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Amts- und Anzeigeblatt für den Bezirk Lalw.
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Erscheint Dien »ta g, Donner-tag und Samttag. Die EinrückungSgebühr beträgt im Bezirk und nächster Umzebuuz S Pfg. die Zeile, sonst iS Pfg.
Amtliche Aekanntmachungen.
Dienstag, den 16. Jebruar 1892
LbonnementSpreir vierteljährlich in der Stadt so Pfg. vrd so Pfa. Trägerlohn, durch die Post bezogen Mk. 1. lö, sonst » ganz Württemberg Mk. 1. Lb.
An die Ortsvorsteher.
Die Amtsvergleichungskostenverzeichnisse pro 1891/92 und die Verzeichnisse des Aufwands der Gemeinden für Geisteskranke und Idioten pro 1891/92 sind getrennt und in doppelter Ausfertigung bis
spätestens 1v. März d. I. an die Amtspflege
einzusenden.
Von Gemeinden, aus welchen die Verzeichnisse nicht rechtzeitig einkommen, wird angenommen, daß sie derartigen Aufwand nicht gehabt haben.
Calw, 13. Februar 1892.
K. Oberamt. Supper.
Bekanntmachung.
Den Lehrlingsprüfungen wird erfahrungsgemäß weder seitens der Eltern, noch seitens der Lehrmeister die diesem segensreich wirkenden Institute gebührende Beachtung geschenkt.
Das Oberamt will daher nicht unterlassen, auf die Bedeutung der Lehrlingsprüfungen für die berufsmäßige Ausbildung der Gewerbetreibenden aufmerksam zu machen und bei dieser Gelegenheit darauf hinzuweisen, daß bei Gesuchen um Staatsbeiträge irgend welcher Art, sei es zum Besuch einer Schule, zu Reisezwecken u. s. w. darauf gesehen wird, ob die Bewerber eine Lehrlingsprüfung mit Erfolg bestanden haben und daß bei Gesuchen um Unterstützungen rc., das Bestehen einer Lehrlingsprüfung als ein empfehlens-
werthes Moment angesehen und bei gleicher Qualification geprüften Lehrlingen vor den ungeprüften der Vorzug gegeben wird.
Calw, den 13. Februar 1892.
K. Oberamt. Supper.
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über die öffentliche Impfung.
Die öffentliche Impfung wird, wie im Vorjahr, Oberamtsarzt Dr. Müller in sämtlichen Gemeinden des Bezirks vornehmen.
Calw, den 16. Februar 1892.
K. Oberamt. K. Oberamtsphysikat.
Supper. Dr. Müller.
Tages-Neuigkeiten.
-j- Calw, 15. Febr. Das von Organist M. Koch aus Stuttgart gestern in der Stadtkirche veranstaltete Kirchenkonzert zeigte leider nicht den zahlreichen Besuch, wie es die Leistungen verdient hätten. Der Konzertgeber selbst spielte 5 Orgelstücke, darunter die L-moll-Fuge und 2 Choralfigurationen von S. Bach und ein ^näants für Orgel von Fink. Wir bewunderten bei diesen Vorträgen in gleichem Maße die staunenswerte Spieltechnik wie auch die von tiefstem Verständnis zeugenden Registermischungen. Frl. Keller (an Stelle der erkrankten Frl. Brackenhammer) besitzt eine prachtvolle Stimme, ihre Vortragsweise lst musterhaft und wirklich zu Herzen dringend. Wir dürfen hier wohl den Wunsch aus
drücken, Frl. Keller nicht zum letztenmal gehört zu haben. Hr. Hugo Helfferich hatte 2 Tenorsoli übernommen; in sehr anerkennenswerter Weise und mit großem Verständnis wurde von ihm „Entsagung" und „So ihr mich von ganzem Herzen suchet" von F. Mendelssohn gesungen. Ebenso erfreute uns noch derKirchen« gesangverein durch den schönen Vortrag zweier Chöre von Böhme und Händel. Nach dem Konzert fand noch eine gesellige Vereinigung der Mitwirkenden im Hotel z. Waldhorn statt.
s:s Calw, 14. Febr. Die Zusammenkunft des ev. Männervereins, welche gestern abend bei Thudium stattgefunden hat, war sehr zahlreich besucht. Herr Dekan Braun eröffnet« die Besprechungen mit einem Ueberblick über die neuen gesetzlichen Bestimmungen zur Gewerbeordnung, betreffend den Schutz des Sonntags, wobei bedauert wurde, daß dieselben vorläufig auf das Verkehrswesen noch keine Anwendung finden. Bei der Schilderung der freien Vereine wurden namentlich die schönen Erfolge der dänischen „Gesellschaft für Sonntagsfeier" (Stillstand der Geschäfte, auch der Postämter, von vorm. 9 Uhr an) sowie des Schweizer Vereins hervorgehoben. Der zähen Ausdauer des letzteren verdanken die Verkehrsbeamten eine wesentliche Einschränkung des Post-, Telegraphen- und Güterbeförderungswesens, namentlich aber 52 freie Tage im Jahr, unter welchen 17 Sonntage sein müssen (Eidgenössisches Gesetz 1890). Den Anregungen des Stuttgarter Sonntagsvereins zufolge haben sich mehr als 1000 Geschäfte zur völligen Einstellung der Sonntagsarbeit verpflichtet. Was speziell die 2250 eigentlichen Ladengeschäfte in
6 H 111 6 1 O rr . Nachdruck verbaten.
Kapitän Herkal-'s Tochter.
Novelle von F. Herrmann.
(Fortsetzung.)
Nachdem Elsbeth ihre Hand befreit hatte, drückte sie dem Toten sanft die Augen zu und breitete ihr eigenes Taschentuch über sein Gesicht, das noch im letzen Moment einen seltsamen ruhigen und friedlichen Ausdruck angenommen hatte. Alle diele ungewohnten und für ein junges Mädchen gewiß fürchterlichen Verrichtungen hatte sie fast mechanisch wie etwas Selbstverständliches und Natürliches vollbracht. Nun aber, als sie von dem Lager zurücktrat und sich im Zimmer umschaute, überkam sie doch das Entsetzen mit seiner ganzen, schaurigen Gewalt. Sie fühlte, daß sie einer Ohnmacht nahe war, es flimmerte ihr vor den Augen, und sie mußte an dem alten wurmstichigen Tisch eine Stütze suchen, um sich vor dem Umsinken zu bewahren.
Allmählich erst gewann Elsbeth ihre Selbstbeherrschung zurück, und da fiel ihr Blick zufällig auf ein Blatt, das eng beschrieben war und halb versteckt unter einem Haufen anderer Papiere lag. Was ihre Aufmerksamkeit erregt hatte, war der Name Kurt Petersen, den sie zufällig gelesen, und obwohl sich all' ihr Denken nur noch darauf richtete, diesem schrecklichen Orte so schnell als möglich zu entfliehen, so konnte sie es sich nach einer solchen Entdeckung doch nicht versagen, das Blatt hervor zu ziehen und seinen Inhalt zu überfliegen.
Dabei röteten sich ihre Wangen, ihre Augen leuchteten und ihr Busen hob sich in rascheren Atemzügen. Als sie zu Ende gekommen war, suchte ihr Blick durch das niedrige Fenster den Himmel, und was ihre Lippen flüsterten, war sicherlich ein Dankgebet an den unerforschlichen Lenker der Welten.
Eine Minute später hatte sie das Mansardenstübchen verlassen und nur das träge Summen eines schwerfälligen Insekts, das den Ausweg ins Freie nicht wieder finden konnte, unterbrach die tiefe Stille, welche bei der Leiche des kleinen Schreiber» herrschte.
XII.
Kapitän Herbold hatte im Verlauf des Tages schon mehrere Verhöre zu bestehen gehabt, und der Untersuchungsrichter, in dessen Händen sich die Angelegenheit befand, glaubte ihn darauf aufmerksam machen zu müssen, daß sein hartnäckiges Leugnen ein sehr törichte» Beginnen sei.
Seine bisherige Unbescholtenheit und seine selbstbewußte Berufung darauf, daß er, der dem Tode so oft ins Auge gesehen, niemals eine That hinterlistiger Feigheit begehen würde, konnten dem alten Seemann hier wenig nützen. Die Verdachtsmomente, welche gegen ihn sprachen, waren von einer schwerwiegenden Art und sie häuften sich durch seine eigenen Aussagen nur immer mehr. Dem mit größter Bestimmtheit abgegebenen Zeugnis Werner PetersenS gegenüber vermochte er nicht in Abrede zu stellen, daß er bei jener bedeutsamen Unterredung Drohungen ausgestoßen habe, und der wahrheitsliebende Kapitän fügte noch hinzu, daß es ihm um diese Drohungen völlig ernst gewesen sei, wenn er auch nicht einen Augenblick an den heimtückischen Mord und Totschlag gedacht habe.
Auf die Frage deS Richters wo er sich denn am gestrigen Abend aufgehalten habe, erklärte er, einen langen Spaziergang gemacht zu haben, und er mußte auf wettere Vorhaltungen wiederum zugeben, daß solche Spaziergänge um die Abendzeit sonst durchaus nicht in seiner Gewohnheit lägen, und daß er sich in einem Zustande hochgradiger Gemütsbewegung befunden habe. Über die Gegenden, die er auf der ungewöhnlichen Promenade berührt, und über die Straßen, die er passiert, wollte er gar keine Auskunft mehr geben können, — und es war dem Untersuchungsrichter vielleicht nicht gar zu sehr zu verargen, wenn ihm so belastenden Thatsachen gegenüber die Unschuldsbeteuerungen deS Kapitäns nur wenig oder gar keinen Eindruck machen wollten.
Wiederholte doch Herr Werner Petersen, der am Nachmittag ebenfalls im Büreau des Untersuchungsrichters erschien, in Gegenwart HerboldS immer wieder und mit vollstem Nachdruck, daß sein unglücklicher Sohn sonst keinen Feind gehabt und daß er keinen Anderen der That für fähig halte, als den jähzornigen und haßerfüllten Kapitän.
Eben hatte der Untersuchungsrichter den Befehl gegeben, den hartnäckigen