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Amts-

und Anzeigeblatt für den Bezirk (Lalw.

67. IahrMß.

Erscheint Dienstag, Donnerstag und Samstag. Die Einrückungsgebühr beträgt im Dr-irt unb nächster Um­gebung S Psg. die Zeile, sonst IL Pfg.

Samstag, den 30. Januar 1892.

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Amtliche Bekanntmachungen.

An die Gemkinderathk.

Die Anschaffung von Duplikaten der Er­gänzungskarten ist in einigen Gemeinden des Bezirks noch im Rückstand. Da die Druckerei bei der litho­graphischen Anstalt in Stuttgart gegenwärtig weniger stark beschäftigt ist, so wäre dieselbe zur Zeit in der Lage, Aufträge zur Herstellung von Ergänzungskarten in verhältnißmäßig kurzer Zeit auszuführen.

Diejenigen Gemeinden, welche mit der An­schaffung von Ergänzungskarten noch im Rückstand sind, werden daher auf diese Gelegenheit aufmerksam gemacht und zur baldigen Bestellung ihres Bedarfs an Ergänzungskarten bei dem K. Katasterbureau veranlaßt.

Calw, den 28. Januar 1892.

K. Oberamt.

Supper.

Tages-Neuigkeiten.

Calw. Am Mittwoch abend hatte sich eine größere Anzahl hiesiger Beamte und Bürger im Gast­haus zurKanne" eingefunden, um das Geburtsfest des Kaisers durch ein Bankett zu feiern. Im Saale war die Büste des Kaisers aufgestellt, über welcher sich ein mit Geschmack errichteter Baldachin aus­breitete. Nach einigen Vorträgen durch die Stadt­musik hielt Hr. Stadtpfarrer Eytel die Festrede. In begeisterten Worten erinnerte der Redner an die Zeit in der Deutschland eigentlich nur ein geographischer Begriff gewesen, nun aber zum politischen Begriff ge­

worden sei. Er erwähntederEigenartderDeutschen, alles was nicht so ganz nach ihrem Sinn, in nervöser Weise zu beurteilen, und doch solle man nicht vergessen, daß wir allesamt ja selbst der Staat mit seien und es an uns liege, zusammenzuwirken zum Heile unseres Vater­landes. Unser Kaiser habe sein Ziel unverrückbar vor Augen, er habe ein warmes Herz für Hoch und Nieder und unbeirrt von rechts und links, verfolge er mit Energie seinen Weg. In das am Schluffe ausgebrachte Hoch auf den Kaiser stimmten alle An­wesenden begeistert ein. Im Verlauf des Abends brachte Hr. Prof. Hang noch ein Hoch aus auf den Alt-Reichskanzler, den Fürsten Bismarck, welcher trotz seiner Verdienste so vielfach angefeindet werde, so daß eine Zeitung in jüngster Zeit schreiben mochte: der Reichskanzler Fürst Bismarck sei der größte Feind des deutschen Reichs gewesen. Die Stadtmusik be­lebte den Abend durch ihre Vorträge, so daß die Anwesenden bis zur späten Abendstunde in animirtester Stimmung beisammen blieben.

Calw, 28. Jan. Zum Schulhausbau. In einer heute stattgefundenen Sitzung der bürgerlichen Kollegien wurde über die Frage, welcher Bauplatz für das neu zu errichtende Volksschulgebäude gewählt werden soll, verhandelt. Zu den seither in Aussicht genommenen Bauplätzen: Alter Schulhausplatz und Schaal'sches Anwesen, ist ein neuer Vorschlag hinzu­getreten, nämlich der: den Neubau auf denjenigen Teil des Brühls zu stellen, wo bis jetzt die Turnhalle steht, jedoch ziemlich gegen die Straße gerückr. Für den Bau auf dem Brühl wurde geltend gemacht, daß derselbe auf einem schönen, freien, von allen Seiten leicht zugänglichen Platz, ausgeführt werden könne.

in vessen Umgebung für die Kinder die schönsten Spiel- und Tummelplätze zur Verfügung stehen und wo rin schöner Neubau eine Zierde der Stadt bilden würde. Der Bau an dieser Stelle würde um etwa 2530,000 billiger ausgeführt werden können,

als auf dem seitherigen Schulhausplatz, auf welchem die Anbringung eines Abortgebäudes auf kaum zu bewältigende Schwierigkeiten stoßen würde, überdies würde durch die Erstellung eines Neubaus, der eine Höhe von etwa 22 m erhalten würde (so hoch wie das Rathaus), der Prospekt unserer schönen neuen Kirche beeinträchtigt. Wenn auch der Neubau etwas mehr von der Kirche entfernt wäre, als das seitherige Mädchenschulhaus, so müßte doch die Kirche um 9 m mehr eingebaut werden, als dies seither der Fall war, der hohe Bau in einer Breite von 22 m würde das Licht, welches die Kirche hauptsächlich von dieser Seite her erhält, stark beeinträchtigen. Diese Benachteiligung unserer Kirche wäre in hohem Grade zu bedauern. Wenn das Knabenschulhaus für die Zwecke des Neu­baus abgebrochen werden müßte, so müßten auf die 2jährige Dauer der Bauzeit 6 Schulklaffen in Miet­räumen untergebracht werden, welche kaum aufzu­treiben wären, jedenfalls würde ein erheblicher Auf­wand hiefür erforderlich. Während bei der Belastung des Knabenschulhauses, das Reallyceum in diesem und dem Realschulgebäude gut und entsprechend unter­gebracht werden könnte, müßte dasselbe nach dessen Abbruch in 3 Gebäuden zerstreut bleiben und die mit Unzuträglichkeiten verbundene Benützung des Rat­hauses als Schulhaus fortgesetzt werden. Umstände, welche bald auch den Neubau eines Reallyceums als notwendig erscheinen ließen. All diese Gesichtspunkte haben dem Bauplatz auf dem Brühl viele Freunde

^ ^ i 1 6 t re . Nachdruck verbaten.

Kapitän Herlwld's Tochter.

Novelle von F. Herrmann.

(Fortsetzung.)

Wahrscheinlich würde indessen auch diese energische Aufforderung ohne Erfolg geblieben sein, wenn Jasmund nicht durch ein anderes, stärkeres Hindernis von weiteren Belästigungen des Offiziers abgehalten worden wäre. Die Anstrengung des raschen Laufes und der heftigen Rede war eine zu große gewesen für seine schwache, schon halb gebrochene Konstitution. Als er eben auf's Neue anfangen wollte, zu sprechen, versagte ihm der Atem und ein erstickender Hustenanfall zwang ihn, Halt zu machen. Seine kleine, hinfällige Gestalt, die sich unter den Qualen der Krankheit wand und krümmte, bot einen wahrhaft bejammernswerten Anblick dar, und einige Vorübergehende blieben mitleidig stehen. Diesen Augenblick benutzte Kürt, um sich rasch aus dem Gesichtskreise des Schreibers zu entfernen. Es war ihm merkwürdiger Weise garnicht in den Sinn gekommen, das Anliegen JaSmundS mit Elsbeth in einen Zusammenhang ?u bringen, denn in diesem Fall würde er ihm unzweifelhaft Gehör geschenkt haben. Sein Glaube war vielmehr, daß es auf eine unverschämte Bettelei abgesehen gewesen sei, oder daß es mit dem Verstände deS kleinen Schreibers nicht ganz seine Richtigkeit habe.

Und so setzte er seinen Weg fort, ohne sich weiter um Johannes Jasmund zu kümmern. Er war entschlossen, Elsbeth's Brief nicht zu beantworten. Sein Stolz verbot ihm, um ihre Liebe zu betteln in einem Augenblick, wo er ihr zugleich unumwunden hätte eingestehen müssen, daß er als ihr Gatte nicht mehr Über uner­meßliche Schätze zu gebieten, sondern ganz auf den Ertrag seiner eigenen Arbeit und Tüchtigkeit angewiesen sein würde. Sie hatte ihn rund und unzweideutig ver­schmäht und darnach blieb ihm seiner Überzeugung nach keine andere Wahl, als schweigende Entsagung. Auch ihrem Vater glaubtt er eine weitere Erklärung nicht

mehr schuldig zu sein. Wenn er heute, nachdem er seines dem Vater gegebenen

Wortes ledig geworden war, nicht in der B.straße erschien, so war damit

unzweideutig genug dargethan, daß er seine Beziehungen zu Kapitän Herbolds Hause als für immer gelöst betrachte. Em Mißverstehen dieses Fernbleibens war unmög­lich, und er konnte sich die Pein eines Briefes oder einer mündlichen Auseinander­setzung ersparen.

Nachdem er lange zwecklos umhergewandert war, trat der junge Offizier in eine ziemlich abseits von den großen Verkehrswegen gelegene Weinstube, welche ihm von früher her bekannt war. In der Gaststube saßen nur wenige Personen, und unter ihnen trug zu Kurts Befriedigung keine ein bekanntes Gesicht. Der Offizier wählte seinen Platz in dem verstecktesten und schlechtest beleuchteten Winkel des Lokals, denn er wünschte nichts Anderes, als sich nach Möglichkeit von aller Wett abzuschließen und ganz ungestört seinen trübseligen Gedanken nachzuhängen. In finstere Grübeleien versunken, achtete er nicht darauf, wie die Viertelstunden ver­strichen, und als er sich endlich, da das Zimmer immer voller und das Stimmenge­wirr um ihn her immer lauter geworden war, von seinem Platze erhob, da lehrte ihn ein Blick auf die Uhr, daß es inzwischen bereits später Abend geworden sei. Auf den Straßen war es ganz finster, ein heftiger Wind hatte sich aufgemacht, der den Paffanten die unangenehme Feuchtigkeit eines feinen Sprühregens in das Ge­sicht pritschte. ES war ein so unbehagliche« Wetter, daß es begreiflich erschien, wenn nur Wenige mit hastigen Schritten längs der Häuser dahineilten, und wenn man in den abgelegenen Straßen überhaupt nur in großen Zwischenräumen einem Menschen begegnete.

Kurt schlug den kürzesten Weg nach seines Vaters Hause ein. Als er zu diesem Zweck eine der schmalen und stillen Gaffen passierte, die für da« alte Ham­burg so charakteristisch sind, war es ihm, als vemähme er hinter sich den Schritt eine» Mannes, der sich in immer gleicher Entfernung von ihm hielt, als wenn er es auf eine Beobachtung oder Verfolgung abgesehen hätte.

(Fortsetzung folgt.)