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aus der die Quittungskarte aufbewahrenden Krankenkaffe zurückzuholen haben.
Stuttgart, den 19. Februar 1892.
K. Ministerium des Innern.
Schmid.
Tages-Ueuigkeiten.
Stuttgart, 14. März. Ihre Königlichen Majestäten sind heute mittag 12"/« Uhr wohlbehalten in München angekommen. Bei der Ankunft fand ein überaus herzlicher Empfang durch Seine Königliche Hoheit den Prinz-Regenten statt, Höchstwelcher an der Spitze der Königlichen Familie Ihre Majestäten begrüßte. Nach gegenseitiger Vorstellung des Gefolges schritt der König mit dem Prinz-Regenten die Ehrenkompagnie ab, welche hierauf vor den Allerhöchsten Herrschaften defilierte. Seine Majestät der König fuhr sodann mit Seiner Königlichen Hoheit dem Prinzregenten, Ihre Majestät die Königin m>t Ihrer Königlichen Hoheit der Herzogin von Modena nach der Residenz, wo Ihre Majestäten wohnten. Auf der Fahrt dahin durch die reich beflaggten Straßen wurden die Allerhöchsten Herrschaften von dem ein dichtes Spalier bildenden Publikum mit lebhaften Hochrufen begrüßt. Nachmittags machten Ihre Königlichen Majestäten Besuche bei den Mitgliedern der Königlichen Familie. Um 4 Uhr nachmittags fand im K. Wintergarten Familientafel und im Speisesaal des Königsbaues Marschallstafel für das Gefolge und den Ehrendienst statt. Abends besuchten Ihre Majestäten die Vorstellung im Residenztheater und nahmen sodann an einer Abendgesellschaft bei Ihren Königlichen Hoheiten dem Prinzen und der Prinzessin Leopold teil, wo auch Seine Königliche Hoheit der Prinz-Regent erschien.
— Das Staatsministerium hat in den ersten Tagen dieses Monats die bei ihm eingegangenen Petitionen für und gegen die Zulassung von Männerorden in Württemberg seiner Beratung unterzogen und über dieselbe Seiner Majestät dem König unterhänigsten Vortrag erstattet. In Ueberemstimmung mit dem seit Erlassung des Gesetzes vom 30. Jan. 1862, betreffend die Regelung der Verhältnisse der Staatsgewalt zur katholischen Kirche, festgehaltenen Standpunkt und in der Erwägung, daß die Gründe, aus welchen die Anträge auf Genehmigung der Einführung von Männerorden in den Jahren 1864, 1870, 1887 und 1891 ablehnend beschieden wurden, zur Zeit in gleicher Weise, zum Teil in verstärktem Maße zutreffen, ist das Staatsministerium einstimmig zu dem Ergebnis gelangt, daß der an dasselbe gerichteten Bitte, die Errichtung einiger Männerklöster in der Diözese Rottenburg zu ermöglichen, eine Folge nicht zu geben sei. Die Regierung hat zahlreiche Beweise davon gegeben, daß sie bemüht ist, das Wohl und die Interessen der katholischen Kirche ebenso wie der evangelischen Kirche zu fördern und den Wünschen des katholischen Kirchenregiments, soweit möglich, entgegenzukommen. Sie glaubt erwarten zu dürfen, daß
ihr Verhalten in der Ordensfrage nicht als ein Mangel an Wohlwollen gegen die katholische Kirche ausgelegt und dargestellt wird. Staatsanz.
Darm st adt, 13. März. Seine Königliche Hoheit der Großherzog ist heute nacht um 1 Uhr 15 Minuten gestorben. Er hatte noch am Abend vorher das hl. Abendmahl empfangen. Die Kräfte waren im Lause des Nachmittags rasch gesunken. In Hessen und auch im übrigen Deutschland ruft die Trauerkunde aufrichtige Teilnahme hervor, denn der verewigte Fürst genoß dank seiner liebenswürdigen Eigenschaften, auch infolge seiner aufrichtig deutschen Gesinnung und seiner hervorragenden Beteiligung am deutsch-französischen Kriege einer großen Beliebtheit. Ludwig IV. ist geboren am 12. Sept. 1837 als Sohn des Prinzen Karl von Hessen und dessen Gemahlin, der preußischen Prinzessin Elisabeth. Am 1. Juli 1862 vermählte er sich mit der zweiten Tochter der Königin Viktoria von England, Prinzessin Alice, die in Hessen hochverehrt wurde. Diese Ehe, aus welcher fünf Töchter und ein Sohn (Ernst Ludwig, geboren am 25. Nov. 1868, der nunmehrige Nachfolger des Verstorbenen), am Leben geblieben sind, wurde am 14. Dezember 1878 durch den Tod der Großherzogin gelöst. Im Kriege von 1866 hat der Verstorbene eine Brigade im hessischen Kontingent, im deutsch-französischen Kriege die hessische (25.) Division geführt, die, zum 9. Korps gehörend, namentlich bei Gravelotte und an den Loirekämpfen rühmlichen Anteil nahm. Am 13. Juni 1877 bestieg der Entschlafene als Nachfolger seines Oheims, des Großherzogs Ludwig III. den hessischen Thron. — Die Anordnungen über die Beerdigung, die wahrscheinlich am Donnerstag auf Rosenhöhe stattsindet, find noch nicht bestimmt getroffen.
Darmstadt, 13. März. Die Proklamation des regierenden Großherzogs Ernst Ludwig ist nachmittags 5 Uhr als Extrablatt des „Darmstädter Anzeigers" erschienen: Nach der Einleitung und Verkündigung des Todesfalles heißt es: „Wir erteilen den Ständen, den Beamten und den Landesangehörigen die Versicherung, daß wir uns die Handhabung von Recht und Gerechtigkeit angelegen sein lassen, die Verfassung Hochhalten, dem Kaiser und Reiche die von Unfern Vorfahren erwiesene Treue bewahren werden."
Berlin. Der Kaiser hütet auf Anraten der Aerzte noch das Zimmer und wird deshalb der Beisetzung des Großherzogs von Hessen nicht beiwohnen, sondern durch Prinz Heinrich vertreten sein.
— Der Welfenfonds, das Vermögen des im Jahre 1878 verstorbenen Königs Georg V von Hannover, welches mit der Begründung beschlagnahmt war, daß feindseliqe Unternehmungen des Königs unterdrückt werden sollen, soll nun an den Sohn und Erben, den Herzog von Cumberland, zurückgegeben werden, welcher ein diesbezügliches Ansuchen an den König von Preußen gerichtet hatte. In Berlin ist
man nicht besonders erbaut über diese Nachricht, handelt es sich doch auch um nicht weniger als 40 Millionen.
— In Petersburg fand man auf dem Heuboden der Kaserne der Leibkürassiere des Zaren, deren Kommandeur der Großfürst Paul ist, den Buchhalter eines großen Handelshauses ermordet vor, ebenso ein junges Mädchen, eine englische Gouvernante.. Auf die eingeleitete Untersuchung stellte sich heraus,, daß Soldaten des Regiments die Mörder waren und noch weitere 7 Leichen wurden gefunden. Es waren dies Personen, welche auf dem nahegelegenen Hauptpostamt Geldbeträge erhoben hatten und hierauf von den Soldaten unter allerlei Vorwänden in die Kaserne gelockt, getötet und beraubt wurden.
— Bei der Lebensversicherungs-und Ersparnis-Bank in Stuttgart sind im Januar Versicherungs-Anträge über Mk. 3,541,360 gegen ^ Mark 1,845,000 im Januar 1891, also mehr Mk. 1,696,360 eingekommen. Im Febr. wurden erzielt Anträge über Mk. 3,458,900 gegenüber Mk. 2,218,200 im Februar des Vorjahres, also mehr Mk. 1,240,700. Insgesamt beträgt somit das Plus gegen das Vorjahr bis Ende Februar nahezu 3 Millionen Mark. Das Geschäft hat sich also im neuen Jahre sehr günstig weiterentwickelt. Dividende für 1892 nach Plan A.II 40"/» der lebenslänglichen und extra 20"/o der alternativen Zusatz-Prämie; nach Plan L 3°/» der Gesamtprämiensumme. Der Versicherungsstand beläuft sich derzeit auf rund 348 Millionen Mark.
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tust allen Linderspitälsrn unä Lindergnstglten angewandt. Ibr billiger kreis, nur 40 ktz. per Ltüolc, gestattet deren Anwendung allen Llnttern obns Lns- nabms. 2u baden in 6 a 1 wbei: IVielsnä L küoiäsrsr, Lite Lxotbsbs; 7. 2. Nazcsr; 2. Länger. Lngros- Verbaut: ?aul Vtsrss L 01s., Stuttgart.
Nur Vorteile bringt die Anwendung.
Feuerbach bei Stuttgart. Ich will Ihnen Mitteilen» daß die Apotheker Richard Brandt'schen Schweizerpillen (ä Schachtel 1.— in den Apotheken) von meinen Kindern, welche skrophulös und blutarm sind, angewandt wurden. Die Beobachtung, welche ich gemacht habe, ist gleich bei der ersten Schachtel eine sehr gute gewesen. Nachdem ich noch eine Schachtel in der hiesigen Apotheke gekauft, ist jetzt meine Familie wieder vollständig gesund. Karl Seutter, Stationsdiener. (Unterschrift beglaubigt.) — Man achte beim Einkauf stets auf das weiße Kreuz in rotem Grunde.
denn am Abend g stinkt, gekleidet und reich mit Geldmitteln versch n üb r die Grenze nachdem sie nochmals mit heiligem Eidschwur Verschwiegenheit gelobt hatte«.
Über Ulrich aber kam es wie ein Gesübl des Ekels vor sich sib st, als der Deserteur und sein Genosse im Dunkel der Nacht verschwanden. Der alte Stolz derer vom Schwedenhof bäumte sich in ihm auf, er wollte hinauscilen und vor dem ganzen Dorfe das Geständnis oblegen, daß er den Förster erschosst n Hobe, tum >s dünkte ihm ehrenvoller, als Mann die Sühne des Verbrechens zu trugen, > ls sich landstreicherischen Schurken in die Hände zu geben, ihre Mitwisstnschast wie eine eiserne Fessel durch das Leben zu sch'.e-ppen. Aber dann rang wieder der G dark an seine Mutter allmächtig gegen dieses Gefühl. Er konnte es n cht über sich gewinnen, ihr das namenlose Elend, die entsetzliche Schande anzutbun, daß ihr Sohn als Mörder auf dem Blutgericht ende — ihr einziger Sohn, der so lange ibr Stolz, ihre Freude gewesen war.
Und in diesem wechselnden Kampf der Gefühle schwanden Tage — Wochen
— Monde.
Über die Blutstätte im Walde hotte der Schnee sein Leichentuch p'b ecket
— die junge Försterin war aus dem ForsthauS in das nächste Städtchen gezogen, und schon wob das Vergessen seinen Schleier über die dunkle Geschichte.
Desto schlimmer aber sah eS auf dem Schwedenhof aus. Seck Wochen lag die Bäuerin auf dem Siechbette, und wer die hohe, ungebeugte Frau noch vor Monaten gekannt hatte, der erschrak bei ihrem Anblick. Ihre geröteten Augen, aus denen eine unendliche Seelenangst sprach, lagen tief in ihren Höhlen, der Schmerz hatte schwere Furchen in ihr verfallenes Antlitz gegraben, und ihre blaffen Lippen murmelten stundenlang halbleise Gebete. Beharrlich wies sie jede ärztliche Hilfe von sich, und sie wußte warum. Was an ihrem Herzen nagte, das konnte keine Kunst des ArzteS hinwegtäuschen, für ihr Leiden gab es kein Mittel als — den Tod; er allein konnte ihr Freund und Erlöser sein.
SS war eine stürmische, kalte Dezembernacht. Tief verschuest lag draußen
Feld und Wald, das Hofgesinde hatte sich längst zur Ruhe begeben, alles war still u> d tot, ui d nur in dem Schlafzimmer der kranken Bäuerin gab die alte Öllampe noch trüben Schein. Die Sterbende, denn das war die Mutter des Ulrich, warf sich unrubig auf ihrem Lager hin und her, während ihr Sohn das Haupt tief zur Eide gebeugt, ihre sieberglühende Hand hielt und nur zuweilen einen scheuen Seitenblick aus seine Mutter warf.
Die alte Uhr hob aus und schlug Zehn. Wie ein Schauer flog es bei diesen Klängen über den Leib des Schwedenhofbauern, und wieder trat die Blutthat am Waldquell allmächtig vor seine Seele und entrang ihm einen langen, tiefen Seufzer» Die Bäuerin hifttte einen jener unbeschreiblichen Blicke auf den armen Sohn, und leise klar g es von ihren Lippen:
„Ulrich!"
„Mutter!" antwortete er fast tonlos und hob den Blick auf das blaffe, abgezehrte Antlitz der Kranken.
Diese richtete sich halb auf, zog mit fast übermenschlicher Anstrengung den sich abwendenden Sohn dicht zu sich heran und fragte ernst und schwer:
„Hast Du es gethan, Ulrich?"
„Mutter!"
„Nein, weiche mir nicht aus," rief sie heftig und hielt seine Hände krampfhaft fest, „das Entsetzliche muß endlich klar werden, die schwere Last des Geheimnisses,, die mich seit Monaten langsam zu Tode quält, muß herunter von meiner Seele, dft sich sonst nicht zu jenen Regionen aufschwingen kann, wo all der Jammer — all da« Elend endet! Ulrich, wir sind allein, niemand hört uns, als der ewig« Erbarmet dort oben, sprich, hast Du es gethan?"
„Ich hab'S gethan!" klang eS fast stöhnend von seinen Lippen, und mit einem Wehlaut ließ die Kranke die Hände ferne- Sohne- los und sank auf ihr Lager zurück»
Fortsetzung folgt.