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x Calw. Das gestrige Zitherkonzert brachte uns einen eigenartigen Genuß durch die elektromagnetische Streichlyra. Der Ton wird auf diesem Instrument durch ' 2 bezw. 4 feine Lederstreifchen, welche auf Rollen laufen und die Saiten anstreichen, hervorgebracht. Man glaubt, wenn man dem Spieler den Rücken kehrt, mindestens 2 bis 3 Instrumente zu hören, nämlich 2 Violinen mit Zitherbegleitung. Der Ton, welcher erzeugt wird, ist überaus kräftig und gleicht mehr dem einer Violine. Die Ansprache ist eine sehr präzise. Die Fertigkeit, mit der Herr Vetter und seine Schülerin, Fräulein Grießinger ihr Instrument beherrschen, beweist vollkommene Meisterschaft. Reichen Beifall ernteten auch die Vorträge von Frl. Eurich, welche eine ebenso klangvolle, wie wohlgeschulte Stimme besitzt. Das schöne Frühlingswetter hatte gar viele, welche sonst gerne einem Konzerte anwohnen, ins Freie gelockt, wodurch der Besuch ein weniger zahlreicher geworden, als die Aufführung es verdiente.
— Dem „Gäuboten" schreibt man vom Nagold- und Enzthal, 16. März: Mit großem Interesse wurde auch im Schwarzwald dem Resultat der Versammlung in Balingen vom 13. ds. entgegengesehen (s. Schwarzwälderbote Nr. 15), welche den Bau einer kürzeren Eisenbahnverbindung zwischen Tübingen—Stuttgart (resp. Verbindung der Neckarthalbahn mit Gäubahn) anstrebt; womit gleichzeitig die Strecke Tübingen—Plochingen entlastet und ein dort bald nötig werdendes zweites Geleise erspart werden könnte. Es ist nicht zu leugnen, daß der Hauptsache nach triftige Gründe angeführt wurden, nur den Beweis sind die H.H. Redner schuldig geblieben und scheints absichtlich wegen der anderseits bestehenden größeren Interessen-Sphäre vermieden worden, warum die Verbindung direkt über Böblingen vorteilhafter sein soll, als über Herrenberg. Das Komite in Herrenberg hat beide Projekte anfertigen lassen und ist man auf Grund dieser zu dem überzeugenden Resultat gekommen, daß über Herrenberg weit billiger und mit nicht höherem späterem Betriebsaufwand gebaut und diese Strecke in ebenso kurzer Zeit zurückgelegt werden kann, und daß eine mehr bevölkerte Gegend dadurch mit Tübingen verbunden würde, als über den Schönbuch nach Böblingen. Sodann ist noch ein ebenso wichtiger Faktor in diese: Versammlung ganz übergangen worden, nämlich, daß der Schwarzwald schon längst die Verbindung der Nagoldthalbahn mit Gäu- und Neckarthalbahn durch eine Querverbindung vermißt, um den großen Umweg über Eutingen—Horb zu verlieren und um einen besseren Verkehr mit Tübingen als Landgerichtssitz und der Rottenburger, Balinger und Hohen- zollern-Gegend und darüber hinaus (z. B. wegen Langholztransport) zu bekommen, wie auch letztere, sowie die Reutlinger, Münsinger, Uracher Gegenden ein großes Interesse daran haben, mit dem Nagold- und Enzthal und weiter nach Baden und Pfalz (z. B. wegen Kohlentransport) in direktere Verbindung zu kommen, was die Linie Tübingen—Böblingen nicht, jedoch diejenige über Herrenberg mitFort
setzung ins Nagold-Thal bezwecken würde. Es wäre sehr zu wünschen, wenn das verehrl. Herrenberger Komite seine Mitinteressenten ebenfalls zu einer Versammlung (vielleicht Calw) einberufen würde und eine Resolution dahin faßte: 1) es möge eine Normalspurbahn von Tübingen über Herrenberg bis zum Anschluß an die nur ca. 10 b's 12 Kilometer entfernte Nagoldthalbahn bei Wildberg oder Thalmühle gebaut werden; 2) im Falle des Bedarfes wolle einer Lokalbahn von Tübingen—Böblingen durch den bewaldeten Schönbuch nicht entgegengetreten werden.
(:) Stuttgart. In unserer Residenz steht in diesem Frühjahr ein schönes Fest bevor. Der in hiesiger Stadt und wohl im ganzen Lande größte Turnverein der Turnerbund Stuttgart feiert sein 25jähriges Bestehen und damit eine Jubiläums- Stiftungsfest. Aus dem nun endgiltig festge- stcllten, reichhaltigen Programm entnehmen wir im Wesentlichen folgendes: Samstag, den 7. Mai tagsüber Empfang der Gäste, abends Festkneippe im Vereinslokal Eberhardsstr. Nr. 49; Sonntag, den 8. Mai vormittags 8 Uhr Sammlung im Lokal zu Spaziergängen in die hübsche Umgebung der Stadt, nachmittags 1'/- Uhr Zusammenkunft in der Staats- turnhallc an der Lindenstraße, 2'/z Uhr Frei- und Geräte-Uebungen von mindestens 12 Riegen L 12 Mann in der geräumigen städtischen Gewerbehalle an der Canzleistraße, nachher Besuch des Stadtgartens, zoologischen Gartens und anderer Sehenswürdigkeiten, abends 7 Uhr Fest- und Jubelfeier im Festsaal der Liederhalle; Montag den 9. Mai vormittags 8 Uhr Sammlung im Lokal zu verschiedenen Ausflügen, Besuch der Königlichen Schlösser, Villa bei Berg, Wilhelma, Landhaus Rosenstein rc. 11 Uhr Rendezvous im Kurhotel Mergenthaler auf der Gänsheide, einem reizenden Punkte mit prachtvollem Ausblick auf die Stadt; Samstag den 14. Mai abends 8 Uhr Ball im Konzertsaal mit anstoßendem Schiller- und Uhlandsaal in der Liederhalle. — Der Gründungstag selbst, der 18. Januar, ist bereits im engeren Rahmen des Vereins würdig begangen worden, die Abhaltung der weiteren Festlichkeiten, speziell des turnerischen Teils mußten jedoch mit Rücksicht auf die Witterungsverhaltnisse, wie geschehen, hinausgeschoben werden. Wir zweifeln nun nicht, daß die in nächster Zeit an weite Turnkreise, wie auch an Private in- und außerhalb des Landes ergehenden Einladungen durch regen Besuch von einem schönen Erfolg begleitet sein werden und sehen wir dem Feste frohen Muts entgegen. Anmeldungen wollen an den Vorsitzenden des Wohnungs-Ausschusses Fritz Rocher, Münzstr. Nr. 2, gerichtet werden.
— Bei der Kölnischen Unfall-Ver- sicherungs-Aktien-Gesellschaft zu Köln a/Nh. wurden im Jahre 1891 21 Todesfälle, 41 Jn- validilätsfälle, 4167 Fälle vorübergehender Erwerbsunfähigkeit angemeldet und 737,553.11 an Entschädigungen gezahlt.
* Zur Hungersnot in Rußland.
Aus den kürzlich veröffentlichten Mitteilungen des Berliner Hilfskomites, an welches die meisten von Stadt und Bezirk Calw gespendeten Gaben abgeliefert worden sind, ist ersichtlich, daß bis zum 10. März ds. Js. 143,909 für unsere hungernden Landsleute im Wolgagebiet (gegen 250,000) eingegangen sind. In
diese Summe sind die an das Stuttgarter Komite gesandten Beiträge nicht miteingerechnet. In Rußland selbst ist ein großes Notstandskomite unter dem Vorsitz des Thronfolgers gebildet worden; aber bei den bekannten russischen Verhältnissen hat man sich nicht entschließen können, den Ertrag der deutschen Sammlungen dem russischen Komite anzuvertrauen. Unsere Gaben sind vielmehr auf Wegen, deren nähere Beschreibung nicht zweckmäßig wäre, durch deutsche Hände unbedingt sicher und unverkürzt in die deutschen Kolonien gebracht worden. An Ort und Stelle wird aber das Geld nicht in bar verteilt, sondern für die überall gegründeten öffentlichen Suppenküchen verwendet.
Die bittere Not, welche vier schwache Ernten und drei aufeinanderfolgende fast gänzliche Mißernten gebracht haben, ist noch immer im Steigen begriffen. Die außerordentliche Kälte dieses Winters (30—35°L am Morgen!) hat natürlich das Elend vermehrt. Fleißige, umsichtige Landwirte, welche sonst nichts von Nahrungssorgen wußten, sehen voll Verzweiflung in die Zukunft; sie haben keinen Kredit mehr. Die Aermeren müssen Kästen, Kissen, Decken und dergl. um Schleuderpreise hingeben. Das Stroh vom Dach herunter muß verfüttert werden, ebenso die Saatfrucht, welche fürs Frühjahr aufgespart werden sollte. Die wenigen Bauern, welche noch etwas Vieh besitzen, werden es bald verkaufen müssen, weil das Futter ausgeht und weil sie sich aus dem Erlös Brod an- schaffen wollen. Weil aber das Vieh sehr billig ist, so wird der Verkauf desselben, durch den die Bestellung der Felder fast unmöglich gemacht wird, die Leute wenig nützen. Zu allem hin kommen noch die durch die fortgesetzten Entbehrungen hervorgerufenen Krankheiten und die Schuldenmassen, welche sich im Lauf der letzten Notstandsjahre angehäuft haben. Eme Menge von Leuten sind mit Weib und Kind aufs Geratewohl fortgezogen, um als Taglöhner oder als — Bettler ihren Lebensunterhalt zu suchen. Da aber Niemand verheiratete Knechte gern in Dienst nimmt, so werden auch die besseren unter diesen armen Wanderern meist großem Elend entgegengehen.
Die russische Regierung hat bekanntlich schon riesige Summen aufgewendet, um an die Notleidenden Mehl verteilen zu lassen (wöchentlich 7—10 russische Pfund an arbeitsunfähige Leute). Aber auf welche Weise die Lieferanten an diesem „Landamtsmehl" ihren Prosit zu machen suchen, ist auch schon bekannt geworden. Ueberdies werden die Mehlgaben, welche kaum vor dem Hungertod schützen, nur als „Vorschuß" gegeben, der in besseren Jahren zurückgefordert werden soll.
Aus einem Dorf an der Wolga von 2890 Einwohnern, von denen 540 jeden zweiten Tag öffentlich gespeist werden, während es wenigstens dreimal so viele bedürftig wären, schreibt der Geistliche: „Die Not wird immer größer, die Zahl der Mittellosen nimmt stetig zu . . . Ach, glauben Sie mir, es wäre furchtbar, auch nur an die nächste Zukunft zu denken, wenn nicht der allmächtige, barmherzige Gott im Regiment säße, und der Aufblick zu ihm immer wieder Mut und Trost gäbe. Aber der Glaube wird so leicht schwach, darum bitte ich Sie, schließen Sie uns und unsere Gemeinden, wie sie es gewiß bisher schon gethan, auch weiterhin in Ihre Fürbitte ein." —
Für diejenigen, welche sich gedrungen fühlen, unfern schwergeprüften Landsleuten in Rußland noch eine Unterstützung zukommen zu lassen, wird bemerkt, daß das Hilfskomite in Berlin am 15. Mai seine Sammlung abzuschließen beabsichtigt.
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Der Hchwedenhof.
Novelle von Fritz Brentano.
(Fortsetzung.)
Doch dieser that nichts dergleichen. Sein mächtiger Bogen hing unberührt über seiner Schulter, der Tomahawk an seiner Seite, und mit einem freundlichen Lächeln schritt er mit vorgestreckter Hand auf die junge Frau zu, welche ängstlich einen Schritt zmückwich und ihm zurief:
„Bleibt wo Ihr seid, Mann, sonst kann ich für den Hund nicht einstehen. Er ist wild und nur an uns gewöhnt. Schon einmal hat er einen Krieger Eures Stammes niedergerifsen, der gewaltsam in das Blockhaus eindrmgen wollte!"
Aus dem Auge des Wilven blitzte bei diesen Worten ein eigentümlich tückischer Strahl, und seine Hand zuckte leicht nach dem Schlachtbeil an seiner Seite. Aber er bezwang sich noch ehe die Frau seine Erregung gewahr wurde und antwortete freundlich:
„Tahitta hat sich auf der Jagd verirrt und wünscht weiter nichts als eine gastliche Labung in dem Wigwam eines weißen Bruders. Was fürchtet die Squaw?
Die Streitaxt ist begraben zwischen Rothäuten und Bleichgesichtern, und Tahitta ist nicht gekommen, sie auszugraben.'
Wieder machte er einen Schritt vorwärts, aber die Frau hob entschlossen die Büchse und rief in fast drohendem Tone dem Indianer zu:
„Keinen Schritt weiter, Mann! Was Ihr wünscht, sollt Ihr haben, aber dem
Blockhaus müßt Ihr fern bleiben, bis der Herr desselben heimkehrt. Lagert Euch dort auf der Hirschdecke, ich werde Euch Speise und Trank reichen."
Einen Augenblick zögerte der Indianer, warf einen raschen Blick auf die Feuerwaffe und den Hund, welcher sich wieder neben seine Herrin gestellt hatte, und setzte sich dann anscheinend gleichmütig nieder. Die Frau aber verschwand in dem Blockhaus, dessen Thüre sie hinter sich verschloß.
Als der Sioux sich allein sah, blickte er sich prüfend um und maß wahrscheinlich die Lage und Stärke der Hauses mit sicherem Auge. Dasselbe bestand aus gewaltigen Stämmen, die mit Kraft und Geschicklichkeit aneinander gefügt waren, statt der Fenster hatte eS schmale Oeffnungen, die vortrefflich als Schießscharten benutzt werden konnten, und das flache Dach war mit dicken Lagen von Rasen und Erbstücken belegt — offenbar um sin Falle eines Brandes das Umsichgreifen der Flammen zu erschweren. So viel sah der Indianer, ohne einen Blick in das Innere geworfen zu haben, daß zwei bis drei Personen genügten, um bei einem etwaigen Angriff einer ganzen Schar von Angreifern große Verluste zuzufügen und das Haus auf längere Zeit zu halten.
Er hatte seine Beobachtung eben beendet, als die Frau wieder erschien. Der Indianer saß mit gekreuzten Beinen ruhig auf dem Platz, den vorher das Kind eingenommen hatte, und stützte sein Haupt auf den auf seinem Knie ruhenden Arm. Nichts an ihm verrieth, daß ihm das Haus und dessen Bewohner irgend ein Interesse einflößten, und ohne sich vom Platze zu regen, nahm er mit freundlichem Lächeln die Speise hin, welche die Frau chm reichte. Diese trat wieder unter die angelehnte Thür des Blockhauses zurück, an welcher der Hund sich gelagert hatte, und musterte mit, prüfendem Blick den Indianer, welcher unbefangen und ohne ihr einen Blick zu schenken dem Wildpret zusprach.
Fortsetzung folgt.