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67. Iahrgavs.
Amis- und Anzeigeblatt für den Bezirk Lalw.
Erscheint Dien « Io , , Donnerstag und Samltag. Di« Etnrückungigebühr betrSgt im Bezirk und nächster Umgebung s Pf«, die Zeile, sonst IS Psg.
Amtliche Bekanntmachungen.
Die Ortsvorstther
werden vorläufig benachrichtigt, daß im laufenden Jahr am
26. April die Musterung in Liebenzell,
27.
„ Neuweiler,
28. I ,"
„
„ Gechingen,
29. „ „
„
„ Calw,
und am 30. April die Loosung in Calw stattfinden wird.
Calw, den 12. März 1892.
K. Oberamt.
Supper.
Tages-Ueuigkeiten.
Calw. In dem Artikel der vorigen Donnerslagsnummer d. Bl. über die mitteleuropäische Einheitszeit befinden sich einige Unrichtigkeiten, welche wie folgt zu berichtigen sind:
In dem Satze: „Als weitere Zeiten sollen die der Meridiane 15°, 30°, 65° u. s. w. östl. von Greenwich gelten", muß es statt 65° heißen 45°. Ferner darf es nicht heißen: „Berlin, das etwa 12'/-° östlich vom 15. Meridian liegt", sondern „Berlin, das etwa 1'/-° westlich vom 15. Meridian liegt". Endlich ist die Stelle: „Der Zeitmoment also, der jetzt mit 8 Uhr morgens bezeichnet wird, ist künftighin 7 Uhr 37 Min", umzuändern in: „Der Zeitmoment also, der künftig mit 8 Uhr morgens bezeichnet wird, ist nach jetziger Zeitrechnung 7 Uhr 37 Min."
Calw. Wie aus dem Inseratenteil des heutigen Blattes ersichtlich, werden wir am nächsten Donnerstag abend ein Konzert zu hören bekommen, das hin-
Dienslag, den 15. Mar; 1892.
sichtlich des Programms wie der aufführenden Künstler zu den besten Erwartungen berechtigt. Hr. Musikdirektor Franz Krüger, früher Professor am kaiserl. Konservatorium in Petersburg, der in allen größeren bezw. Hauptstädten Deutschlands, Rußlands, Englands und Frankreichs durch seine hervorragenden Leistungen die höchste Anerkennung gefunden hat, wird im Verein mit seiner Frau und einer jungen Pianistin, Frln. Helene Tönnies aus Hamburg, im bad. Hof hier ein Konzert geben. Frau Krüger, eine sehr begabte Sängerin, verfügt über eine Stimme in üppiger Vollkraft und doch zarter Weichheit. Frln. Tönnies ist eine Studiengenossin der Frau Krüger aus dem Hamburger Konservatorium, von wo ihr das Zeugnis geworden, daß sie die Liebe zur Musik als Geschenk mit auf den Lebensweg bekam und daß eben diese Liebe zur Musik sie alle Schwierigkeiten bei ihrem Studium spielend überwinden ließ. Es darf wohl angenommen werden, daß den Kouzertgebern, welchen dieser Ruf vorausgeht, ein zahlreicher Besuch auch hier zu Teil wird.
Stuttgart, 10. März. Oberlandesgericht. Vom Zivilsenat I des K. Oberlandesgerichts ist nun die Entschädigungsklage der bei dem Vaihinger Eisenbahnunglück am 30. Sept. 1889 schwer verletzten Frau Schneider Wurster von Donau- eschingen endgiltig entschieden worden, nachdem sowohl die Klägerin als der beklagte Eisenbahnfiskus Berufung gegen das Urteil der Zivilkammer des K. Landgerichts eingelegt hatten. Außer den bereits bezahlten Beträgen erhält die Klägerin nunmehr noch 512 ^ und vom 13. Februar 1891 an eine jährliche Rente von 1350 die vom 65. Lebensjahre an auf 800 -/A vermindert wird. Seitens der Klägerin war
Sbannementbprei» oterteljährltch in der Stadt dg Psg. u»d »» Psg. Drigerlohn, durch dt« Post bezogen Mk. l. lö, sonst » ganz Württemberg Ml. l. 8b.
in erster Instanz eine Rente von 2400 in zweiter eine solche von 1700 ^ jährlich beansprucht worden, wogegen der beklagte Fiskus eine Rente von 700 ^ und vom 65. Lebensjahre an 400 ^ jährlich geboten hatte. Die Kosten des Prozesses treffen zu -/- den Staat, zu '/- die Klägerin.
^ Stuttgart. Benzin-Brand. Gestern abend gegen 6 Uhr wollte Kaufm. Scheer, Silber- burgstr. 116, einen neu angekommenen Kolben Benzin im Gang vor seinem Laden abfüllen, als er bemerkte, daß derselbe rann. Um Unglück zu verhüten, stellte er den Kolben auf den Wasserstein in der Küche, als plötzlich ein Schlag erfolgte und alles um ihn her in Flammen stand. Das Benzin war explodiert. Die sämtlichen Fenster im Parterre hatte der Luftdruck zerschlagen und die Flammen hatten Hrn. Scheer ergriffen, so daß er brennend die Flucht ergriff. Als die Hausbewohner Geometer Blümer nebst Frau und 2 Töchtern im 1. Stock, Stadtpfarrer Ludwig nebst Familie im 2. Stock aus den Zimmern auf die Treppen hinauseilten, schlugen ihnen Rauch und Flammen mit solcher Gewalt entgegen, daß eine Flucht über die Treppen unmöglich war. Auf das Hilferufen der Frau Blümer um Leitern, eilten mehrere Nachbarn nach den: ganz in der Nähe befindlichen Feuerwehrmagazin des 2. Bat. und forderten Rettungsleitern, deren Abgabe indes vom Verwalter verweigert wurde, da die Berufsfeuerwache zuerst kommen müsse. (Man wird abwarten müssen, ob diese Darstellung sich bestätigt.) Glücklicherweise erhielt man 2 Leitern von Fein u. Cie. und von Flaschner Fischer. Dieser hat sich auch um das Rettungswerk sehr verdient gemacht. Sämtliche Insassen der beiden Stockwerke wurden über die Leitern herausgebracht, Hr. Fischer
. Nachdruck «erbaten.
Der Schwedenhof.
Novelle von Fritz Brentano.
(Fortsetzung.)
Der Förster taumelte einen Augenblick rückwärts und griff mit irrer Hand nach der Stirne, als ihm sein Gegner die haßerfüllten Worte entgegenschleuderte. Dann aber hob er blitzschnell das Gewehr und drückte in wilder Wut auf den Wilderer ab.
„Ha, so ist's gemeint!" rief dieser in wildem Hohn, als die Kugel des Försters dicht an ihm vorüberpfiff, „nun denn, so nimm das!"
Wieder krachte ein Schuß aus seinem Doppelrohr — aber er hatte besser gezielt. Mitten durch die Brust war der Jäger getroffen und brach dicht bei dem Hirsch mit einem Wehlaut zusammen.
Mörder!
Wie! Hatte so nicht Jemand aufgeschrieen? Nicht der zu Tode Getroffene, «ein, eine andere, fremde, entsetzliche Stimme.
Mörder! Er hatte es deutlich gehört, und doch blieb alles ringsum stumm r»nd tot — kein Blatt regte sich nach dem Schuß, der Pulverrauch schwebte langsam, verwunderliche Figuren bildend, in die Höhe, und als der dünne Schleier, den er zwischen dem Schwedenhofbauer und seinem Opfer gezogen hatte, verweht war, da lag der Jäger kalt und starr. Just, wie einst der ermordete Rottmeister, lag er an derselben Stelle — die gebrochenen Augen stierten — eine stumme, fürchterliche Anklage — gen Himmel, und langsam rieselte das Blut aus der Wunde, welche die mörderische Kugel gerissen hatte. Der Mond aber leuchtete kalt und gleichgültig in das Gesicht des Toten als ob alles Weh, alle Leidenschaften der Wett ihn. alte, längst bekannte Dinge seien.
Dem Ulrich war das abgeschoflene Gewehr aus den Händen entfallen, aber er hatte es nicht bemerkt. Noch immer stand er regunsloS und starrte zu dem Toten hinüber, während in seinem Innern ein entsetzlicher, namenloser Jammer erwachte, gegen den alles Leid der vergangenen Jahre eitel Spielwerk war.
Mörder! Immer wieder klang das fürchterliche Wort wie ein Donnerhall deL jüngsten Gerichtes in seinem Ohr, unv all der Groll und Haß erschien ihm jetzt so klein und nichtig vor dem ungeheuren Frevel, den er begangen, der ungeheuren Schuld, die er auf sich geladen. Wohl Hundertemal hatte er gegen den Förster gewütet, ihm den Tod geschworen und jetzt — jetzt, wo die That wirklich geschehen und begangen, da schwanden mit dem rinnenden Blut des Unglücklichen all sein Zorn, seine Rachegedanken dahin.
Endlich schüttelte er mit einer gewaltsamen Anstrengung das Graußen von sich und trat seinem Opfer näher. Er ließ sich an dessen Seite auf die Knie nieder und befühlte scheu das Gesicht de« Feindes. Wie von einer Natter gestochen fuhr er zurück — eS war kalt wie Eis. Ihm graute vor den offenen Augen des Toten, und er versuchte mit abgewendetem Antlitz sie zu schließen — umsonst, sie blickten starr und furchtbar wie zuvor. Der Mörder knickte zusammen und sein Haupt fiel schwer auf den Kadaver des Hirsches, um den all dieses Grauenvolle über ihn gekommen war.
So lag er lange — lange Zeit in dumpfer Betäubung, bis ein rauher Windstoß durch die Bäume fuhr und ihn aufweckte. Mit wirren Blicken schaute er um sich, einen Augenblick dünkte eS ihm, als sei dies alle« nur ein wüster Traum gewesen — aber bald gemahnte ihn die Leiche des Försters an die blutige Wirklichkeit. Doch der Mensch regte sich in ihm — er mußte daran denken, die Spuren seines Verbrechens zu verwischen, für seine Sicherheit besorgt sein. Mühsam richtete er sich auf und musterte seine Umgebung. Er gedachte die Leich« in den kleinen Teich zu werfen, dm die Quelle hier bildete aber da» dünkte ihm nicht sicher genug, dmn das Wasser war so seicht, daß beim geringsten Fallen desselben der Förster gefunden werden