzliche Abhilfe der Mißstände sei bereits angebahnt. Mit einem Apell an Alle beizutreten und nicht von vornherein aus Muthlosigkeit bei Seite zu bleiben, schließt das erwähnte Circulär. Soviel wir von zuverlässiger Seite hören, werden die Bestrebungen des neuen Vereins aus allen Teilen des Landes mit großer Freude unterstützt.
— In Winnenden feierten die Brüder I. G. Kreh, Konditor, und Ehr. Kreh, Weißgerber, zu gleicher Zeit ihre goldene Hochzeit. — Wie man dem „N. T." aus Asperg berichtet, ist die Errichtung einer Schießbahn im Osterholzwald vorgesehen, zu der die Stadtgemeinde Asperg ca. 25 Morgen Wald abzutreten hat. Die Gemeinde rechnet, für j>en Morgen Waldfläche mit dem Gehölz 3000—5000 ^
Samstag, de» 16. April 1892
zu erhalten. In wenigen Wochen solle mit den Vorarbeiten zur Herstellung der Schießbahn begonnen werden, die vom Herbst ab der Benutzung übergeben werden soll. Der ganze Osterholzwald umfaßt jetzt noch eine Fläche von 120 Morgen, nachdem die Gemeinde Asperg in den 50er Jahren 66 Morgen und 1873 ca. 80 Morgen Wald hat ausstocken und zu Ackerfeld umwandeln lassen.
Murrhardt, den 11. April. Herr Prof. Dr. Gust. Jäger ließ in den letzten Wochen neben seinem im vorig. Jahr erbauten Jagdhause in dem benachbarten Karnsberg eine Sommerwohnung erbauen. Derselbe hat auch einen großen Teil der hiesigen Jagd gepachtet und beabsichtigt, um das genannte Jagdhaus einen Wildpark anzulegen, zu welchem Zwecke er bereits verschiedene Morgen Wald angekauft und eingezäunt hat.
Backnang, 12. April. Die wegen Verdachts des vor 4 Wochen in Heutepsbach verübten Raubmords verhafteten Brüder, der Bäcker und Schreiner Fellmeth, wurden heute in Freiheit gesetzt, da ihre Unschuld nunmehr erwiesen ist. Dagegen hat man in der Person des vor kurzem in Karlsruhe verhafteten Schreiners Maier von Heutensbach, welcher schon längere Zeit in Karlsruhe' ln Arbeit ist, den wirklichen Thäter entdeckt. Derselbe hatte 3 Wochen vor der That seine mit dem ermordeten Dav. Häuser unter einem Dache wohnenden Eltern besucht und war dann heimlich wieder gekommen, um seinen Plan zur Ausführung zu bringen. Die seither unschuldig verhafteten Brüder, von denen der eine wegen Eröffnung des Konkursverfahrens in eine besonders schlimme Lage versetzt wurde, werden allgemein bedauert.
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Kirchheim u./T., 13. April. Gestern abend 11 Uhr geriet das von 5 Familien bewohnte Gebäude des Bäckers Hermann Hoyler in der Dettinger Straße in Brand. Eine Polizei-Patrouille, die das Feuer nach der Entstehung entdeckte, alarmierte die Hausbewohner, die zum Teil halbbekleidet das Freie suchten, da das Feuer, genährt durch Heu- und Strohvorräte, mit rasender Schnelligkeit um sich griff. Das Gebäude wurde bis auf den Grund zerstört. Die stark bedrohten Nachbargebäude wurden durch die hiesige Feuerwehr in kurzer Zeit außer Gefahr gesetzt. Der Hausbesitzer H. Hoyler ist in den Flammen umgekommen und wurde seine Leiche bereits bis zur Unkenntlichkeit entstellt aus dem Schutt gezogen. An Mobiliar konnte nur wenig gerettet werden. Der Schaden ist bedeutend; der Brandversicherungsanschlag des Gebäudes ist 18000 Es wird Brandstiftung vermutet.
Sa lach, 13. April. Vergangene Nacht um V--12 Uhr wurden wir durch den Ruf „Feuer!" erschreckt. Es brannte eine größere Scheuer des Andreas Häge. Kaum war die Rettung des Viehes möglich, mit so rasender Schnelligkeit griff das Feuer um sich. Der Brandstifter, ein früherer Knecht des Abgebrannten, wurde noch nachts in Göppingen auf der Flucht von der Polizei aufgegriffen und gestand sein Verbrechen zu.
Voin Bodensee, 11. April. Die elektrische Beleuchtung des Hafens in Friedrichshafen ist vollendet und hat vorgestern eine Probebeleuchtung stattgefunden, die vorzüglich gelang. Es ist dies der erste Hafen am Bodensee mit elektrischer Beleuchtung.
Aus Baden, 11. April. In Michelbach ist der Gastwirt Brunn das Opfer einer unvorsichtigen
. Rachdru-k «erbaten.
Der Schwedenhof.
Novelle von Fritz Brentano.
(Fortsetzung.)
Kein Schuß war, seit er Besitzer des Forstes geworden, in dem Revier gefallen und das Wild war so kühn geworden, daß die Holzarbeiter nicht selten von dem Besuch desselben derartig überrascht wurden, daß sie ein Reh fast mit den Händen greifen konnten.
Eine Stelle aber hatte er nie wieder betreten — den Schauplatz jener Nacht, Am den die Sage bereits vor einem Jahrhundert ihre Kreise gezogen hatte und der jetzt wüster denn je dalag. Wohl drängte ihn zuweilen die unsichtbare Macht gewaltsam nach der Mordeiche, aber so oft er sich auch auf den buschumwachsenen Pfad begeben hatte, der zu dem unheimlichen Waldsee führte, immer wieder hatte ihn jenes entsetzliche innere Grausen von der Stätte seines Frevels zurückgescheucht und finsterer als vorher war er nach Hause gekommen, in seinem Antlitz das dunkle Rätsel, das Gertrud vergeblich zu lösen suchte.
Heute war wieder einer jener melancholischen Herbsttage angebrochen, die ihm mehr denn alles andere die Erinnerung an die Vergangenheit in das Gedächtnis zurückriefen.
Die Feldarbeiten waren für dieses Jahr zum größten Teil beendigt und öfters und länger schweifte er im Wald umher. Zwischen den Stämmen fiel schräg das Sonnengold hernieder, denn es war tief am Mittag, das gelbe Land glitzerte gar seltsam in seinem Strahl — rings herrschte tiefer Frieden, lauliche Herbstluft spielte um die heiße Stirn des Schwedenhofbauern, der wieder tief im Forst auf einem längst gefällten Stamm rastete und das Haupt an den Lauf seiner Flinte lehnte, di« er mit beiden Händen umschlossen hielt.
So saß er und starrte träumerisch zur Erde nieder. Er dachte des Weibes daheim, deren Leben er mitvergistet hatte, denn er fühlte lange schon, daß der stille Gram seinen Wohnsitz in Gertrudens Herz aufgeschlagen hatte und daß das finstere Geheimnis, welches an seiner Seele nagte, auch über ihr Gemüt seine Schatten geworfen hatte.
O, hätte er nur einmal seinem Herzen Luft machen — nur einmal seinen Jammer in eine fühlende Brust ausschütten können, die schwere Last wäre leichter geworden, er hätte vielleicht die Fassung gewonnen, die ihn das Unabänderliche hätte leichter tragen lassen.
Aber dieses ewige Begraben in seinem tiefsten Innern, dieses Alleinsein mit dem Heere der schwarzen Gedanken, das fortwährende Ringen gegen die bösen Geister der Selbstanklage — es war zuviel für eines Menschen Brust und oft faßte er mit einem wilden Griff nach dem schußbereiten Gewehr, wenn ihm der Gedanke kam, wie er mit einem Druck all' dem Elend ein Ende machen könne.
Aber das Bild der toten Mutter trat zwischen Entschluß und Ausführung und kraftlos sank seine Hand zurück.
„Sühne die That dein Leben lang — bis Gott Dich abruft zum ewigen Gericht!" waren die Worte der Sterbenden gewesen und in jener Nacht, wo er zum letzten Male in das arme blaffe Antlitz geschaut, da hatte er gelobt, daß sein Leben eine einzige Reue — nur eine Sühne sein sollte.
Fast ganz war die Sonne gesunken, schon wehte die kühlere Abendlust durch die Zweige und noch immer saß der Ulrich lautlos, als ein Rascheln im Unterholz ihn aus seinem Sinnen aufschreckte. Sein geübtes Ohr vernahm den Tritt eine« Menschen — er erhob sich, strich sich mit der Hand das schon leicht ergraute Haar von der sorgenschweren Stirne, warf die Büchse über dir Schulter und rüstete sich, ohne zurückzuschauen, zum Heimweg, als der Ruf an sein Ohr ertönte:
„He. Schwedenhofbauer, auf ein Wort!"
Wie vom Blitz getroffen schreckte er zusammen. (Forts, folgt.)