16 . Amts- und Anzeigeblatt für den Bezirk (Lalw. 67. IahkMß«
Erscheint Dten - ta g, Donnerstag und Gam« tag. Die EinrückungSgebühr beträgt im Bezirk und nächster Um- ZebunI S Pfg. die Arile, sonst IS Psg.
Amtliche Aekauntmachungen.
Die Ortsbrlsörden für die Ardeiter- verstcherung,
welche die mit Marken gefüllten Quittungskarten noch nicht eingesandt haben, werden an sofortige Erledigung der oberamtlichen Weisung vom 31. Dezember v. I. — Calwer Wochenblatt Nro. 1 — erinnert.
Calw, 4. Februar 1892.
K. Oberamt.
Supper.
Tages-Ueuigkeiien.
Calw. Wie wir hören, sind die bisher üblich gewesenen öffentlichen Belobungen ganzer Feuerwehren wegen ihrer Thätigkeit bei Brandfällen im Anschluß an die durch Ministerialerlass vom 9. November 1891 erfolgte Abstellung der Erstattung regelmäßiger Brandberichte an das Ministerium des Innern in Wegfall gekommen.
^Amtliches aus dem Staatsanzeiger.j Seine Königliche Majestät haben am 2. Febr. l. I. allergnädigst geruht, die erledigte Forstamtsassistentenstelle in Heilbronn dem Revieramtsassistenten Habermaas in Hirsau zu übertragen.
Neuenbürg, 2. Febr. Am 30. vor. Mts. wurde von dem Führer des Bahnzugs 137 bei dem Wärterposten 10 der Bahnstrecke Birkenfeld—Pforzheim vorm. 9 Uhr 52 Min. auf der rechtsseitigen Schiene ein großer Stein entdeckt, welcher den Bahnzug in erhebliche Gefahr versetzte. Der Zug wurde noch rechtzeitig zum Stehen gebracht und der Stein entfernt. Kurz vor der Vorüberfahrt des Zugs hatte der Bahnwärter die Linie vorschriftsmäßig begangen
Samstag, den 6. Jebruar 1892.
und nichts Verdächtiges wahrgenommen. Die ange- stellten Ermittelungen ergaben, daß der 16 Jahre alte Zigarrenmacher Georg Siebig aus Neckarhausen, Bezirksamts Mannheim, welcher kurz vor dem Zug an der Stelle vorübergegangen war, den Stein auf die Linie hinabgewälzt und dann die Flucht ergriffen hatte. Er wurde festgenommen und an das Amtsgericht Neuenbürg eingeliefert, wo er nun wegen Gefährdung eines Eisenbahntransports in Untersuchung steht.
Stuttgart, 5. Febr. Heute morgen gegen 5'/, Uhr ist in der Cannstatterstraße aus einem Küchenfenster des zweiten Stockwerkes ein unverheirateter, hier beschäftigter Schriftsetzer aus Zürich in den Hof herabgestürzt. Derselbe wurde noch lebend mittels Sanitätswagens in das Katharinenhospital verbracht, wo der Arzt eiken Bruch der Rückenwirbelsäule konstatierte. Nach Angabe seines Logisherrn soll ver Verunglückte in letzter Zeit mehrfach Neigung zur Schwermut gehabt haben, so daß die Absicht eines Selbstmords in einem Anfall von Geistesstörung nicht ausgeschloffen erscheint.
— Einem auf der Eisenbahnstrecke Horb- Stuttgart verkehrenden Personenzug widerfuhr am Donnerstag bei der Station Ehningen das Mißgeschick, daß ein Cylinder der Lokomotive in 7 Stücke zerplatzte. Nach kurzem Aufenthalt war eine Hilfsmaschine zur Stelle, welche den Zug hierher geleitete.
— Man schreibt dem N. Tgbl. aus Heilbronn: Das Württ. Portland-Zementwerk Lauffen (elektrische Abteilung) kündigt, um seinen Abnehmern entgegenzukommen, an, daß es von der bisher verlangten jährlichen Mindestbrennzeit von 300 Stunden für jede Glühlampe (was z. B. für die
Absnnementtprei» vierteljährlich tn der Stadt *0 Pfg. md LS Pfg. Trägerlohn, durch die Post bezogen Mk. 1. 1b, sonst i« ga»r Württemberg Mk. 1. Sb.
16kerzige 13 ^ 50 betragen würde) Abstand nehmen und den Mindestbetrag auf 9 ^ per Jahr und Glühlampe bis zu 25 Keinen festsetze. Nach dieser Ermäßigung dürfte die Abonnentenzahl eine noch größere werden. Die Stadt hat Aussicht, in nächster Zeit sechs weitere Bogenlampen, bezw. den Strom hierzu, von dem Werk zu erhalten, welche sodann zur Beleuchtung der Kramstraße, in Fortsetzung der Bahnhofstraße, verwendet würden.
Vom Lande, 31. Jan. In einer Landgemeinde trug sich folgende auf Wahrheit beruhende Geschichte zu. Ein in die Gemeinde H. vor einiger Zeit verzogener Landwirt St. ging mit einem Handelsmann den seltsamen Vertrag ein, dessen etwas mageres Kühlein umsonst zu füttern; dagegen sollte die Kuh, wenn sie genügend gemästet sei, geschlachtet und das Fleisch an Beide gleichmäßig verteilt werden. Da» kluge Bäuerlein fütterte die Kuh zwei Tage lang, schlachtete sie oann und überbrachte die eine Hälfte dem höchlichst überraschten Handelsmann mit den lakonischen'Worten: „So, meine Hälfte ist mir fett genug; wenn Dir Deine noch nicht behagt, schmiere sie mit Oel ein!"
Winnenden, 1. Febr. Gestern früh, kurz nach 6 Uhr, fand der seine Strecke kontrollierende Bahnwärter auf dem Bahngeleise eine Frau liegen, welche sich offenbar in selbstmörderischer Absicht dahin gelegt hatte. Derselbe brachte die Unglückliche, deren Kleider vollständig durchnäßt waren, in das Stationsgebäude, von wo sie auf ergangene Benachrichtigung von ihren Angehörigen abgeholt wurde. Momentane Geistesstörung scheint die Frau zu der glücklicherweise vereitelten That getrieben zu haben.
Welzheimer Wald, 2. Febr. In der Nacht vom Samstag auf Sonntag drohte in Pfahl-
6 ir r ^ 6 t e) rr» Nachdruck verboten.
Kapitän Herbold's Tochter.
Novelle von F. Herrmann.
(Fortsetzung.)
X.
Ruhelos und aufgeregt wanderte Kapitän Herbold schon seit dem frühen Morgen in dem engen Raum seiner Bücherhöhle auf und nieder. Er hatte wie immer den Morgenimbiß in Gesellschaft seiner Tochter eingenommen, aber eS war kein Wort zwischen ihnen gesprochen worden. Elsbeth hatte sich zwar nach Kräften bemüht, die Spuren der durchwachten und durchweinten Nacht von ihrem Antlitz zu entfernen, aber die Blässe ihrer Wangen, die plötzlich schmaler und durchsichtiger geworden schienen, zeugte nur zu deutlich für die Größe des Herzeleids, das durch die letzten Ereignisse in ihr junges Dasein hineingetragen worden war. Wenn Kapitän Herbold je zuvor an die Möglichkeit gedacht hätte, daß ihr stilles, friedliches Glück eine so jähe und furchtbare Störung erfahren könnte, so würde er sicherlich zugleich der Überzeugung gewesen sein, daß sich Elsbeth in einem solchen Fall nur bei ihm Trost und Beistand suchen und sich mit ihrer kindlichen Liebe nur um so inniger an ihn anschließen würde.
Und nun war es doch so ganz anders geworden! Es war, als ob etwas Fremdes, Geheimnisvolles zwischen ihnen stände, als ob Einer vor dem Anderen etwas verbergen müsse, und als ob das nahe Beisammensein, welches ihnen sonst eine unversiegliche Quelle stiller Freude und Heiterkeit gewesen war, sich plötzlich in eine peinliche Marter verwandelt habe.
Kapitän Herbold hatte seiner Tochter über den Verlauf der Unterredung mit Werner Petersen nur halbe Andeutungen gemacht, denn er konnte sich während deS
ganzen verflossenen Taaes noch immer nicht entschließen, wirklich an einen so schmählichen Treubruch des Offiziers zu glauben. Aber auf diplomatische Künste verstand sich der alte Seemann sehr schlecht, und aus den wenigen Bruchstücken jenes Gesprächs, die er seiner Tochter mitgeteilt, hatte Elsbeth alles Wettere nur zu wohl erraten. Und dennoch hatte sie sich dem Vater gegenüber zu beherrschen gewußt. Sie durfte ihm nicht zeigen, wie namenlos unglücklich sie sich fühle, denn sie wußte ja, wie groß seine Liebe für sie sei, und sie kannte sein jähzorniges Temperament. Er wäre im Stande gewesen, an dem vermeintlichen Zerstörer ihres Glückes eine furchtbare Rache zu nehmen, und der Möglichkeit eines solchen Unglücks mußte vor allem vorgebeugt werden. So hatte denn Elsbeth bald nach seiner Rückkehr von jenem verhängnisvollen Gange einen Vorwand gesucht, sich in ihrem Stübchen ein- zuschließen, und dort hatte sie unter heißen Thränen den Absagebrief an Kurt geschrieben. Was sie ihm da sagte, war die erste große Lüge ihres Lebens; aber hier stand ihrer Überzeugung nach zu viel auf dem Spiele, als daß sie um ihres edlen Zweckes willen vor einer solchen Unwahrheit hätte zurückschrecken dürfen. Sie konnte nicht zugeben, daß Kurt für sie seine Stellung, seine Aussichten, seine ganze Zukunst zum Opfer brachte. Mochte immerhin ihr eigenes Herz darüber brechen, — ihre Liebe war von einer zu großen und uneigennützigen Art, als daß sie sich durch die Rücksicht auf ihr eigenes Glück hätte daran verhindern lassen, ihre Pflicht zu thun Als sie den Brief abgeschickt hatte, war es ganz still geworden in ihrem Herzen Der heiße, harte Kampf war zu Ende; sie hatte von der Zukunft nichts mehr zu fürchten und nichts mehr zu hoffen. Mit scheinbarer Ruhe und Ergebung konnte sie wieder ihren einfachen, häuslichen Verrichtungen nachgehen, und erst nach dem Verlauf von Stunden überkam sie das Bewußtsein von der Größe ihres Verluste«, die Erkenntnis der ganzen Tragweite ihres Opfer» mit ihrer vollen, vernichtenden Gewalt.
Und nun konnte sie sich nicht an die treue Brust des Vater« flüchten, um ihren Schmerz auszuweinen. Er durste ja vorläufig noch nicht» von dem Briefe