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Fabrik von Wilh. Reißer hier hat seit einiger Zeit Versuche angestellt mit elektrischer Beleuchtung für Equipagen. Gestern Abend wurde mit einem mit elektrischer Beleuchtung versehenen Koupe des Hofwagenfabrikanten Nägele eine Probefahrt von Hrn. Nägele und einem ver Ingenieure der Firma gemacht, um das Verhalten der Beleuchtung während des Fahrens und bei verschiedenem Straßenmaterial zu prüfen. Die Beleuchtung bewährte sich vorzüglich; das Licht war schön ruhig und zuverlässig. Auch Wagenfabrikant W. Wimpff und Sohn hat für einige von ihm nach auswärts zu liefernde Hotelwagen elektrische Beleuchtung vorgesehen, welche von obiger Firma eingerichtet wird. Schw. M.
Stuttgart. Aus New-Aork meldet die dortige Staatszeitung: Das mit den Vorbereitungen zur Europafahrt des Männergesangvereins „Arion" betraute Arrangementskomite hat nunmehr das Reiseprogramm bekannt gegeben: Abfahrt von New-Aork am 25. Juni rc.; Aufenthalt in Hamburg bis 9. Juli; in Berlin 9.—13. Juli; in Dresden 13.—15. Juli; in Wien 15.—21. Juli; in München 21.—23. Juli; in Stuttgart 23.—25. Juli; in Frankfurt 25.-27. Juli; in Mainz, Bingen, Niederwald, Rheinfahrt rc. 28.—30. Juli; in Köln 30. Juli bis 1. August. Antritt der Heimfahrt von Hamburg am 5. oder 7. August.
Untertürkheim, 5. April. Heute vormittag nach 8'/- Uhr verunglückte auf dem hiesigen Bahnhofe ein Eisenbahnangestellter. Augenzeugen sahen, wie derselbe beim Ausfahren des Personenzugs Nr. 6 und gleichzeitigem Einfahren des Lokalzugs Nr. 911, auf dem freien Raum zwischen den beiden Geleisen stehend, als der Zug 911 noch einige Meter entfernt war, plötzlich, wie von einem Schwindel erfaßt, sich mehrmals um sich selbst drehte dann mit dem Gesicht nach unten auf das Geleise des Zugs 911 fiel und von diesem überfahren wurde. Man sah, daß ein Arm und ein Fuß abgefahren wurde. Der Verunglückte suchte sich wieder aufzurichten, hatte jedoch nicht mehr die nötige Kraft und krümmte sich vor Schmerzen auf dem Geleise.
Bietigheim, 3. April. Seit einigen Wochen hat die Heilsarmee in der hiesigen Bahnhofsstratze unweit der katholischen Kirche ihren Sitz aufgeschlagen und ihre Thätigkeit begonnen, um unser Enz- und das angrenzende untere Neckarthal mit ihren religiösen Ideen zu beglücken. Die Eigenart ihres Kultus, sowie die Art und Weise ihres Auftretens verschaffen derselben tagtäglich einen ziemlich starken Zulauf.
Schwurgericht. Heilbronn, 1. und 2. April, Strafsache gegen den Weingärtner Christian Heinrich Haft von Brackenheim wegen Brandstiftung. Haft ist angeklagt am 22. Okt. 1891 in Brackenheim; 1) versucht zu haben, das Jäger- Schillingsche Wohnhaus in Brand zu setzen, indem
er einen Büschel Reisach auf die oberste Bühne warf und denselben zum Brennen brachte, 2) das Wagen- plastsche Wohnhaus in Brand gesetzt zu haben, indem er Rebenbüschel, welche dort in einer Bühnenkammer lagen, anzündete, so daß das Haus abbrannte. Bei dem am 22. Okt. morgens in Brackenheim in der Jäger-Schillingschen Scheuer ausgebrochenen Brand hatte der Angekl. als Feuerwehrmann Dienst bei der Sprize. Er verließ jedoch diese und machte sich auf der Bühne des Jäger-Schillingschen Hauses zu schaffen. Auf einmal brannte es in diesem Haus, welches schon als gerettet galt, im Dach und das Haus wurde ein Raub der Flammen. Nachm, ging der Angeklagte in das Wagenplastsche Haus, welches von der Meims- heimer Feuerwehr besetzt war, und plötzlich brach in einer, dem seitherigen Feuerherd entgegengesetzten Dachkammer des seither unversehrten Hauses Feuer aus, welches das Gebäude in Asche legte. Da der Angekl. sich auffällig benommen uud insbesondere in dem Wagenplastschen Wohnhaus verdächtige Äußerungen gethan hatte, so wurde gegen ihn und den Feuerwehrmann Lotz von Güglingen, welcher auf der Jäger-Schillingschen Bühne das Feuer geschürt haben sollte, Anklage erhoben. Lotz wurde außer Verfolgung gesetzt, Haft vor das Schwurgericht gestellt. Es wurden 45 Zeugen vernommen. Die Geschworenen verneinten beide Schuldfragen, worauf der Angekl. freigesprochen wurde. Dem Antrag des Verteidigers, die notwendigen Auslagen des Angekl. auf die Staatskasse zu übernehmen, wurde nicht entsprochen, da der Angekl. bei dem Brand immerhin sich so ungehörig benommen habe, daß er die durch das strafrechtliche Einschreiten gegen ihn ihm erwachsenen Auslagen selbst verschuldet habe.
Heilbronn, 4. April. Gestern Abend mietete ein hiesiger Braubursche vom Nachenbesitzer Heuß an der Post einen kleinen, für 1 Person gebauten Nachen. Am eisernen Steg setzten sich noch zwei weitere junge Burschen, lauter schwere Leute, in den kleinen Nachen, wodurch derselbe überlastet wurde. Heuß bemerkte dies, als der Nachen thalabwärts an ihm vorbeifuhr, und warnte die Jnsaßen nachdrücklich, löste auch sofort einen Kahn, um den letzteren nachzufahren. Aber ehe er ihnen nahe kam, kippte an ver Brücke der überlastete Nachen um, und die jungen Leute versanken sofort im Wasser und wurden nicht mehr gesehen. Heuß gelang es nur, zwei den Ertrunkenen gehörige Mützen zu ergreifen.
Bickelsberg, O.A. Sulz, 3. April. Heute Mittag 2 Uhr brannte eine junge Waldkultur, ungefähr 30 Morgen, im Staatswald Langenhardt zwischen Leidringen und Trichtingen. Die Leidringer und Brittheimer Feuerwehr hatten tüchtig zu schaffen, um des Feuers Herr zu werden. Ueber die Entstehung des Brandes verlautet nichts Sicheres.
Heidenheim, 3. April. Gestern nachmittag
kurz nach 5 Uhr ertönten plötzlich die Feuersignale ^ es brannte in dem Staatswald Michelegerholz- Bei dem herrschenden Luftzug und dem vielen dürrem Grase hätte der Brand sicher große Dimensionen angenommen, wenn nicht in der Nähe arbeitende Personen denselben mit großer Anstrengung durch Draufschlagen und Graben erstickt hätten; die herbeigeeilte Feuerwehr fand daher nicht mehr viel Arbeit vor. Beschädigt ist etwa 1 Morgen junge Tannenkultur.
Münsingen, 3. April. In Laichingen: kam ein Rekrut bei der Ausschmückung des Wagens„ mit welchem die Rekruten zur Losziehung hierherfuhren, so unglücklich zu Fall, daß er 3mal den Fuß brach, und in Folge hinzugetretenen Brandes noch am gleichen Tage verstarb. — So viel sich bis jetzt übersehen läßt, sind die Wintersaaten gut durch den Winter gekommen und stehen üppig da. Die warme Frühlingssonne hat mit dem Schnee wieder rasch aufgeräumt, wenn auch in den Hohlwegen noch beträchtliche Massen anzutreffen sind.
Ulm, 3. April. In vergangener Nacht wurde in das Geschäftslokal des Bankhauses Hellmann u. Cie. am Münsterplatz eingebrochen. Der Einbrecher schob einen zweifellos nicht gut verschlossenen Rollladen in die Höhe, schlug ein Fenster ein und gelangte durch die so entstandene Oeffnung in die Lokalitäten selbst. Er durchstöberte solche, mußte je- jedoch da alles im feuerfesten Kassenschranke verwahrt war, allem Anscheine nach mit leeren Händen abziehen.
Kißlegg, 3. April. Eine Zigeunerbeerdigung bietet immer einen fremdartigen Anblick. Eine solche in größerem Maßstabe bekamen wir vorgestern zu sehen, nachdem ein alter Zigeuner auf der Durchfahrt hier gestorben war. Wohl über 50 der braunen Gestalten bildeten das Trauergeleite für den verstorbenen Genossen, der in mit Blumen geschmücktem Sarge mit Zigeunergespann zu seiner Ruhestätte geführt wurde. Von den Männern hatte ein Teil sogar schwarzes Gewand angelegt und hohen Hut aufgesetzt, auch die Weiber trugen teilweise schwarze Kleider, die sie hier entlehnt oder erbettelt hatten. Wie überhaupt bei Naturvölkern äußerte sich der Schmerz um den Verlornen in sehr drastischer Weise. Nach alter Zigeunersitte wurde dann der Zigeunerwagen des Toten samt Pferden und Inhalt nach der Beerdigung verkauft. Das Zigeunervolk selbst, welches aus ganz Oberschwaben zusammengekommen war, zog dann nach allen Richtungen ab.
Freiburg, 2. April. Das große Brandunglück, welches einer armen Familie von 8 Köpfen das Leben kostete, ist nachweislich durch Petroleum entstanden. Die neuen Mieter des dritten Stockes, die am 2. Apr. ihre Wohnung beziehen sollten, hatten die hölzerne Treppe reichlich mit Petroleum eingerieben, damit sie schön glänze. Dieses Verfahren verschuldete
fünfte, Tahitta, auf das zweite noch ledige Pferd geschwungen und jagte dem Flüchtling nach, der einen raschen, prüfenden Blick auf seine Verfolger hinter sich geworfen hatte und nun sein Tier auf das Äußerste anspornte, um die Entfernung zwischen sich und den Indianern zu vergrößern. Wohl eine Viertelstunde schon hatte die wilde Jagd gedauert — kein Laut kam über die Appen von Freund und Feind, nur der keuchende Atem von Menschen und Tier, das Knacken der dürren Blätter unter den Schritten der Dahineilenden war vernehmbar.
Wieder warf Ulrich einen Blick zurück. Tahitta, welcher in seiner Kriegsbemalung und hoch zu Roß von dem falben Mondlicht beschienen, gleich einem Dämon der Nacht erschien, war etwa hundert Schritt hinter ihm, während seine Gegner weiter zurück, aber immer noch nahe genug, einherstürmten, um dem Flüchtling die größte Besorgnis einzuflößen. Hätte die Verfolgung auf freiem Felde stattgefunden, so wären die unberittenen Gegner nicht so zu fürchten gewesen, aber im Walde, wo die Bäume und das Unterholz das Pferd in der vollen Entfaltung seiner Geschwindigkeit hemmte, war der Unterschied lange kein so bedeutender — der Vorteil, den der Reiter hatte, nur halb so groß.
Trotzdem blieben die Indianer nach und nach zurück und Tahitta näherte sich dem Flüchtling immer mehr und mehr. Mit einer wunderbaren Geschicklichkeit klammerte sich der Häuptling mit den nackten Beinen an dem sattellosen Tiere fest und griff zu dem Bogen, der über seiner Schulter hing. Ulrich hatte von dieser gefahrdrohenden Bewegung nichts bemerkt, bis ihm ein dicht an seinem Kopf vorübersausender Pfeil Kunde davon gab und ihn zu neuen verzweifelten Anstrengungen anspornte. Der Indianer war durch den Schuß ctwas in Nachteil gekommen, und wieder keuchten die beiden Pferde etwa zehn Minuten hintereinander her, ohne daß sich die Entfernung zwischen ihnen verringerte, indessen die Gefährten des Häuptlings abermals weiter zurückblicben und diesem das Terrain allein lassen mußten.
Es war ein äußerst aufregendes Schauspiel, welches sich in der Hellen Mondnacht in dem rauschenden Walde da abspielt-. Das gewaltige Ringen deS Flüchtlings um sein Leben, der Kampf gegen den Himer ihm lauernden schrecklichen Martertod — der gleich einem Gespenst der Rache wild dahinjagende Indianer, dessen Ehre
als Krieger verloren war, wenn der Gefangene vor ihm entkam, das Schnauben und Stampfen der schaumbedeckten Pferde, vor deren Tritt die schlafenden Vögel erschreckt ausflatterten, und über allem das kalte, schweigende Mondlicht, dessen Strahlen — die Situation fast taghell erleuchtend — über den Zweigen schwebten.
Ulrich sah nicht rückwärts, aber er fühlte instinktiv, wie sein Gegner an Terrain gewann und ihm näher und näher rückte. Deutlicher vernahm er das Keuchen seines Pferdes und ihm war, als svüre er schon den heißen Atem desselben in seinem Nacken.
Es galt einen letzten, furchtbaren Entschluß. So oder so — dieser Zustand mußte ein Ende nehmen; der Reiter h nter ihm mußte unschädlich gemacht werden,, oder er wollte dieses entsetzliche Ringen ausgeben und als Mann in dem unvermeidlichen Handgemenge mit dem Gegner fallen. Lebendig sollten sie ihn unter keiner Bedingung haben, dies schwur er feierlich und wappnete sich zu dem letzten, entscheidenden Versuch, sein Leben zu retten.
Noch einmal spornte er sein Tier zu einer neuen krampfhaften Anstrengung,, was den Gegner hinter ihm veranlaßte, ein gleiches zu thun und ebenfalls sein Pferd zum raschesten Laufe anzutreiben. Eben waren sie auf einen breitgetretenen Waldpfad gekommen, welcher den Tieren gestattete, rascher auszugreifen und einige Minuten hatte die wilde Jagd gedauert, als Ulrich plötzlich mit einem gewaltigen Ruck an der Mähne sein Pferd anhielt, und sich blitzschnell umdrehte. Der Häuptling war ihm so nahe gekommen, daß er bei diesem ebenso unerwarteten wie verblüffenden Manöver, fast auf den Gegner aufrannte, und das war es, was dieser bezweckt hatte. Hoch hob er den mit dem Schlachtbeil des erschlagenen Wächters bewaffneten Arm — einen Augenblick blitzte die Waffe im Mondlicht, dann fuhr sie zischend, mit der Kraft der Verzweiflung geschleudert dahin und tief in das Haupt Tahitta's.
Der Indianer stieß einen wilden Schrei aus; feine Hände ließen die Mähne des Pferdes loS und wirbelten einen Augenblick krampfhaft in der Luft, gräßlich traten die Augen aus ihren blutüberströmten Höhlen, dann schwankte er im Todeskampfe eine Weile hin und her und sank langsam vom Pferde, welches seiner Last, entledigt, einige Sekunden schnaubend still stand, dann sich wiehernd rüttelte und reiterlos weiter jagte. (Forts, folgt.)
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