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Cannstatt, 2. März. Gestern nachmittag stürzten beim Steinbrechen infolge Ausrutschens der verheiratete Bronner, sowie der ledige Heinrich Elsässer von hier von einer Höhe von etwa 50 Fuß vom Steinbruch herab in die Tiefe auf Steine, wobei Bronner neben einem Rippenbruch schwere Verletzungen am Kopfe und an der Lunge, sowie im Rücken davontrug, so daß an seinem Aufkommen gezweifelt wird. Elsässer trug mehr äußerliche Verletzungen davon.
Schorndorf, 2. März. Zufuhr nahezu 1000 Stück Rindvieh. Im Anfang zeigte sich das Geschäft flau und schleppend, weil die Verkäufer hohe Preise forderten. Die Preise mußten zurückgehen, und nachdem dies geschehen war, entwickelte sich ein reger Verkehr und ein lebhafter Handel bei immerhin noch guten Preisen. Da das Heu, von dem noch großer Vorrat vorhanden ist, keinen hohen Preis hat, der Zentner kostet 1 ^ 80 bis 2 so haben die Landleute einen stattlichen Viehstand.
Reutlingen, 1. März. Die Arbeiter Joh. Kuhn von Pfullingen, Georg Laier und Gottlieb Häring, beide letztere von hier, stehen seit Gründung der Firma Roth u. Comp, am 1. März 1872, also 20 Jahre ununterbrochen in deren Diensten, nachdem sie zuvor schon mehrere Jahre in. der alten Firma thät'g waren. Am Samstag abend wurden dieselben auf das Comptoir berufen und ihnen durch den Bureauchef unter warmen Dankesworten für ihre zwanzigjährige treue Arbeit je 50 Prämie überreicht. Die Firma gewährt auch bei lOjähriger Tätigkeit an ihre Arbeiter Prämien und es ist gewiß erfreulich für beide Teile, daß sie öfters in der Lage ist, dies zu thun.
Heidenheim, 1. März. Gestern mittag hatte eine hiesige Frau Glück. Sie füllte den Ofen in der Wohnstube mit Coaks nach und hörte dabei etwas klingeln. Als sie nachsuchte fand sie zu ihrem Erstaunen 2 Zwanzigmarkstücke. Der Coaks, 2 Zentner, war von Ziegeleibesitzer Heinle bezogen und schon wieder hat sie von dieser Sorte nachbestellt.
Ebingen, 2. März. Die Fastnacht ist vorüber bei uns, ruhiger und weniger Aufsehen erregend als in den letzten Jahren, was wohl der allgemein gedrückten Geschäftslage zuzuschreiben ist. Die junge Welt läßt freilich die daraus erwacysenden Sorgen weniger an sich herankommen, aber die Familien, die unter der teuren Lebenshaltung zu leiden haben, müssen sich schon etwas mehr Zwang auferlegen. Zum Schluß hat uns Fasching noch alle recht tüchtig zum Narren gehabt, denn während man in der letzten Woche ernstlich von dem nächstigen sonnigen Frühlingstage träumte, fings gestern abend an zu schneien die ganze Nacht hindurch und der Aschermittwoch zeigt wieder 6—8 Zentimeter hoch Schnee und vermehrt die ihm eigene unlustige Stimmung noch durch un
unterbrochenes Schneien den ganzen Vormittag, so daß in den Straßen der Stadt nur schwer auszukommen ist. Die gesundheitlichen Verhältnisse wollen sich bei der herrschenden Unbeständigkeit des Wetters immer noch nicht bessern; man hört allgemein sagen, daß es selten einen Winter hindurch so viele Kranke gegeben wie in dem von 1891/92; man sieht schon deshalb einem durchgreifenden Umschwung mit sehnlichen, Verlangen entgegen.
Tuttlingen, 1. März. Die Arbeit der Donauauffüllung und diejenige der Auffüllung des freien Platzes, auf welchem das Max Schneckenburgerdenkmal aufgestellt werden soll, ist in letzter Zeit von den Unternehmern rasch gefördert worden, so daß der Platz so ziemlich auf die richtige Höhe aufgefüllt ist. In letzter Zeit wurde mit der Herstellung des Steinsatzes für eine der den Platz begrenzenden Querstraßen begonnen und diese Arbeit rasch zu Ende geführt. _
Köln. Bandwurmkuren beschäftigten kürzlich m einem mehrere Tage dauernden Prozeß die hiesige Strafkammer. Angeklagt waren 1. der Sattler August Salinsky von hier, 2. der General- Agent Paul Ernst Wonnberger aus Berlin und 3. der Heilkünstler Richard Mohrmann aus Berlin. Die beiden ersten sind Angestellte Mohrmanns. Die Anklage lautet auf Betrug, fahrlässige Körperverletzung, Ankündigung von Geheimmitteln und Verkauf von Arzneien, mit denen der Handel nicht freigegeben ist. Salinsky gab sich gelegentlich als Richard Mohrmann aus. Wenn ein Patient bei Salinsky, der keinerlei medizinische Kenntnis besitzt, auch erst kürzlich von Mohrmann angestellt worden war, vorsprach, dann ordnete er ohne jegliche Untersuchung eine Bandwurmkur an und sandte Bericht nach Berlin, von wo aus das Mittel, angefertigt in einer dortigen Apotheke, unter Nachnahme an den Patienten gesandt wurde. Mohrmann kostete das Mittel in der Apotheke 1 die Patienten mußten es mit 10 bis 30 ^ bezahlen. Die Sachverständigen bekundeten, daß das von Mohrmann angewandte Mittel das in der medizinischen Praxis allgemein gebräuchliche sei: Farnkrautwurzel und Granat-, bezw. Kusso-Extrakt. Das Mittel sei gut, jedoch müsse damit sehr vorsichtig verfahren werden. Die Verteidigung hatte viele Zeugen geladen, die über die Wirkung des Mittels das Beste bekundeten; einige hatten nach ihrer Aussage vergebens Heilung bei Aerzten gesucht und waren erst durch das Mohrmannsche Mittel von ihrem Leiden befreit worden. Die drei Angeklagten wurden des fortgesetzten Betruges schuldig befunden und zu je sechs Monaten Gefängnis, Mohrmann außerdem zu 1500 und wegen Verkaufs von Arzneien zu 50 Geldbuße verurteilt.
Hannover, 1. März. Nachdem tagsüber
einzelne Trupps Arbeitsloser sich zusammengefunden^ suchten diese nachmittags an der Arntstraße ber städtischen Kanalarbeiten beschäftigte polnische Arbeiter zu stören; dabei wurden zwei Arbeiter verhaftet. Die Versuche, diese zu befreien, wurden von der Polizei zurückgewiesen. Größere Ansammlungen auf dem Klagesmarkt folgten, zu deren Zerstreuung ein stärkeres Polizeiaufgebot erforderlich war.
Aus der Reichshauptstadt. Auf dem. Maskenfest, das am Freitag Abend bei dem Erbprinzen von Meiningen in Berlin stattfand,, wurde es, nach der Kreuzz. erst als die Masken gefallen waren, bekannt, daß auch der Kaiser in der Gesellschaft sei. Er hatte mehrfach sein Kostüm gewechselt, erschien einmal im Domino, später in der Tracht aus der Zeit Friedrichs des Großen, dann in. einem anderen Kostüm und wußte so die Neugierde lebendig zu erhalten. Auch Prinz Heinrich wechselte mehrmals sein Kostüm, einmal erschien er als Siegfried. Der Erbprinz von Sachsen-Meiningen selbst- erschien als Ritter aus der Zeit der Kreuzzüge, die Frau Erbprinzessin trug ein venetianisches Kostüm. -Allgemeine Heiterkeit erregte es nach der Post, „als- unter die Menschen auch eine Tiergestalt trat, zum Geschlecht der Rüsselträger gehörend, von Heller, gelber- Farbe mit einem anig geringelten Schwänzlein am Rücken, aber auf 2 Bemen sich unter den Anwesendem umhertreibend."
Standesamt ßakw.
Geborene:
19. Febr. Auguste Amalie, Tochter des Bernhardt Gaugele, Eisenbahnschaffners hier.
26. „ Willy Christian Friedrich, Sohn des Karl
Herzog, Kaufmanns hier.
27. „ MariaLuise, TochterdesFriedrichSchnürle,
Spinners hier.
27. „ Katharine. Tochter des Michael Theurer,
Maschinenstrickers hier.
27. „ Hedwig Johanna, Tochter des Professors
Otto Hang hier.
1. März. Paul Otto, Sohn des Michael Bosch, Dienst-- knechts hier.
Getraute:
27. Febr. Christian Friedrich Köhler, Fabrikwerkführer hier, mit Anna Maria Schnon hier. Gestorbene:
1. März. Friedrich Theurer, gewes. Bierbrauer von
Nagold 80 Jahre alt.
2. März. Maria Lucie Staiger, Tochter des Imma
nuel Staiger, Ilmgeldskommissärs hier. Ist- Jahre alt.
Gottesdienst
am Sonntag, den 6. März.
Landesbufttag.
Vom Turm 290.
Vorm-.Predigt: Herr Dekan Braun. Feier des heiligen Abendmahls. 19 sti Uhr Beichte in der Sakristei.) 5 Uhr Abendpredigt: Herr Stadtpfarrer Eytel. Das Opfer ist für die Kirchenheizung bestimmt.
Mittwoch keine Betstunde.
Amtliche KekallutMllchungen.
Rceorä.
In Folge höherer Weisung sollen die Arbeiten zur Herstellung einer zweiten Lokomotiv-Remise und an der Vergrößerung des Anbaus der bestehenden Remis auf dem Bahnhof Calw im Wege schriftlicher Submission vergeben werden und zwar:
Erd- und Grabarbeiten . . .
. im
Betrag
von
4424 ^
—
iS,
Maurer- und Steinhauerarbeiten
7450
„
35
Gypser- und Anstricharbeiten
. „
„
1254
„
50
Zimmerarbeiten.
3843
40
Schreinerarbeiten.
. „
766
„
25
„
Glaserarbeiten.
668
„
50
„
Schlaffer- und Schmiedarbeiten .
. „
„
„
1037
„
40
Flaschnerarbeiten.
463
—
Schieferdeckerarbeiten ....
164
„
—
Wasser- und Gasleitungen . .
*
„
762
—
Blitzableiter.
- -
„
232
—
Liebhaber zur Uebernahme dieser Arbeiten werden nun ersucht, den Ueber- schlag und das Bedingnisheft sowie die Zeichnungen auf dem bauamtlichen Bureau bier einzusehrn und ihre Offerte in Prozenten der Ueberschlagspreise ausgedrückt (christlich versiegelt und mit entsprechender Aufschrift, sowie diesseits unbekannte Bewerber mit Vermögens- und Fähigkeitszeugnissen versehen, bis längstens Mittwoch, den 1«. März, abends K Uhr, daselbst abzugeben.
Die Eröffnung der Offerte findet am 17. März vormittags 8 Uhr statt.
Kgl'. MeLriebsbcruamt Gcrkrv.
Krantz.
Bekanntmachung
Die feuerpolizeilichen Vorschriften,! sowie die seit 12. Oktober 1891 erschienenen Gesetze und Verordnungen werden am
Montag, den 7. März 1892, :
abends 6 Uhr, !
auf dem Rathaus den zum Erscheinen eingeladenen Einwohnern publizirt.
Stadtschultheißenamt.
Haffner.
Gefunden
wurden 2 Geldbeutel, 1 Broche und einige Geldstücke. Eigentumsansprüche sind binnen 8 Tagen beim Stadtschultheißenamt geltend zu machen, widrigenfalls die gefundenen Gegenstände den Findern ausgefolgt würden.
Stadtschultheißenamt.
Haffner.
Die Beifuhr
von Paraffinöl, Kohlen und Coaks vom Bahnhof zur Gasfabrik wird am Dienstag, den 8. März d. I., vormittags 11 Uhr,
in der Kanzlei des Unterzeichneten auf 3 Jahre im öffentl. Abstreich vergeben. Gaswerksverwalter Kober.
Wiesen-Verkauf.
Aus der Pflegschaft der Emilie Carle, Tochter des Wilhelm Carle, kommen 17 g. 33 gm Wiesen in Meisterswiesen am
Montag, den 7. März 1892, vormittags 11 Uhr,
angekauft zu 925 auf dem Rathaus, zu einmaliger Versteigerung.
Stadtschultheiß Haffner.
Privat-Anzeigerr.
Todes-Anzeige.
Teilnehmenden Freunden und Bekannten widme ich die schmerzliche Nachricht, daß unsre liebe Gattin und Mutter heute _.morgen 9 Uhr durch einen sanften Tod von ihrem langen und schweren Leiden erlöst wurde.
Beerdigung am Sonntag mittag 1 Uhr vom Krankenhaus aus.
Der tieftrauernde Gatte:
Johs. Mattes.
V.-V.
Nächsten Montag bei Adolf Ziegler.