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Eßlingen, 4. März. Die bürgerl. Kollegen haben den Gehalt des neu zu wählenden Stadt­schultheißen auf 5500 ^ für einen akademisch ge­bildeten Bewerber festgestellt. Ein Antrag auf 6000 ^ wurde im Gemeinderat zweimal bei Stimmengleichheit durch Stichentscheid des Vorsitzenden abgelehnt.

Besigheim, 4. März. Seit mehreren Monaten ist ein hiesiges Bürgerskind, der in seiner Jugend nach Nordamerika auswanderte und im Staate Dakota durch Gründung mehrerer Farmen ein bedeutendes Vermögen sich erworben hatte, auf Besuch in unfern Mauern und es ist demselben gelungen, durch günstige Schilderungen des amerikanischen Farmerlebens 2 hies. Familienväter, Verwandte von ihm, zu dem Entschluß zu bringen, mit ihren Familien nach Amerika aus­zuwandern und sich im Staate Dakota als Farmer anzusiedeln. Morgen am Samstag reisen nun diese in Begleitung ihres amerikanischen Vetters ab und es ist gestern abend im Gasthof zum Waldhorn von einer sehr großen Anzahl hiesiger Einwohner ein Abschied gefeiert worden, bei welchem ernste und heitere Abschiedsworte gesprochen und gesungen wurden.

Neustadt a. H., 2. März. An die hier wohnenden Eheleute Horn, deren beide Söhne bei Niedermetzelung der Küntzel'schen Expedition in Witu am 15. September 1890 ihr Leben verloren, wurde lautFrkfr. Ztg." dieser Tage vom Auswärtigen Amt in Berlin eine Entschädigung von 3750 aus­gehändigt.

Amsterdam, 3. März. In der Nacht von Freitag auf Samstag wurde in Haarlem an zwei allein­wohnenden hochbetagten Frauen ein Doppelmord be­gangen. Nach dem Mord wurde die Wohnung in Brand gesteckt und man fand die beiden Leichen, die mit Petroleum übergossen zu sein schienen, an einzelnen Körperteilen bereits stark verkohlt vor. In der Woh­nung war alles durcheinandergeworfen, selbst die Betten waren ausgeschnitten worden. Da die Thür des Hauses verschlossen war, so scheinen die Thäter durch ein Fenster entflohen zu sein. Gestern meldeten die Blätter, daß zwei Bettler aus Amsterdam verhaftet worden seien, da dringende Verdachtsgründe gegen sie vorlägen; ein Neffe der beiden ermordeten Schwestern, der ver­haftet worden, ward alsbald auf freien Fuß gesetzt.

vermischtes.

Mordversuch in der Kirche. AusNeapel wird unterm 3. März gemeldet:Gestern abend war die hiesige Marienkirche der Schauplatz einer Blut- that. Der neubestellte Pfarrer wollte unlängst der Kirche einen Antheil an dem Gewinne zuführen, welchen der Kirchendiener aus der Vermietung der Stühle an die Kirchenbesucher erzielt; der Kirchen­diener weigerte sich aber, dem Wunsche seines Vor­gesetzten entgegenzukommen, erging sich gegen ihn in Schmähungen und wurde daher entlassen. Er beschloß, sich zu rächen, schlich sich gestern an den Hauptaltar heran, wo der Pfarrer gerade den Gottesdienst ver­richtete, lind stieß ihm einen Dolch in die Brust. Der Pfarrer ist lebensgefährlich verwundet. Der Verbrecher ist verhaftet."

Kaiser Wilhelm l. als Hauswirt. Nachstehender Brief des späteren Kaisers Wilhelm I. damaligen von Preußen, datirt vom 17. März 1843 an ven berühmten Gartenkünstler Leuns in Sanssouci, ! wird in derPost" wiedergegeben:Durch meinen ! Hofmarschall (damals Graf Pückler) ließ ich vor einigen Wochen seinen Vetter den Fürsten Pückler ersuchen, mir seinen Gärtner zu senden, um Kindermann (damals . Hofgärtner auf Babelsberg) beim Verpflanzen großer Bäume mit den Kronen Anleitung zu geben. Der Fürst hat ihn gesendet, ist aber selbst mitgekommen, ohne mein Vorwissen, um sich den Babelsberg anzusehen. Er hat sich in denselben verliebt und mir Vorschläge gemacht, wie er ihn behandelt zu sehen wünscht. Da ich ihn natürlich als kompetenten und auch schaffenden Gärtner in Muskau kannte, lege ich Wert auf seine Ansichten. Doch muß ich sie Ihnen erst vorlegen, damit Sie mir Ansichten von Ihrem Gesichtspunkt mitteilen. Am liebsten wäre mir, wenn Sie neben den einzelnen Ansichten in der Anlage die Ihrigen neben schrieben, wobei ich Ihnen bemerke, daß ich sie, falls Sie es wünschten sollten, dem Fürsten nicht mitteilen werde, wenn zu abweichende Urteile sich vorfinden sollten. Bemerken muß ich noch, daß ich dem Fürsten gesagt.

wie die Mittel, welche ich bisher ausgesetzt, sehr mager gewesen wären, so daß vieles Mangelhafte daher rührt. Ihr Prinz von Preußen." Man weiß, fügt das Blatt hinzu, wie haushälterisch der damalige Prinz von Preußen mit seinen damals nicht sehr glänzend bestellten Mitteln bei Herstellung des einzigen Landeigentums, welches er befaß, zu Werke ging. Es wurde in jedem Jahre und auch später, als er schon König und Kaiser war, für den Babelsberg, seine Lieblingsschöpfung, niemals mehr verwandt, als eben Mittel vorhanden waren, und darin hielt der Prinz von Preußen sowohl in Bezug auf die Bauten, als die gärtnerischen Anlagen von Babelsberg unabänder­lich fest. Bei einer der Tafelunterhaltungen auf Babelsberg, bei welcher auch der Nachfolger Lennes, der königliche Gartendirektor Jühlke, zugegen war, erzählte Kaiser Wilhelm im Zusammenhang mit obigem Briese, daß er nach den Ideen des Fürsten Pückler und Lennös auf dem Babelsberg weiter geschaffen und, stolz auf seine Erfolge, später den Fürsten auf seinem Grund und Boden umhergeführt habe, in Erwartung des Beifalls, den seine Anlagen bei diesem finden würden. Aber das Gegenteil traf ein. Der Fürst äußerte sich über das Geleistete nichts weniger als begeistert. Wenigstens hätten nach seiner Meinung die Anlagen in dieser Zeit viel weiter vorwärts gebracht werden können.Das war nicht möglich!" erwiederte der Prinz von Preußen.Warum denn nicht, Ew. K. Hoheit?"Weil die Mittel dazu nicht da waren." Da schaute Fürst Pückler den Prinzen von Preußen groß an, und wie ein Naturlaut entfuhr seinen Lippen die Frage:Ja, machen denn Ew. Kgl. Hoheit keine Schulden?"Nein, mein lieber Fürst."Mein Gott, da kennen ja Ew. Kgl. Hoheit den höchsten Genuß des Lebens nicht, die Süßigkeit des Momentes, wenn man seine Schulden bezahlen kann."

Wunder der Elektrizität. Die Balneolog. Ztg." schreibt:Daß die Elektrotechnik Wunder verrichtet, ist angesichts großartiger neuer Erfindungen schon oft gesagt worden. Das folgende Stückchen stellt allerdings den Glauben an diese Wunderthätigkeit auf eine harte Probe. Diese neueste Leistung, die namentlich die Damenwelt besonders anmuten dürfte, hat der polnische Forscher Hofrat von Narkiewicz-Jodko dieser Tage in Wien demonstriert. Es ist ein elektrisches Bad zur Er­frischung und Verjüngung der Haut. Zu diesem Zweck wird ein gewisses Quantum atmosphärischer Elektrizität dem Bade- oder Waschwasser zugeführt und ihre Einwirkung auf die menschliche Haut soll geradezu überraschend sein; ältere Personen erhielten, wie Herr von Narkiewicz versichert und durch Zeug­nisse hochgestellter Damen der Petersburger und Pariser Gesellschaft auch belegt, einen Teint, der an rosiger Frische demjenigen eines blühenden siebzehnjährigen Mädchens nichts nachgiebt. Die Prozedur ist dabei weder beschwerlich noch gesundheitsgefährlich, im Gegen­teil, das elektrische Bad fördert die Blutzirkulation unter der Haut und wirkt so belebend auf den ganzen Organismus. Freilich hat das Ding, wie Alles in der Welt auch seine Schattenseite. Die Verjüngung währt nur sechs bis zehn Stunden, sie würde also gerade nur für eine Ballnacht ausreichen. Des Morgens also ist dem verwunderten Gatten der Anblick der vorigen Falten und Runzeln in keiner Weise mehr beeinträchtigt.

Schweres Geschütz. Am vorigen Freitag wurde auf der Kr up p'schen Fabrik in Essen mit so schweren Geschützen geschossen, daß in vielen Häusern des Segeroth-Vierteln bei jedem Schuß Thüren und Fenster aufschlugen. Bei einem einzigen Häuserbesitzer in der Freistattstraße sind allein 30 große Scheiben, jede im Wert von 3 50 --Z, zersprungen, und

außerdem hat der Luftdruck eine große, teure Spiegel­scheibe aus der Umfassung heraus in die Stube ge­worfen und zertrümmert. Solche Vorkommnisse wieder­holen sich immer von Zeit zu Zeit, so daß sich jetzt schon zwei Versicherungsanstalten weigern, mit den dortigen Häuserbesitzern abzuschließen. Noch schlimmer zeigen sich die Folgen des Schießens an den Häusern auf dem Segeroth, von denen viele trotz guter Ver­ankerung reißen. Eine erst vor drei Jahren aus dem besten Material und mit der größten Sorgfalt errich­tete, etwa 35 Meter lange und 2 Meter hohe Um­fassungsmauer einer Schule ist jetzt wieder an vier Stellen von mächtigen Rissen durchsetzt.

Eine tragikomische Sache wurde am 2. März vor dem Pariser Zuchtpolizeigericht ver­handelt. Die Beklagte war eine Frau Dareau, welche lange Jahre mit ihrem Manne und auch nach dessen Tode, der 1872 erfolgte, in Brasilien gelebt hatte. Vor drei Jahren konnte die alte Frau dem Drange, ihre Heimat wiederzusehen, nicht widerstehen und kam nach Paris. In dem Vororte Saint-Mands kaufte sie ein Häuschen und richtete sich da für ihren Lebens­abend ein. Auf dem Kaminsims ihres Zimmers hatte sie eine 34 cm. lange und 28 ow. breite Blechbüchse stehen, in der ursprünglich englische Biskuits verpackt waren. Jetzt aber barg dieselbe die Ueberreste des seligen Herrn Dareau, einige weiße Knochen, die von dem ungelöschten Kalke, mit dem die Leiche bei der Beerdigung übergossen wurde, nicht verzehrt worden waren. Frau Dareau hätte dieses Andenken noch länger so bewahrt, wenn ihre Tochter und ihr Schwieger­sohn nicht in sie gedrungen wären, daß sie die Büchse wegschaffe und die Gebeine der Erde des Pere-Lachaise anvertraue. Das that die Witwe endlich, ohne zu ahnen, daß sie damit die Aufmerksamkeit der immer wachsamen Themis auf sich lenken würde. Es existiert im französischen Gesetze ein Artikel, welcher die Ein­führung von Leichen oder sterblichen Ueberresten ohne die Erlaubnis der Regierung unter Androhung von Strafe verbietet und die arme Frau mußte sich vor Gericht verantworten. Aber das mindeste Strafmaß, 15 Francs, wurde, weil es nicht anders möglich war, über sie verhängt. Didask.

Von den Geschäftkniffen der amerikanischen Kolporteure giebt Philipp Berges in soeben erschienenen interessanten Skizzen Moderne Wege zum Wohlstand" (Erfurt und Leip­zig bei Bodo Bacmeister, Preis 50 -A folgende hübsche Probe:In das Wachzimmer der New-Aorker Stadt­polizei tritt ein hagerer, starr vor sich hinblickender Mann, schreitet auf den diensthabenden Beamten zu und spricht mit hohler Stimme:Mein Herr, ich habe Ihnen eine Mitteilung zu machen. Ich bin tot. Man hat mich ermordet und ich bitte Sie, den Mörder suchen und mich begraben zu lassen!" Der Beamte tritt unwillkürlich einen Schritt zurück es wird ihm klar, daß er einem wahnsinnigen gegenüber­steht; er läutet und der Kapitän der Station, der Polizeiarzt, alle Schutzleute eilen herbei, im Nu ist das Zimmer gefüllt mit Menschen, die alle auf den Arzt blicken, welcher in solchen Fällen denVortritt" hat.Ja!" sagt dieser zu dem Fremden,ich sah es sofort, daß Ihr tot seid; wißt Ihr vielleicht zu­fällig noch Euren Namen?0 murmelte der Kranke,ich heiße Miles Denver".Und Euere Adresse z"Das Grab!"Wer ist Euer Mörder?" Columbus."Derselbe, der Amerika entdeckt hat?" Ja!"Nun! dann gratuliere ich Euch, den feinen Burschen haben wir gefangen! Folgt mir nach seiner Zelle!"Sogleich!" antwortete der Tolle auf diese taktische Rede des Arztes und beginnt in seiner Tasche zu wühlen, aus welcher sogleich ein dickes Packet hübsch gebundener Kalender emportaucht.Meine Herren, als ich noch lebte, pflegte ich diese Kalender zu verkaufen; es sind die besten Kalender in Amerika und kosten nur 25 Cents das Stück. Sie können nicht zugeben, daß diese schönen Bücher im Grabe modern und werden sie mir daher ab kaufen, da wir doch nun einmal so gemütlich beisammen sind!" Als derTolle" nach etwa 10 Minuten das Haus verließ, hatte er alle seine Kalender an den Mann gebracht."

Rostom, der große Elephant im Zoologischen Garten von Berlin, der seiner Zeit gelegentlich der mißlungenen Versuche ihn zu töten, viel von sich reden gemacht hat, ist am vorigen Samstag natürlichen Todes gestorben. Das riesige Tier schwand trotz guten Futters in der letzten Zeit zusehends dahin. Die Sektion ergab eine ganze Reihe krank­hafter Zustände in den verschiedenen inneren Organen.

Vierhundert amtlich beglaubigte Aner­kennungsschreiben innerhalb 8 Wochen sind Apo­theker Richard Brandt in Schaffhausen von Magenleidenden, Leuten mit gestörter Verdauung, Kopf­schmerzen, Leber- und Hämorrhoidalleiden rc. rc., welche die in den Apotheken ä Schachtel 1. erhältlichen ächten Schweizcrpillcn gebrauchten, zugegangen und sollte Niemand, der über solche Störungen zu klagen hat, verfehlen sich die Anerkennungen schicken zu lassen. Man achte genau auf dar weiße Kreuz in rotem Grunde.