so

gegneten einer lebhaften Nachfrage und konnten sich im Preise etwas erholen; geringere Qualitäten ver­kauften sich langsamer ohne Preis-Veränderung. Auch Schmalleder fand schnellen Absatz zu bisherigem Preise. In Kalbleder konnten sich die Preise bei starkem Angebot behaupten. Sohlleder war im All­gemeinen wenig zugeführt; gutgetrocknete kräftige Ware fand Nehmer, leichtere und ungenügend getrock­nete Sorten mußten etwas nachgeben. Der Verkehr in Zeugleder war ganz unbedeutend, auch Schaf­leder, wovon gleichfalls wenig Vorrat, wechselte den Besitzer zu unveränderten Preisen. Es wurden verkauft und amtlich vermögen zus. 182 050 Pfund, mit einem Gesamtumsätze von ca. 214,000. Der nächste Ledermarkt, welchem Tags zuvor ein Rindenmarkt vorausgeht, findet Mittwoch den 6. April d. I. hier statt.

Gmünd, 15. Febr. Die aus 16 Personen hesteheude Liliputaner-Zwergtruppe, unter Führung des Thcaterdirektors Schlosser aus Wien, gab hier 7 Vorstellungen, die alle flott von statten gingen. Der Besuch der gut einstudierten komischen Vorträge, Lustspiele und Possen mit Gesang, war außergewöhnlich groß. Jung und Alt ergötzte sich an den Leistungen der niedlichen Schauspieler. Die Zwergtruppe, die hier eine so gute Aufnahme ge­funden, reist zunächst nach Heidenheim. Die hiesige Edelmetall-Jndufftrie befindet sich zur Zeit in keiner günstigen Lage. Mehrere Fabriken haben die übliche Arbeitszeit vermindert, weil die spärlich ein­lausenden Aufträge in keinem Verhältnis zu den vor­handenen Arbeitskräften stehen. Die arbeitende Klasse sieht daher mit Bangen dem Frühjahr und Sommer entgegen. In Waldstetten ist die Influenza aufgetreten, viele Einwohner sind von der tückischen Krankheit heimgesucht worden.

Ulm, 18. Febr. Heute vormittag hat sich der wegen Mißhandlung eines Untergebenen in Unter­suchung gezogene Sergeant Schuhmann des Dragoner­regiments ,, König" (2. Württ.) 26 auf seinem Zimmer durch zwei Revolverschüsse entleibt. Hinterlassene Briefe besagen, daß er den Selbstmord aus Furcht vor der Strafe, hauptsächlich aber aus Scham über die ihn erwartende Degradation zum Gemeinen, begangen habe. (Am 15. d. Mts. war der Unteroffizier Kobel des gleichen Regiments wegen Mißhandlung eines Untergebenen neben der Gefängnisstrafe von 2 Monaten zur Degradation zum Gemeinen verurteilt worden.)

Von Riedlingen, 18. Februar schreibt man dem N. Tgbl.: Gestern vormittag entdeckte ich bei einem scharfen Südost von 12" L die ersten Frühlingsboten, eine Schar Staren. Fröstelnd, lautlos, nicht geschwätzig heiter nach Starenart, huschten sie durch Hecken und Zaun. Noch mehr aber über­raschte es mich, inmitten eines Schneefeldes den Freund unserer Kinder, einen Storchen, zu sehen. Auf einem Bein stehend, schaute er traurig um sich, hungernd

und frierend. Zu früh erwachte der Trieb nach der lieben Heimat, und anstatt eines Willkommgrußes grünender Auen und sprossender Blätter zwingt ihn die starrende eisige Natur, wiederholten Abschied zu nehmen.

Friedrichshafen, 20. Febr. In letzter Nacht kurz nach 1 Uhr ertönten die Feuersignale in hiesiger Stadt. Es brannte das frühere Gasthaus zur Rose neben Hotel Müller. Trotz des heftigen Sturmes konnte das Feuer auf seinen Herd beschränkt werden dank unserer vorzüglichen Wasserleitung. Das Feuer wurde durch den nachtdienstthuenden Post­beamten entdeckt. Die Bewohner des Gasthauses zur Rose konnten nur das nackte Leben retten; dieselben, sind jedoch alle versichert. Man vermutet Brand­stiftung. _

Ueber die Nonnenplage in den Stif- tungs- und städtischen Waldungen der Stadt Augs­burg hat Forstrat Ganghofer dem Magistrat einen neueren Bericht vorgelegt. Hienach habe sich nach genauer Zählung der auf einem einzelnen Stamm befindlichen Eier die Zahl von durchschnittlich 200 er­geben und hat der Eierbelag trotz aller Maßnahmen im Vorjahr nur zu- statt abgenommen. Nur durch die Hilfe der Naturkräfte (Witterung, Raubinsekten rc.) sei eine gründliche Abhilfe zu erwarten. Das Leimen empfiehlt er fortzusetzen, obwohl die bisher darauf gesetzten Hoffnungen für übertriebene gehalten werden dürften. Der Magistrat hat für die Anbringung, von Leimgürteln wieder eine Summe von 18,000 ^ bewilligt.

Wien, 20. Febr. Gestern abend fand eine Versammlung von 3000 Arbeitslosen statt, welche gegen die Verschleppung der Inangriffnahme der Wiener Verkehrsarbeiten durch die polnische und kleri­kale Fraktion im Parlament stürmischen Protest er­hoben. Tausende konnten keinen Einlaß finden. Die Wache mußte eingreifen. Die Redner betonten, ob wir durch Hunger oder durch Bajonette sterben, ist uns gleichgültig. (Tosender Bei­fall.) In die nächste Versammlung kommen wir mit Weibern und Kindern, damit das ganze Wiener Elend gesehen werde.

Antwerpen, 17. Febr. Der Kongodampfer Kongo, der am 6. Jan. mit etwa>5060 Passagieren an Bord und großer Warenladung Antwerpen nach Banana verließ, hatte eine der schrecklichsten Ueberfahrten zu bestehen, die jemals im Leben der ältesten Seeleute vorgekommen sind. Der Dampfer wurde an der portugiesischen Küste von einem ent­setzlichen Sturme überrascht, der 2 volle Tage dauerte und schließlich eine derartige Heftigkeit erreichte, daß, der Kapitän das Schiff für verloren gab und den Auftrag erteilte, die Rettungsboote flott zu machen.. Der Blitz schlug an Bord des Dampfers ein, zer­trümmerte den Mastbaum und einen Teil der Kapitänskajüte. Die Passagiere mußten an die Betten angebunden werden, wurden aber trotzdem durch die

Hat die Verwendung des Salzes ungeheure Dimen« sionen angenommen; für die moderne Industrie ist es unentbehrlich; auch für die Finanzverwaltungen war es von jeher eine sehr ergiebige Steuerquelle; es werden in Deutschland allein über 12 Millionen, ganz Europa jährlich 60 Mill. Ztr. Salz in Handel gebracht. Mit der Beantwortung der Frage: Woher kommt das Salz? schloß der Redner seinen gediegenen, interessanten Vortrag.

* Liebelsberg. (Hohes Alter.) Am Mittwoch legt Friedr. Rentschler (Junggeselle) dahier das 99. Lebensjahr zurück und feiert somit den 100. Geburtstag. Die Gesundheit des Betagten läßt Aussicht auf noch mehrere Jahre.

Wildbad, 19. Febr. Wie man hört, hat der K. Badearzt, Geh. Hofrat Dr. v. Renz, nach beinahe 25jähriger verdienstvoller Wirksamkeit am hiesigen Kurorte aus Gesundheitsrücksichten sein Ent­lassungsgesuch eingereicht.

Eßlingen, 19. Febr. DieEßl. Ztg." be­richtet : Nachdem in den letzten Tagen Stadtschultheiß Schaller einer Abordnug der bürgerlichen Kollegien gegenüber die Geneigtheit ausgesprochen, wegen ange­griffener Gesundheit von seinem Amt zurückzutre­ten, haben die Kollegien in nichtöffentlicher Sitzung unter Vorsitz des Gemeinderats Hägele II. gestern abend beschlossen: Dem Stadtschultheißen anläßlich dieses Rücktritts seine Besoldung noch bis zum 30. Juni d. I. voll zu bezahlen und demselben von da ab auf weitere 4 Jahre, also bis 1. Juli 1896, eine jährliche Pension von 1500 auszusctzen, wo­mit Herr Schalter sich im voraus einverstanden erklärt hatte. Dieser Beschluß unterliegt der Genehmigung der Kgl. Kreisregierung. Sobald diese ausgesprochen sein wird, soll alsbald in den Kollegien die Gehalts­frage für Neubesetzung der Stelle erledigt und die weitere Einleitung zu einer Neuwahl getroffen werden.

Heilbronn, 18. Febr. Nachdem das heute Mittag verkündete freisprechende Urteil der hiesigen Strafkammer in der Strafsache gegen den Redakteur Dr. Li pp hier wegen Beleidigung hier bekannt ge­worden ist, hat sich der Sergeant Eisenhardt der 4. Kompagnie des hiesigen Bataillons, welcher nach dem Zeugnis eines in ver Lipp'schen Hauptverhand­lung vernommenen Soldaten dem letzteren eine Ohr­feige versetzt hgt, in der Kaserne erschossen.

Heilbronn, 19. Febr. Ledermarkt. Die Zufuhren, welche diejenigen des vorjährigen, schwach befahrenen Februar-Marktes etwas überschritten haben, blieben noch hinter dem normalen Quantum zurück, das in der Regel dieser Markt aufzuweisen hat. Die Gründe hiefür liegen teilweise in den ungünstigen Witterungs-Verhältnissen, zum Teil auch in der Ver­legung des Rindenmarktes. Das Geschäft entwickelte sich ziemlich lebhaft und nahm einen raschen Verlauf, so daß bis auf einige wenige Posten bald Alles ver­kauft war. Gute Sortimente von Wildleder be­

6 44 4 ^ 1 ^ 44 « Nachdruck verbaten.

Der Löwenbändiger.

Nach einer amerikanischen Novelle von M. Lane.

I.

Trompeten ertönten laut durch die Straßen von Middleton. Alle Welt eilte ans Fenster, die Fußgänger hielten neugierig an, kleine Jungen kletterten auf Laternenpfähle, Mauern oder andere hohe Gegenstände. Eine prachtvolle Prozession, ein Zukus, war im Anzuge, der lange schon erwartet war. Zuerst kam ein goid ner Wagen gezogen von ein paar isabellensarbenen Pferden mit scharlachroten Decken. Auf dem zu einem hohen Turm geformten Kutschersitz saß eine Frau, welche so herr­lich auesah, daß die kleinen Jungen vor Begeisterung in die Hände klatschten. Sie hatte ein kleines rührendes Gesicht und große blaue Augen, welche durch sorgfältig gemalte Schatten besonders glänzend erschienen. Ihr feiner Kopf war von einer Fülle goldigen, lockigen Haares umweht. ES war das alles ihr eigenes. Elsie Condor hatte so üppiges Haar, daß eS dm Neid all ihrer Gefährtinnen erregte. Jetzt beugte sich die Fee mit dem Stern auf der Stirn und den langen silberdurch- wirkten Kleidern und warf mit einer phantastischen Begrüßung beider Hände par­fümierte Programme rechts und links, während der Triumphwagen langsam wett er fuhr. Die Hauptsache, welche diese Programme ankündigten, war folgmde:Signor Guglielmo Condovina. der berühmte Löwenbändiger, wird heute Abend unter sechs wilden Löwen eine Vorstellung geben."

Ein starker Raubtiergeruch machte sich bemerkbar, als jetzt ein großer Käfig auf Rädern in dem Zuge folgte. Ein Clown rollte und purzelte an der Sette des­selben. er redete allen möglichen Unsinn und affektierte schließlich eine Ohnmacht auS Schrecken über das dumpfe Brüllen das sich aus dem großen Käsig härm ließ.

Als man Wiederbelebungsversuche machen wollte und ihn aufhod, überschlug er sich plötzlich wie ein Gummiball, welches ungeheure Heiterkeit erregte. Die Auflegung, im Publikum stieg, als die Kunde sich durch die Straßen verbreitete, daß der Löwen­bändiger sichtbar würde.

Die Menge jauchzte ihm freudig zu. Er war ein stattlicher Mann, dieser Signor Guglielmo Condovina. früher Will Condor, der Mann der schönen Elsie, der fliegenden Fee, groß und kräftig gebaut, mit anscheinend starker Brust. Er trug, eine enganschließende Sammt-Tunika, die seinen tadellosen Wuchs hervorhob. Seine Gesichtszüge waren regelmäßig und angenehm.

Auf der Straße standen zwei Herren im Gespräch bei einander. Der eine war ein berühmter Arzt, Sir Maxwell Bede. Er legte seine Hand auf den Arm seines Freundes und sagte:WaS für ein kräftiger, wohlgebauter Mann ist dieser Löwenbändiger; ich habe schon von ihm gehört. Er soll unter die Löwen gehen, als wenn es Hunde wären und sich unter ihnen niederlegen."

In diesem Augenblick wandte sich der Löwenbändiger seitwärts und hustete leicht. Sir Maxwell Bede hatte es beobachtet und schüttelte den Kopf; dann sagte er:Ich möchte wohl die Vorstellung besuchen, Brandreth."

Nichts ist ja leichter, wie das," erwiderte der andere,indessen erwarten Sie nicht, daß ich Sie begleite."

Durchaus nicht, ich werde auch nicht lange bleiben.ich möchte nur die Löwen sehen."

Die Zirkus-Prozession bewegte sich indessen weiter. Es kamen noch zwei bös­artige Kameele, ein geduldiger Elefant und eine widerlich schreiende Hyäne. Die Freunde gingen fort.

Lucie, die schöne junge Frau des Kolonel Brandreth, erwartete ihren Gatten in dem sorgfältig gepflegte» Garten ihrer Villa, welche vor dem Thore der Stadt lag. Als sie von dem ZttkuS hörte, wurde der Wunsch in ihr rege, die Vorstellung zu sehen und trotz seiner Abneigung gegen derartige Schauspiele, sichert« ihr Gatte sich alsbald di« besten Plätze.