168

Wolfram Maiser (14381459) diesen auf der Nord- seite der großen Klosterkirche ausgeführten Bau nach einem Bestand von 278 Jahren habe niederreißen und zum Ersatz dafür 4 Altäre in der St. Petcrskirche errichten lassen. Nehmen wir als Bauzeit der Kapelle das Jahr 1170 an, also die Mitte der Regierungs­zeit des Erbauers Ruprecht, so fällt der Abbruch des Gebäudes ins Jahr 1448. In jüngster Zeit haben nun Nachgrabungen auf dem Boden des jetzigen Pfarrgartens hart an der Nordmauer der Peterskirche eine sehr alte, 75 ein breite, mit jener Nordseite parallel laufende, ziemlich lange Grundmauer zu Tage gefördert; diese Fundamente gehen seltsamer Weise in westlicher Richtung in eine Absis über, welche wegen der gerade hier sich häufenden Schwierigkeiten des Grabens nur in ihrem ersten Anfang bis jetzt bloß­gelegt ist, offenbar die alte romanische St. Nikolaus­kapelle. Innerhalb des durch letztgenannte Grund­mauer und die Nordwand der Peterskirche begrenzten,

6 m in der Breite einnehmenden Raumes hat sich nun zu großer Ueberraschung eine in ihren Fundamenten noch vollständig erhaltene, bis ins Einzelne meßbare, kleine, 8 m lang, 3,60 w breit im Lichten, gotische Kapelle mit Chorabschluß im halben Achteck vorge­funden. Es wurden dabei Gewölberippen mit Farben­spuren, Bruchstücke von Fensterfüllungen, welche der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts anzugehören scheinen, ebenso Trümmer von Buzenscheiben und anderem Glas, ein Stück einer kleinen Säule, in Form von zwei ineinander geschlungenen, sehr naturalistisch behandelten Baumstämmen re., ausgesunden. Es steht demnach fest, daß innerhalb des Baugrunves der anno 1448 niedergelegten romanischen Nikolauskapelle in der Folge ein ziemlich kleineres gotisches Kirchlein erbaut worden ist, das, weil es auf dem damaligen Friedhofe der Mönche stand, hauptsächlich zur Ab­haltung von Seelenmessen gedient haben mag. lieber das Borhandengewesensein dieser Kapelle berichten (s. oben) keinerlei schriftliche Urkunden, soviel wenigstens dem Berichterstatter bekannt, um so erfreu­licher ist es daher, daß jetzt Schaufel und Haue den ergänzenden Text dazu geschrieben haben. Ob die Nachgrabungen fortgesetzt und somit auch die viel ältere romanische Kapelle aus dem verhüllenden Nasen vollends herausgeschält werden kann und soll, solches wird wesentlich von dem gerade in Hirsau schon oft in dankenswertester Weise erprobten guten Willen und der Liberalität der staatlichen Behörden abhängen.

Nagold, 28. März. In Ebhausen wurde vorgestern der auch in weiteren, besonders kaufmännischen Kreisen wohlbekannte Waldhornwirt Keppler zu Grabe getragen. Er war in jeder Hinsicht ein wackerer Bürger und besonders auch ein Vater der Armen.

Magstadt, 30. März. Die zwischen Böb­lingen und Nenningen kursierende Post, welche abends

7 Uhr hier ankommt, kam gestern infolge Schnee­gestöbers nicht hier an, es mutzte deshalb gestern abend und heute ein hiesiger Fuhrmann »ach dem Bahnhof Renningen fahren, um die Passagiere und Briefe abzuholen. In dieser Jahreszeit noch nie da­gewesen !

Stuttgart. Am 28. ds. wurden die beiden Diebe K. Ruf, Schneider von Neuhausen und O. Binder von Stuttgart, welche dem Sport huldigten in den hiesigen Gasthäusern Betten zu stehlen, ver­haftet. Die gestohlenen Bettstücke hatten sie in Eß­lingen in baar umgesetzt.

Die neue Rennbahn im Gestüt Weil ist bereits ausgesteckt und planiert.

Kirchheim u. T., 31. März. In verflossener Nacht ist die Färberei von Helfferich u. Cie. voll­ständig abgebrannt.

Geislingen, 29. März. Mit gespanntester Aufmerksamkeit lauschten gestern Abend im Sonnen­saal die Mitglieder des Museums einem 1 '/-stündigen Vortrag des Pfarrers I)r. Engel über das Thema: Ein Gang durch Geislingen und die schwäbische Alb zur Jurazeit. Der Schwerpunkt der Ausführungen des Redners lag in der Beantwortung der Frage: Wie hat es bei uns zur Jurazcit ausgesehen? Ein Meer, antwortete er, überflutete das Land vom Fuß der Alpen bis tief nach Frankreich hinein. Des sind Zeugen die versteinerten Tiere und Pflanzen, deren heutige Verwandte Meerbewohner sind und die ver­möge ihrer Beschaffenheit nur durch die allmählichen Niederschläge des Jurameers entstanden, nicht etwa

angeschwemmt sein können. Daß dieses Meer warm gewesen sei, das beweisen die in den Juragebirgen, dem eheinaligen Meeresgrund, eingeschlossenen Korallen, daß es tief war, vie versteinerten Seeigel und See­sterne, die noch heute Tiefseetiere sind, daß es Inseln umschloß, die versteinerten Libellen und Blätter. Nach der Beschreibung der Juraperiode ging der Redner zur Beantwortung der zweiten Frage über: Wie traten an die Stelle des Meeres die jurassischen Gebirge? Er erklärte diese Erscheinung durch Hebung des Meeres­bodens infolge der durch die fortschreitende Erkaltung der Erdrinde bewirkten Faltung der Erdkugel. Die weiteren Fragen: Was ist vor, was nach der Jura­zeit gewesen und wie lang ists her? fanden kürzere Ausführung. Bei der Untersuchung der Frage: Wie stimmen diese geologischen Anschauungen zur Bibel? betonte der Redner, daß beide, die Tage des Schöpfungs­berichts als lange Perioden aufgefaßt, recht wohl im Einklang stehen. Die Anschaulichkeit des Vortrags wurde durch eine große Anzahl zirkulierender Ver­steinerungen wesentlich unterstützt. Die hohe Be­friedigung der Zuhörer aber gab sich in lang anhalten­dem Beifall und in einem Hoch auf den Redner zu erkennen.

Ulm, 29. März. Die U. Ztg. schreibt:Am Sonntag ließ Oberst v. Pfister die 6. Kompagnie des 6. Jnf.Regts. im Kasernenhof antreten, um eine Untersuchung über denGeisterspuk" anzustellen. (Es sollen schlafende Rekruten der Komp, nachts um 12 Uhr von nur mit Hemden bekleideten Soldaten überfallen und durchgeprügelt worden sein.) Was bei der Untersuchung im 6. Reg. bisher herausgekommen ist, wissen wir nicht bestimmt, es scheint aber, als ob auch diesmal den Betroffenen die Kühnheit der Wahr­heit gefehlt habe. DieGeister" erschienen trotz mehr­facher Aufforderung durch den Herrn Obersten nicht vor der Front, um sich freiwillig zu den Mißhandlungen ihrer Kameraden zu bekennen, so daß infolge dessen der ganzen Kompagnie (mit Einschluß der Unteroffiziere) so lange der Urlaub entzogen sein soll, bis die zitirten Geister" erschienen sind."

Ravensburg, 29. März. Der schönste Aus­sichtspunkt in der Nähe unserer Stadt, die Veits- burg (der uralte Welfensitz), wird im Laufe dieses Frühjahrs einen neuen Pavillon erhalten; die Platt­form, auf welche derselbe zu stehen kommt, wird nach Westen erweitert, wodurch für die Aussicht gegen Süden, den Säntis, bedeutend gewonnen wird. Da auch der ganze Platz durch Anpflanzungen, Anlagen und Wege verschönert wird, so wird in Zukunft dieser herrliche Punkt mehr denn seither besuch: werden.

Wald fee, 29. März. Gestern ließen zwei Dienstbuben einem hiesigen Kaufmann aus seinem Flschweiher das Wasser fortlaufen, um besser Fische und Frösche fangen zu können, und wurde dadurch den Fischsetzlingen das Lebenselement geraubt. Die Thäter werden ihrer Strafe nicht entgehen.

Bismarck-Feier auf dem Feldberg. Eine Bismarck-Feier wird auf den Höhen des Schwarz­waldes am 1. April, dem Geburtstag des Fürsten, stattfinden. Begeisterte Anhänger desselben und Mit­glieder des Schwarzwaldvereins in St. Blasien, Lenz- kirch, Neustadt, Freiburg rc. rc. werden diese Feier auf dem höchsten Gipfel des Schwarzwaldes, auf dem Feldberg, begehen und luden alle Freunde des großen Kanzlers zu dieser Feier ein. Das Pro­gramm lautete: Donnerstag den 31. März abends Zu­sammenkunft auf dem Feldberg. Bei einbrechender Dunkelheit Abbrennen eines großen Freudenfeuers auf dem Feldbergturm. Sodann findet eine solenne Festkneipe im Feldberg-Gasthofe statt. Freitag den 1. April nachmittags 12'/- Uhr Festesten daselbst. Anmeldungen zum Uebernachten und zum Festessen sind direkt an Herrn Karl Maier zum Feldberger Gasthof, Post Titisee, zu richten. Herr Maier hat vom Titisee zum Feldberg gut bahnen lassen, so daß die Teilnehmer ohne erhebliche Schwierigkeiten den Gasthof erreichen können. N. Tgblatt.

Freiburg, 30. März. Ein schreckliches Brandunglück, dem eine Anzahl Menschen­leben zum Opfer gefallen sind, haben wir unseren Lesern zu melden : Heute Nacht 2'/. Uhr ertönte die Sturmglocke und bald darauf riefen die Feuersignale die Feuerwehr zur Hilfe auf: es brannte schon seit einer halben Stunde in dem 3stöckigen Hause des Spezereihändlers Asal in der Klarastraße. Auf

noch nicht aufgeklärte Weise entstand im Keller, in: welchem Petroleum lagerte, Feuer, das rasch das hölzerne Stiegenhaus ergriff und sich bis unter das Dach fortpflanzte. Die Bewohner des ersten Stock­werkes konnten sich glücklich retten; die Familie im zweiten Stock fand bereits beim Rettungsversuch das Treppenhaus in Flammen, der Vater (ein Witwer) rettete seine Kinder dadurch, daß er erst die Betten und dann die Kinder darauf auf die Straße hinunter­warf, wobei ein lOjähriger Knabe einen Schädel­bruch erlitt und in's Spital verbracht werden mußte. Der dritte Stock war leer. Ein schaudererregendes Ende fand die in den Mansarden wohnende Oköpfige Familie des Schreibers Lederle; Vater und Mutter und 6 Kinder haben den Tod er­litten, ein 15jähriges Mädchen rettete sich unter schweren Verletzungen über das Dach nach dem Nach­barhause. Die Leiche der Mutter, die heute ihrer Entbindung entgegensah, liegt in der Küche, ein Kind im Arme, arg verkohlt, der Mann und die andern Kinder liegen im Gang der Wohnung und in den Zimmern; sie hatten sich zu retten gesucht, aber die bereits mächtig auflodernden Flammen hatten dies unmöglich gemacht, auch mag der Rauch alsbald den Erstickungstod herbeigeführt haben. Die Bewohner der Nachbarhäuser, die sich alsbald flüchteten, kamen mit dem Schrecken davon; durch das rasche Eingreifen der Bahnhoffeuerwehr sowie der städt. Freiw. Feuer­wehr konnte der Brand auf das betr. Gebäude be­schränkt werden. Breisg. Ztg.

In Frankfurt kam es am Montag bei der Beerdigung des Freifräuleins v. Rothschild, die fast gleichzeitig mit ihrer Wiener Verwandten ge­storben ist, zu wüsten Auftritten. In Folge des Gerüchts, im Rothschild'schen Hause würde Geld aus­geteilt, hatte sich ein zahlreicher Janhagel eingefunden, der sofort, nachdem der Trauerzug das Haus ver­lassen hatte, in dieses einzudringen suchte. Der An­drang artete derart aus, daß die Schutzmannschaft einschreitsn mußte, sie nahm, da ihre Aufforderung sich zu entfernen, mit Insulten erwiedert wurde, ver­schiedene Verhaftungen vor, sah sich auch genötigt, blank zu ziehen und mit flacher Klinge einzuhauen. Dem Franks. Generalanz. zufolge bewog der Umstand, daß Ueberbringer von Kränzen 5 bis 10 ^ Trink­geld erhielten, viele spekulative Köpfe, schnell in der Markthalle einen Kranz oder einen Strauß zu kaufen und im Sterbehause gegen das Trinkgeld abzugeben..

Permi schtes.

Wenn Frauen auseinandergeh'n dann bleiben sie noch lange steh'n." Vor dem Laden eines Kaufmanns in Berlin unterhielten sich dieser Tage zwei aus der Markthalle heimkehrende Hausfrauen so angelegentlich, daß der Zugang zu dem Geschäft geradezu versperrt wurde. Auf das Geheiß des Kaufmanns brachte nun dessen Lehrling,, nach dem alten bekannten, aber stets wirksamen Rezept, jeder Dame einen Stuhl und lud sie zum Sitzen ein! Das half. Unter dem Gelächter der Zuschauer, dem liebenswürdigen Kaufmann einen wütenden Blick zuwerfend, verschwanden die beiden Damen von der Bildfläche.

Mildernd. Vertheidiger: Ich möchte zu be­denken geben, daß der Angeklagte Barbier, dasEin­seifen" ihm also zur Gewohnheit geworden ist.

Durch die Blume. Korporal:Was ist Ihr Vater?" Rekrut:Fleischermeister!" Korporal: Das ist leicht gesagt das muß man beweisen können!"

Standesamt ßakw.

Geborene:

25. März. Friedrich Gottlieb, Sohn des Gotthilf

Bub eck, Steinbrechers hier.

Gestorbene:

28. März. Johannes Wochele, Gerichtsvollzieher hier,

72 Jahre alt.

29. Luise Fricdrike Störr, Tochter des Gustav

Adolf Störr, Maschinenstrickers hier, 4

Jahre alt.

Gottesdienst

am Sonntag, den 3. April.

Vom Turm: 245.

Vorm-.Predigt um 9 Uhr: Herr Dekan Braun..

Confirmation.

V-3 Uhr Unterredung mit den Neukonfirmierten: Herr Stadtpfarrer Eytel.

Kreitag, den 8. April.

10 Uhr Vorbereitung und Beichte.