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Amts- und Anzeigeblatt für den Bezirk (Lalw

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Erscheint Dien « ra g , Donnerstag und SamStag. Die EinrNcknngSqebühr beträgt im Bezirk und nächster Um­gebung S Pfg. die »ieile, sonst 12 Pfg.

Amtliche Aekanntmachuage«.

Den Orlslwrstkhttll

gehen in den nächsten Tagen die Brandschadenseinzugs­register für das Kalenderjahr 1892 zur Aushändigung an die Gemeindepfleger und mit der Weisung zu, dafür Sorge zu tragen, daß die Umlage hälftig auf 1. April und hälftig auf 1. August ds. Js. an die Oberamtspflege zur Ablieferung gelangt.

Calw, den 4. März 1892.

K. Oberamt.

Supper.

An die Gemeindebehörden

Im Hinblick auf die mit dem 1. April 1892 erfolgende Einführung der nach dem fünfzehnten Längengrad östlich von Greenwich sich richtenden mitteleuropäischen Einheitszeit in dem inneren und äußeren Dienst der württembergischen Staatseisen­bahnen und im Dienst der Post- und Telegraphen­verwaltung, welche der bisher in Württemberg maß­gebenden Ortszeit, beziehungsweise der mittleren Stuttgarter Zeit um 23 Minuten voraus ist, wird es sich zur Abwendung von Mißständen nicht ver­meiden lassen, die für den Dienst der K. Verkehrs­anstalten angenommenen Zeit auch im übrigen bürger­lichen Leben zur Einführung zu bringen.

Den Gemeindebehörden wird daher empfohlen, vom 1. April 1892 an die für das bürgerliche Leben in den Gemeinden maßgebenden Uhren nach der Uhr der nächstgelegenen Eisenbahnstation oder Postanstalt zu richten. Dieß wird zur Folge haben, daß die Uhren, welche bisher nach dermittleren Stuttgarter Zeit" gerichtet waren, in der Nacht vom 31. März auf 1. April 1892 um 23 Minuten vorzurücken fein werden.

Bis zum 10. April d. I. wird Vollzugsbericht erwartet.

Calw, den 5. März 1892.

K. Oberamt.

_ Supper.

Deutsches Reich.

Berlin, Samstag 5. März. Reichstag. Kolonialetat. Bamberger (d.fr.) bemerkt zu der Forderung von 2 500000 ^ zur Unterdrückung des Sklavenhandels und zum Schuz der deutschen In­teressen in Ostafrika, die Forderung sei zu hoch. Er spricht gegen die neuen Bahnprojekte, sowie gegen den Wißmanndampfer. Emin habe sich entfernt, ver­mutlich weil er gefühlt habe, daß unsere ostafrikanischen Verhältnisse ungesund seien. Von den übrigen Führern sei nur noch Peters im Dienst. Redner ist einver­standen mit der Ersetzung Wißmanns durch v. Soden. Er bittet um eine Erklärung der Regierung über die Ausweisung des Journalisten Wolf. Er bespricht die Ausfuhr nach Ostafrika, die Kolonialprodukte, die Dampferlinien. Ostafrika koste dem Reiche bisher «twa 27 Mill., England habe dagegen nur die Bahn­linie Mombassa-Viktoriasee bisher bewilligt. Reichs­kanzler Graf Caprivi erklärt, Wißmann sei noch Reichsbeamter und hoffentlich bald wieder verwendbar. Redner rechtfertigt in längerer Rede die Ausweisung Wolfs. Der Gouverneur v. Soden habe nichts zu

Dienstag, den 8. Mär; 1892.

dieser Ausweisung gethan, sie sei von ihm (Caprivi) allein ausgegangen, der das etwaige Odium auf sich nehmen wolle. Die Rechtlichkeit der Ausweisung sei zweifellos. Unsere Kolonie sei zu jung, um die ver­suchte Erregung schadlos zu ertragen. In Ostafrika sei eine Art Diktatur nötig. In unseren Kriegen haben die Schlachtenbummler nichts geschadet, da alles gut ging; aber die Thätigkeit derKolonialbummler" sei schädlich. Redner geht auf Wolfs Berichte an das Berl. Tagebl. näher ein und verliest demgegen­über einen amtlichen Bericht des Kommandanten des Kreuzers Schwalbe. Das im Reichsanzeiger ver­öffentliche Telegramm v. SodensAlles ruhig" habe den (nicht veröffentlichten) Zusatz gehabt:ausge­nommen Wolf". Die Kampfesweise des letzteren gegen v. Soden sei gehässig persönlich gewesen. Redner geht auf diese Angriffe ein, weist sie entschieden zurück und rühmt v. Soden als den besten Beamten, den wir in Ostafrika haben könnten. Er verliest zur Karakterisierung v. SodrnS, dessen Bericht vom 10. Jan. 1892. Die Ausweisung Wolfs werde aufrecht erhalten werden.

Hamburg, 2. März. Der frühere sozialistische Reichstagsabg. Otto Reimer, früher Zigarren­macher, dann Mitredakteur des HamburgerEchos", endete gestern sein Leben in der Alster. Da ihm eine Schädeloperation bevorstand, fürchtete Reimer, irrsinnig zu werden. Die Partei übernimmt die Versorgung seiner unmündigen Kinder.

Ausland.

Notstand in Rußland. Manschreibtaus Petersburg, 1. März:Im Gouvernement Tobolsk sind infolge der dort herrschenden Notlage Unruhen ausgebrochen. Einem Gerüchte zufolge sollen die Behörden sich genötigt gesehen haben, dis Stadt Tobolsk zu verlassen und sich nach Tjumen zurückzu­ziehen. Daß die dortige Lage eine sehr ernste sein muß, geht übrigens schon aus dem Umstand hervor, daß Fürst Galitzin als besonderer kaiserlicher Kom- missarius und mit fast unbeschränkten Vollmachten versehen nach Tobolsk entsendet worden ist. Das Komite für die großen Notstandsarbeiten beantragt gegenwärtig unter Anderem folgende Unternehmungen in das Programm aufzunehmen: Regulierungen an den Flüssen Wolga und Oka bei Nischni-Nowgorod, Bauten in dieser Stadt, Herstellung einer Bucht in der Nähe von Samara, welche als Winterhafen für Dampfschiffe dienen soll, Zurichtung des Materials für Straßenpflasterung in sieben Provinzhauptorten, Bau einer fahrbaren Straße zwischen Tobolsk und Samarroka, sowie einer ChaussSe von Novoros nach Suchum."

Tages-Neuigkeiten.

sAmtliches aus dem Staatsanzeiger.j Seine Königliche Majestäten haben am 4 . d. M. allergnädigst geruht: die Amtsgerichtsschreiber Keller in Calw und Bauer in Ulm deren Ansuchen ent­sprechend gegenseitig zu versetzen.

Stuttgart. Dem neuen Tagblatt wird be­richtet: Kamen vor ca. 10 Tagen zwei Individuen, ausgerüstet mit mächtigen Handkoffern, in ein hiesiges Gasthaus und nahmen daselbst Nachtquartier. Nach-

vborrnementSpreiß vierteljährlich in der Stadt Sv Pfg. v»d 20 Pfg. Trägerlohn, durch die Post bqogen Ml. 1. lb, sonst » ganz Württemberg Ml. 1. SS.

dem dieselbenredlich" gezahlt, reisten sie morgens in aller Frühe ab, ohne daß jemand den geringsten Verdacht geschöpft hätte. Man mag sich das Erstau­nen der Wirtsleute vorstellen, als dieselben entdeckten, daß die bereits Stunden zuvor ausgeflogenen Raub­vögel das Nest in diesem Fall das Bett im Wert von 80 Mark mitgenommen haben. Die uner­kannt gebliebenen Diebe, von denen der eine sich für einen Ulmer ausgab, müssen Zeit gefunden haben, die leicht erworbene Beute in Sicherheit zu bringen; wahrscheinlich wurde dieselbe hier oder anderwärts versilbert. Die sofort angestellten Nachforschungen haben bis zur Stunde einen Erfolg nicht gehabt. Solange die Raubvögel der goldenen Freiheit genießen, dürften sie auch anderwärts auf Beute ausgehen, und dürfte einige Vorsicht für Wirte in dieser Richtung zu empfehlen sein.

Stuttgart, 3. März. Ein Bauer, der be­reits nicht mehr beim ersten Schoppen saß, trat am Wirtstisch mit einem Viehhändler wegen Eintausches einer Kuh gegen eine Futterschneidmaschine in Unter­handlung. Der Handel kam derart zustande, daß der Bauer seine Futterschneidmaschine nebst 180 ^ an den Viehhändler abzugeben hatte, wofür er dessen Kuh sein Eigentum zu nennen berechtigt wäre. Eigen­tümlich bei der ganzen Sache war der Umstand, daß weder der Händler des Bauern Futterschneidmaschine, noch der Bauer des Händlers Kuh zuvor gesehen hatten. Beide lobten natürlich ihre Verkaufsartikel über alle Maßen und als endlich der Händler dem Bauern erklärte, daß er dessen Futterschneidmaschine bei dem Handel zu 60 ^ taxiere, da schloß letzterer, dessen alte Maschine kaum 10 ^ wert war, voll innerer Freude den dummpfiffigen Handel ab. Als aber der Bauer des andern Tages in dem Ort des Viehhänd­lers seine Kuh holen wollte, fiel er fast in Ohnmacht; ein solch schändliches Gerippe, wie es ihm aus des Händlers Stall entgegengrinste, hatte er noch nie gesehen; da der Bauer sich schämte, sich in seinem Orte mit diesem Geschöpf zu zeigen, kaufte er seine Futterschneidmaschine zurück und zahlte für den Handel eine empfindliche Buße.

Ludwigsburg, 3. März. Wie der Ludw. Ztg. mitgeteilt wird, hat I. Mas. Königin Char­lotte sich bewogen gesunden, als Chef des Ulanen- Regiments König Wilhelm I. diesem Regiment unter dem NamenKönigin Charlotte-Stiftung" jährlich die Summe von 250 ^ zuzuwenden. Von derselben sollen jedesmal am 25. Febr., dem Geburtsfest Sr. Majestät des Königs, Unteroffiziere in Krankheits­oder anderen Notstandsfällen, sowie beim Ausscheiden aus dem Dienst infolge unverschuldeter Dienstunbrauch­barkeit, Hinterbliebene von Unteroffizieren beim Tod des Familienvaters und Gemeine beim Ausscheiden aus dem Dienst infolge unverschuldeter Dienstunbrauch­barkeit Unterstützungen erhalten; auch können Geschenke Unteroffizieren und Gemeinen, welche sich durch eine hervorragende That oder durch außergewöhnliche Leistungen ausgezeichnet haben, aus der Stiftung zu­gewendet werden. Gestern vormittag wurde dem versammelten Regiment von der huldvollen Stiftung durch den Regimentskommandeur Oberstlieut. Sautter Mitteilung gemacht.